Joseph und Benjamin

Fast scheint es uns so, als ob wir kaum müde werden könnten, den Bericht über Josephs vielfältige Erfahrungen zu lesen, über seinen Gehorsam gegenüber den Grundsätzen der Gerechtigkeit und über die Art, wie Gott mit ihm in seinen Erfahrungen handelte.

Bei der Betrachtung einiger dieser Erfahrungen können wir feststellen, daß in ihnen Lektionen enthalten sind, die wir bisher nicht voll und ganz beachtet haben, so wie wir es hätten tun sollen. Wahrscheinlich haben wir über einige dieser Punkte zu schnell hinweg gelesen und die für uns gegebenen Belehrungen nicht völlig verstanden. Manches mal neigen wir dazu, die Heilige Schrift zu schnell zu lesen, und uns dadurch große Segnungen entgehen zu lassen.

So ist der erste Punkt, auf den wir Nachdruck legen wollen, nicht zu schnell zu lesen, sondern vielmehr mit großer Sorgfalt zu betrachten, was Gott zu unserem Nutzen niederschreiben ließ.

Eine der Begebenheiten, die wir heute betrachten wollen, finden wir in 1. Mose Kapitel 39. Es ist der Zeitpunkt in Josephs Leben, als er an die Midianitischen Kaufleute für zwanzig Silberschekel verkauft wurde. Danach verkauften ihn die Kaufleute an Potiphar, einen Beamten des Pharao.

Potiphar ist von Joseph so beeindruckt, daß er ihm die Verantwortung über all seine Besitztümer überträgt. Dann lesen wir in Kapitel 39:8: „Und es geschah, seitdem er ihn über sein Haus bestellt und über alles, was er hatte, daß Jahwe das Haus des Ägypters segnete um Josephs willen. Und der Segen Jahwes war auf allem, was er hatte, im Hause und auf dem Felde.”

Beachten wir den Satz: „Jahwe segnete das Haus des Ägypters um Josephs willen.” Wir wollen diese Worte im Gedächtnis behalten, denn wir kommen nochmals darauf zurück.

Wir gehen ein bißchen weiter und kommen dabei zu einer anderen Erfahrung, die Joseph machte - in Kapitel 39 in den Versen 21 - 23. Joseph kam ins Gefängnis, weil er von Potiphars Weib fälschlich angeklagt wurde. Auch der Gefängniswärter sieht, wie schon Potiphar, etwas Besonderes in Joseph, so daß er ihm die Aufsicht über die Gefangenen überträgt. Wir lesen in Vers 23: „Der oberste Aufseher des Gefängnisses kümmerte sich um gar nichts bei allem, was ihm anvertraut war; denn Jahwe war mit ihm, und Jahwe ließ alles gelingen, was er vornahm.”

So haben wir zwei Beispiele, in denen jeder Ägypter „um Josephs willen” gesegnet wurde. Gott war mit Joseph; Er leitete und führte ihn, und auf diese Weise war auch der Freundeskreis Josephs gesegnet.

Welche Belehrung können wir daraus ziehen? Die Lektion, die wir hier erkennen, ist: Wenn Gott mit einem Menschen handelt, so wird Er nicht nur die Ereignisse im Leben dieses Einzelnen leiten und überwalten; sondern Er vermag auch das Gleiche mit jenen zu tun, die sich im Lebenskreis dieser Person befinden. In diesem Fall segnete Gott nicht nur Joseph, sondern auch Potiphar und den Kerkermeister. Doch war es um Josephs willen, daß Er dies tat. Und so ist es auch mit uns. Gott kann bewirken, daß andere gesegnet werden und gedeihen, so daß wir die nötige Belehrung empfangen, die uns vorbereitet auf das, was in unserem Leben noch kommen mag.

Das will nicht heißen, daß wir nur lichtvolle Erfahrungen haben werden. Wir stellen fest, daß Joseph ein Diener des Potiphar blieb, wie er auch im Gefängnis bleiben mußte. Wir sollten also nicht erwarten, aus schwierigen Prüfungen befreit zu werden. Wir müssen aber Gott vertrauen, daß Er den Ausgang leitet im Hinblick auf unser ewiges Leben. Diese Führung kann sich dann auch gleicherweise auf die Angelegenheiten unserer Familie, unserer Freunde und anderer Menschen erstrecken.

Die nächste Lektion ergibt sich aus einer anderen interessanten Erfahrung, sie befindet sich in 1. Mose Kapitel 43. Zu dieser Zeit war Joseph aus dem Gefängnis entlassen worden und vom Pharao in den zweithöchsten Rang des Königreiches erhöht worden. Nun war er zur Zeit der großen Hungersnot für die Nahrungsverteilung verantwortlich. Dies war eine sehr wichtige Stellung, in welcher das Leben eines jeden Einzelnen von ihm abhängig war.

Gleichzeitig hatte Joseph Kontakt mit seinen Brüdern und erfuhr, daß Jakob und die übrigen von Josephs Familie sich in der gleichen Lage befanden, wie die Menschen in Ägypten. Sie hatten Mangel an Nahrung und waren früher schon einmal in Ägypten gewesen. Damals prüfte Joseph seine Brüder.

Joseph beschuldigte sie, daß sie Spione seien. Sie bestritten das natürlich und sprachen über seinen Vater, der noch mit ihrem jüngsten Bruder daheim geblieben war. Daraufhin forderte Joseph sie auf, ihren Bruder Benjamin zu holen, um ihrer Darstellung Glaubwürdigkeit zu verleihen. Wie wir uns erinnern, behielt er Simon als Unterpfand in Ägypten zurück. Und sie erkannten Joseph nicht.

Nunmehr brauchen sie abermals Nahrung, und Jakob schickt seine Söhne nach Ägypten. Dieses Mal geht Benjamin mit ihnen, obwohl Jakob dagegen war. Er befürchtete, daß er, nachdem er schon Joseph verloren hatte, nun auch Benjamin nicht mehr wiedersehen würde. Aber er sieht ein, daß es keinen anderen Ausweg gibt, als den, den seine Söhne vorgeschlagen haben. Aus den Versen 8 und 9 des 43. Kapitels erfahren wir, daß sich Juda für Benjamins Sicherheit verbürgt. Er sagt: „… wenn ich ihn nicht zu dir bringe und ihn vor dein Angesicht stelle, so will ich Zeit meines Lebens schuldbeladen vor dir dastehen.”

Als sie in Ägypten ankommen, sieht Joseph sie von ferne, und bereitet ein Fest vor. Die Brüder sind in Josephs Haus eingeladen, wissen aber nicht, was dies wohl zu bedeuten habe; und sie fürchten sich. Joseph will sie nun ein weiteres Mal prüfen. Behalten wir vor Augen, daß sie, als sie abermals vor ihm stehen, ihm ein Geschenk ihres Vaters überbringen. - Verse 25 und 26

Es enthält „etwas Mastixbalsam und etwas Honig, Gewürzkräuter und Myrrhe, Nüsse und Mandeln.” - 1. Mose 43:11 Nachdem er sich nach seinem Vater erkundigt hat, sieht er Benjamin. Wir bemerken, wie freundlich er zu Benjamin spricht. - 1. Mose 43:27 - 29 Wir lesen nur Vers 29: „Gott sei dir gnädig, mein Sohn.”

Nun kann Joseph seine Tränen nicht mehr zurückhalten; er verläßt den Raum und weint. Dann bekommt er sich wieder in die Gewalt, wäscht sich das Gesicht und ordnet an das Essen aufzutragen. Er sitzt an einem der Tische, andere Gäste an einem anderen, während seine Brüder an einem gesonderten Tisch Platz nehmen. Er weist sie an, ihre Plätze nach ihrem Alter einzunehmen. Und es steht geschrieben, daß sie sich darüber verwunderten. - Vers 33

In Vers 34 schließlich lesen wir: „Und man trug Ehrengerichte von ihm zu ihnen; und das Ehrengericht Benjamins war fünfmal größer als die Ehrengerichte von ihnen allen. Und sie tranken und tranken sich fröhlich mit ihm.”. Daß Benjamin fünfmal soviel bekam, ist etwas, was wir vorher nicht beachtet haben, jetzt aber deuten wollen.

Es fällt uns jetzt auch auf, daß, obwohl Benjamin viel mehr als sie bekam, diese nicht ärgerlich oder mißgünstig reagierten, sondern mit ihm tranken und guter Dinge waren. Dies ist sicherlich bemerkenswert.

Joseph beabsichtigt dennoch seine Brüder noch ein weiteres Mal zu prüfen. So verfügt er ihnen Getreide zu geben, beauftragt aber seinen Hausverwalter seinen Silberbecher in Benjamins Sack zu legen. So machten sie sich auf den Weg. Als sie kaum zur Stadt hinausgezogen und noch nicht weit gekommen waren, schickt Joseph seine Soldaten hinter ihnen her mit der Anschuldigung, daß sie seinen Becher gestohlen hätten. Natürlich streiten sie dies ab, aber dennoch wird der Becher in Benjamins Sack gefunden. Man brachte sie zurück, und sie waren traurigen Herzens und voll Furcht. Was würde jetzt geschehen?

Juda bietet sich an zurückzubleiben, wenn Joseph erlauben würde, daß Benjamin stattdessen zu seinem Vater zurückkehren könnte. Das ist eine sehr überzeugende Bitte. - 1. Mose 44:18 - 34 Judas Vorschlag ist in sofern interessant, daß er Joseph erzählt, sein Vater lebe immer in dem Gedanken, seine Frau habe ihm nur zwei Söhne geboren, und sein Vater berufe sich darauf, als er sagte: „Der eine ist von mir gegangen, und ich mußte mir sagen: Sicherlich hat ihn ein Tier zerrissen, und ich habe ihn bis heute nicht wiedergesehen. Wenn ihr mir nun auch diesen noch wegnehmt und ihm ein Unglück zustößt, so werdet ihr mein graues Haar mit Jammer ins Grab hinabbringen.”

Dies muß eine der berührendsten Äußerungen gewesen sein, die jemals ausgesprochen wurde. Joseph vermochte nicht länger an sich zu halten, und ließ alle Ägypter aus dem Saal hinausgehen. Und in Kapitel 45:1 lesen wir, daß er sich seinen Brüdern zu erkennen gab.

Was für ein Ereignis muß das gewesen sein! Joseph gibt ein wundervolles Zeugnis und versichert ihnen, daß es Gott war, der ihn nach Ägypten sandte, um Leben zu bewahren. Das ist ein sehr bedeutungsvoller Ausspruch, den wir später noch betrachten werden.

Zuerst fürchteten die Brüder, daß Joseph sich an ihnen rächen würde. Aber nach einer Weile scheinen sie seinen Worten Glauben zu schenken. Sie kehren fröhlich zu Jakob zurück, bringen ihn selbst nach Ägypten, und lassen sich dort nieder. Der Pharao besteht darauf, daß sie kommen, und verspricht ihnen das Land Gosen zum Wohnsitz und daß sie das Gute dieses Landes genießen sollen.

Um zu zeigen, wie Josephs Brüder niemals vergaßen, was sie ihm angetan hatten, wollen wir die Situation nach Jakobs Tod betrachten. Sie fürchteten Joseph könnte jetzt, da der Vater gegangen war, feindselig gegen sie auftreten. Aber natürlich tut er das nicht. In Kapitel 50:15 - 21 sehen wir sie abermals voll Furcht, aber Joseph antwortet ihnen - wir lesen in den Versen 20 und 21: „Ihr zwar, ihr hattet Böses wider mich im Sinn; Gott aber hatte im Sinn es gut zu machen, auf daß er täte, wie es an diesem Tag ist, um ein großes Volk am Leben zu erhalten, Und nun, fürchtet euch nicht; Ich werde euch und eure Kinder versorgen. Und er tröstete sie und redete zu ihrem Herzen.”

Welche Lektionen lernen wir aus diesen Ereignissen? Vor allem betrachten wir hier ein edles Beispiel, wie wir diejenigen behandeln sollen, die boshaft mit uns umgehen, uns verfolgen und uns alles Schlechte nachsagen. Wir sollen nicht selber vergelten wollen. „Mein ist die Rache, spricht der Herr.” - Römer 12:19 Wir lassen den Herrn handeln mit jedem, von dem wir glauben, daß er uns oder einem Geliebten oder einem Geheiligten Gottes Kummer zufügen wollte. Der Herr wird vergelten!

Wir sollen die Sünde hassen, aber nicht den Sünder! Wir sollen für solche namentlich beten; das ist eine gute Übung, um uns zu helfen, wenn sie das zulassen; aber wir sollen es taktvoll tun. Wir sollen nicht hingehen und zu ihnen sagen: „Ich möchte dir gerne helfen.” Wir sollen unsere gute Gesinnung walten lassen, oder, wie Paulus es ausdrückt, den „gesunden Sinn” benutzen, um aus einem Feind einen Freund zu machen.

In Joseph und Benjamin können wir ein Vorbild erkennen. Zunächst ist Joseph ein Bild von Jesus, und schließlich repräsentiert er Christus und die Kirche, seinen Leib. Hier ist einer der Gründe.

Betrachten wir Josephs Aufgabe in 1. Mose 45:5, daß er vorausgesandt wurde, um „Leben zu erhalten”. Es ist kein Zufall, daß Joseph diesen Ausdruck gebrauchte. Es zeigt, wie Jesus als Opfer ausersehen war, um der ganzen Menschheit eine Gelegenheit zum Leben zu verschaffen. Er war wirklich ein Gesandter, um Leben zu retten. In Lukas 19:10 spricht Jesus: „Denn der Sohn des Menschen ist gekommen, zu suchen und zu retten, was verloren ist.”

Doch Jesus und die Kirche sind in Gottes Plan dazu ausersehen, die Menschheit in Harmonie mit Gott zu bringen, und so repräsentiert Joseph im letzten Bild Christus und die Kirche, wie sie die Menschheit wiederherstellen, nicht nur für eine vollkommene Heimat wie Eden, sondern um sie in die Harmonie mit Gott zurückzuführen.

Außerdem erkennen wir noch einen anderen Grund: In diesem Bild bekleidete Joseph den zweithöchsten Rang in ganz Ägypten. Ebenso werden auch Jesus und die Kirche unter Gott regieren. Sie werden „leben und herrschen”, oder wie wir sagen könnten: sie sind die zweithöchsten Regenten für jene Zeitperiode. Gott selbst bleibt natürlich immer der Höchste.

In 1. Korinther15:28 sagt uns Paulus, daß, wenn der letzte Feind vernichtet ist, Christus das Reich dem Vater übergibt, damit Gott „alles in allem” sei. Zu jener Zeit wird die Herrschaft des Christus enden. Und wir wissen nicht, was Gott nach diesem für die Welt, für die Kirche und für Jesus plant.

Joseph hatte die Aufgabe lebengebende Nahrung auszuteilen. Jesus und die Kirche werden das Gleiche tun. In jener Zeit wird jedoch ewiges Leben angeboten.

Und was ist mit Benjamin? Wen schattet er vor? Benjamin stellt die große Schar dar. Wenn wir uns an das Fest erinnern, das Joseph seinen Brüdern gab, so ist uns in Erinnerung geblieben, daß der Anteil Benjamins fünfmal mehr war als der seiner Brüder. Dies veranschaulicht sehr passend eine wie viel größere Belohnung die große Schar erhält als die übrige Menschheit. Die zehn übrigen Brüder stellen die Menschheit dar.

Wir haben auch bemerkt, daß die Brüder Benjamin während des Festes nicht mehr beneideten, weil er mehr bekam als sie selbst. Sie haben die Lektion gelernt, daß Neid und Haß ihnen und ihrem Vater nur große Trübsal brachten. Es heißt hier: Sie tranken und waren fröhlich mit ihm. Ebenso wird auch die Welt weder die Kirche noch die große Schar um ihre Belohnung beneiden.

Sie wird glücklich und zufrieden sein, im Königreich Gottes die vielen Segnungen zu empfangen. Wie schön die Vorbilder sind, und wie beglückend sie Gottes Plan bestätigen!

Wer hatte nun den „Becher” Josephs bekommen? Es war Benjamin. In Matthäus 20:22 und 23 weist Jesus darauf hin, daß alle seine Jünger aus dem Becher (Kelch) trinken sollen. Aber vielleicht trinkt die große Schar nicht bis zur Neige daraus, wie die kleine Herde, und geht so des Preises verlustig, obwohl sie noch geistiges Leben bekommt - Leben auf einer höheren Ebene als die allgemeine Menschheit.

Der Becher schattet die Erfahrungen vor, die teils freudig, manchmal aber auch weniger schön, ja selbst schmerzhaft sein können. Manchmal sind es geistige und manchmal körperliche Schmerzen. Letztere waren besonders die Erfahrungen der frühen Kirche.

Falls dies nicht Gründe genug sind, um Joseph und Benjamin als Vorbilder für die Kirche und die große Schar anzusehen, haben wir noch einen weiteren Hinweis, der darin besteht, daß Joseph und Benjamin in Rahel dieselbe Mutter hatten. Der Name, den Rahel ihrem letzten Sohn gab, war Benoni. Benoni bedeutet Schmerzenssohn. Er wurde in Sorge und Mühsal geboren. Seine Mutter starb bei seiner Geburt. So endet im Gegenbild der geistige Teil des Planes Gottes, nachdem die große Schar hinzugefügt worden ist. Sie wird unter großer Trübsal - ebenso wie Benjamin - hervorgebracht.

Eine weitere Segnung ist auch die Erkenntnis, daß es Rahel war, die Jakob wirklich liebte. Wir sind uns sicher, er gewann nach einer Weile auch Lea lieb und selbst die Mägde, die ihm Söhne gebaren. Aber Rahel liebte er tief, und die zwei Söhne, die sie ihm schenkte, waren seine Lieblinge, die er mehr liebte, als die anderen zehn Knaben. Rahel war seine erste Liebe. Sie war diejenige, um die er vierzehn Jahre gedient hatte.

Wir sind uns auch sicher, daß die anderen zehn Brüder dies wußten, und das war der Grund, warum sie Joseph ursprünglich loswerden wollten. Die Situation verbesserte sich nicht, als Joseph ihnen erzählte, wie sie sich im Traum vor ihm niedergebeugt hatten. Und obwohl Jakob die anderen zehn mochte, waren die beiden sicherlich seine Lieblingssöhne.

Im Gegenbild ergibt sich ebenfalls, daß Gott diesen Teil Seines Planes besonders liebt, weil Er den verheißenen Samen hervorbringt: die Kirche und die große Schar. Wir hoffen, daß wir in vollem Umfang die große Liebe für jeden von uns wertschätzen können, die wir zu dieser hohen Berufung eingeladen worden sind. Gott liebt auch die Welt; uns scheint, daß da ein Unterschied besteht zwischen dieser Liebe und ebenso der Liebe für die Kirche und die große Schar.

Gott hat beide dieser Klassen überaus belohnt, als die Einladung erging, im Wettlauf um den Preis der hohen Berufung zu laufen. Bedenken wir, wie die Weltmenschen sich fühlen, wenn sie vielleicht als mögliche Kandidaten für den obersten Gerichtshof des Landes in Betracht gezogen werden. Allein schon zu den möglichen Bewerbern zu gehören, auch wenn sie nicht endgültig ausgewählt werden, ist etwas, auf das jemand stolz sein kann vor seinen Nachbarn, Freunden, Kindern und Enkeln. Dann aber tatsächlich als Richter erwählt zu werden, welch eine große Ehre ist dies. Ein Teil dieses großen Richters in Gottes Königreich zu werden, König und Priester zu sein, fähig zu sein die Menschheit zu segnen, können wir uns jetzt nicht vorstellen. Es ist wirklich eine unvorstellbare Verheißung, die für uns vorgesehen ist, wenn wir treu sind und mehr als Überwinder werden.

Aber nehmen wir einmal an, daß wir den hohen Preis verlieren, um den wir gelaufen sind, und für den wir berufen wurden. Auch für diese hat Gott noch einen Platz in Seinem Plan vorgesehen. Diese sind in Offenbarung 7:9 - 15 beschrieben. Wir lesen in Vers 15: „Darum sind sie vor dem Throne Gottes und dienen ihm Tag und Nacht in seinem Tempel; und der auf dem Throne sitzt, wird sein Zelt über ihnen errichten.”

Auch Vers 17 ist interessant, in welchem von Gott gesagt wird, daß er alle Tränen von ihren Augen abwischen wird. Was bedeutet dies? Warum sollte es im Himmel Tränen geben? Wir können davon ausgehen, daß es Ausdruck ihrer Enttäuschung ist, den Siegespreis nicht erlangt zu haben, um den sie gelaufen sind. Aber Gott wird sie trösten, und zeigt ihnen das, indem Er solche Tränen abwischen wird.

Vielleicht aber auch mögen es Tränen sein, die sie während der großen Drangsalszeit vergossen haben in der Prüfung, die jeder von ihnen durchmachen muß, um würdig zu sein, ewiges Leben zu erwerben. Die große Schar erlangt keine Unsterblichkeit, die nur für die Kirche zur Belohnung gegeben wird.

Diejenigen, die ihre Berufung und Erwählung fest machen, haben bereits ihre Tränen vergossen, als sie ihre Erfahrungen während ihrer Lebenszeit hier machten. Gott hat ihre Tränen für sie in einem Krüglein gesammelt; so berichtet uns der Psalmist in Psalm 56:9. Nachdem er vorher von Prüfungen, Schwierigkeiten und der Behandlung durch den Feind gesprochen hat, bittet David Gott: „Meines Elends Tage hast du gezählt, meine Tränen in deinem Krüglein gesammelt; ja gewiß, sie stehen in deinem Buche verzeichnet.” (nach der Menge-Übersetzung) David sagt, daß die Tränen schon in Gottes Buch verzeichnet sind. Warum sollte Er die Tränen nicht in Seinem Krug sammeln? Der Krug ist voll.

Wir wollen die Frage stellen, und jeder möge sich selbst fragen: Haben wir genug Tränen vergossen, damit wir ein volles Krüglein in Gottes Händen wissen? Wir wollen es hoffen, denn dann brauchen sie uns nicht abgewischt zu werden. Wenn dies nicht so wäre, dann müßten wir am Ende unseres Weges durch die große Drangsal gehen, den Weg, den die große Schar gehen muß.

Das wird ein völliges Opfer all dessen erfordern, was die alte Schöpfung, das Fleisch, von uns verlangte. Es wird einer dauernden, täglichen Aufsicht über unsere Herzen und Sinne bedürfen, nicht nur äußerlich, sondern im Herzen und im Gemüt. Vielleicht habt ihr nie bemerkt, daß das Gesetz nur nach drei Richtungen hin Gehorsam verlangte (5. Mose 6:5): „Du sollst Jahwe, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft.”

Aber wenn wir Jesus zuhören, so fügt er noch eine weitere Richtung hinzu, und das ist: „…mit deinem ganzen Verstande.” - Lukas 10:27 „Du sollst den HERRN, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft und mit deinem ganzen Verstande.” Die voraussichtlichen Glieder der Kirche müssen Gottes Gesetz auch im Sinn haben. „Diese Gesinnung sei in euch”, sagt der Apostel Paulus, „die auch in Christo Jesu war.” -Philipper 2:5

Diese Umgestaltung muß sich schnell vollziehen, während unseres kurzen Erdenlebens. Die Menschheit wird tausend Jahre Zeit haben, um diesen Wandel zu vollziehen. Die Glieder der Kirche haben nur die normale Lebenszeit zur Verfügung, in der ein völliger Wechsel von der alten Gesinnung auf Gottes neue Wege erfolgen muß. Unsere Charaktere müssen entwickelt und wie Bruder Russell sagt, kristallisiert werden, so daß die Absichten des Herzens und der Gesinnung in völliger Übereinstimmung mit Gott und mit Seinem Willen für uns sind. Das ist es, was Gott von uns erwartet, wenn Er uns mit dem Vorrecht der Berufung ehrt, auf eine Weise, wie sie niemals mehr angeboten werden wird, um Anteil an Seiner Familie zu haben.

Diese zwei Klassen werden in Esra 6:5 als goldene und silberne Geräte dargestellt. Wir sind in Maleachi 3:17 als ein besonderer Schatz beschrieben. In Römer 9:21 werden zweierlei Gefäße unterschieden: das eine ist ehrenvoll, und das andere weniger, aber noch ehrenvoll. Wir werden Erben Gottes und Miterben mit Jesus sein, wenn wir anders mit ihm leiden. - Römer 8:17 In Psalm 45:10 - 17 erscheinen wir als eine Königstochter, die mit Kleidern aus gewirktem Gold bekleidet ist, einem Symbol für die göttliche Natur. Die Jungfrauen, ihre Gefährten, die ihr folgen, stellen die große Schar dar.

Wir können großen Trost aus all diesen Bildern schöpfen, die zeigen, daß beide Klassen mit Ehre behandelt werden. Es bedeutet keine völlige Ungnade, ein Glied der großen Schar zu sein. Es mag eine große Enttäuschung sein, ja. Aber so lange wir noch als „Jungfrauen” beschrieben sind, gibt es für uns einen Platz in Gottes Königreich, wo Gott über ihnen wohnen wird, wie in Offenbarung 7:15 geschrieben steht.

Gott liebt uns wirklich auf eine besondere Weise. Wir sollten nicht straucheln, wenn irgendetwas uns davon abhalten will, den Willen des Herrn ohne Rücksicht auf Opfer, Schmerz und Leid zu tun. Wir sollten alles tun, was wir können, um dieser besonderen Liebe Gottes für uns würdig zu sein. Wir werden sie niemals ganz verdient haben, aber wir wollen unser Bestes tun. Das sollte unser Gebet sein.

Wir sind einbezogen in den großen Kampf gegen Satan und seine Helfer, die fleischlichen und die geistigen. Wir sind Gottes Soldaten mit Jesus, dem Anführer unserer Errettung. Wir können jeden Tag im Fernsehen und den Zeitungen sehen, was Krieg bedeutet. Wir können die Toten auf den Schlachtfeldern sehen. Wir können sehen, welchen Schaden Bomben anrichten können. Der größte Wunsch, den die Soldaten in Herz und Sinn haben, ist, heimzukommen. Sie träumen davon; sie freuen sich darauf, ihre Lieben wiederzusehen, ruhig und in Frieden zu leben, ein anständiges Essen zu bekommen, ein Bett und all die vielen Dinge, die für sie daheim zu sein bedeuten.

Unser großes Verlangen sollte das gleiche sein, heimzukehren in unsere himmlische Heimat, den Herrn zu sehen, andere Geliebte, die dort auf uns warten, und schließlich um unseren großen himmlischen Vater zu schauen. Zuerst aber müssen wir die Schlachten gewinnen, die vor uns liegen. Danach werden wir heimkehren. Laßt uns den guten Kampf kämpfen, laßt uns den Glauben bewahren. Gott wird uns heimholen, wenn wir getan haben, was Er uns zu tun aufgetragen hat.



Tagesanbruch Bibelstudien- Vereinigung