Des Christen Leben und Lehre |
Manasses Übertretung und Reue
(Chronik 33:9 - 16)
„Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, daß er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von jeder Ungerechtigkeit.” - 1. Johannes 1:9
Manasse war der Sohn des Hesekia, der ein guter König und Reformer war. Wenn der überlieferte Bericht zutrifft und Hesekias Frau eine Tochter des Propheten Jesajas war, so würden wir bei einer solchen Herkunft am ehesten einen edlen Sohn erwarten. Wir sollten davon ausgehen können, daß er ehrfürchtig ist, gläubig und daß als Reformer den Fußstapfen seines Vaters folgt. Stattdessen müssen wir feststellen, daß Manasse das Volk in den Irrtum führte, so daß es sich schlechter benahm als die Nationen Kanaans - die der Herr der vernichtete, bevor Er die Kinder Israel in das Land der Verheißung brachte.
Manasse war erst zwölf Jahre alt, als er nach dem Tode seines Vaters über das Königreich zu herrschen begann. Jesaja, sein vermutlicher Großvater, war schon vorher gestorben. Es überrascht uns nicht, daß ein so junger Mann, auch wenn er hochgeboren und dadurch gut ausgebildet war, in Gefahr stand, einen falschen Weg einzuschlagen. Tatsächlich stehen auch die hervorragendsten und besten Kinder in einer solchen Gefahr, wenn sie in ihren jungen Jahren in verantwortungsvolle und einflußreiche Ämter gelangen, ohne daß ihnen erfahrene Berater zur Seite stehen. Mangelnde Erfahrung brachte diesen sehr jungen König schließlich zu einer Annahme: Die Unterlegenheit des Königreiches Juda an Reichtum und Stärke gegenüber einigen, es umgebenden Königreiche sei zu einem großen Maß darauf zurückzuführen, daß sie nicht die gleichen Götter und dieselbe Art der Anbetung wie diese hatten. Daher geschah es wahrscheinlich innerhalb von zehn Jahren nach seiner Thronbesteigung, daß er mit der Einführung einer religiösen Revolution begann. Er nahm verschiedene Gottheiten an, die sein Vater weder beachtet noch ihnen Opfer dargebracht hatte. Zweifellos wurde er in diesen Ansichten von Freunden der falschen Religion oder durch böswillige Ratgeber unterstützt, die diese annahmen und begünstigten. Sicherlich schmeichelten sie ihm auch bezüglich der Weisheit seines Auftretens, um so seine königliche Gunst zu erlangen und ihren eigenen Interessen zu dienen. Es hat zu jeder Zeit und überall solche Gruppen von gewissenlosen Menschen gegeben.
Es gibt Menschen, die Manasse durch Vergleiche mit anderen schlechten Charakteren in der Geschichte zu einer der bösesten Personen erklären. Uns erscheint dies Urteil ungerecht zu sein. Selbstverständlich „handelte er böse”, wie es alle tun, die die Gerechtigkeit verletzen. Aber wir können daraus nicht zwingend auch schließen, daß er ein willentlicher, vorsätzlicher Übeltäter war. Es erscheint vielmehr, daß sein falsches Handeln zum großen Teil seiner Jugend und Unerfahrenheit zuzuschreiben war. Es war sicherlich auch sein Verlangen großartig zu sein, was ihn dazu brachte, sein Vertrauen in den Gott seines Vaters und die Religion und Tradition seiner Nation zu verlieren. Die religiösen Werte (Verehrung und Spiritualität), die von seinen guten Eltern her vorhanden waren, nahmen eine Wendung in eine falsche Richtung. So wurde er anstatt zu einem eifrigen ernsten Verfechter der wahren Religion zu einem eifrigen Förderer der falschen Religion und des Götzendienstes. Sein Eifer und seine Gewissenhaftigkeit dabei werden dadurch bestätigt, daß er große Geldsummen zur Aufrichtung des Götzendienstes spendete und sogar veranlaßte, daß seine eigenen Kinder durch das Feuer des Molochs gingen - als ein Opfer für diese falschen Götter.
Wir glauben, daß es sich mit den eifrigen Förderern falscher Religionen wie folgt verhielt: Die Anzahl der religiösen Hilfsmittel ihrer Berater, die sie im Dienste dieser falschen Herren eifrig nutzten, leitete sie fehl und veranlaßte sie dazu, eifrig das Böse zu tun, auch wenn dies unabsichtlich geschah. Es ist nicht überliefert, daß Manasse ein Befürworter moralischer Verkommenheit war, mit Ausnahme dessen, daß seine falschen Religionen Unsitten duldeten oder dazu führten sowie die Aussage, daß „er sehr viel unschuldiges Blut vergoß”. Wir halten es für sehr wahrscheinlich, daß auch das letztgenannte Verbrechen in Unwissenheit getan wurde - unter dem ungestümen Eifer falscher Religion - Satan hatte seinen Sinn verblendet. - 2. Korinther 4:4
Der Zusammenhang, in dem unser Leittest steht, deutet an, daß er, wie wir es heute nennen würden, unter den Einfluß von bösen Geistern und Spiritismus gelangte. Er begab sich selbst unter die Führung durch Zauberer und Geisterbeschwörer usw. und wurde durch einen bösen Geist geführt, „einen Wahrsagergeist”, der vortäuschte, die Toten zu repräsentieren. Dieser Geist täuschte ihm auch vor, ihm übermenschliche Weisheit und Rat geben zu können, genauso wie die ganze Welt auf verschiedene Weise und durch verschiedene Irrtümer getäuscht wurde. Und in dem Maße, indem diese Geister die Menschheit zunehmend zur Trennung von Gott und Seiner Gerechtigkeit führten, kam sie unter ihren Einfluß.
Es gibt hier für uns alle eine Lektion - egal wie edel die Herkunft, wie intelligent, wie eifrig bestrebt wir sein mögen - wir benötigen doch rechte Anweisungen. So müssen die Menschen durch einen Neuen Bund und Weihung des Herrn Volk werden; wie geschrieben steht „sie werden alle von Gott gelehrt sein”. Wer nicht die rechte Belehrung - die Wahrheit - bekommt, um sein Gewissen und seinen Eifer leiten zu können, sollte sich bewußt sein, daß er von dem großen Widersacher gefunden und mit vielen falschen Lehren verblendet wird. Und dieser wird versuchen, seine Talente und Gelegenheiten im Interesse der Falschheit, des Irrtums und der Sünde zu mißbrauchen. Wir sehen auch heute noch überall in der Welt die gleichen bösen Geister, die Manasse betrogen und in die Irre leiteten, damit beschäftigt, den wahren Gott und seine Unterweisungen anzufeinden. Und genau diese sind es auch, die versuchen, auch all diejenigen in die Irre zu führen, die den einzigen wahren Führer zum Leben, den Herrn, noch nicht gefunden haben. Wie wichtig ist es dann, daß alle Menschen und besonders diejenigen, die Fortschritte im religiösen Leben machen, den wahren Führer und die Weisheit, die von oben kommt, suchen und finden sollten.
Der Bericht sagt, daß Gott mit dem König und der Nation über ihren falsch eingeschlagenen Weg sprach. Aber sie waren so verblendet, daß sie nicht hören wollten. Pracht, Ansehen, sinnliche Leidenschaft und Opfergeist der falschen Religion sprechen verdorbene Sinne und Herzen mehr an als die vernünftige wahre Religion. Der Herr sprach wahrscheinlich durch Seine Propheten Micha und Nahum zu diesem Volk - Micha im früheren und Nahum im späteren Teil der Regierungszeit.
Der Erz-Betrüger, Satan, der alle falschen Systeme befürwortet, ist in der Welt noch am Werk. Und während er das in der Christenheit zunehmende Licht nicht verhindern konnte, das in Judäa aufging und sich mit mehr oder weniger Glanz über die Erde verbreitete, läßt er trotzdem nicht von seine Anstrengungen ab, diejenigen zu verführen, die zumindest zu einem Teil von diesem wahren Licht erleuchtet wurden. Er weiß nur zu gut, daß es unmöglich wäre zu versuchen die Christenheit zu einer Anbetung des Molochs zu bewegen wie zu Manasses Zeit. Nein, er macht keinen solchen Versuch, er ist vielmehr ständig bestrebt schrittweise Veränderungen an der Einfachheit des Evangeliums Christi vorzunehmen. Bei einigen benutzt er bevorzugt Rituale, Bräuche, Kniefälle, Käuflichkeit usw., um sie so nahe wie nur möglich zum Götzendienst zu führen, gerade am Rande dessen, was zivilisierte Menschen mit einer gewissen Erkenntnis noch gutheißen können. Er will die Anbetenden dazu veranlassen, sich mit bloßem Lippendienst und äußeren Formen dem Herrn zu nahen, um damit die Gelüste ihres religiösen Gefühls zu befriedigen, während ihre Herzen weit vom Glauben entfernt sind. Andere überzeugt der Widersacher von einem gegensätzlichen Extrem, das das Wort des Herrn genau so verwirft. Er veranlaßt die Getäuschten, die einfachen und bedeutungsvollen Anordnungen, die der Herr gegeben hat, nicht zu beachten.
Meist versucht der Widersacher diejenigen, die mit der gegenwärtigen Wahrheit erleuchtet wurden, in die zuletzt genannte Richtung. Der Widersacher würde diejenigen gern verführen, die durch die Wahrheit von verschiedenem Aberglauben und falschen Lehren freigemacht wurden; diejenigen, die von der Anbetung Gottes als einem grimmigen mitleidlosen Molochs frei sind, die durch die Wahrheit zu der Freiheit geführt wurden, mit der Christus zur Einfachheit der Anordnungen des Evangeliums frei macht, die sich im Neuen Testament fortsetzen. Er möchte sie gern zu dem, was er ihnen als eine noch größere Freiheit vorgauckelt, verführen: einer Freiheit jenseits dessen, was unser Herr und die Apostel und die frühe Kirche erkannten. Er möchte, daß sie die Freiheit so verstehen, die Versammlung zu versäumen, meinen, einen größeren Segen durch private Gemeinschaft mit dem Herrn und dem Studium des Wortes zu erlangen als durch irgendeine menschliche Hilfe oder Gemeinschaft. Diejenigen, die der Widersacher bis zu diesem Punkt bringt, ihre eigene Gerechtigkeit höher zu bewerten als das Zeugnis durch des Herrn Wort entsprechend Seinem Willen, sind auf dem besten Weg gänzlich und sehr schnell abgelenkt zu werden.
Anderen, welche die wirkliche Bedeutung der Taufe als eine Herzensweihung für den Herrn verstehen, flüstert er ein, daß es völlig unnötig sei, daß sie das symbolische Untertauchen im Wasser praktizieren. Er tut dies, indem er ihnen versucht einzureden, daß sie nur ein Symbol oder ein äußeres Zeichen sei, etwas Unsichtbares darzustellen, und die daher überflüssig oder unverbindlich sei. Dies ist ein Extrem von Antiformalismus, der seine Ursache oft in zu großem Selbstbewußtsein findet, einer zu geringen Wertschätzung der Weisheit, die von oben kommt, und die für uns deutlich im Worte Gottes niedergeschrieben worden ist. Solche Personen bemerken offensichtlich nicht, daß sie durch ihre Argumente und ihre Handlungsweise beanspruchen, weiser als unser Herr zu sein, der nicht nur die wahre Taufe vollzog, sondern auch das Symbol, indem er sagte: „Denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen.”
Sie geben damit auch zu verstehen, weiser als die Apostel zu sein, die das Symbol lehrten und praktizierten. Unser Herr befahl ihnen als seinen Mundstücken uns zu versichern, daß er sie in ihren Urteilen und Lehren leiten würde, so daß wir völliges Vertrauen in sie setzen können. Er ließ uns wissen, daß das, „was sie auch immer auf der Erde binden würden, auch im Himmel gebunden sein würde”. Sie stehen daher in ihren Überlieferungen der Lehre für die Kirche unter der Kontrolle des Heiligen Geistes. Wie töricht ist es für jemanden, der bekennt, daß Gott ihn durch Seine Gnade durch diese Apostel alles gelehrt hat, um dann in einem oder mehreren Punkten eine höhere Weisheit zu beanspruchen. Die in dieser Weise „klug” sind, werden sicherlich früher oder später über andere Wahrheiten straucheln. Denn nur die Demütigen und Belehrbaren werden von Gott gelehrt, wie auch geschrieben steht: „Er leitet die Sanftmütigen im Recht und lehrt die Sanftmütigen seinen Weg.” - Psalm 25:9
Andere Gläubige halten noch daran fest, daß es nicht richtig ist, das Abendmahl zu feiern. Wir unterscheiden die wirklich geistige Bedeutung des letzten Abendmahls, die in unserer Teilnahme an dem Verdienst des Opfers unseres Herrn durch Glauben besteht: indem wir in unseren Herzen von ihm essen - und unsere Weihung im Dienst seiner Wahrheit mit ihm gebrochen zu werden bekunden und mit ihm den Kelch der Leiden und Selbstverleugnung um der Wahrheit willen trinken. Und obwohl sie dies erkennen, halten sie daran fest, daß wir dieses Symbol beim Gedächtnis an den Tod unseres lieben Erlösers nicht länger anwenden sollten, wie er all seinen Nachfolgern zu tun befahl: „Eßt alle davon” und „trinkt alle davon” und wie auch die Apostel die frühe Kirche aufforderten es zu tun. Sicherlich ist eine derartige Verleugnung des wundervollen und einfachen Symbols, welches uns unser Herr hinterlassen hat, nicht „von Gott gelehrt worden” und kann durch Sein Wort nicht gestützt werden. Es ist der große Widersacher, der uns von der Einfachheit des Gehorsams wegführen will, der dem Herrn gefällt und für alle „Demütigen” annehmbar ist. Wir, die wir alle „die von Gott gelehrt sind”, wollen eng an Seinen Lehren wie sie in der Schrift dargelegt sind, festhalten. Wir wollen sowohl Formalismus als auch Götzendienst vermeiden, aber auch darauf, sich auf unser eigenes Verständnis und unsere eigene Weisheit zu stützen, um die einfachen und bedeutungsvollen Anweisungen, die der Herr gegeben hat, zu verwerfen.
Als eine Strafe für das Einschlagen eines falschen Weges wie auch für das Öffnen der Augen des Königs und des Volkes erlaubte der Herr dem König von Assyrien in das Land einzufallen, viele Trübsale zu verursachen, und den König als einen gefesselten Gefangenen nach Babylon wegzuführen. Dort gelangte der König zum Verständnis und zu der Erkenntnis, daß die Götter, die er mit so viel Eifer angebetet und zu besänftigen gesucht hatte, nicht für ihn gesorgt hatten. Als er seinen Fehler erkannte, besann er sich auf die Religion und den Gott seiner Väter und betete zu dem wahren Gott um Befreiung. Und er wurde erhört und wieder in seine Hauptstadt zurückgebracht und kam erneut zur Macht. Der Bericht sagt: „Dann erkannte Manasse, daß Jahwe Gott ist.” Dies ist ein deutliches Anzeichen dafür, daß er es vorher nicht wußte und verfehlte. Daß seine Sünde weitgehend auf Unkenntnis zurückzuführen war, wird durch seinen anschließenden Eifer für den Herrn bezeugt, als er die Götzen und deren Altäre niederriß, die er zuvor irrigerweise unter einem fehlgeleiteten religiösem Eifer errichtet hatte.
Manasses Charakter und Erfahrungen erinnern uns in einer beachtlichen Weise an Saul von Tarsus. Beide waren religiöse Eiferer, beide waren eine Zeit lang durch einen Mangel an Erkenntnis der Wahrheit Übeltäter, beide wurden auf bemerkenswerte Umstände vom Herrn zur Einsicht gebracht und fanden es „hart wider den Stachel auszuschlagen”. Beide nahmen umgehend die göttliche Ordnung an, und zwar zu ihrem Nutzen, beide zeigten ihre Aufrichtigkeit durch ihren folgenden Dienst für den Herrn.
Offensichtlich liebt der Herr herzliche Naturen, die einen brennenden Eifer zeigen, auch wenn sie leichter Fehlern unterliegen als kühl berechnende Menschen. Unser Herr liebte Petrus, Jakobus, Johannes und Paulus besonders wegen ihres glühenden Eifers, was sie wiederum dazu veranlaßte eine inbrünstige Liebe für ihn zu zeigen. Wenn Petrus durch ungestümes Verhalten einige Fehler machte, so lernte er danach besser zu urteilen und seinen Eifer einer herrlicheren Aufgabe zu widmen. Wenn der Eifer Paulus für eine Zeit lang zum bitteren Feind der Wahrheit machte, so machte er ihn danach unter der Kontrolle „des Geistes eines gesunden Sinnes” zum tapfersten Soldaten des Kreuzes und Verteidiger der Wahrheit.
Wir sollten daher unsere Gegner oder sogar Verfolger niemals verachten, denn sie mögen gewissenhaft sein, aber blind: sie sind viel mehr wert, wenn sie sich der Wahrheit und ihrem Dienst zuwenden, als viele die kalt, unentschlossen oder teilnahmslos sind. Und wenn wir an uns selbst feststellen, daß wir kalt oder lauwarm sind, dann sollten wir Inbrunst entwickeln, sollten die Flamme heiliger Liebe in unseren Herzen durch häufiges Nachsinnen über die Gnade, die uns der Herr gibt - unseren Bund mit Ihm - und die außergewöhnlich großen und kostbaren Verheißungen Seines Wortes entfachen.