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Urim und Thummim
Sicherlich haben wir alle schon einmal darüber nachgedacht, was es wohl mit den „Urim” und „Thummim” auf sich „hat - mit jenen beiden Merkwürdigkeiten im Brustschild des Hohepriesters, die auch heute noch große Bedeutung für uns haben. Stellen wir uns zunächst einmal die Einrichtungen der „Stiftshütte” vor: zuerst den Vorhof, dann die Hütte selbst, das Heilige und schließlich das Allerheiligste!
War die Stiftshütte beleuchtet? Finden wir dort irgendein Fenster? Nein! Als Leuchtquelle im Heiligen diente nur der siebenarmige Leuchter als Lichtquelle; er wurde von dem jeweiligen Hohepriester mit gereinigtem Olivenöl gespeist. So erfahren wir aus 2. Mose 27:20: „Und du (Mose), du sollst den Kindern Israel gebieten, daß sie dir reines, zerstoßenes Olivenöl bringen zum Licht, um die Lampen anzuzünden beständig.”
Bis aufs Kleinste ordnete Jahwe, Gott, die Dinge an, die zum Dienst in der Stiftshütte notwendig waren. Auch die heiligen Kleider des Priesters gehören dazu; sie sind in 2. Mose Kapitel 28 geschildert. Und hier wird uns auch die Anordnung des Brustschildes erläutert.
Wir alle wissen, daß der Hohepriester des Alten Testamentes ein überaus herrliches Gegenbild hat in dem, der in Hebräer 3:1 der „Hohepriester unseres Bekenntnisses” genannt wird. Es ist niemand anderes als unser Herr Jesus Christus. Und im Hinblick auf ihn ist auch die Beschreibung der heiligen priesterlichen Kleider wichtig. Sie enthält hochinteressante Einzelheiten.
Schlagen wir einmal 2. Mose Kapitel 28 auf. Dort heißt es in Vers 15: „Und mache das Brustschild des Gerichts” (oder: „des Rechts”, wie es in der Fußnote der Elberfelder Übersetzung heißt), „in Kunstweberarbeit”.
Die Bezeichnung „Brustschild” ist - oberflächlich betrachtet - leicht zu begreifen. Ist doch gerade das Brustschild der Teil einer Rüstung, der die Brust des Trägers zu schützen hat. Doch laßt uns hören, welche Bedeutung der Ausdruck „Brustschild” in der hebräischen Sprache hat. Professor Strongs große Wortkonkordanz gibt dem hebräischen Wort „chosen” den Sinn von „Funkeln” oder „etwas enthalten”. Vielleicht ein Beutel, der Urim und Thummim enthält? Ein Gegenstand jedenfalls, der etwas sehr Kostbares umschließt. Die Konkordanz von Young gibt dem Wort direkt die Bedeutung von „Sack” oder „Beutel”.
Ohne Zweifel aber war das Brustschild ein Gegenstand, der nur vom Hohepriester getragen wurde. Dieses Brustschild des Rechts und der Gerechtigkeit beinhaltet nach Strong den Begriff von „Urteil” oder „Wahrspruch”, was eine Entscheidung zugunsten oder zuungunsten bedeuten kann.
Laßt uns nun Vers 16 von 2. Mose 28 lesen: „Quadratförmig soll es sein, gedoppelt, eine Spanne seine Länge und eine Spanne seine Breite.”
Bruder Russell schreibt in der „Stiftshütte” im letzten Absatz von Seite 36: „Das Brustschild des Gerichts war vorn auf dem Ephod angebracht. Es hing an einer goldenen Kette von den Klammern auf den Schultern herab und wurde an dem Ephod mit einer durch goldene Ringe gezogenen blauen Schnur befestigt; diese Befestigung war verborgen unter demselben angebracht, daß es für den oberflächlichen Beobachter als ein Teil des Ephods erscheinen konnte.” - 2. Mose 28:23 - 28
Und weiter heißt es in Vers 30: „Und lege in das Brustschild des Gerichts die Urim und die Thummim, daß sie auf dem Herzen Aarons seien, wenn er vor Jahwe hineingeht; und Aaron soll das Gericht der Kinder Israel auf seinem Herzen tragen vor Jahwe beständig.” Dazu lesen wir noch in 3. Mose 8:8: „ … und er setzte das Brustschild darauf und legte in das Brustschild die Urim und die Thummim.” Was bedeuten nun diese Urim und Thummim, die der Hohepriester in seinem Brustschild (oder Brustbeutel) auf seinem Herzen tragen sollte?
Urim wird bei Strong mit „Licht” angegeben - und als ein orakelhaftes Leuchten gewisser Gegenstände im Brustschild des Hohenpriesters bezeichnet. Thummim indessen gibt Strong mit „Vollkommenheit” an, aber auch mit „Unschuld”, „Reinheit”, „Wahrheit”, und deutet sie als eines der Attribute jener uns heute nicht mehr bekannten Gegenstände im hohenpriesterlichen Brustschild. Da beide hebräischen Worte in der Mehrzahl stehen, lesen wir in der Fußnote der Elberfelder Übersetzung die genauere Erklärung mit „Lichter” und „Vollkommenheiten”. Diese Begriffe schließen die ganze Fülle göttlichen Lichts und göttlicher Vollkommenheit in sich ein. Und so laßt uns Urim und Thummim „Licht und Wahrheit” nennen.
Wir können also mit einiger Sicherheit die geistige Bedeutung dieser Gegenstände aus dem Zeugnis der Schrift erfahren; was sie jedoch tatsächlich waren - diese Urim und Thummim - weiß man heute nicht mehr genau zu sagen. Aber das ist ja auch nur zweitrangig. Bedeutsam für uns aber ist das Gegenbild, der geistige Gehalt des Vorbildes, wie er sich in einer Weise dartut, die nur durch die göttliche Logik zum Ausdruck kommen kann.
Gehen wir weiter zu 4. Mose 27:18 - 21. Dort wird uns gesagt, welchem Zweck die Urim dienten. „Und Jahwe sprach zu Mose: Nimm dir Josua, den Sohn Nuns, einen Mann, in dem der Geist ist, und lege deine Hand auf ihn; und stelle ihn vor Eleasar, den Priester, und vor die ganze Gemeinde, und gib ihm Befehl vor ihren Augen, und lege von deiner Würde (Hoheit) auf ihn, damit die ganze Gemeinde der Kinder Israel ihm gehorche. Und er soll vor Eleasar, den Priester, treten, und der soll für ihn das Urteil der Urim vor Jahwe befragen: nach seinem (Jahwes) Befehl sollen sie ausziehen, und nach seinem Befehl sollen sie einziehen, er und alle Kinder Israel mit ihm, ja, die ganze Gemeinde.”
Sicherlich ist es uns aufgefallen, daß in dieser Erzählung nur die Urim, die „Lichter”, befragt werden sollten. Wenn die Urim im Brustschild des Hohenpriesters aufleuchteten, bedeutete dies für die Kinder Israel Zustimmung von Seiten Jahwes, die Einwilligung, das „Ja” ihres großen Gottes. Wenn dagegen Jahwe, Gott, eine Sache nicht billigte, blieb das Leuchten aus. Darauf werden wir später noch zurückkommen.
Betrachten wir nun eine weitere Begebenheit. Wenden wir uns 1. Samuel Kapitel 14 zu. Wir wollen hier nicht auf die seltsame Begebenheit zwischen Saul und seinem Sohne Jonathan eingehen. Was uns aber zu unserem Thema interessieren kann, ist der Vers 41. Dort heißt es: „Und Saul sprach zu Jahwe, dem Gott Israels: Gib ein vollkommenes Los!” Die Fußnote der Elberfelder Übersetzung sagt hier: „Gib Wahrheit!”
Beachten wir, daß König Saul nicht selbst zu Jahwe Gott sprach. Das Ende des Verses 36 sagt es uns ganz deutlich. Dort heißt es: „Und der Priester sprach: Laßt uns hier zu Gott nahen!” Ohne den Priester, das Ephod und das Brustschild der Gerechtigkeit, des Wahrspruches der Entscheidung durfte kein Entschluß gefaßt werden. In diesem Falle wurden Saul und Jonathan für schuldig befunden.
Das hebräische Wort, das hier in Vers 41 mit „Los” übersetzt ist, heißt „goral”, also nicht „Urim” und „Thummim”. Die Bedeutung dieses Wortes ist: „unbehauen” oder „ungeschliffen”, wie Natursteine eben sind. Sehr wahrscheinlich waren es Kiesel oder Bergkristalle, die als Lossteine gebraucht wurden, wenn es darum ging, eine wichtige Sache zu entscheiden, sie vor Gott zu bringen.
Diese kleinen Steine müssen in engem Zusammenhang mit Urim und Thummim gestanden haben. Vielleicht waren gerade sie es, die der Hohepriester in seinen Brustbeutel zu legen hatte, wie wir in 2. Mose 18:28 gelesen haben. Möglich ist aber auch, daß die Lossteine geworfen wurden, und je nach göttlicher Entscheidung leuchteten daraufhin Urim und Thummim auf - oder auch nicht.
Interessant ist der Text nach der griechischen und lateinischen Ubersetzung, wie ihn die Zürcher Bibel wiedergibt. Wir lesen noch einmal 1. Samuel 14:41 nach der Zürcher Übersetzung: „Nun sprach Saul: O Herr, Gott Israels, warum hast du deinem Knechte heute nicht geantwortet? Ist diese Schuld an mir oder an meinem Sohn Jonathan, o Herr, Gott Israels, so laß Urim erscheinen; ist diese Schuld aber an deinem Volke Israel, so laß Thummim erscheinen! Da traf es Jonathan und Saul; das Volk aber ging frei aus.”
Bemerkenswert ist auch noch eine Fußnote der Menge-Bibel zu 2. Mose 28:30: „Die beiden Worte (Urim und Thummim) könnten etwa übersetzt werden: die lichtenden und die schlichtenden Lose. Durch sie sollte Recht in jegliche Sache kommen.”
Auch in Sprüche 16:33 finden wir einen Hinweis, daß Urim und Thummim gleichbedeutend seien mit den Lossteinen, die der Hohepriester in seinen Brustbeutel zu legen hatte: „Das Los wird in den Busen geworfen, aber all seine Entscheidung kommt von Jahwe.” Also keine Entscheidung ohne den Priester, das Ephod und das Brustschild - sogar bei der Verteilung des Landes Kanaan an die zwölf Stämme Israels. In 4. Mose 34:13 hören wir wiederum von dem „Los” oder den „Lossteinen”, als Mose den Kindern Israel gebot und sprach: „Das ist das Land, welches ihr durch Los als Erbteil empfangen sollt… .” Und weiter lesen wir in den Versen 16 und 17: „Und Jahwe redete zu Mose und sprach: Dies sind die Namen der Männer, welche euch das Land als Erbe austeilen sollen: Eleasar, der Priester, und Josua, der Sohn Nuns.”
Die Verse 1 und 2 im 14. Kapitel des Buches Josua bestätigen die Aussagen von 4. Mose 34:13, 16 und 17; aber in Josua 19:51 kommt alles noch klarer zum Ausdruck. Dort steht: „Das sind die Erbteile, welche Eleasar, der Priester, und Josua, der Sohn Nuns, und die Häupter der Väter der Stämme der Kinder Israel durch das Los austeilten zu Silo, vor Jahwe, an dem Eingang des Zeltes der Zusammenkunft.”
Über das Auswerfen der Lossteine ist in der Heiligen Schrift sehr viel geschrieben. Der Wille des Herrn wurde viel öfter durch sie befragt, als oberflächlich zu erkennen ist. Alle Diener der Stiftshütte zum Beispiel und im Tempel wurden durch das Auswerfen der Lossteine durch den Hohepriester bestimmt - und immer, ohne Ausnahme - vor Jahwe, dem Allmächtigen, dem Gott Israels. Wir sollten einmal 1. Chronik 24:31, 1. Chronik 25:8 und 1. Chronik 26:13 betrachten. Beim Lesen dieser Schriftstellen wird man zudem feststellen, daß Gott ohne Ansehen der Person handelte. Alle dienten zusammen.
Wir können auch Nehemia 10:34 erwähnen, wo uns berichtet wird, wie Priester und Leviten und das Volk die Lossteine warfen, wer von ihnen wohl die Holzspende für das Altarfeuer zum Hause Jahwes bringen sollte.
Und noch einmal zurück zu König Saul. Schlagen wir 1. Samuel 28:5 und 6 auf. Zu jener Zeit war der König schon lange aus der Gunst Gottes gefallen und das Königtum auf Davids Schulter gelegt worden. Und dort lesen wir: „Und als Saul das Heer der Philister sah, fürchtete er sich, und sein Herz zitterte sehr. Und Saul befragte Jahwe; aber Jahwe antwortete ihm nicht, weder durch Träume noch durch die Urim noch durch die Propheten.” Wir erkennen, daß Gott Saul nicht mehr für würdig erachtete, Licht von Ihm zu empfangen - nicht Licht und nicht Wahrheit; denn der Ewige hatte sein Urteil über Saul bereits gesprochen.
Doch laßt uns jetzt dem tieferen Sinn von Urim und Thummim nachgehen. Wenn David in seinem herrlichen Psalm 43 zum Allerhöchsten fleht: „Sende dein Licht und deine Wahrheit, sie sollen mich leiten, mich bringen zu deinem heiligen Berge und zu deinen Wohnungen”, so gebraucht er hier zwar nicht die Bezeichnungen „Urim” und „Thummim”, doch übersetzt er gleichermaßen deren göttliche Ausstrahlungen in die Sprache des Geistes, den wir verstehen dürfen. „Licht und Wahrheit” - vergleichsweise Urim und Thummim - sollen mich leiten und zu dem heiligen Berge bringen: dem Zion Gottes, des Allmächtigen - und zu Seinen Wohnungen. „In dem Hause meines Vaters sind viele Wohnungen”, versicherte Jesus seinen Jüngern. - Johannes 14:2 Nur Gott läßt die Urim aufleuchten und durch die Thummim den rechten Weg weisen.
Auch in Psalm 37:5 und 6 begegnen wir der tieferen Bedeutung von Urim und Thummim: „Befiehl Jahwe deinen Weg und vertraue auf ihn! Und Er wird handeln; und Er wird deine Gerechtigkeit hervorkommen lassen wie das Licht, und dein Recht wie den Mittag.”
David will mit diesen wunderbaren und prophetischen Worten sagen: Richte dich völlig auf den Herrn aus, dann wird Er dir aus dem Brustschild des Rechts deine Gerechtigkeit hervorstrahlen lassen wie das Licht - durch Jesus Christus, unseren Herrn! Wenn wir die Tiefen von Urim und Thummim in uns aufgenommen haben, wenn wir innerlich erfaßt haben, daß sie die Fülle göttlichen Lichtglanzes, göttlicher Gerechtigkeit und Wahrheit vorbilden, die auf dem Brustschild des Hohepriesters aufleuchten - jenem Brustbeutel, den er auf dem Herzen trug - dann verstehen wir auch besser und klarer die Gedanken gewisser prophetischer Aussagen.
Hören wir zuerst Johannes 1 Vers 17: „Denn das Gesetz wurde durch Moses gegeben; die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesum Christum geworden.” Und Johannes 3 Verse 20 und 21: „Denn jeder, der Arges tut, haßt das Licht und kommt nicht zu dem Lichte, auf daß seine Werke nicht bloßgestellt werden; wer aber die Wahrheit tut, kommt zu dem Lichte, auf daß seine Werke offenbar werden, daß sie in Gott gewirkt sind.”
Die Israeliten sollten zu Urim und Thummim, zu „Licht” und „Wahrheit” hinzutreten, um Gottes Entscheidung zu befragen. Jenen aber, die wider Jahwes Gebote gesündigt hatten, leuchteten sie nicht auf, wie wir bei König Saul gesehen haben. Der Apostel Johannes erhellt uns wiederum den gegenbildlichen Sinn jener und ähnlicher Begebenheiten alttestamentlicher Vergangenheit und erklärt uns die ungeheure Tragweite des Vorbildes. Wo die Liebe zum Licht, der Hunger nach Wahrheit fehlt - wie sollte da Licht aufleuchten? Gott drängt sich dem Menschen nicht auf. Vielmehr wartet Er auf ihn mit unendlicher Geduld. Und also ist über alle, die das Licht weder lieben noch suchen, die große Finsternis gekommen.
„Dies aber ist das Gericht” - lesen wir in Johannes 3:19 - „daß das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen haben die Finsternis mehr geliebt als das Licht, denn ihre Werke waren böse.” Und als Jesus wußte, daß er seine Jünger verlassen mußte, betete er zu seinem Himmlischen Vater und bat Ihn: „Heilige sie durch die Wahrheit; dein Wort ist Wahrheit.” - Johannes 17:17
Das ist Gottes Wort, Sein Wille im Brustschild des Hohepriesters, das auf seinem Herzen ruht!
Wir sehen aber den Herrn hier nicht nur als Hohepriester; wir sehen ihn auch als das Wesensbild des Himmlischen Vaters, der in allem des Vaters Willen repräsentiert. Und wie weitschauend und liebevoll gedenkt der Herr auch unser in jenem Gebet, wenn er sagt: „Aber nicht für diese allein bitte ich, sondern auch für die, welche durch ihr (der Apostel) Wort an mich glauben; auf daß sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir, auf daß sie in uns eins seien.”
Laßt uns noch einmal Davids Psalmworte wiederholen: „Befiehl Jahwe deine Wege und vertraue auf ihn! Und er wird handeln; und er wird deine Gerechtigkeit hervorkommen lassen wie das Licht”, das aufleuchtet aus dem Brustschild des Hohepriesters: deine Gerechtigkeit, die du geschenkt bekommen hast durch das Loskaufopfer Jesu und die überschwengliche Gnade unseres Himmlischen Vaters.