Herr, lehre uns beten

„Betet unablässig; danksaget in allem.” - 1. Thessalonicher 5:17 und 18

Im Anfang, als Adam noch in Harmonie mit Gott war, war er in einem Zustand, der in der Schrift eine Bundesbeziehung zu Gott genannt wird. Das Wort sagt, daß Adam diesen heiligen Bund brach. - Hosea 6:7 Er wurde ein Sünder; und seine später geborenen Kinder waren durch die Vererbung mit ihm Sünder. Anstatt in Bundesgemeinschaft mit Gott geboren zu sein, wurden die Kinder Adams als außerhalb Stehende geboren. Dennoch verkehrte Gott mit einigen wenigen, die einen besonderen Glauben hatten und auch den Wunsch mit Ihm in Übereinstimmung zu kommen. Abel, der zweite Sohn Adams, war einer von ihnen. Er nahte sich Gott mit einem Tier-Opfer und wurde angenommen. Henoch und Noah traten durch Glauben ebenfalls in einen Zustand der Gemeinschaft mit Gott, obwohl sie gesetzlich immer unter dem über Adam verhängten Urteil standen, da der Loskaufspreis noch nicht bezahlt worden war.

Später trat Gott mit Abraham wegen seines großen Glaubens und Gehorsams in Bundesbeziehung; und nachher mit seinem Sohn Isaak; dann mit seinem Enkel Jakob. Noch später trat Gott unter dem Gesetzesbund am Sinai mit dem Samen Jakobs in Beziehung. Der Herr hatte den Namen Jakob in Israel umgewandelt - „Fürst Gottes”. - 1. Mose 32:24 - 30; und so wurde das ganze Volk Israel, die Nachkommen Jakobs, als Gottes Volk angenommen und behandelt, als ob es ohne Sünde wäre. Sie hatten das Vorrecht, sich Ihm im Gebet zu nahen. Doch die Sünden der jüdischen Nation wurden nur vorbildlicherweise von Jahr zu Jahr getilgt. Das Blut von Stieren und Böcken konnte die Sünde niemals wirklich beseitigen. Und so standen die Juden in der Beziehung zu Gott - als Diener.

Die Nationen waren vollständig ohne Gott. Sie hatten nicht das Vorrecht des Gebetes. Wir wollen nun den Anfang des Evangelium-Zeitalters und Kornelius betrachten. Wir lesen, daß er ein frommer und gottesfürchtiger Mann war, der dem Volk viele Almosen gab und zu aller Zeit zu Gott betete. Aber seine Gebete konnten erst angenommen werden, nachdem Jesus gestorben war. Der Tod Jesu brachte Kornelius noch nicht in Bundesgemeinschaft mit Gott. Aber als die siebzig sinnbildlichen Wochen der jüdischen Gnade erfüllt waren, war die rechte Zeit gekommen, daß die frohe Botschaft den Nationen verkündigt wurde. Erst da war Gott bereit, ihn anzunehmen. Er sandte einen Engel zu ihm, der ihm die Botschaft des Herrn überbrachte: „Kornelius, deine Gebete und deine Almosen sind hinaufgestiegen zum Gedächtnis vor Gott.” Die Gebete und die Almosen des Kornelius waren als ein Weihrauch vor Gott hinaufgestiegen.

Hatte Gott diese Darbringungen vorher nicht angenommen? Nein! - Gott hatte sie wohl beachtet, aber nicht angenommen. Gott nimmt solche Darbringungen auf die von Ihm festgelegte Weise - außer in einem begrenzten oder vorbildlichen Maße vor dem Evangelium-Zeitalter -, durch einen Fürsprecher in diesem Zeitalter und durch einen Mittler im nächsten Zeitalter an. „Niemand kommt zum Vater, denn durch mich”, sagt Jesus. Selbst als die rechte Zeit gekommen war, konnte Kornelius nicht Gott nahen, bis Er ihn wissen ließ, wie er es tun sollte.

Erkenntnis der Wahrheit notwendig

Der Engel des Herrn sagte zu Kornelius: „Sende Männer nach Joppe und laß Simon holen, der Petrus zubenannt ist; der wird Worte zu dir reden, durch welche du errettet werden wirst, du und dein ganzes Haus.” - Apostelgeschichte 11:13 und 14 Diese Worte waren nötig, um ihn zu retten, um ihn mit Gott in eine Bundesbeziehung zu bringen. Kornelius war gehorsam und sandte nach Simon Petrus, der ihm die notwendige Unterweisung gab, wie man sich Gott durch Jesus nahen könnte. Und wenn wir nicht durch Christus zum Vater gekommen wären, so wären unsere Gebete genausowenig angenommen worden, wie die des Kornelius.

Die Worte, die Petrus zu Kornelius sprach, sollten ihm zeigen, daß Gott ein großes Sündopfer vorgesehen hatte; daß Jesus für alle den Tod schmeckte; daß Gott jetzt, ehe Er sich der Welt zuwendet, eine kleine Herde herausnimmt, die mit Christo vereinigt sein soll, um die Welt zu segnen. Als Kornelius diese gute Botschaft hörte, glaubte er von ganzem Herzen; und ebenso die, die bei ihm waren. Ohne Zweifel hatte er von Jesus gehört, aber jetzt verstand er den Sinn des Gehörten. Er war die ganze Zeit in der rechten Herzensstellung gewesen. Er hatte gebetet und gefastet. Aber trotzdem konnte er nicht von Gott angenommen werden - außer durch Jesus. Er mußte Christus zu seinem Fürsprecher haben.

Wie Jesus unser Fürsprecher wird

Aber was bedeutet es, Jesus zu unserem Fürsprecher zu haben? Es bedeutet, daß wir ihn zuerst als unser Lösegeld von der Sünde und dem Tode annehmen müssen. Dann sagt er uns: „Wenn jemand mir nachkommen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf und folge mir nach.” Wenn jemand nur glaubt, daß Jesus starb, und daß er heilig war, so kann er nicht sein Jünger sein. „Auch die Dämonen glauben und zittern.” Unsere Rechtfertigung zum Leben findet erst dann statt, wenn wir den Herrn unter seinen Bedingungen annehmen. Dann wird er unser Fürsprecher.

Niemand ist berechtigt, eine Antwort auf das Gebet zu erwarten, außer demjenigen, der durch völlige Weihung ein Jünger Christi geworden ist. „Wer durch ihn zum Vater kommt, der wird keineswegs hinausgestoßen werden.” - Johannes 6:37 Von dieser Regel gibt es nur eine Ausnahme, und die besteht in einer Schar Minderjähriger, also Kinder, die zu jung sind, um irgendwelche Verantwortung oder irgendwelches Verständnis für diese Dinge zu besitzen. Es sind Kinder, von denen ein oder beide Elternteile Nachfolger Christi sind. Das Alter, in welchem Verantwortlichkeit eintritt, mag verschieden sein - bei einigen zwischen 12 und 15 Jahren, bei anderen sogar noch später. Aber wer immer volles Verständnis und volle Verantwortung erlangt und sich nicht dem Herrn weiht, verliert das Vorrecht des Gebetes. So ist unserer Auffassung nach ein minderjähriges Kind, von dem ein Elternteil geweiht ist, dazu bereit, nach Antworten auf seine Gebete zu Gott auszuschauen.

Der Herr hindert niemanden daran, seine Knie zu beugen. Menschen abseits unserer Zivilisation tun dies fortwährend, aber ihre Gebete steigen nicht zu Gott hinauf. Einst waren die Juden hinsichtlich des Gebetes eine Ausnahme, doch sie waren ein vorbildliches Volk. Diese Eigenschaft war jedoch zeitlich begrenzt und ist vergangen. Aber bald werden sie durch den großen Mittler wieder das Vorrecht des Gebetes haben, und die ganze Welt kann sich ihnen in diesem Vorrecht anschließen. Jesus wird nicht der Fürsprecher für die Welt sein. Diese Eigenschaft besteht nur für die Herauswahl des gegenwärtigen Zeitalters.

Unser Leben soll ein Gebet sein

Das Gebet scheint die natürliche Stellung des menschlichen Sinnes gegenüber dem Allmächtigen zu sein. Selbst die Heiden haben die Veranlagung zu beten. Ihre Befürchtungen und Hoffnungen, all dies führt sie dazu, ihre Zuflucht zu irgendeiner großen Macht über ihnen zu nehmen. Aber das Volk Gottes, das Seine Weisheit, Macht und Liebe kennt, und das den Bedingungen zum erhörbaren Gebet entsprochen hat, ist allein berechtigt, zum Thron der Gnade zu kommen. Wir wissen, welch ein Segen es ist, zu Gott und in Seine Gegenwart Zutritt zu haben - das Ohr des allmächtigen Herrschers des Weltalls sich zugeneigt zu wissen. Wir wissen, wie schwierig es ist, bei den Herrschern der Erde eine Audienz zu erhalten; und daß es auch nicht leicht ist, sich bei Leuten großer Autorität Gehör zu verschaffen. Doch der große Gott hat eine Vorkehrung getroffen, daß Sein Volk zu Ihm kommen und Ihm seine Bitten vortragen darf.

Der unbußfertige Sünder kann nicht zu Gott kommen. Aber die göttliche Weisheit hat es so eingerichtet, daß der Sünder von seiner Sünde frei werden und dann im Gebet mit Ihm in Gemeinschaft treten kann. Die Juden hatten vorbildliche Opfer, einen vorbildlichen Versöhnungstag und vorbildliche Vergebungen der Sünden. Aber die Vergebung unserer Sünden durch das Verdienst des Opfers Christi ist tatsächlich und bringt uns in die Stellung der Annehmbarkeit bei dem Vater. Es gefällt Ihm wohl, daß Seine Kinder Ihm im Gebet nahen. Und es ist unser schönes Vorrecht, Ihm Anbetung und Lob darzubringen - die Huldigung unserer Herzen.

Wir wollen einen Unterschied zwischen Anbetung und Gebet machen. Anbetung ist ein Niederfallen, eine Anerkennung der Majestät Gottes, eine Handlung der Ehrerbietung, der Huldigung. Aber das Gebet ist das Vorbringen einer Bitte. Wenn also das Volk Gottes in Seinem Wort ermutigt wird, sich Ihm im Gebet zu nahen, so geschieht es mit dem Verständnis, daß es zuvor darüber unterrichtet worden ist, welche Bitten Gott wohlgefällig sind. Uns wird das Beispiel eines rechten Gebetes in dem Mustergebet gegeben, daß der Herr seine Jünger zu beten lehrte.

Der Heilige Geist ist der Segen, der am meisten gesucht werden sollte. Der Geist Gottes kann in einem größeren oder geringerem Maß gegeben werden. Uns wird ein Maß des Geistes zuteil, wenn wir als Jünger Christi angenommen werden; und jene Flamme der Liebe, die entstand, soll eine unser Leben verzehrende Macht werden. Sie soll alles verbrennen, was Gott zuwider ist, damit unser Leben ein brennendes und leuchtendes Licht sein kann. In dem Maß, in dem wir erkennen, daß wir des Geistes der Gerechtigkeit, des Geistes der Wahrheit, ermangeln, in diesem selben Maß sollten wir im Gebet um die Beseitigung des Mangels bitten. Wer immer sich seines Mangels bewußt ist und die Quelle kennt, von der er die nötige Ergänzung erhalten kann, wird zum Thron der himmlischen Gnade kommen. Wir sollten nicht die Pflichten und die Verantwortlichkeiten des Lebens vernachlässigen, um jeden Tag viel Zeit auf unseren Knien zu verbringen, sondern unser ganzes Leben soll ein unaufhörliches Gebet sein.

Von der Zeit an, da wir des Herrn Kinder werden, sollten wir zunehmend danach streben, die Charaktergleichheit mit Christus zu erlangen - sollten im Gebet verharren und nicht ermatten. Wir sollten zunehmend nach dem Geist Gottes trachten und zusehen, daß wir die Bedingungen erfüllen, unter welchen wir die Fülle des Geistes erhalten können. In diesem Sinn des Wortes sollten wir unabläßlich beten und fortfahren, unsere Bitte vorzubringen, bis wir empfangen, was wir ersehnen. Aber wir werden die Fülle unseres Wunsches erst dann erlangen, wenn wir zu dem höheren Leben, zur Vollkommenheit der neuen Natur in der Auferstehung verwandelt worden sind. Dann werden wir völlig gesättigt sein. Das Gebet wird in lauter Lobpreis verschlungen sein.

Das Mustergebet unseres Herrn

In dem Gebet, das uns der Herr lehrte, geben wir Gott zuerst die Ehre, indem wir Ihn als unseren Vater sehen, Seine Größe anerkennen und den Wunsch ausdrücken, daß Sein Name geheiligt werde. Wir erinnern uns an das Reich, das verheißen ist; und wir bekunden Ihm unseren Herzenswunsch, daß Sein Reich kommen möge; wir bitten, daß Sein Wille auf Erden völlig geschehen möge. Dies schließt ein, daß wir unseren eigenen Willen aufgeben, daß wir wünschen, daß der Wille Gottes in unseren sterblichen Leibern völlig geschieht.

In diesem Gebet werden unsere alltäglichen, zeitlichen Bedürfnisse kurz erwähnt: „Unser täglich Brot gib uns heute” - kein Wunsch nach Früchten und Gemüse, nach Delikatessen usw. - sondern einfach für unsere notwendigen Bedürfnisse für den Tag. Wir erbitten nicht mehr - wir wünschen nicht mehr. Dann bitten wir, daß unsere Schuld uns vergeben werde, gleich wie wir vergeben. Endlich kommt die Bitte um Schutz vor bösen Einflüssen. Dies drückt die Anerkennung der Tatsache aus, daß es Versuchungen seitens derjenigen gibt, mit denen wir in Verbindung stehen, und von den bösen Mächten her - der Gewalt der Luft - und von unserem eigenen Fleisch her, und daß wir der göttlichen Hilfe bedürfen. Aber die Bitten dieses Gebetes hierfür sind sehr kurz.

Im Gebet bescheiden

Es scheint fast so, als ob viele Menschen einen falschen Begriff vom Gebet haben. Es gibt Menschen, die versuchen, dem Herrn Dinge zu sagen, die Er selbst besser weiß als sie. Es ist immer unpassend, auch bei unserem Umgang mit Menschen, einer Person, die gebildeter ist als wir selbst, etwas über das zu sagen, was sie weit besser weiß als wir. Soweit es uns bekannt ist, unternahmen es Jesus und die Apostel niemals, dem Vater hinsichtlich Seines Planes irgendwelche Belehrungen zu geben. Und wenn jemand versucht, dem Herrn Belehrungen zu erteilen, so betrügt er weder Gott noch andere, die zuhören; denn er weiß, und sie wissen es, daß ein solcher nicht Gott, sondern die Menschen anspricht.

Wenn wir uns an den rechten Begriff vom Beten - dem Begriff der Bibel - halten, so werden zweifellos unsere Gebete in der Öffentlichkeit sehr kurz sein. Die Schrift ist der einzige Prüfstein, der einzige Leiter. Sie berichtet uns über kein Beispiel, daß die Heiligen des Herrn öffentlich lange Gebete sprachen. Auch in einer unbekannten Sprache zu beten, wenn kein Übersetzer dabei ist, ist wertlos, sagt uns der Apostel Paulus. Und wenn jemand in unzusammenhängender Weise betet, so daß er sich den Zuhörern nicht verständlich machen kann, so kann das Gebet ebensogut in einer unbekannten Sprache gebetet werden. „Wie soll der, welcher die Stelle des Unkundigen einnimmt, das Amen sprechen zu deiner Danksagung, da er nicht weiß, was du sagst?” Wenn dies auch zeigt, daß Gott wünscht, daß wir die Zuhörenden berücksichtigen sollen, so sollen wir doch nicht zu ihnen beten, sondern die Gedanken aller zu Gott hinlenken, zu einer Wertschätzung Seiner Güte, Seiner Weisheit und Liebe und Barmherzigkeit.

Wir sollten es unterlassen, die Leute aus Anlaß des Gebets zu belehren: Wir sollten versuchen, alle in ehrfurchtsvoller Weise im Geist zu dem Thron der himmlischen Gnade zu führen, damit sie sich vor Gott beugen können. Das, was Menschen aus der Namenchristenheit häufig zu tun versuchen, sollte beim Verkünden des Wortes geschehen. Gemäß der Aussage der Schrift hat es Gott nicht wohlgefallen, die Gläubigen durch das Gebet zu retten, sondern durch die Predigt. - Römer 10:14 und 1. Korinther 1:21 Dieses Predigen bedeutet nicht unbedingt ein öffentliches Reden, sondern schließt auch mehr private Verkündigung der Wahrheit und ebenso das Predigen über Schriften und andere Medien ein. Wir sollten überall der Leitung des Wortes folgen.

Wir legen hier unseren Standpunkt zum öffentlichen Beten und zur Angemessenheit kurzer Gebete dar und zeigen Beispiele der Schrift hierüber. Aber es legt uns fern, dem Gedanken Raum zu geben, daß jemand in seinen privaten Ergebenheitsbezeugungen begrenzt sein sollte. Der, welcher vollkommen war, gab uns ein Beispiel des privaten Gebetes. Unser Herr betete manchmal die ganze Nacht. Wir gehen davon aus, daß es für die meisten von uns besser ist, dieses nicht zu tun, denn wir würden am nächsten Tag zum Dienen umso schwächer sein. In unserer Schwachheit und Unvollkommenheit sind wir wahrscheinlich nicht dazu fähig, die besondere Stellung unseres Herrn zu erkennen. Wir hätten kaum etwas, das wir Gott sagen könnten und das eine ganze Nacht hindurch ein Gebet ausfüllen könnte, außer, wenn wir uns wiederholen würden. Unser Meister aber sagt: „Ihr sollt nicht plappern.” - „Euer Vater weiß, was ihr bedürft, ehe ihr ihn bittet.” Wir sollten lieber um jenen Zustand des Herzens bitten, in dem wir fähig sind, das zu empfangen, was zu senden Er für gut halten mag, damit wir aus jeder einzigen Vorsehung des Herrn einen Segen gewinnen.

Zusammenfassend gesagt sollten unsere Bitten in der Öffentlichkeit dem Beispiel, das unser Herr seinen Jüngern gab, stark nachempfunden werden; sie sollten in Kürze das ernstliche Verlangen nach dem Kommen des Reiches Gottes, eine Anerkennung der Sünde, eine Bitte um göttliche Vergebung und Hilfe und Fürsorge für uns und eine Darbringung von Lob und Preis zum Ausdruck bringen. Wir sind der Ansicht, daß dies auch die Reihenfolge unserer privaten Ergebenheitsbezeugungen der Regel nach sein sollte. Es ist auch angemessen, daß wir einander vor dem Thron der Gnade in privaten und - mit allgemeineren Formulierungen - in öffentlichen Gebeten gedenken. Doch ganz offensichtlich sagt die Schrift aus, daß wir nicht versuchen sollten, das Gebet als ein Mittel zu verwenden, um irdische Gunst zu gewinnen, oder dem Herrn zu sagen, was wir getan wissen möchten, oder von Menschen gehört zu werden, sondern daß wir die geistigen Dinge voranstellen - jene Dinge, um die zu beten wir belehrt worden sind.

Die Bedingungen annehmbarer und wirksamer Gebete

Als Jesus seinen Jüngern sagte: „Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wißt, wieviel mehr wird der Vater, der vom Himmel ist, den heiligen Geist geben denen, die ihn bitten”, gab er ihnen einen hohen Begriff vom Himmlischen Vater. Doch dieser hohe Begriff ging in den Zeiten danach zum größten Teil verloren. Während der finsteren Zeitalter wurde der Gott der Liebe als ein Wesen dargestellt, das kein wenig liebevoll und gütig war und kein wahres Interesse an der Mehrheit Seiner Geschöpfe hatte. Dabei wurde der Eindruck erweckt, daß die wenigen, an denen Er ein Interesse hatte, die waren, die sich gegenüber allen Außenstehenden unbarmherzig, grausam und lasterhaft verhielten.

Wie schrecklich ist Gott von denen verleumdet worden, die behauptet haben, Seine besonderen Vertreter zu sein. Wie ganz anders schildert ihn der Sohn, der Ihn doch so gut kannte. Hört was Er sagt: „Ihr sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist; denn er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen.” Als die Apostel Jesus fragten, ob sie Feuer vom Himmel auf die Samariter, die sich weigerten, ihn aufzunehmen, fallen lassen sollten, was antwortete der Meister da? „Wißt ihr nicht, welches Geistes Kinder ihr seid? Des Menschen Sohn ist nicht gekommen, der Menschen Seelen zu verderben, sondern zu erhalten.” Und er war das Ebenbild des Vaters und war nicht gekommen, seinen eigenen Willen zu tun.

Der Mensch befindet sich in einem betrüblichen Zustand des Gefallenseins und hat nötig, in das Bild Gottes, in das Gleichnis Gottes, wiederhergestellt und in einen Zustand der Liebe, des Erbarmens und des Mitgefühls - die Eigenschaften, die in Gott verkörpert sind - versetzt zu werden. Doch ungeachtet unseres gefallenen Zustandes geben Eltern ihren Kindern gern gute Gaben. Wo ist ein Vater, der, wenn sein Kind ihn um einen Fisch bittet, ihm eine Schlange geben würde? Oder wenn es um Brot bittet, ihm einen Stein geben würde? Wenn wir diese Charakterzüge vom Herrn empfangen haben und sie auch in unserem gefallenen Zustand noch bis zu einem beträchtlichen Maß besitzen, so können wir uns einen Begriff davon machen, wie Er, der der Vollkommene und Ewige ist, sich freut, Seinen Kindern gute Gaben zu geben. - „Wieviel mehr wird euer Vater, der in den Himmeln ist, Gutes geben denen, die ihn bitten?” Und Seine besten Gaben sind die geistigen Dinge.

Voraussichtliche Söhne vor Pfingsten

Wir sollten daran denken, daß, als unser Herr auf Erden lebte, er im wahrsten Sinn des Wortes der Vertreter des Vaters im Fleisch war. Er war in der Tat „Gott geoffenbart im Fleisch”. Und diejenigen, die in der rechten Herzensstellung waren, konnten den Charakter des Vaters im Sohne erkennen. Die an Jesus glaubten, wurden in mancherlei Hinsicht aufgenommen und behandelt, als ob sie vom Vater schon völlig angenommen worden wären. Die Schrift sagt jedoch, daß der Heilige Geist noch nicht gegeben war. Wir sehen, daß der Geist - als zeugende Macht - erst gegeben werden konnte, als Jesus gestorben und vor Gott erschienen war, um für die Sünden der Herauswahl Versöhnung zu bewirken. Vierzig Tage nach seiner Auferstehung fuhr Christus in den Himmel, um sein Verdienst darzustellen, indem er es zugunsten aller derjenigen anwendete, die während des Evangelium-Zeitalters, der Zeit der hohen Berufung, seine Jünger werden würden.

Selbst als der Heilige Geist noch nicht ausgegossen war, lehrte Jesus seine Jünger beten: „Vater unser”. Dies geschah im Hinblick darauf, daß sie bald in den Zustand der Söhne eintreten würden. Gott ist nur der Vater von solchen, die in der von Ihm bestimmten Weise zu Ihm kommen, das heißt, durch Seinen Sohn als den Loskaufspreis, indem sie sich selbst und ihr Alles Gott völlig übergeben. Während unser Herr noch im Fleisch war, waren seine Nachfolger voraussichtliche Söhne. Nachdem der Meister gestorben und wieder auferstanden war, sagte er zu ihnen, daß sie in Jerusalem bleiben sollten, bis sie mit der Kraft aus der Höhe erfüllt würden. Der Vater wollte die Antwort auf einige ihrer Gebete nicht gleich geben. Er wollte ihnen den Segen nicht genau zu der Zeit geben, zu der er erbeten wurde. Er mochte Seinen guten Grund dafür haben, daß Er die Erteilung Seines Segens der in der Ausgießung des Heiligen - zeugenden - Geistes bestand, noch ein wenig zurückhielt. Doch sollten sie sich selbst in der rechten Glaubensstellung erhalten, damit sie für den Segen bereit sein sollten, wenn er aus der Höhe kommen würde.

Ein rechtes Gebet ihrerseits hätte lauten können: „Himmlischer Vater, wir haben erkannt, daß Du zur rechten Zeit den Heiligen Geist geben willst. Wir nehmen wahr, daß Du Deinen Geist schon Jesus, unserem Meister, gegeben hast, daß er eine Salbung aus der Höhe zur Zeit seiner Taufe empfangen hat. Und so warten wir auf den Heiligen Geist - wir warten, von Dir diese Salbung, diesen Segen zu empfangen.” Und diejenigen, die nach der Auffahrt des Herrn im Obergemach blieben, empfingen zu Pfingsten diesen Segen - den Heiligen Geist - zu Seiner Zeit.

Jesus der einzige Weg

Wenn wir den Strom der Zeit herab bis zu uns kommen und fragen, um was wir bitten sollen, so antwortet uns Gott durch Sein Wort. Er sagt uns, daß wir nicht bitten sollen - ausgenommen unter denselben Bedingungen, nämlich, des Glaubens an Seinen Sohn als unseren Erlöser und einer völligen Übergabe oder Weihung unserer selbst, um in den Fußstapfen des Meisters - unseres gesegneten Vorbildes - zu wandeln. Niemand kann zum Vater kommen als nur durch ihn. All diese werden angenommen, bis die Zahl der Auserwählten voll ist. Es ist daher nicht recht, jemanden zu ermutigen, sich dem Vater im Gebet zu nahen, ehe er durch eine volle Weihung ein Glied Seiner Familie geworden ist.

An Kornelius, dem römischen Hauptmann, den wir schon zuvor erwähnten, haben wir gesehen, daß er ein frommer und gottesfürchtiger Mann war. Doch gehörte er nicht zur jüdischen Nation, der Gott Sein Gesetz gegeben hatte. Der einzige Weg, auf dem Kornelius vor Gottes bestimmter Zeit - dreieinhalb Jahre nach der Kreuzigung - in die Gunst Gottes hätte eintreten können, wäre gewesen, ein Judengenosse zu werden. Aber als die rechte Zeit herbeigekommen war, daß die frohe Botschaft den Nationen verkündigt werden sollte, da wurde dieses rechtschaffenen Mannes gedacht, und freudig unterwarf er sich den Bedingungen und wurde durch den Glauben an Christus ein Sohn Gottes. Er empfing die Zeugung und Salbung des Heiligen Geistes genau so, wie die Juden sie vorher empfangen hatten. Dies alles zeigt uns, daß Gott einen besonderen Weg festsetzte, auf dem man Sein Kind werden kann. Wenn jemand nicht auf dem rechten Weg und zur rechten Zeit kommt, wird er nicht als ein Sohn des Höchsten angenommen werden.

Gebete, die zum Gedächtnis vor Gott emporsteigen

Gottes Verfahrensweise mit Kornelius scheint uns darauf hinzuweisen, daß die Gebete einer Person, die jetzt zu Gott kommt und zu Ihm betet, die aber den rechten Weg nicht kennt, gleich den Gebeten des Kornelius zum Gedächtnis vor Gott hinaufsteigen. Der Herr beachtete die Gebete des Kornelius und die Sehnsucht seines Herzens, Gott anzubeten und zu dienen. Und so dürfen wir annehmen, daß Er jetzt auch die Gebete und die Wünsche, Ihm zu nahen, beachten wird. Er muß keinen „Petrus” senden, der in dieser Zeit Belehrung erteilt. Es hängt von Seiner Entscheidung ab, ob so zu handeln weise wäre, oder ob einen Boten für Seinen augenblicklichen Zweck zu senden auch passend sei. Aber in Aufrichtigkeit vorgetragene Gebete werden nicht unbeachtet bleiben, sondern werden zur rechten Zeit Belohnung empfangen - ob jetzt oder später.

Wir wollen uns nun gemeinsam die Situation vorstellen, jemand lebt in einem heidnischen Land, in dem Christus nicht bekannt ist, und ein solcher sucht nach Gott und betet in dem Maße seines Lichtes. Gott könnte ihn unter diesen Bedingungen nicht als Sein Kind annehmen; aber Er könnte, wenn es Seiner Weisheit gefallen würde, diesen ehrlichen Sucher zur Erkenntnis Christi führen. Ob dies durch Schriften, die mit der Post versendet werden, oder durch eine Predigt geschieht, oder dadurch, daß er einem von den Botschaftern des Herrn begegnet. Wir sind uns sicher, daß jede hungrige Seele zu Gottes festbestimmter Zeit das Licht und die Erkenntnis erlangen wird, die zu ihrer Errettung notwendig sind. Es bleibt dann jedem einzelnen überlassen, nachdem er von Gott und der Offenbarung Seiner Liebe in Christo gehört hat, diese Botschaft anzunehmen oder zu verwerfen. Wenn er es versäumt oder sich weigert, sich in der Weihung Gott zu übergeben, nachdem er das Licht empfangen hat, so werden seine dargebrachten Gebete nicht angenommen werden.

Die beste aller guten Gaben

Wir lesen, daß der Himmlische Vater denen, die Ihn darum bitten, gute Gaben geben will, das heißt, Er will ihnen das geben, was für sie gut ist. Wir sollen nicht versuchen Ihm vorzuschreiben, worin Seine Segnungen bestehen sollen. Wir sollen nicht um alle möglichen irdischen Dinge bitten. Die Juden baten hauptsächlich um irdische Segnungen, weil ihnen himmlische Segnungen nicht verheißen waren. Doch wir, die wir als Kinder zu Gott in Beziehung getreten sind, sollten um das bitten, was Er uns ganz besonders verheißen hat, nämlich um den Heiligen Geist. Und unser Vater im Himmel wird uns die Gaben geben, die für uns die besten sind, um uns für das Himmelreich passend zu machen und zuzubereiten. Der Herr wird uns an zeitlichen Segnungen diejenigen geben, die die Interessen der Neuen Schöpfung am meisten fördern. Jede Gabe, die Er geben wird, wird eine gute Gabe sein. Wir wissen nicht immer, was für uns am besten ist. Ein Vater kann es manchmal für notwendig halten, seinem Kind eine Arznei zu geben anstatt Brot. Der Vater tut dies zum Besten des Kindes - so auch der Himmlische Vater. Manchmal läßt Er Prüfungen des Glaubens, Prüfungen der Treue, Prüfungen der Liebe zu. Alle diese Erfahrungen dienen dem Zweck, Charakterstärke in uns zu entwickeln und uns dadurch für weitere und vermehrte Segnungen zuzubereiten.

Der Vater handelt mit uns als mit Neuen Schöpfungen in Christo. Wenn zum Beispiel eines Seiner Kinder mit den Segnungen oder Sorgen dieses Lebens überbürdet und völlig überlastet ist, so mag es Gott für gut befinden, einem solchen hinsichtlich irdischer Dinge irgendeine Art der Reinigung zukommen zu lassen. Vielleicht bricht er sich ein Bein oder erleidet ein anderes irdisches Unglück - etwas, das aber seiner Neuen Schöpfung zugute kommen kann. Wenn das ganze geweihte Volk Gottes dahin kommen würde, daß sein hauptsächlichster Wunsch, seine tiefste Sehnsucht, der Hauptinhalt seiner Gebete sein würde, mit dem Geist Gottes - dem Geist der Wahrheit - dem Geist eines gesunden Sinnes - erfüllt zu werden, daß es Seinen Willen erkennen und tun möge, welch einen großen Segen würde dies bringen. Es ist der Wille Gottes, daß Seine Kinder diese hauptsächlichste aller Segnungen in reichem Maß empfangen sollen, aber Er gewährt sie nur unter bestimmten Bedingungen. Er hält sie zurück, bis sie lernen, ihren Wert hochzuachten, und die Segnungen so ernst zu begehren, daß sie allen Fleiß anwenden, um diesen Bedingungen zu entsprechen und bis sie im Bitten und Flehen beharrlich sind, bis ihre Zudringlichkeit ihnen Erhörung bringen wird.

Das unausprechlich große Vorrecht des Gebetes

Der Apostel Paulus ermahnt die Heiligen, daß sie „zu aller Zeit beten mit allem Gebet und Flehen in dem Geiste, und eben hierzu wachen in allem Anhalten”. Diese Worte bedeuten nicht, daß wir immer auf unseren Knien liegen oder fortwährend ein Gebet sprechen sollten. Doch wir sollten niemals aufhören zu beten, und unsere Gebete sollten im Geiste sein - ernstlich - aufrichtig. Die Kinder Gottes sollten nicht Gebete „plappern”, sie sollten beten. Es gibt viele förmliche Gebete - viel Plappern von Gebeten - die nicht höher steigen als über den Kopf dessen, der diese Worte hersagt. Die Schrift spricht hiervon als von einem Nahen zu Gott mit den Lippen, wobei das Herz fern von Ihm ist. Es wäre besser, wenn wir überhaupt nicht zu Gott kommen würden, als daß wir es in unpassender Weise tun.

Es ist ein überaus wunderbares Vorrecht, sich dem großen Schöpfer und Herrn des Himmels und der Erde im Gebet zu nahen, und wir sollten im Geist der Ehrfurcht und Gottesfurcht zu Ihm kommen. Unser Herr sagte, daß der Vater solche sucht, die Ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten: Nur im Namen Christi dürfen wir kommen. Er ist der einzige Weg, sich Gott zu nahen. Und wir müssen gedankenvoll und ernstlich zu Ihm kommen. Wir sollten nicht ein einziges Wort aussprechen, das wir nicht im Sinn haben, und über das wir nicht nachgedacht haben. Wir halten es für möglich, daß sich sehr viele Gläubige dadurch geschädigt haben, daß sie lediglich äußerlich - mit mehr oder weniger Worten - gebetet haben. Das ist kein Beten. Wahrhaftiges Beten ist Reden des Herzens. Je tiefer daher unser Ernst ist, um so annehmbarer wird das Gebet sein, und umso größeren Segen werden wir erlangen.

Wir sollten nicht ohne Glauben und ohne den ernstlichen Wunsch, von Ihm gesegnet zu werden, zu Gott kommen. Wir sollten unsere Bitte im Geist vorbringen, damit Gott sehen kann, ob unser Herz ernst dabei ist. Es scheint ein Unterschied zwischen Beten und Danksagen zu bestehen. Beten, wie wir schon ausführten, ist das Vorbringen einer Bitte. Niemand kann in der Erwartung zu Gott kommen, erhört zu werden, außer denen, die zum Leib Christi gehören. Andere sind Fremde und Außenstehende. Doch ein jeder kann Gott gegenüber seine Dankbarkeit ausdrücken oder Ihm Anbetung, Ehrfurcht und Huldigung darbringen.

Anhalten im Gebet ist notwendig

Es besteht auch ein Unterschied zwischen Gebet und Flehen. Ein Gebet ist das Hervorbringen einer einfachen Bitte, groß oder klein, während Flehen bedeutet, einen besonderen Wunsch nach etwas als eine ernste, inständige Bitte vorzubringen. Ob es nun ein gewöhnliches Gebet oder Flehen - ein Gebet in dringender, inständiger Form - ist, wir sollten immer im Geist kommen, mit Wertschätzung der Tatsache, daß wir in die Gegenwart des großen Jahwe treten, und daß dies ein Vorrecht ist, das jetzt nur sehr wenigen gewährt wird.

Wir sollen „hierzu wachen in allem Anhalten”. Wenn wir wirklich glauben, daß Gott uns aufgefordert hat zu beten, und es Sein Wille ist uns die nötigen Dinge und darüber hinaus Seinen Heiligen Geist zu geben, dann sollten wir wachen und aufmerksam sein, ob und wie wir die Erhörung unserer Bitten erlangen. Wenn wir unseren Gebeten, nachdem sie ausgesprochen worden sind, keine weitere Beachtung schenken und niemals Ausschau danach halten, ob sie beantwortet werden, so deutet dies sicherlich darauf hin, daß wir unser Bedürfnis nicht wirklich erkannt haben. Dies mag der Grund sein, warum Gott viele unserer Gebete nicht schneller beantwortet. Wir sollten lernen, für die Antworten auf unsere Gebete wach zu sein, und auch lernen, Gott mit Dankbarkeit zu ehren, indem wir wahrnehmen, daß Er unsere Bitten erfüllt hat.

Dann sollten wir mit Anhalten beten, indem wir nicht nur einige Stunden, auch nicht nur einen Tag oder eine Woche nach der Erfüllung wachend Ausschau halten. Gott mag es für das Beste halten, unsere Bitte nicht sofort zu erfüllen, entweder um unseren Glauben zu prüfen oder uns in einen besseren Zustand zur Aufnahme der Segnung zu bringen. Vielleicht haben wir alle solche Erfahrungen schon einmal gemacht und wurden so nach der Antwort, als sie kam, um so hungriger. Wir sollen dessen sicher sein, daß Gott gegenüber den Bitten Seiner Kinder niemals gleichgültig ist, und daß Er den Weg verfolgen wird, der für uns am besten ist, gerade so, wie ein treuer Lehrer mit seinem Schüler und ein liebender Vater mit seinem Kind handeln würde. Unser Vater im Himmel will uns Seine besten Gaben geben und wird uns nichts wahrhaft Gutes vorenthalten. - Psalm 84:11 Aber manchmal fordert Er, daß wir eine lange Zeit warten. Und ein anderes Mal mag Er eine rasche Erhörung unserer Bitten für gut befinden.

Ob wir nun auf unseren Knien liegen oder uns im hastigen Treiben des Lebens befinden, so sollten sich unsere Herzen beständig zu Gott hinwenden, daß Er alle unsere Angelegenheiten und Erfahrungen überwalte, damit wir Ihm in einer Weise dienen, die Ihm wohlgefällig und annehmbar ist. Damit wir vor der Versuchung bewahrt werden mögen, die wir ohne Seine Hilfe nicht ertragen könnten - damit Er uns zu Seiner Zeit von allem Übel und aller Unvollkommenheit erlöse und uns einen Platz in Seinem Reich schenke. Wir sollten die dringende Ermahnung unseres Meisters in die Tat umsetzen: „Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung kommt.” - Markus 14:38

Sollten wir im Gebet ringen?

Doch obwohl die Schrift uns einschärft, beharrlich im Gebet zu sein, und auch das Gleichnis von der zudringlichen Witwe dasselbe lehrt, so rechtfertigt nach unserem Verständnis nichts im Wort Gottes, das zu tun, was einige „Ringen mit Gott im Gebet” nennen. Wir verstehen es so, daß unser Gott willens ist, uns die Dinge zu geben, die zu unserem Besten sind. Und alles, was Gott nicht willens ist, uns zu geben, sollten wir auch nicht wünschen. Wir sollten nicht danach streben, Gott zu bewegen, etwas zu tun, das Er nicht tun will, sondern sollten wünschen, daß nur Sein Wille geschehe. Zur Zeit, als Jakob mit dem Engel rang, handelte er nach unserem Verständnis richtig und gut. Jeder von uns hätte in derselben Lage etwas Gutes getan, wenn wir so gehandelt hätten. Das jedoch war ein seltener Fall. Jakob kehrte zum ersten Mal in seine Heimat zurück, seitdem er vor seinem Bruder Esau nach Haran geflohen war, und fürchtete, daß Esau ihm noch nach dem Leben trachtete. Und nun offenbarte sich Gott dem Jakob in der Gestalt dieses Engels. Der Engel hätte sich befreien können, aber er ließ es zu, daß Jakob in diese ernste Lage kam, wo er sagte: „Ich lasse dich nicht los, du habest mich denn gesegnet!”

Doch wir haben es nicht nötig, mit Gott um Seinen besonderen Segen zu ringen. Wir haben schon diesen Segen. Wir sind keine Knechte, die um einen Brosamen bitten. Der Herr hat uns Sein bestes Kleid angelegt; Er hat uns Seinen Heiligen Geist gegeben. Jedoch hat Er uns gewisse Dinge verheißen, deren Erlangung von unseren Bitten abhängig ist, und Er wünscht, daß wir fortfahren im Glauben zu Ihm zu kommen in einfältigem, ernstem Gebet - doch nicht ringend im Gebet.

Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen

Wegen der Sünde ist die Welt voller Schmerz und Bosheit, und unsere Herzen schreien: „Wie lange, o Herr, wie lange noch, bis Du Dein Volk erlösen und Dein Reich des Rechts und der Gerechtigkeit auf Erden errichten wirst?” So beten wir Tag für Tag: „Dein Reich komme; Dein Wille geschehe auf Erden!” Sollten wir deswegen ermatten? - Nein! - Denn Gott hat uns geboten, Sein Reich beharrlich herbeizusehnen und darum zu bitten.

Das Reich wird kommen! Und Gott wünscht, daß wir glauben und denken: Das Königreich ist im Kommen begriffen. - Das Beten aufzugeben, würde so viel heißen, wie den Glauben aufzugeben. Hoffen wir beharrlich weiter! - Glauben beharrlich weiter! - Beten wir beharrlich weiter - ohne aufzuhören! Wir sollten beharrlich sagen: „Dein Reich komme!” - Sehnen wir uns beharrlich weiter nach der Zeit, da das Reich alle Geschlechter der Erde segnen wird. Das ist etwas ganz anderes als Ringen, jedenfalls unserem Verständnis dieses Wortes. Das ist Zudringlichkeit! Und wir sollten auch in allem danksagen. Aber wir sollten nicht versuchen, die Zeit Gottes auch nur eine Minute zu beschleunigen. Wenn wir auch beten: „Dein Reich komme!” so bedeutet dies keineswegs, daß wir wünschen, daß das Reich vor des Vaters festbestimmter Zeit komme. Doch wir, deren Augen gesalbt sind, daß wir sehen können, wissen, daß die Zeit nicht mehr lange verziehen wird, sondern sie ist nahe.

Was auch immer unsere natürlichen Neigungen hinsichtlich unserer Standfestigkeit und Entschlossenheit im Gebet sein mögen, so müssen wir doch unsere Belehrungen vom Worte Gottes nehmen. Wir müssen unsere natürliche Veranlagung in dieser Beziehung überwinden. Wir sollten als wahrhaftige, gehorsame Kinder unsere Ansichten und unser Verhalten dem Rat anpassen, den unser Vater uns gegeben hat. Laßt uns an die Verheißung des Meisters denken: „Bittet, und ihr werdet empfangen, auf daß eure Freude völlig sei.” - Johannes 16:24



Tagesanbruch Bibelstudien- Vereinigung