Ein Mann nach dem Herzen Gottes

„Nach dessen Verwerfung erhob er David zum König über sie; ihm hat er dann auch das Zeugnis erteilt: Ich habe David gefunden, den Sohn Isais, einen Mann nach meinem Herzen, der in allem meinen Willen tun wird.” – Apostelgeschichte 13:22

Wenn wir Teile unseres Gedächtnisses auslöschen könnten und so tun, als wüßten wir nichts über David, und dann über seine früheres und höchst merkwürdiges Leben zu lesen anfangen würden, könnten wir uns vermutlich nicht vorstellen, daß er in seinem sittlichen Verhalten so völlig abgleiten konnte. Die meisten Bibelstudenten jedoch wissen über Davids Leben Bescheid; und es gibt wenige Lebensläufe in den Darstellungen der Heiligen Schrift, die solche Extreme des Verhaltens aufweisen. Davids Leben ist ein Musterbeispiel für ein Fallen aus der Gnade und die darauf folgende Wiederannahme.

Es wäre nicht richtig zu sagen, daß David einfach ein guter Mensch war, der einen schrecklichen Fehler begangen hat, der ihm später vergeben wurde. David machte ja eine ganze Reihe schlimmer Fehler, und dieses Versagen lastete sein ganzes späteres Leben schwer auf ihm, ungeachtet der Vergebung durch den Herrn. Seine Lebensgeschichte ist die eines großen Falles, aber auch von gewaltiger Vergebung.

Die Schrift spricht oft von David; tatsächlich taucht sein Name mehr als tausend Mal in der Bibel auf. Es war der jüngste Sohn von Isai und wuchs in Bethlehem auf. Gott sandte Samuel zum Wohnsitz der Familie, um einen neuen König zu salben. Samuel nahm an, daß die Wahl des Herrn auf einen der älteren Söhne Isais fallen würde. Sie alle jedoch wurden übergangen, und David wurde ausgewählt, ein junger Hirte, „rötlich, dazu schön von Augen und von gutem Aussehen. Und Jahwe sprach: Auf, salbe ihn! Denn dieser ist es.” - 1. Samuel 16:12 und 13

David wurde erwachsener und entwickelte sich zu einem jungen Mann, der die verschiedensten Fertigkeiten beherrschte, angefangen bei erfolgreicher Kriegsführung bis hin zu musikalischem und dichterischen Können. Viele Psalmen stammen aus seiner Feder. Sein Talent als Musiker war ihm als Hofmusiker von König Saul von Nutzen: „Und es geschah, wenn der Geist von Gott über Saul kam, so nahm David die Laute und spielte mit seiner Hand; und Saul fand Erleichterung, und es wurde ihm wohl, und der böse Geist wich von ihm.” - 1. Samuel 16:23

Was in Davids Leben danach kam, war sehr bewegt und dramatisch, angefangen mit dem Sieg über Goliath, über seine Tapferkeit als Heerführer im Krieg, bis hin zu einem Lebensabschnitt als Verfolgter auf der Flucht vor dem eifersüchtigen König Saul.

Später, als er von Sauls Tod erfuhr, können wir einen Blick auf Davids Charakter werfen, wenn wir seinen Kummer über den Verlust eines Menschen sehen, den Gott vor ihm zum König gesalbt hat, obwohl David der Gegenstand der Verfolgung eben dieses Königs war. Ein schönes und anrührendes Zeichen der Hochachtung für Saul hat David später niedergeschrieben (vergleiche 2. Samuel 1:19 – 27).

David wird König

David wurde in Hebron in sein Amt eingesetzt und verlegte den Regierungssitz schließlich nach Jerusalem, und unter der Überwaltung und Führung durch den Herrn wuchs sein Königtum: „Und der Name Davids ging aus in alle Länder, und Jahwe legte die Furcht vor ihm auf alle Nationen.” - 1. Chronika 14:17

Bis zu diesem Zeitpunkt war Davids Verhalten vorbildhaft, aber alles änderte sich, als er Bathseba, die Frau des Uria sah. Der oberflächliche Leser des Berichts könnte glauben, daß David beim Anblick dieser schönen Frau unsittliche Gedanken hatte, mit ihr Ehebruch beging und diese Sünde später bereute. In dem biblischen Bericht steht jedoch soviel mehr.

Eine schwere Sünde zu begehen ist keine einfache Sache; komplexe Kräfte führen zu dieser Sünde. Dann kommt die Übertretung selbst, gefolgt von den Nachwirkungen von Erfahrungen, die direkt oder indirekt mit der Sünde zusammenhängen.

Die dunkelste von Davids Erfahrungen ist hauptsächlich im 2. Buch Samuel, in den Kapiteln 11 und 12, niedergeschrieben. In der Zeit, als Israel gegen die Ammoniter einen Feldzug führte, blieb David in Jerusalem und hielt sich nicht in der Nähe des Kampfgeschehens auf. Das war sein erster Fehler: „Und es geschah bei der Rückkehr des Jahres, zu der Zeit, wann die Könige ausziehen … David aber blieb in Jerusalem.” - 2. Samuel 11:1 Im Grunde genommen war er zur falschen Zeit am falschen Ort. Vom Dach des Palastes aus sah David zu, wie Bathseba badete. Anstatt sich abzuwenden, schaute er weiter zu. Das war Davids zweiter Fehler. Der Apostel Jakobus beschreibt, was man als Folge der Sünde bezeichnen könnte: „Ein jeder aber wird versucht, wenn er von seiner eigenen Lust fortgezogen und gelockt wird. Danach, wenn die Lust empfangen hat, gebiert sie die Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod.” - Jakobus 1:14 und 15

Wie es Jakobus ausdrückt, muß jene „eigene Lust” umgehend niedergehalten werden, um die Folge davon zu unterbinden. Die Versuchung ist keine Sünde. Selbst Jesus, „der in allem versucht worden ist in gleicher Weise wie wir, ausgenommen die Sünde”, machte diese Erfahrung (Hebräer 4:15). Die Sünde kommt zu dieser Erfahrung dann hinzu, wenn man über die Versuchung nachdenkt, anstatt sie zu verwerfen. Das Nachdenken führt dann zu ungehörigen Gedanken und oft zu ungehörigen Taten. David hatte und tat offenkundig beides. Er sandte einen Boten, der Bathseba in den Palast bringen sollte. Dieser Bote nun erinnerte daran, daß Bathseba verheiratet war. „Ist das nicht … das Weib Urijas, des Hethiters?” - 2. Samuel 11:3 An einem Punkt fängt die Sequenz der Sünde an, und es ist vielleicht schwer sie zu stoppen; David war dort auf einem Weg, wo er sich selbst überlassen blieb. Wenn man den Ausdruck „Eine Sache zieht die nächste nach sich” verwendet, dann schiebt man die Schuld auf die „Sache” und sieht sie nicht bei sich selbst dafür, daß man eine schlechte Entscheidung trifft. In dieser Angelegenheit traf David noch eine weitere schlechte Entscheidung.

Bathseba kam in den Palast, und David beging Ehebruch mit ihr, der Höhepunkt einer Reihe von schlechten Entscheidungen. David war in Jerusalem anstatt bei seinen Truppen auf dem Kriegsschauplatz, er blieb im Palast und beobachtete Bathseba beim Baden; er hing dem Gedanken nach sie kommen zu lassen und tat es dann, selbst als der Bote versuchte, ihn davon abzubringen. Schließlich sündigte er mit Bathseba. Damals hatte David mehrere Frauen und mehrere Konkubinen. Niemand hätte ihn unter diesen Gegebenheiten des Ehebruchs bezichtigt. Bathseba indessen war mit jemandem anderen verheiratet, und David verstieß mit seiner Tat gegen das siebte Gebot.

„Und das Weib ward schwanger; und sie sandte hin und berichtete es David und sprach: Ich bin schwanger.” - 2. Samuel 11:5 Spätestens hier hätte David seine Entscheidungen überdenken müssen, aber sein elendes Urteilsvermögen hatte sich verselbständigt. Schlechte Sitten trüben das Urteil eines Menschen ein, und oft wird aus einer anstößigen Sache etwas Begehrenswertes. Wie der weise Schreiber gesagt hat: „Fanget uns die Füchse, die kleinen Füchse, welche die Weinberge verderben;” - Hohelied 2:15

David wurde zum Opfer der „leicht um-strickenden Sünde” - Hebräer 12:1. Die Sünde betäubt unser Gewissen, und diese Taubheit kann vernünftiges Denken einschränken und weitere Sünden nach sich ziehen, die uns niemals in den Sinn gekommen wären, wenn wir ganz zu Anfang diesen aufeinanderfolgenden Sünden Einhalt geboten hätten.

Eine Sünde zieht die andere nach sich

Anstatt seine Verantwortung in dieser Sache wahrzunehmen, heckte David den Plan aus, Urija aus dem Feld nach Hause zu beordern, damit er später als der Vater des Kindes erscheinen konnte. Als dies aber fehlschlug, dachte sich David etwas ganz Unbarmherziges aus, nämlich ihn im Kampf fallen zu lassen. Und so geschah es, aber „es fielen auch etliche von dem Volke … ” - 2. Samuel 11:17 So ist es oft mit der Sünde: wenn wir eine Übertretung begehen, kommen andere dabei zu Schaden; es ist typisch für eine falsche Tat, daß sie selbstsüchtig ist.

Wie konnte ein Mann von solcher Qualität und mit solchem Mut, ein Mann nach Gottes Herzen - siehe 1. Samuel 13:14 und Apostelgeschichte 13:22 - auf dem Gebiet von Moral und Ethos so entsetzlich scheitern? Eine Antwort finden wir in Sprüche 16:32: „Besser ein Langmütiger als ein Held, und wer seinen Geist beherrscht, als wer eine Stadt erobert.” Es ist viel schwerer, mit Erfolg Krieg gegen das eigene Selbst zu führen als auf einem Schlachtfeld. Und keine Aufgabe ist schwerer, edler als Selbstdisziplin. Es gibt zahlreiche Beispiele von kraftvollem Regieren und von Führungspersönlichkeiten in Stadt und Land, die, wenn auch tüchtig in ihren Stellungen, auf dem Gebiet der Selbstdisziplin erbärmlich versagen.

Nach Ablauf der Trauerzeit für ihren Mann wurde Bathseba „sein Weib und gebar ihm einen Sohn.” - 2. Samuel 11:27 So mancher hat vielleicht die Geheimnisse des Königs für sich behalten, aber niemand kann vor Gott ein Geheimnis haben: „Aber die Sache, die David getan hatte, war übel in den Augen Jahwes.” - 2. Samuel 11:27 Der Prophet Nathan wurde geschickt und sollte David seine Sünde vor Augen führen. Er tat dies mittels eines Gleichnisses, das die Sünde des Königs widerspiegelte. Da David den Kern der Sache nicht erfaßte, erklärte Nathan die Bedeutung des Gleichnisses und sagte: „Du bist der Mann! So spricht Jahwe, der Gott Israels: Ich habe dich zum König über Israel gesalbt, und ich habe dich aus der Hand Sauls errettet, und ich habe dir das Haus deines Herrn gegeben, und die Weiber deines Herrn in deinen Schoß, und habe dir das Haus Israel und Juda gegeben; und wenn es zu wenig war, so hätte ich dir noch dies und das hinzugefügt. Warum hast du das Wort Jahwes verachtet, indem du tatest was übel ist in seinen Augen? Urija, den Hethiter, hast du mit dem Schwerte erschlagen, und sein Weib hast du dir zum Weibe genommen; ihn selbst hast du ja umgebracht durch das Schwert der Kinder Ammon. Nun denn, so soll von deinem Hause das Schwert nicht weichen ewiglich, darum daß du mich verachtet und das Weib Urijas, des Hethiters, genommen hast, daß sie dir zum Weibe sei.” - 2. Samuel 12:7 - 10 Im nächsten Vers teilte der Prophet David mit: „Siehe, ich will Unglück über dich erwecken aus deinem Hause, und ich will deine Weiber vor deinen Augen nehmen und sie deinem Nächsten geben, daß er bei deinen Weibern liege vor den Augen dieser Sonne.” Schließlich bekannte David: „Ich habe gegen Jahwe gesündigt.” Dies war ein entscheidender Augenblick in Davids Leben. Er gab nicht Bathseba die Schuld oder der Belastung durch sein Königtum. Er übernahm die persönliche Verantwortung für sein Handeln. Nur wenn wir ebenso handeln, kann eine echte Umkehr in unserem Leben stattfinden. Wir werden nur dann zu einer Umkehr bereit sein, wenn wir die Verantwortung auf uns nehmen. Leider leben wir in einer Welt, in der Verantwortung zu oft abgelehnt wird, wodurch echte Veränderung und Verbesserung verhindert sind. Es ist gut, wenn wir uns diese Lektion zu Herzen nehmen: Wenn wir gesündigt haben, müssen wir unbedingt die volle Verantwortung für unser Handeln vor dem Herrn übernehmen und dürfen nicht versuchen, sie von uns zu weisen.

„Nathan sprach zu David: So hat auch Jahwe deine Sünde hinweg getan, du wirst nicht sterben. Nur weil du den Feinden Jahwes durch diese Sache Anlaß zur Lästerung gegeben hast, so soll auch der Sohn, der dir geboren ist, gewißlich sterben.” - 2. Samuel 12:13 und 14 Der Sohn starb, und das war auch der Anfang eines nicht mehr endenden Kummers für David. Wohl erfuhr er weiteren Segen in seinem Leben, einschließlich der Geburt seines Sohnes Salomon durch Bathseba; Davids letzte Lebensjahre jedoch waren voll von Tragik bis zu seinem Tod (vergleiche 1. Könige 2:10).

Psalm 51 ist Ausdruck von Davids Gebet um Vergebung. Dort finden sich Worte wie dieses: „Sei mir gnädig o Gott, nach deiner Güte! Nach der Größe deiner Erbarmungen tilge meine Übertretungen! Wasche mich völlig von meiner Ungerechtigkeit, und reinige mich von meiner Sünde! Schaffe mir, Gott, ein reines Herz, und erneuere in meinem Innern einen festen Geist.” - Psalm 51:1, 2 und 10

Die Schwere der Sünde Davids erscheint manchem von uns befremdlich, nichtsdestoweniger können wir verstehen, daß auch ein innerlich gefestigter Mensch versagen kann, selbst in großem Maße. Der Apostel Paulus listet in 1. Korinther 6:9 - 11 eine Anzahl schwerer Sünden auf und setzt hinzu: „Und solches sind euer etliche.” Er schrieb an Geschwister. Auch wenn jemand auf Siege in der Vergangenheit zurückblicken kann, muß doch jeder Christ vor dem immer möglichen Absturz in die Sünde unablässig auf der Hut sein.

Der bewegende Bericht über Davids Aufstieg, Fall und Vergebung ist auch ein Anlaß für große Hoffnung. Wir alle sündigen und haben Vergebung und Wiederannahme nötig. Mit der richtigen Herzensstellung, mit Übernahme der Verantwortung und Reue kann der Herr Seine Vergebung und Aufrichtung allen angedeihen lassen. Wir haben allen Anlaß uns darüber zu freuen!



Tagesanbruch Bibelstudien- Vereinigung