Lazarus, komm heraus

Lazarus, der Freund Jesu, lag schon vier Tage in der Gruft, als der Herr mit seinen Jüngern nach Bethanien kam. Warum war der Herr nicht sofort zum Krankenlager seines Freundes geeilt, um ihn mit der ihm gegebenen Macht vor dem Tode zu bewahren? Maria und Marta, die Schwestern des Lazarus, waren enttäuscht. „Herr, wenn du hier gewesen wärest, so wäre mein Bruder nicht gestorben.” - Johannes 11:22 Nun lag Lazarus seit Tagen im Todesschlaf und die Zersetzung des Leichnams hatte schon eingesetzt.

Aber auch für die Jünger müssen die Worte und die Handlungsweise ihres Meisters unverständlich gewesen sein. Hatte Jesus nicht zunächst gesagt: „Diese Krankheit ist nicht zum Tode, sondern um der Herrlichkeit Gottes willen, damit der Sohn durch sie verherrlicht werde.” - Johannes 11:4 Um dann zwei Tage später zu erklären: „Lazarus ist gestorben, und ich bin froh um euretwillen, daß ich nicht dort war… .” - Johannes 11:15 Was hatte Jesus im Sinn? Wie konnte er froh sein, daß sein Freund Lazarus, den er sehr liebte, gestorben war? Offenbar ging es ihm gar nicht darum Lazarus vor dem Tode zu bewahren.

Dann hatte der Herr den Jüngern gesagt, daß Lazarus eingeschlafen sei und er ihn aufwecken wolle. - Johannes 11:11 Aber die Jünger hatten die bildhafte Sprache Jesu nicht verstanden, der hier den Todeszustand mit einem Schlaf verglich.

Wir erkennen jedoch, mit welcher Weisheit und Behutsamkeit der Herr hier die Gedanken der Jünger auf das große und wundervolle Ereignis lenkt und ihnen das rechte Verständnis über die Auferstehung gibt, indem er die ihm vom Vater verliehene Macht, die Toten aufzuerwecken im Fall des Lazarus offenbart.

Als Jesus an die Gruft tritt und mit gebietender Stimme ruft: „Lazarus komm heraus!”- da zeigt es sich, warum der Herr um der Jünger willen froh war, daß Lazarus in den Todesschlaf gefallen war. Zweifellos war dies der gegebene Augenblick, um den Jüngern die so wichtige Lehre von der Auferstehung aller Menschen mit Macht zu demonstrieren. „Denn wie in Adam alle sterben, so werden auch in Christus alle lebendig gemacht werden.” - 1.Korinther 15:22

Hier zeigt es sich, warum der Herr mit Bestimmtheit sagen konnte: „Diese Krankheit ist nicht zum Tode, sondern um der Herrlichkeit Gottes willen.” Der Tod des Lazarus und seine Auferweckung aus den Toten waren vom Himmlischen Vater vorgesehen, um auf den großen Auferstehungstag hinzuweisen und auf seinen Christus, der die Auferstehung aller in Adam Entschlafenen bewirken wird. Es war Gottes Vorauswissen, daß Sein geliebter Sohn sein Leben im Austausch für Adam geben würde.

Wenn wir das Wunder der Auferweckung des Lazarus vom Standpunkt unserer ungläubigen Zeit aus betrachten, so können wir feststellen, daß die nominelle Christenheit sich ein völlig falsches Bild von der Auferstehung der Toten macht. Satans Urlüge „keineswegs werdet ihr sterben” hat bis heute ihre Auswirkungen. Seine Täuschung, daß die Toten gar nicht wirklich tot sind, und die Seele nach dem Tode den Körper verläßt und im Himmel weiterlebt, hat eine Auferstehung des Menschen überflüssig gemacht. Wenn nahezu alle Namenchristen in den Himmel gehen, wozu da noch eine Auferstehung auf Erden?

Jesus rief Lazarus jedoch nicht aus dem Himmel herauszukommen sondern aus der Gruft, dem Scheol, oder Todeszustand. Und von den Toten sagt uns die Schrift, daß sie gar nichts wissen. - Prediger 9:5

Wie die großen Wunder Jesu alle sinnbildlich auf die Zeit der Wiederherstellung aller Dinge gerichtet sind, so trifft dies besonders auf dieses größte aller Wunder zu, die Auferweckung des Lazarus. Seine vorbildliche Auferweckung vom Tode war zeitlich. Schließlich ging auch er in den Todesschlaf, wie alle Menschen, aus dem ihn der Christus am Auferstehungstag auferwecken wird, wie es uns der Herr auch sagt: „Wundert euch darüber nicht, denn es kommt die Stunde, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören und hervorkommen werden: die das Gute getan haben zur Auferstehung des Lebens, die aber das Böse verübt haben zur Auferstehung des Gerichts.” - Johannes 5:28 und 29

Diese Worte offenbaren uns, daß unserem Herrn die Macht vom Vater gegeben wurde, alle Menschen vom Todesschlaf zu erwecken und aus den Gräbern zurückbringen, wie uns dies vorbildlich in dem gebietenden Ruf Jesu gezeigt wird: „Lazarus komm heraus!” In Übereinstimmung damit sind die Worte unseres Herrn in Johannes 11:25: „Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt wird leben, auch wenn er gestorben ist.”

Im weiteren zeigen uns die Worte Jesu, daß alle Menschen auferstehen werden, ob böse und ungerecht oder nicht. Von Sodom und Gomorra, die wegen ihrer Bosheit und Verdorbenheit zur Zeit Noahs vernichtet wurden, sagte der Herr, daß es ihnen am „Tag des Gerichts” erträglicher gehen würde, als den Städten, die die Botschaft seiner Jünger verwerfen würden. - Matthäus 10:15

Der Prophet Hesekiel sagt: „Und deine Schwester Sodom und ihre Töchter, werden in ihren früheren Zustand zurückkehren… .” - Hesekiel 16:55 Es ist nur logisch, daß die Sodomiter nicht aus dem Himmel in ihren „früheren Zustand” zurückkehren werden, sondern aus dem Todesschlaf. Sie werden, wie alle übrigen Menschen, eine zweite Gelegenheit haben ewiges Leben auf Erden zu erlangen in der Wiederherstellung aller Dinge, dem Gerichtstag der Menschen.

Sagen uns diese prophetischen Worte Hesekiels nicht eindeutig, wie unlogisch und unbiblisch die Irrlehre der nominellen Kirchen von der dem Menschen innewohnenden unsterblichen Seele ist, die entweder im Himmel oder der Hölle weiterleben soll?

Schließlich erkennen wir, daß unser Herr hier von zwei unterschiedlichen Auferstehungen spricht, der „Auferstehung des Lebens” und der „Auferstehung des Gerichts”.

Die Auferstehung des Lebens

Was können wir unter der „Auferstehung des Lebens” verstehen, die als erste angeführt wird, und an der diejenigen teilhaben sollen, „die das Gute getan haben”?

Mit der Bezeichnung „Auferstehung des Lebens” sind diejenigen gemeint, die keine Gerichtszeit mehr durchlaufen müssen, in der sie sich bewähren müssen, weil sie von Gott schon jetzt als gerecht angesehen werden. Es sind dies die Leibesglieder Christi, und auch diejenigen, die so „wie durchs Feuer” errettet werden - die Große Schar-Klasse, und die Alttestamentlichen Überwinder. Für alle übrigen Menschen bleibt die „Auferstehung des Gerichts”, die in der Realität eine Aufrichtung der Ungerechten bis zur Vollkommenheit bedeutet und nicht eine generelle Verurteilung, wie manche glauben.

Paulus spricht auch davon, daß ein jeder in seiner eigenen Ordnung auferstehen wird, „der Erstling, Christus, sodann die, welche Christus gehören bei seiner Ankunft (Gegenwart); dann das Ende, wenn er das Reich dem Gott und Vater übergibt; wenn er alle Herrschaft und alle Gewalt und Macht weggetan hat.” - 1.Korinther 15:23

Die erste Auferstehung

Christus wird hier als der Erstling bezeichnet, der Erste der aus den Entschlafenen auferstand. In 1.Korinther 15:20 stellt Paulus fest: „Nun aber ist Christus aus (den) Toten auferweckt, der Erstling der Entschlafenen; denn da ja durch einen Menschen (der) Tod (kam), so auch durch einen Menschen (die) Auferstehung (der) Toten.” Diese Worte des Apostels zeigen uns, daß die Auferstehung aller Menschen in den Händen Christi liegt. Er ist der zweite, lebengebende Adam für das Menschengeschlecht. - 1.Korinther 15:45

Er ist das Haupt und wir, als seine Glieder, werden an dem Werk der Auferstehung und Aufrichtung der Menschheit teilhaben, wenn wir unseren Opferweg in Treue vollenden. Die Heilige Schrift bezeichnet sie als die „Erste Auferstehung”, weil sie die vorzüglichere oder bessere Auferstehung ist, über die der zweite Tod keine Gewalt hat, wie wir auch in Offenbarung 20:6 lesen: „Glückselig und heilig wer teilhat an der ersten Auferstehung. Über diese hat der zweite Tod keine Macht, sondern sie werden Priester Gottes und des Christus sein und mit ihm herrschen die tausend Jahre.”

Wir sehen, daß es sich hier um die hervorragendste Auferstehung handelt, an der nur 144.000 Leibesglieder teilhaben können, die dann Unsterblichkeit besitzen werden, das heißt, daß der Tod sie nicht mehr erreichen kann.

Der Apostel Paulus, der in 1.Thessalonicher 4:16 und 17 die Zeit der Zweiten Gegenwart vor Augen hat, spricht von den in Christo Entschlafenen und sagt, daß sie den zu dieser Zeit noch lebenden Fußgliedern vorausgehen werden. Es zeigt uns, daß die Auferstehung der Leibesglieder des Christus in einer für menschliche Augen nicht wahrnehmbaren Weise begonnen hat. Wir können dies aus dem „Gleichnis von den Talenten” entnehmen, - Matthäus 25:14 - 30, in dem gezeigt wird wie der Herr nach seiner Rückkehr sogleich mit seinen Knechten abrechnet.

Die biblische Chronologie im zweiten Band der Schriftstudien gibt zu verstehen, daß die Auferstehung der entschlafenen Heiligen im Jahre 1878 begonnen hat. Offenbarung 14:13 sagt: „Glückselig die Toten, die von jetzt an im Herrn sterben! … .”

Es sind diejenigen, die um ihrer Weihung willen als Tote bezeichnet werden, die bei ihrem Ableben sogleich „in einem Nu”, in einem Augenblick verwandelt werden sollen zu unsterblichen Geistwesen in himmlischer Herrlichkeit. - 1.Korinther 15:52

Die große Schar-Klasse, die an der „Auferstehung des Leben” teilhat, wird zwar ein himmlisches Erbteil besitzen, aber nicht an der „ersten Auferstehung” teilhaben. Und die „Alten Glaubenshelden” werden nicht mehr ins Gericht kommen, weil ihnen ihr tatkräftiger Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet wurde. Gott gab ihnen das Zeugnis, daß er sie zu ihrer Lebenszeit als gerecht ansah, und so werden sie auch in diesem Zustand in der Auferstehung wieder hervorkommen.

Alle diese werden nicht ins Gericht kommen. Alle übrigen der Menschheit, ob mehr oder weniger böse oder gut, werden in der „Auferstehung des Gerichts” aus den Gräbern hervorkommen.

Die Auferstehung des Gerichts

Wenn wir das griechische Wort Anastasis, das wir gewöhnlich in unseren Bibeln mit „Auferstehung” wiedergegeben finden, auf seine ursprüngliche Bedeutung zurückführen, so zeigt es sich, daß es sich hier nicht nur um den Augenblick der Verwandlung vom Tod zum Leben handelt, sondern auch um eine „Aufrichtung” aus dem Todeszustand. Es scheint, daß unser Herr dies den Jüngern auch bildlich vorführen wollte, als er Lazarus nicht nur den Lebensodem zurückgab, sondern ihm auch befahl aus der Gruft, dem Todeszustand, herauszukommen.

Wir erkennen die Notwendigkeit einer Aufrichtung des Menschen, denn es würde nichts nützen, wenn die aus den Gräbern Auferstandenen, in dem Zustand in den sie in den Todesschlaf gefallen sind zurückkommen würden, um ihr böses Tun wieder von vorn zu beginnen. Es ist vielmehr notwendig, daß sie das Böse ablegen und Gerechtigkeit lernen, daß sie aufgerichtet werden. Und dazu sind die tausend Jahre der Herrschaft Christi vorgesehen, als der große Gerichtstag, der 1.000 Jahre währende Tag der Aufrichtung der Menschheit.

In den 1.000 Jahren der Wiederherstellung wird der Mensch erforderliche Schritte hin zur Vollkommenheit machen müssen. Es wird kein „schmaler Weg” sondern ein „Hochweg der Heiligung” sein, leicht zu gehen, weil Satan gebunden sein wird und nicht mehr zum Ungehorsam verführen kann, und weil niemand mehr unter der Erbsünde steht.

Die Heilige Schrift zeigt aber auch, daß derjenige, der in einem Zeitraum von 100 Jahren unbelehrbar bleibt und keine Anzeichen der Unterwerfung zum Gehorsam erkennen läßt, um seiner eigenen Sünden willen vom Leben abgeschnitten und den zweiten Tod sterben wird. Jesaja sagt: „Denn der Jüngste wird im Alter von 100 Jahren sterben, und wer das Alter von 100 Jahren nicht erreicht, wird als verflucht gelten.” - Jesaja 65:20

Unser Glaube und unsere Hoffnung steht und fällt mit der Auferstehung Jesu Christi, wie Paulus auch logisch folgert: „Wenn aber Christus nicht auferweckt ist, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden. Also sind auch die, welche in Christus entschlafen sind, verlorengegangen. Wenn wir allein in diesem Leben auf Christus gehofft haben, so sind wir die elendesten von allen Menschen.” - 1.Korinther 15:17 - 19

Nun aber ist Christus auferstanden als der Erstling aus den Toten, und wir haben darüber das unwiderlegbare Zeugnis derer, denen er erschien, als erstem Kephas, dann den Zwölfen, danach mehr als 500 Brüdern auf einmal, dann Jakobus und zuletzt Paulus auf dem Weg nach Damaskus.

Mit Christus sind aber auch wir, die wir uns in seinen Tod geweiht haben, auferstanden. Denn was wir jetzt leben, leben wir im Geiste, und wenn wir unseren Lauf beenden, so werden wir in einem Augenblick verwandelt werden und bei dem Herrn sein, immer vorausgesetzt, daß wir unseren Weg der Nachfolge in Treue bis zu Ende gehen.

Gelobt sei unser Vater in den Himmeln und unser Herr und Heiland für diese Gnade.



Tagesanbruch Bibelstudien- Vereinigung