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Ein Sündopfer lagert vor der Tür
Die Heilige Schrift bezeugt, daß der sündhafte Mensch, nachdem er den Garten in Eden verlassen hatte, damit begann Seinem Schöpfergott Opfer darzubringen. Kain und Abel bringen Gott ein freiwilliges Opfer dar, Kain von den Früchten des Feldes und Abel von den Tieren seiner Herde und ihrem Fett. Und die Schrift bemerkt dazu, daß Gott auf Abel und seine Opfergabe blickt, aber auf Kain und seine Opfergabe nicht blickt. - 1. Mose 4:3 Gott nimmt das Ihm wohlgefällige Opfer Abels an, - was vermutlich dadurch geschah, daß Feuer von Gott ausging und das Opfer verzehrte, - während das Opfer Kains unberührt blieb.
Es entsteht die Frage: Was hatte Kain getan, oder was hatte er versäumt, daß Gott ihn und sein Opfer ablehnte, während Er Abel und sein Opfer annahm?
Die Schrift sagt an dieser Stelle nichts weiter darüber aus, was Kain und Abel bis hierher getan hatten, wir erfahren nichts über ihren Herzenszustand oder ihre Stellung zu ihrem Schöpfer, nicht daß der eine gut und der andere böse gewesen wäre, nur daß Gott gnädig auf Abel und sein Opfer blickt und das Opfer Kains nicht annimmt.
Als Kain wahrnimmt, daß sein Opfer von den Früchten des Feldes unbeachtet bleibt, wird er zornig, anstatt sich zu fragen, warum Gott das Opfer seines Bruders angenommen hat. Auch jetzt, nachdem sein freiwilliges Opfer von den Erstlingen des Feldes nicht angenommen worden war, bestand für ihn die Möglichkeit durch ein weiteres Opfer, - diesmal von den Erstlingen der Schafe, - ebenso Gottes Wohlgefallen zu finden. Aber Kain weigert sich ein solches Opfer darzubringen, was den Gedanken aufkommen läßt, daß er sich nicht dem Willen Gottes beugen will, um auf diese Weise Versöhnung mit Gott zu bewirken, wie dies Abel im Glauben getan hatte. Mit dieser vom Glauben durchdrungenen Handlung schattet Abel, dessen Name „Hauch” oder „das, was emporsteigt” bedeutet, den geistig gesinnten Menschen vor.
Nun spricht der Ewige zu Kain: „Warum bist du erregt geworden, und warum hat dein Angesicht sich finster gesenkt? Wird nicht, wenn du recht handelst, dein Opfer angenommen? Lagert nicht, wenn du böse handelst, die Sünde vor der Tür (als ein Feind, dessen) Verlangen auf dich gerichtet ist, den du aber bezwingen sollst.” - 1. Mose 4:6 und 7
In dieser Übersetzung von Hermann Menge wird die Sünde schlechthin als der personifizierte Geist des Widersachers gesehen, als der eigentliche Feind des Menschen, - den wir bezwingen sollen. Die Elberfelder Übersetzung spricht direkt von der Sünde, „die vor der Tür lagert, die nach uns verlangt, und über die wir herrschen sollen.”
Kain hatte nicht recht gehandelt und aufgrund seiner zornigen Reaktion lagerte die Sünde vor der Tür, wie ein Feind, der ihn völlig beherrschen wollte, den er aber, wie es heißt, bezwingen sollte. Auf welche Weise? Indem er sich dem Willen Gottes beugte und ein annehmbares Sündopfer darbrachte, wie es Abel getan hatte, ein Opfer bei dem Blut vergossen wurde. Die Botschaft an Kain beinhaltete nicht, daß er aus eigener Kraft oder eigenem Willen über die Sünde hätte herrschen können, sondern, daß ein Sündopfer im Mittelpunkt stehen sollte, durch dessen Kraft er über die Sünde herrschen sollte. Mit der Sünde lagerte für ihn auch ein Sündopfer „vor der Tür”, aber wie wir sehen, erkannte Kain diese günstige Gelegenheit nicht.
Der Gedanke, daß mit der Sünde auch ein Sündopfer vor der Tür lagerte, auf welches Gott Kains Aufmerksamkeit lenkte, scheint auf eine bestimmte Weise in dem hebräischen Urtext verborgen zu sein. Der Schlüssel des Verständnisses liegt darin, daß das hebräische Wort, das in den deutschen Übersetzungen mit „Sünde” übersetzt wird, ebensogut mit „Sündopfer” übersetzt werden könnte. Die Bibelkonkordanz des Professor Strong zeigt die Mehrfachbedeutung des hebräischen Wortes in einer hinzugefügten Klammer an, während die amerikanische „Young‘s literal translation” in der Übersetzung dem Wort „Sündopfer” anstelle von „Sünde” den Vorzug gibt. Young übersetzt dem Wortlaut nach: „wenn du nicht recht tust lagert ein Sündopfer vor dem Eingang”.
Ein Sündopfer lagert vor der Tür
Auf unseren Text übertragen ergeben sich nun folgende Übersetzungsmöglichkeiten:
- „Wenn du aber nicht recht handelst, wenn du böse handelst, - lagert die Sünde vor der Tür”
- „Wenn du aber nicht recht handelst, böse handelst, - lagert ein Sündopfer vor der Tür”.
Beide Übersetzungsvarianten stehen in einem bestimmten Zusammenhang und sind vom göttlichen Plan aus gesehen jeweils auf bestimmte Art und Weise zutreffend und einleuchtend.
Kain hatte zornig reagiert, als der HERR sein Opfer nicht angenommen hatte. Er hatte damit nicht recht getan und gesündigt, - aber es lagerte ein Sündopfer vor der Tür. Es lag nun an ihm seinen Fehler wieder gut zu machen und seine Sünde durch ein Sündopfer zu bedecken, ein Opfer, daß aufgrund des vergossenen Blutes von den Tieren vor Gott annehmbar war. Daß zur Sühnung Blut vergossen werden mußte, das Leben eines Tieres geopfert werden mußte, gibt uns einen ersten versteckten Hinweis darauf, daß es nach dem göttlichen Willen ohne das Vergießen von Blut keine Vergebung von Sünden gibt.
Die Zeit für das große, gegenbildliche Sündopfer unseres Herrn, das nach Gottes Plan und Vorauswissen schon vor Beginn der Schöpfung „vor der Tür lagerte”, war noch nicht gekommen, um die Sünde Kains, und die aller Menschen für immer auszutilgen. Aber wir bemerken schon hier den versteckten Hinweis auf das Vergießen von Blut, das die Grundlage eines solchen allgemein gültigen Sündopfers sein sollte, das hier in dem Opfer Abels vorgeschattet wird.
Über die Bedeutung des vergossenen Blutes hinsichtlich der Sühnung gibt uns die Schrift in 3. Mose 17:11 folgende Erklärung: „Denn die Seele des Fleisches ist im Blut, und ich selbst habe es euch auf den Altar gegeben, Sühnung für eure Seelen zu erwirken. Denn das Blut ist es, das Sühnung tut durch die Seele in ihm.”
Gleich nachdem Adam, von dem unser Geschlecht ausgeht, gesündigt hatte, sprach Gott eine Verheißung aus, die sich gegen Satan richtet, der in Gestalt der Schlange den Menschen zur Sünde verführte. Wir lesen darüber in 1. Mose 3:15, wo es in der Übersetzung nach Schlachter heißt: „Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weibe, zwischen deinem Samen und ihrem Samen; derselbe soll dir den Kopf zertreten und du wirst ihn in die Ferse stechen.”
Wir verstehen die Bezeichnung „Weibessame” als eine Anspielung auf die Kirche, die Anteil am Sündopfer hat. Die Schrift deutet damit an, daß der Christus, Haupt und Leib, Satan, dem Verursacher der Sünde, den Kopf zertreten wird.
Es mag uns auffallen, daß der Text in einer umgekehrten Reihenfolge zu uns spricht, indem er zuerst von der Vernichtung Satans durch den Weibessamen spricht und erst danach davon, daß Satan den Herrn in die Ferse stechen wird, was wir als einen Hinweis auf den Tod unseres Erlösers am Kreuze verstehen. Wenn wir jedoch vom Vorauswissen Gottes ausgehen, der den Sündenfall vorhersah und von Seinem Plan, den Er zur Wiederherstellung des Menschen gefaßt hatte, so erkennen wir, daß das große Gegenbild, das Sündopfer des Christus, bereits vor der Erschaffung des Menschen, ja, von Grundlegung der Welt an, vorgesehen war.
So gesehen lagerte also schon gleichzeitig mit der Sünde auch ein Sündopfer vor der Tür, wenn wir dies aus dem Blickwinkel Gottes sehen, der das Entstehen und die Entwicklung aller Dinge im Voraus erkennt und entsprechend lenkt.
Beruht der Gedanke auf einer bloßen Vermutung, die wir nicht beweisen können? Sicherlich nicht, denn unser Herr offenbarte dieses Geheimnis seinem Jünger auf Patmos, indem er ihm ein Lamm zeigte, „das von Grundlegung der Welt an geschlachtet ist” - Offenbarung 13:8 In der gleichen Bildersprache wies Johannes der Täufer auf unseren Herrn und Erretter hin, als „dem Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt wegnimmt”. - Johannes 1:18
Paulus kennzeichnet das „Lamm”, daß nach dem Willen Gottes „vor Grundlegung der Welt geschlachtet ist”, in 2. Korinther 5:21 mit den Worten: „Den, der Sünde nicht kannte hat er für uns zur Sünde gemacht”. Wir erkennen in diesem Schriftwort erneut welch enger Zusammenhang zwischen Sünde und Sündopfer besteht, eine vollständige Identifikation der Sünde des Gläubigen mit seinem Sündopfer.
Jesus kam im Alter von 30 Jahren in die Wüste, um sein Leben zu weihen und nach dem Willen des Himmlischen Vaters im Opfer niederzulegen, um sein kostbares Blut zu vergießen, als ein ein für allemal gültiges Opfer zur Vergebung der Adamischen Sünde. - „Denn so hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat”. - Johannes 3:16
Abel hatte aus Glauben gehandelt, als er von den Erstlingen seiner Herde schlachtete, ihr Blut vergoß und die besten Fettstücke dem Herrn opferte, was uns durch Paulus mit den Worten bestätigt wird: „Durch Glauben brachte Abel ein besseres Opfer dar als Kain, durch welchen (Glauben) er das Zeugnis erhielt, gerecht zu sein, indem Gott Zeugnis gab zu seinen Gaben… .” - Hebräer 11:4
Abel wollte dem Herrn nicht irgendein beliebiges Opfer darbringen, sondern hatte wohl fleißig danach geforscht, was dem Herrn wohlgefällig war. Und der Ewige hatte dieses Streben nach der Erkenntnis des göttlichen Willens in die rechte Richtung gelenkt und ihm den Gedanken ins Herz gelegt, ein blutiges Opfer von den Erstlingen seiner Herde darzubringen. Es ist anzunehmen, daß Kain und Abel von ihren Eltern erfahren hatten, wie Gott Adam und Eva bekleidete, nachdem sie gesündigt hatten und aus dem Garten Eden vertrieben wurden, als Er ihre Blößen mit Tierfellen bedeckte. Wir wissen nicht inwieweit Abel, der aus Glauben handelte, den vorbildhaften Charakter dieser Handlung verstand, die von einer Bedeckung des sündigen Menschen spricht, von einem Kleid, dessen Entstehung das Vergießen von Blut erforderte.
Jedenfalls handelte Abel mit Glauben, als er auf diese Weise sein Opfer darbrachte, und Gott bestätigte ihm, daß sein Opfer, bei dem er das Blut von Böcken vergossen hatte, Sein Wohlgefallen gefunden hatte, und auf gleiche Weise brachten Noah, Abraham, Isaak, Jakob und andere dem HERRN ihre Opfer im Glauben dar, bei denen sie das Blut von Tieren vergossen. Alle diese Opfer waren Gott angenehm, weil sie vorbildlich die einzige Grundlage zeigten, auf der die Vergebung von Sünden erfolgen konnte, durch das Vergießen von Blut, wie auch Paulus in Hebräer 9:22 sagt: „ohne Blutvergießen gibt es keine Vergebung”.
Das stellvertretende Opfer
Der zweite wichtige Grundgedanke des Sündopfers, der uns im Alten Testament gezeigt wird, ist der, daß ein Tier stellvertretend an die Stelle eines Menschen tritt, und mit dem Vergießen seines Blutes dessen Strafe bezahlt. Dieser Gedanke geht bildhaft aus der Opferhandlung auf dem Berg Morija hervor, als Abraham nach Gottes Aufforderung seinen Sohn Isaak als Brandopfer darbringen wollte. Der Engel des HERRN beendete die Prüfung Abrahams mit den Worten: „Strecke deine Hand nicht aus nach dem Jungen, und tu ihm nichts! Denn nun habe ich erkannt, daß du Gott fürchtest, da du deinen Sohn, deinen einzigen, mir nicht vorenthalten hast. Und Abraham erhob seine Augen und sah, und siehe, da war ein Widder hinten im Gestrüpp an seinen Hörnern festgehalten. Da ging Abraham hin, nahm den Widder und opferte ihn anstelle seines Sohnes als Brandopfer.” - 1 Mose 22:12 und 13
Abraham opferte anstelle seines Sohnes Isaak einen Widder, ein männliches Schaf. Nicht daß der Engel des Herrn Abraham dazu aufgefordert hätte, es war Abrahams Entscheidung, die durch Gottes Überwaltung zustande kam. Wiederum sagt Paulus in Hebräer 11: „Aus Glauben hat Abraham, als er geprüft wurde, den Isaak dargebracht, und er, der die Verheißung empfangen hatte, brachte den einzigen Sohn dar, über den gesagt worden war: <In Isaak soll deine Nachkommenschaft genannt werden.>.” - Hebräer 11:17 - 19
Als Abraham mit Isaak zur Opferstätte geht, fragt Isaak: „Wir haben hier wohl Feuer und Holz; aber wo ist das Schaf für das Brandopfer?” Und Abraham erwiderte: „Gott wird schon für ein Schaf zum Brandopfer sorgen, mein Sohn.” - 1. Mose 22:7 nach Menge
Abrahams prophetische Antwort ist in einem vorbildlichen wie in einem gegenbildlichen Sinn zutreffend. Mit Sicherheit geschah es durch göttliche Überwaltung, daß sich zu dieser Zeit, als Abraham den Isaak opfern wollte, ein Widder im nahen Gestrüpp verfing. Bedenken wir, auch, daß nur ein männliches Schaf infrage kam, und jedes andere Tier nicht zu diesem Brandopfer geeignet gewesen wäre. Dann bemerken wir auch, wie zutreffend sich Abrahams Antwort auf das Gegenbild anwenden läßt, daß Gott für ein gegenbildliches Brandopfer gesorgt hat, als er Seinen geliebten Sohn gab, damit er im Austausch für Adam sein unschuldiges Leben gebe.
Die Sündopfer am Versöhnungstag
Der Gedanke des Sündopfers, bei dem das Blut von Tieren zur Bedeckung von Sünden vergossen werden mußte, findet in den Schattenbildern der Stiftshütte zunehmende Bedeutung. Gott gab den Israeliten, nachdem Er sie zum Volk angenommen hatte, göttliche Gesetze. Als heiliger Gott konnte der Ewige nicht unter einem sündigen Volk leben. Das Lager Israels mußte vorbildlich rein sein, und jeder, der sich auf irgendeine Weise verunreinigte, mußte aus dem Lager Israels entfernt werden.
Aber da die Israeliten wie alle Menschen sündig waren, und da sie noch zusätzlich unter einem vollkommenen Gesetz standen, - das sie zu halten versprochen hatten, dem sie aber aus Schwachheit und Unvermögen nicht nachkommen konnten, - gab Gott ihnen für eine bestimmte Zeit eine Möglichkeit der vorbildlichen Bedeckung ihrer Sünden, die einmal im Jahr am Versöhnungstag durch besondere Opfer erfolgte. Diese Opfer werden als hochheilig bezeichnet. In 3. Mose 6:18 heißt es: „Dies ist das Gesetz des Sündopfers. An dem Ort wo das Brandopfer geschlachtet wird, soll das Sündopfer vor dem HERRN geschlachtet werden: hochheilig ist es!”
Abraham brachte sein vorbildliches Brandopfer auf dem Berg Morija dar, und hier wurde auch von Salomo der vorbildliche Tempel gebaut, der die verherrlichte Kirche bildlich darstellt, die mit dem Herrn am gegenbildlichen Sündopfer teilhat.
3. Mose, Kapitel 16 berichtet vom Versöhnungstag Israels und seinen Opfern, die Aaron als vorbildlicher Hoherpriester darbringen sollte. Aaron sollte als erstes einen Jungstier für das Sündopfer und einen Widder für das Brandopfer opfern. - Vers 3
Nach diesem ersten Sündopfer sollte er zwei Ziegenböcke von der Gemeinde der Söhne Israel nehmen und an den Eingang des Zeltes stellen. Durch das Los sollte nun bestimmt werden, welcher von beiden Ziegenböcken als zweites Sündopfer geopfert werden sollte. Es ist bemerkenswert, auf welche Weise sich das Schriftwort aus 1. Mose 4:7 in vorbildlicher Weise erfüllt, daß ein Sündopfer vor der Tür, „vor dem Eingang (des Zeltes)”, wartet, ein Sündopfer, das „für das Volk” sein sollte.
Sühnung für sein Haus
Über das erste Sündopfer lesen wir in 3. Mose 16, Vers 6: „Und Aaron soll den Jungstier des Sündopfers, der für ihn ist (oder, der ihn repräsentiert) herbeibringen und Sühnung erwirken für sich und sein Haus.”
Paulus zeigt in Hebräer 7:27, daß Jesus Christus, als gegenbildlicher Hohepriester, es nicht nötig hatte für sich selbst ein Schlachtopfer darzubringen, weil er sündlos war. Daß der Herr als erstes für „sich” und „sein Haus” Sühnung erwirkte, heißt, daß er für seine Leibesglieder, die Herauswahl des Evangelium-Zeitalters, und für den ganzen Haushalt des Glaubens, die als Nachkommen Adams alle unter der Sünde waren, eintrat.
Mit dem Schlachten und Vergießen des Blutes des Jungstiers war jedoch noch keine aktuelle Sühnung erfolgt. Als unser Herr sein kostbares Blut auf Golgatha am Kreuz vergoß, war das Lösegeld erbracht, aber mit seinem Verdienst noch keine Sühnung getan, weder für sein gegenbildliches „Haus”, noch für das „Volk”. Der Herr hatte sein Leben als Lösegeld für alle Menschen gegeben, aber er hatte dieses Verdienst noch nicht der göttlichen Gerechtigkeit vorgelegt. Dies geschah erst, nachdem er auferstanden und in den Himmel aufgefahren war, um in der Gegenwart Gottes mit seinem Verdienst zu erscheinen.
Das sichtbare Zeichen, daß Jesus Christus Sühnung für seine Leibesglieder erwirkt hatte, kam zu Pfingsten, als der Heilige Geist auf die in Jerusalem wartende Jüngerschar ausgegossen wurde. Unser gegenbildlicher Hoherpriester hatte Sühnung für „Sich und sein Haus” bewirkt, für alle diejenigen, die sich weihten ihrem Herrn und Erlöser bis in den Tod nachzufolgen. Als durch Glauben an sein Blut Gerechtfertigte konnten sie nun „ihre Leiber als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer darstellen”. - Römer 12:1
Paulus schreibt an die Hebräer: „Denn sowohl der welcher heiligt, als auch die, welche geheiligt werden, sind alle von einem; um welcher Ursache willen er sich nicht schämt, sie Brüder zu nennen.” - Hebräer 2:11
Gehen wir zurück zum Vorbild, so sehen wir, daß Aaron nach göttlicher Anweisung den Vorhof verließ und mit einer Räucherpfanne und Räucherwerk in beiden Händen unter dem ersten Vorhang hindurch in das Heilige ging, um auf dem goldenen Altar eine Duftwolke entstehen zu lassen, deren angenehmer Duft sich bis ins Allerheiligste verbreitete. Danach nahm er etwas von dem Blut des Schlachtopfers und betrat das Allerheiligste. Wir lesen dazu in Vers 14: „Und er nehme (etwas) von dem Blut und sprenge (es) mit seinem Finger auf die Vorderseite der Deckplatte nach Osten zu, und vor die Deckplatte soll er siebenmal (etwas) von dem Blut mit seinem Finger sprengen.”
Wir erinnern uns: Im Allerheiligsten stand die goldene Bundeslade, die den ewigen Ratschluß Gottes darstellt, in der neben den Gesetzestafeln und dem Stab Aarons auch das „verborgene Manna” seinen Platz hatte. Auf dem Kasten der Bundeslade ruhte eine Deckplatte, die als „Sühnungsdeckel” oder auch „Gnadenstuhl” bezeichnet wird und aus purem Gold war. Auf dem Sühnungsdeckel befanden sich zwei figürliche Darstellungen von Cherubim, gleichfalls aus purem Gold bestehend, die ihre Gesichter der Deckplatte zuwandten. Zwischen ihnen erstrahlte ein übernatürliches Licht, das wir als Scheckina-Herrlichkeit bezeichnen, eine passende Darstellung der Gegenwart Gottes, wenn wir an die Schriftworte denken: „Du, der in Licht sich hüllt wie in ein Gewand.” - Psalm 104:2
Unser geistiger Blick ist jedoch hier auf die Deckplatte, den Sühnungsdeckel, gerichtet, der, wie Bruder Russell in den Stiftshüttenbildern erklärt, Gottes Grundeigenschaft, die Gerechtigkeit darstellt. „Gerechtigkeit und Recht sind deines Thrones Grundfeste.” Auf sie blicken die beiden Cherubim, die passend die Eigenschaften der göttlichen Macht und Liebe darstellen.
Auf diesen Sühnungsdeckel sprengte Aaron das Blut des Sündopfers. Die Schrift sagt, daß der Sünde Sold der Tod ist. Mit dem Tod, dem Abschneiden vom Leben, - hier in dem vergossenen Blut dargestellt, - wurde der Gerechtigkeit vorbildlich genüge getan. Natürlich konnte das vergossene Blut von Tieren keine wirkliche Gerechtigkeit herbeiführen, noch konnte es tatsächlich Sünden beseitigen. Aber es deckte die Sünden zu, bis Christus kam und sein kostbares Blut als ein ein für allemal gültiges Lösegeld für alle Menschen gab.
Wie wir gesehen haben, brachte Aaron sein erstes Sündopfer dar, um Sühnung für „sich und sein Haus” zu erwirken. Aber es war noch ein zweites Sündopfer vorgesehen. Aaron hatte zwei Ziegenböcke an den Eingang des Zeltes der Begegnung gebracht, um über sie das Los zu werfen. Danach wurde der Ziegenbock, auf den das Los für den Herrn gefallen war, in gleicher Weise auf dem Altar geopfert, und sein Blut in gleicher Weise wie das Blut des Jungstiers in das Allerheiligste gebracht, um Sühnung für „das Volk” zu erwirken. Der andere Ziegenbock wurde für Asasel in die Wüste geschickt und hatte somit keinen Anteil am vorbildlichen Sündopfer.
Der Bock, der für das Volk ist
Wir lesen über den weiteren Ablauf in Vers 15: „Und er schlachte den Ziegenbock der für das Volk ist, und bringe sein Blut (in den Raum) innerhalb des Vorhangs und tue mit seinem Blut ebenso, wie er mit dem Blut des Jungstiers getan hat, und sprenge es auf die Deckplatte und vor die Deckplatte.”
Wie wir bemerken, geschieht mit dem zweiten Opfertier, mit dessen Blut Sühnung „für das Volk” bewirkt werden sollte, das gleiche, was mit dem Blut des ersten Opfertieres geschah. Nachdem das Opfertier geschlachtet worden war, brachte Aaron etwas von dem Blut des Opfers ins Allerheiligste, um es wie bei dem ersten Sündopfer „auf und vor die Deckplatte” zu sprengen. Alles geschieht auf die gleiche Weise wie bei dem ersten Sündopfer.
Es gab somit zwei Sündopfer an dem vorbildlichen Versöhnungstag, die beide von Aaron dargebracht wurden. Übertragen auf das Evangelium-Zeitalter, den gegenbildlichen Versöhnungstag, bringt Christus als gegenbildlich opfernder Hohepriester gleichfalls zwei Sündopfer dar, das erste, von dem wir schon gesprochen haben für „sich und sein Haus” und das zweite „für das Volk”.
Laßt uns dazu grundsätzlich bemerken, daß Aaron nach göttlichem Willen als Hohepriester allein berechtigt ist, die Opfer darzubringen, und das Blut auf den Versöhnungsdeckel zu sprengen, - die Unterpriester sind in keiner Weise an der Opferhandlung beteiligt. So ist auch Christus unser Hohepriester derjenige, der das Sündopfer zur Sühnung für „sich”, für seine Leibesglieder, und sein gegenbildliches „Haus”, - den Haushalt des Glaubens, - und das Sündopfer für das gegenbildliche „Volk”, die Menschheit darbringt. Dies mag uns vor Augen führen, daß der Himmlische Vater beide Sündopfer als ein Opfer sieht, das Sündopfer Seines geliebten Sohnes, an dem wir, als Glieder des Christus, aufgrund seines Verdiestes teilhaben dürfen.
Warum dann aber zwei Sündopfer, die in ihrem Ablauf identisch sind, ausgenommen, daß das erste Sühnung für „sich und sein Haus” bewirkte und das zweite Sühnung für das „Volk”?
Paulus spricht im Kolosserbrief von einem Geheimnis, das „von den Weltzeiten und von den Geschlechtern her verborgen war” und jetzt im Evangelium-Zeitalter offenbar geworden ist. Der Ewige verbarg, was Er von Anfang an vorgesehen hatte, daß der Christus aus einem Haupt und einem Leib von 144.000 Gliedern bestehen sollte. Paulus enthüllt zur gegebenen Zeit das Geheimnis, das in den Vorbildern der Stiftshütte und in dem Opferdienst der Priesterschaft und in den Bildern des Versöhnungstages bis zur von Gott bestimmten Zeit verborgen wurde.
Unser Herr ist das Haupt des gegenbildlichen Hohenpriesters, während die Leibesglieder in ihrer Gesamtheit den Leib des Hohenpriesters darstellen. Als Fußstapfennachfolger, die sich in den Tod Christi geweiht haben, nehmen sie ihr Kreuz auf und folgen seinem Beispiel nach bis in den Tod. Es ist ein Leidens- und ein Opferweg um Christi und der Wahrheit willen, der eine große Belohnung für diejenigen hat, die darin ausharren bis zum Ende. Paulus sagt von sich aus der Sicht eines solchen Fußstapfennachfolgers: „Jetzt freue ich mich in den Leiden für euch und ergänze in meinem Leib was noch aussteht von den Bedrängnissen des Christus für seinen Leib, das ist die Gemeinde.” - Kolosser 12:4
Die Beziehung zu dem Haupt ist so innig, daß unser Hohepriester unsere Leiden, die wir um der Wahrheit und Gerechtigkeit willen erdulden, als Teil seiner Leiden rechnet und uns damit einen Anteil an seinem Sündopfer anrechnet.
Paulus weist auf diese innige Verbundenheit mit dem Haupt hin, indem er Gott die Ehre gibt: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus! Er hat uns gesegnet mit jeder geistlichen Segnung in der Himmelswelt in Christus, wie er uns in ihm auserwählt hat vor Grundlegung der Welt,… zum Preise der Herrlichkeit seiner Gnade, mit der er uns begnadigt hat in dem Geliebten.” - Epheser 1:3, 4 und 6
Ein Sündopfer lagert vor der Tür, - daß für alle Menschen seine sühnende Anwendung findet. Bisher hat der Herr sein Verdienst nur für diejenigen in Anrechnung gebracht, die ihr Leben in der Nachfolge Christi geweiht haben und seinen Fußstapfen bis in den Tod nachfolgen. Erst wenn die Vollzahl der Kirche erreicht und hinter den Vorhang gegangen ist, wird der Herr das Verdienst seines Sündopfers der göttlichen Gerechtigkeit „für das Volk”, darbringen, wie es durch den Hohepriester Aaron vorgeschattet ist, der das Blut des Bockes, der „für das Volk” war, in das Allerheiligste trug und auf und vor den Sühnungsdeckel sprengte.
Laßt uns abschließend noch einmal feststellen, daß es der Hohepriester ist, der opfert. Es ist Jesus Christus, der für uns gestorben ist, der sein unschuldiges Erlösungsblut für alle Menschen gegeben hat. Es ist Jesus Christus, der auferstanden und zum Himmlischen Vater gegangen ist, um das Verdienst seines Opfers der göttlichen Gerechtigkeit zu unserer Rechtfertigung darzubringen. Wir haben nichts dazugetan, es ist aus Gnade und Liebe, daß der Herr uns als Glieder seines Leibes rechnen will und einen Anteil mit ihm an seinem Sündopfer gibt. Wir sind um einen Preis erkauft und gehören nicht mehr uns selbst, sondern dem, der uns mit seinem Blut erkauft hat. - 1. Korinther 6:20
Den Fußstapfennachfolgern gelten darum die Worte des Apostel Paulus in Römer 13:7 und 8: „Denn keiner von uns lebt sich selbst, und keiner stirbt sich selbst. Denn sei es auch, daß wir leben, wir leben dem Herrn; und sei es, daß wir sterben, wir sterben dem Herrn. Und sei es nun, daß wir leben, sei es auch daß wir sterben, wir sind des Herrn.”
Ein Sündopfer ist vor der Tür! Gelobt sei Gott für seinen ewigen Ratschluß der Versöhnung durch das immerwährende Opfer unseres geliebten Herrn.