Gegensätzliche Erfahrungen der Heiligen
- Apostelgeschichte 12:1-9 -

„Der Engel Jahwes lagert sich um die her, welche ihn fürchten, und er befreit sie.” - Psalm 34:7

Der Familienname „Herodes” wurde von verschiedenen Königen geführt, die über Israel herrschten.

  1. Herodes der Große, dessen Macht zur Zeit der Geburt unseres Herrn sehr groß war, und der die Kinder von Bethlehem ermorden ließ.
  2. Herodes Archiläus, der Sohn und Nachfolger Herodes des Großen.
  3. Herodes Antipas, ein weiterer Sohn von Herodes dem Großen, der Johannes den Täufer ermorden ließ, und der von seinen Soldaten den Herrn vor seiner Kreuzigung schlagen und verhöhnen ließ.
  4. Herodes Agrippa I, Enkelsohn Herodes des Großen, der in unserem folgenden Studium als Mörder des Apostels Jakobus erwähnt wird.
  5. Herodes Agrippa II, der letzte der Geschlechtslinie, vor dem sich der Apostel Paulus verteidigte. (Apostelgeschichte 26:28)

Dem König Herodes unseres Studiums (Agrippa I) wurde sein Königreich von Claudius Cäsar gegeben, dem Herrscher Roms, den er vor einem gewaltsamen Tod errettet hatte. Es wird über ihn berichtet, daß er „sich auf jede Art und Weise bei den Juden lieb Kind machen wollte”. Er hängte die goldene Kette, die ihm der Eroberer Caligula geschenkt hatte, als ein Weihopfer in den Tempel. Er lebte in Jerusalem, beachtete peinlich genau die Tradition der Väter und buhlte eifrig um die Gunst und Anerkennung der Pharisäer. Beim Laubhüttenfest trat Agrippa als Redner auf und las dem Volk das ganze fünfte Buch Mose vor. Als der König zu den Worten kam „du sollst nicht einen fremden Mann über dich setzen, der nicht dein Bruder ist”, (5. Mose 17:15) brach er in Tränen aus. Weil er edomitisches Blut in seinen Adern hatte, befürchtete er vielleicht, daß der Haß, den sein Großvater, Herodes der Große, getragen hatte, sich auch gegen ihn richten könnte. Und so setzte er seinen Weg fort, die politische Gunst der Israeliten zu erlangen, welche schrien: „Weine nicht Agrippa, du bist unser Bruder!” Innerhalb eines Monats nach den Ereignissen dieses Tages war Herodes tot. Sein tragisches Ende in Cäsarea, wohin er sich zu einem großartigen Fest zur Ehre des Kaisers Claudius begab, wird im Bericht des Geschichtsschreibers Josephus wie folgt zusammengefaßt:

„Eine große Menge versammelte sich, um das Fest und die Spiele zu sehen, und vor diesen erschien der König in all dem Stolz eines hohen Standes in Gewändern mit eingewebten Silberfäden. Die von ihm gewählte Zeit war der Anbruch des Tages, so daß die aufgehende Sonne auf seinen großartigen Mantel schien und ihn in blendendem Glanz erstrahlen ließ.

Plötzlich erhoben einige von seinen Schmeichlern, die immer um den König herumstanden, ihre Stimme und schrien, was wie eine wiederholte Erinnerung an die Tage des Caligula klang: „Gestatte gnädig zu uns zu sein, du Göttlicher! Bisher haben wir dich als einen Mann geehrt, von nun an bekennen wir dich als mehr als sterblich!” Anstatt einer solch lügnerischen Unterwürfigkeit zu widersprechen nahm er diese Schmeichelei mit großem Vergnügen an. Im nächsten Augenblick zog ein großen Schmerz durch seine Eingeweide. Die armen Elenden bekamen Gewissensbisse über diese gotteslästerliche Torheit, fühlend daß der Zorn Gottes ihn niedergestreckt hatte und der Ruf ertönte vor ihm in seiner Agonie: ‚Sieh, unser Gott muß nun sein Leben lassen und in die Arme der Verderbnis eilen’.”

In Apostelgeschichte 12:23 wird uns berichtet, daß er „von Würmern gefressen wurde”. Der Umstand, daß uns so viele Dinge über den Mann Herodes überliefert worden sind, versetzt uns in die Lage zu verstehen, warum er seine Angriffe auf die Urkirche richtete. Obwohl er kein Nachkomme Jakobs sondern Esaus war, hatte er die in seinem Königreich vorherrschende Religion angenommen. Er suchte die Gunst bei den Israeliten durch seinen Eifer für das Judentum. Das bedeutete folgerichtig, daß er seinen Eifer und seine Energie entsprechend gegen die Christen einsetzte. Wie wir wissen, haben die Israeliten die Urkirche verfolgt, aber sie wurden durch ihre eigenen Schwierigkeiten mit dem Kaiser Caligula an größeren Verfolgungen gehindert. Doch Caligula war nun tot, und so nahmen die Verfolgungsbestrebungen durch fehlgeleiteten Eifer wieder zu. Der Herr hätte sicherlich auf wunderbare Weise die Verfolgungen, die wir hier betrachten wollen, insgesamt abwenden können. Aber er erlaubte, daß das Böse teilweise triumphierte und teilweise zurückgehalten wurde.

Der Apostel Jakobus, mit dessen Tod wir uns beschäftigen wollen, war in wenigen Worten gesagt einer der edelsten und bemerkenswertesten der Apostel. Er war einer von den Dreien, die den Herrn gewöhnlich bei sehr vertraulichen Anlässen begleiteten, zusammen mit seinem Bruder Johannes und Petrus. Er war mit dem Herrn auf dem Berg der Verklärung. Und er war mit ihm bei der Auferweckung der Tochter des Jairus anwesend. Er gehörte zum inneren Kreis der Freunde des Herrn in der Stunde der Trübsal im Garten Gethsemane. Jakobus und sein Bruder Johannes wurden vom Herrn Boanerges genannt - Söhne des Donners -, wahrscheinlich wegen ihrer redegewandten und machtvollen Ausdrucksweise. Es war die Mutter des Jakobus, die den Herrn bat, daß er und sein Bruder in seinem Königreich „zu seiner Rechten und zu seiner Linken sitzen sollten”. Und die beiden selbst erklärten dem Herrn ihre Bereitschaft an seinem Werk teilzunehmen und zu leiden bis in den Tod. Beide waren treu. Jakobus wurde aus diesem Grund der erste der Märtyrer, und Johannes lebte bis ins hohe Alter und war wahrscheinlich der letzte Überlebende der Apostel. Der Bericht über den Dienst des Jakobus ist sehr kurz, und er enthält kein Anzeichen, das darauf schließen läßt, daß er etwas anderes als eifrig und treu gegenüber dem Herrn und seiner Sache war. Dieser Jakobus, der schon in frühchristlicher Zeit starb, ist nicht den beiden anderen Personen gleichen Namens zu verwechseln, zum einen „Jakobus der Kleine”, Sohn des Alphäus - Markus 3:18 -, und dem Schreiber des Jakobusbriefes, „des Herrn Bruder”.- Galater 1:19

Als Herodes bemerkte, welche Befriedigung er seinen Untertanen damit verschaffte - und besonders ihren Führern, den Pharisäern -, daß er die Christen auf diese Weise verfolgen ließ, beschloß er auch Petrus gefangen zu nehmen. Wir können daraus schlußfolgern, daß Jakobus und Petrus zu dieser Zeit zwei der Bekanntesten unter den Aposteln waren. Die Formulierung „nachdem er ihn ergriffen hatte” in Apostelgeschichte 12:4 scheint zum Ausdruck zu bringen, daß zwischen dem Befehl ihn gefangen zu nehmen und seiner Einlieferung ins Gefängnis eine Verzögerung eintrat. Petrus wurde an vier Abteilungen von Soldaten übergeben. Eine Abteilung bestand aus vier Soldaten, die einen Gefangenen bewachten. Zwei von ihnen legten ihm die Ketten an den Handgelenken an, jeder auf einer Seite; die anderen zwei dienten als Wachtposten, einer an der Tür zur Zelle und der andere außerhalb des Hofes. Die vier Abteilungen lösten sich bei ihren Wache ab, so daß jede Abteilung 6 Stunden von den 24 Stunden eines Tages für den Gefangenen verantwortlich war.

Es war zur Osterzeit oder genauer gesagt zur Zeit des Passah - der „Tage des ungesäuerten Brotes”. Die Zeit seiner Festnahme war diesem religiösen Fest zu nahe und eignete sich nicht für eine öffentliche Hinrichtung, zu der Herodes sich entschlossen hatte. Er wollte das Zurschaustellen seines Eifers für die jüdische Religion verschieben bis dieses Fest beendet war. Inzwischen war die junge Urkirche in Jerusalem offenbar traurig und verwirrt über den Ablauf der Ereignisse, und die Gläubigen überlegten, wie sie des Herrn Vorsehungen zu deuten hätten. Zweifellos hielten sie ihr Gedächtnismahl an des Erlösers Tod zu dieser Zeit, wie wir es auch noch heute tun. Ihre Herzen waren traurig im Bewußtsein dessen, daß die Treuen des Herrn alle von seinem Becher trinken müssen - dem Becher der Schmach und des Todes. Obwohl eine beträchtliche Anzahl der Israeliten Jesus angenommen hatten, war scheinbar die Mehrheit der Gläubigen überall hin zerstreut, nur wenige von ihnen wohnten in Jerusalem. Sie trafen sich in kleinen Gruppen in privaten Häusern zum Lobpreis und zum Gebet, zum Studium des Wortes des Herrn und um sich gegenseitig im allerheiligsten Glauben aufzuerbauen. Und solch eine Versammlung wurde auch während dieser ereignisreichen Passahwoche vorbereitet. Wir können der Apostelgeschichte entnehmen, daß der Hauptgedanke der Gebete der Gläubigen Petrus galt.

Sie waren durch die Apostel gut unterrichtet, und sie beteten für die richtigen Dinge. Sie folgten den Worten des Herrn, und beteten in dem Sinn, der in den Worten zum Ausdruck kommt: „Aber nicht mein Wille geschehe, sondern der Deine”. Uns ist nichts darüber berichtet, ob sich die Versammlung zum Gebet für Jakobus traf, obwohl es ziemlich sicher erscheint, daß sie es tat. Es ist auch nicht zwingend anzunehmen, daß Herodes weiter die Absicht verfolgt hätte, Petrus zu töten, auch wenn sie sich nicht getroffen und für ihn gebetet hätten. Es ist ausreichend für uns, daß wir uns daran erinnern, daß Gott eigene Pläne hat, ohne Rücksicht auf die Pläne und Gebete Seines Volkes und daß alle Seine guten Vorsätze zur Ausführung kommen. Aber es ist gut, Gottes Freude darüber zu beachten, wenn Sein Volk so völlig in Übereinstimmung mit Ihm und Seinen Plänen gelangt, daß sie über deren Erfüllung weder überrascht noch enttäuscht sind.

Wahrscheinlich wurde Jakobus unerwartet hingerichtet, während Petrus in Fesseln gehalten wurde. Dies gab der Versammlung Zeit sich darüber bewußt zu werden, wieviel sie schon verloren hatten, und wieviel sie künftig verlieren könnte, wenn nicht der Herr für ihren Schutz eintreten würde. Zweifellos erkannten sie, daß sie einen großen Verlust erlitten hatten und ihnen erschien das Leben und der Dienst des Petrus seit dem Verlust von Jakobus noch kostbarer. Anläßlich jenes Ereignisses erlangte des Herrn Volk einen Segen durch ihre Erfahrungen und Gebete. Auch Petrus erlebte eine wertvolle Erfahrung, und sicherlich überwaltete der Herr die Angelegenheit so, daß ein großer Segen und eine Stärkung des Glaubens aller durch die Befreiung des Petrus die Folgen waren.

Das Herz Petrus’ war mit dem Frieden Gottes, der jedes Verständnis übersteigt, erfüllt. Daher war es ihm möglich, trotz der ungünstigen Bedingungen, in denen er sich dort befand, friedlich im Gefängnis zu schlafen. Auch seine Erwartung, daß man ihn am Morgen vor den König bringen und öffentlich hinrichten werde, beeinträchtigte das nicht. Was für ein Segen lag in dieser Ruhe des Herzens, dieser Fähigkeit, dem Herrn in allen Angelegenheiten des Lebens zu vertrauen. Es steht geschrieben: „Soviel gibt er seinem Geliebten im Schlaf.” - Psalm 127:2

Es ist sicherlich nicht so, daß des Herrn Volk niemals unter Schlaflosigkeit leidet. Dennoch kennen wir unter uns einige, die zeitweilig von den Sorgen dieses Lebens überbürdet und von Schlafstörungen geplagt wurden, die all ihre Sorgen auf den Herrn legen konnten. Durch seine Gnade konnten sie in großem Maße gesunden und wieder süße, erfrischende Ruhe im Schlaf erlangen. Nichts ist günstiger für den Zustand des Herzens, als sich dem Herrn völlig zu weihen - alles seiner Weisheit zu überlassen. Es leitet uns zu einem völligen Vertrauen in die göttlichen Verheißungen - durch Glauben in die göttliche Weisheit, Liebe und Macht, die garantiert haben, daß alle Dinge zum Guten zusammenwirken sollen für diejenigen, die Gott lieben, die nach Seinem Vorsatz berufen sind.

Petrus wurde aus seinem Schlaf geweckt und war von seinen Ketten befreit. Er wurde dazu veranlaßt, sich zu erheben und den Gürtel umzuschnallen, den er im Schlummer abgelegt hatte, seine Sandalen anzuziehen und sich in seinen Umhang zu hüllen. Schließlich folgte er dem Boten, dessen Licht der Herrlichkeit die Zelle erfüllte. Die Tore öffneten sich vor ihnen; sie passierten unbeobachtet die Wache und Petrus wurde aus der Antonia-Burg direkt in die Stadt geleitet. Dort verließ ihn der himmlische Bote. Die Einfachheit dieser Erzählung selbst kennzeichnet sie als eine wahre Begebenheit. Wäre die Geschichte lediglich eine erfundene, so hätte der Autor die Ereignisse mit Sicherheit anders dargestellt. Er hätte den Engel wahrscheinlich als dem Apostel huldigend dargestellt, oder als jemand, der ihm einige höfliche Botschaften vom Herrn übermittelte. Vielleicht hätte er ihn auch so geschildert, daß er Petrus erhob, ihm die Sandalen anzog und festband oder ihm half, den Gürtel umzubinden oder den Mantel anzuziehen. Sicherlich hätte in einer erfundenen Geschichte der himmlische Bote dem Petrus zu der Zeit, als er in verließ, verschiedene Anweisungen gegeben. Aber dieser einfache Bericht stellt den Engel nur so dar, daß er für Petrus das tat, was dieser nicht selbst für sich tun konnte, und nicht mehr. Er verließ ihn wortlos, sobald er ihn sicher in die Stadt gebracht hatte.

Der Bericht zeigt, daß Petrus von dem, was sich ereignet hatte, so überwältigt war, daß er eine Zeit lang annahm, daß er sich in einem Traum, in Trance befindet. Er erwartete, in Kürze zu erwachen, um zu erkennen, daß er noch immer gebunden war. Aber der kühle Morgen zwischen 3 und 6 Uhr und die Tatsche, daß er allein war, regten seine Sinne an und überzeugten ihn, daß er tatsächlich in Freiheit war. Er kannte den üblichen Treffpunkt und dorthin lenkte er seine Schritte. Es war das Haus von Maria, der Mutter von Johannes Markus, dem Vetter von Barnabas. (in Kolosser 4:10 ist das Wort „Vetter” zu lesen als: der Sohn der Schwester). Johannes war sein hebräischer Name und Markus sein lateinischer Name. Dieser Markus war der Evangelist, der Autor des Buches Markus - der gleiche, der Barnabas und Paulus auf ihrer ersten Missionsreise begleitete.

Obwohl Petrus das Haus zu einer ungewöhnlichen Zeit erreichte, waren die Einwohner des Hauses wach. Ihre Gebetsversammlung dauerte auch zu dieser Stunde noch an, als der Herr ihr Ersuchen beantwortete. Als Petrus an die äußere Tür klopfte, bekam er Antwort durch die kleine Dienerin der Familie, Rhode, (übersetzt: Rose). Sie war so überrascht und erfreut, als sie die Stimme des Petrus wahrnahm (denn es war Sitte Fragen zu stellen, bevor man die Tür öffnete), daß sie zunächst die Tür nicht öffnete. Sie lief vielmehr zurück und erstattete den versammelten Jüngern Bericht.

Der Umstand, daß die Betenden erstaunt waren und es kaum glauben konnten, daß tatsächlich Petrus zurückgekommen war, bedeutet nicht, daß sie nicht an ihre eigenen Gebete glaubten. Im Gegenteil können wir feststellen, daß ihr Glaube an ihre Gebete, die während der ganzen Nacht andauerten, gut bewiesen wurde - selbst zu dieser Morgenstunde, als Petrus anklopfte, waren sie nicht eingeschlafen. Sie wußten, daß, was auch immer geschehen würde, es sich um etwas handelte, das das Gefängnis und das Schicksal der vier Wachabteilungen betraf. Für sie schien es jedoch am ehesten wahrscheinlich, daß, welche Antwort auch immer auf ihr Gebet hin kommen würde, sie keine Befreiung des Petrus unter solchen Umständen beinhaltete. Vielmehr erwarteten sie ein Ereignis, das während ihrer Zeit der Prüfung möglicherweise den Sinn des Königs änderte, der in diesem Fall der Richter sein würde, und so die Befreiung des Petrus herbeiführen könnte. Aber „Gott wirkt auf eine geheimnisvolle Weise Seine Wunder zu vollbringen” und nicht selten sind Seine Wege nicht wie unsere Wege - manchmal lernen wir gerade unter solchen Umständen wertvolle Lektionen. Zweifellos wurde der Glaube von einigen unter ihnen durch den Tod des Jakobus beträchtlich erschüttert. Möglicherweise zweifelten einige unter ihnen, da sie keine sichtbaren Zeichen der göttlichen Gunst und kein Einschreiten für den Schutz des Apostels und für seine Erhaltung als ein Helfer der Urkirche erkennen konnten. Nachdem sie jedoch in dieser Weise erprobt wurden - und ihr Glaube wurde für eine Weile sehr heftig geprüft -, besaßen sie durch das Ereignis um Petrus eine wertvolle Lektion. Dies war eine Darstellung von Gottes einschreitender Macht zugun-sten Seines Volkes, wenn Er will und wann Er will.

Die Erfahrungen des Jakobus und des Petrus werden so anders und gegensätzlich zu dem geschildert, wie es ein Geschichtenerzähler in seiner Art und Weise versuchen würde, seine Gedanken in einem Bericht niederzuschreiben. Die Schilderungen der Erfahrungen des Petrus lassen auf den ersten Anschein betrachtet kaum eine Kundgebung göttlicher Vorsorge erkennen. Und das Schicksal des Jakobus liefert anscheinend keinen Beweis des göttlichen Schutzes. Dies bringt uns in der Tat in den Sinn, daß die göttliche Vorsorge des öfteren entlang einer gewissen Linie zu wirken scheint - unterscheidend zwischen den Erfahrungen von verschiedenen Gliedern des Leibes Christi und unterscheidend zwischen unseren eigenen individuellen Erfahrungen als Christen. In einigen unserer Lebensereignisse können wir des Herrn schutzgebende und leitende Fürsorge meist deutlich erkennen, während es uns bei anderen erscheinen mag, als ob uns eine solche gar nicht gewährt wird, und wir vermissen sie. Die Lektion, die uns dadurch gegeben werden soll, ist eine des vollen Vertrauens in den Herrn und der völligen Unterwerfung unter all Seine Vorsehungen. Sicherlich bemerken wir, daß die Mehrzahl unserer Erfahrungen weit ähnlicher denen des Jakobus sind als denen des Petrus. Die Wunder, von denen wir aus unserer eigenen Erfahrung berichten können, sind sicherlich wenige, und es liegen sehr lange Zeiträume dazwischen. Was auch immer wir erfahren haben, oder was auch immer die Apostel oder andere in dieser Richtung erfahren haben - die Dinge, die dazu dienen, uns Gottes Oberaufsicht über Seine eigenen Angelegenheiten vor Augen zu führen, sind sicherlich dazu da, uns zu stärken und zu ermutigen. Dadurch können wir furchtlos und mutig in der Dunkelheit wandeln, denn, wie der Apostel sagt, sind wir allgemein unter der göttlichen Vorsehung berufen worden, „zu wandeln durch Glauben und nicht durch Schauen”. - 2. Korinther 5:7

„Es ist sein Engel!”

„Sind sie nicht alle dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die das Heil erben sollen.” - Hebräer 1:14 Es ist uns bewußt, daß der Apostel Petrus einer der Erben der Verheißung war. Er selbst dachte niemals auch nur für einen Augenblick an die Möglichkeit seines Entkommens aus dem Gefängnis. Daher nahmen die Geschwister auch zunächst an, daß als eine Antwort auf ihre Gebete der Engel des Petrus als sein Repräsentant sie besuchte, um ihnen Trost zu spenden. Bald bemerkten sie jedoch, daß es Petrus selbst war, und sie erfuhren danach von seiner wunderbaren Befreiung durch den Engel.

Apostelgeschichte 12:17 deutet an, daß die Geschwister, als sie erkannten, daß es tatsächlich Petrus war, der vor ihnen stand, von Freude erfüllt wurden. Wahrscheinlich wäre es zu einer sehr lauten Freudensbekundung gekommen, wenn der Apostel ihnen nicht durch ein Handzeichen zu verstehen gegeben hätte zu schweigen. Dann erklärte er ihnen ruhig, seine durch göttliche Vorsehung bewirkte Befreiung und sandte eine Botschaft an Jakobus (den Kleinen), den „Bruder des Herrn” oder zweiten Vetter und an alle Geschwister. Danach verließ er sofort den Ort, verließ er Jerusalem. Als Petrus und Johannes aus dem Gefängnis befreit wurden, gingen sie nach Gottes Vorsehung zum Tempel zurück und predigten die Heilsbotschaft dort weiter. Nun aber, ohne eine abweichende göttliche Weisung, verstand der Apostel durch den Ablauf der von Gott zugelassenen Ereignisse, daß er fliehen sollte. Er wußte, daß er sich selbst jetzt nicht unnötig in Gefahr bringen noch versuchen sollte, sich auf einen Streit mit den Vertretern der römischen Regierung im Vertrauen auf weitere Befreiungen einzulassen.

Einige Menschen wären an Stelle des Petrus über ihr Entkommen möglicherweise lautstark in Jubel verfallen. Sie hätten sich vielleicht auch dessen gerühmt, daß die Gefängnismauern und die römischen Soldaten gegen den Herrn machtlos waren. Vielleicht auch hätte sich angesichts einer solchen Herausforderung der König dazu veranlaßt gesehen, sie erneut ins Gefängnis zu bringen. Wir denken jedoch, daß ein solches Verhalten nicht der Wille des Herrn war und, daß Petrus schließlich den richtigen Weg wählte. Diese Erklärung kann für einige aus des Herrn Volk hilfreich sein. Wir befinden uns immer noch in der Zeit, in der dem „Fürst dieser Welt” erlaubt ist seine allgemeine Kontrolle aufrecht zu erhalten. Und wir sollten erwarten, daß wunderbare Befreiungen vielmehr die Ausnahme als die Regel darstellen. Wir sollten entsprechend handeln und, soweit es an uns liegt, den Frieden bewahren und mit allen Menschen in Frieden leben. Die Entscheidung des Petrus, den König nicht herauszufordern, war keine Bekundung eines Mangels an Vertrauen in die göttliche Macht, sondern sie erfolgte in Beobachtung der Worte des Meisters: „Wenn sie euch aber verfolgen in dieser Stadt, so flieht in die andere.” - Matthäus 10:23 Die Verfolgung hatte ihn persönlich erreicht, und er war von ihr befreit worden. Jetzt war für ihn die Zeit gekommen an einen anderen Ort zu fliehen, an dem der Herr zweifellos ein anderes Werk für ihn zu tun bereithielt. Wir sollten ähnlich schnell dazu bereit sein, entsprechend unserer Lebensumstände einen ähnlichen Richtungswechsel vorzunehmen. Wenn die Verfolgung zu schwer wird, können wir den Herrn um Hilfe bitten. Wenn Er eine Tür der Befreiung öffnet, so können wir an einen anderen Ort oder unter andere Bedingungen fliehen, wo wir mit Kühnheit und Mut und Glauben wie zuvor das königliche Banner tragen können.

Unsere goldene Regel

Es fällt uns verhältnismäßig leicht, unseren Leittext sowohl mit Petrus und seiner Befreiung als auch mit uns selbst in Fällen von besonderem Beistand des Herrn in unseren zeitlichen oder geistigen Angelegenheiten in Verbindung zu bringen. Aber es ist viel schwieriger für uns, die Erfahrungen des Apostels Jakobus mit unseren eigenen Erfahrungen zu verbinden - bei denen es zugelassen wird, daß Unglücke, Schwierigkeiten und feurige Prüfungen über uns kommen. Solche Erfahrungen sind zweifellos vom Herrn zur Entwicklung und Prüfung unseres Glaubens zugelassen. Die Vorsorge des Herrn war im Fall von Jakobus nicht weniger vorhanden. Wir können uns sicher sein, daß ihm nichts geschah, was im Gegensatz zur göttlichen Absicht und Erlaubnis stand. So ist es auch mit uns selbst, wir können nicht nur sicher sein, daß Er die Seinen kennt, sondern auch, daß: „Kostbar in den Augen des Herrn ist der Tod seiner Frommen”. Und wir können auch sicher sein, daß Er „nicht zulassen wird, daß ihr über euer Vermögen versucht werdet, sondern mit der Versuchung auch den Ausgang schaffen wird … .” Bezogen auf unser Studium war für Jakobus der „Ausgang” ein endgültig entscheidender, für Petrus ein vorläufig befreiender.

Unsere Trübsale und Schwierigkeiten sind daher keine Ergebnisse von göttlicher Sorglosigkeit hinsichtlich unserer Interessen. Vielmehr handelt es sich dabei um die Auswirkungen der göttlichen Vorsehung zu unserem Guten. Diejenigen, die dazu imstande sind, unsere Erfahrungen von diesem Standpunkt aus zu betrachten, sind dazu in der Lage, einige der besten und hilfreichsten Lehren des Lebens zu lernen. Sie werden durch diese Lehren auf die kommenden glorreichen Dinge vorbereitet. Diejenigen aber, deren Glauben in Zeiten der Trübsal strauchelt, die mit dem Herrn wandeln wollen, aber nur dann Vertrauen in Ihn setzen, wenn sie Seine wunderbare Gunst empfangen, sind verhältnismäßig schwach und unvorbereitet für das Königreich. So wie diese Erfahrungen für den Einzelnen notwendig sind, so sind sie auch notwendig für die Herauswahl als Ganzes - wie bei Jakobus und der Kirche in unserer Lektion. Für Jakobus bedeutete es nur wenig, auf welchem Weg der Herr sein „Entkommen” bewirkte. Entscheidend für ihn war, daß er seinen Lauf in des Herrn Weisheit vollendet, seinen Charakter vervollkommnet und die Prüfung bestanden hatte. Ebenso konnte die Kirche eine wichtige Lektion lernen: es gefiel Gott, die Apostel und verschiedenen Diener bei der Durchführung Seines Werkes zu benutzen. Dabei jedoch war Er in keiner Weise abhängig von ihnen. Vielmehr konnten einer oder alle von ihnen weggenommen werden, und der Herr dennoch Sein eigenes Werk leiten und vollenden - all die gnadenreichen Verheißungen Seines eigenen Wortes.



Tagesanbruch Bibelstudien- Vereinigung