Berechtigte und verkehrte Eifersucht

„Eifersucht ist gewaltsam wie der Tod, grausam wie der Scheol; ihre Gluten sind Feuergluten, eine gewaltige Flamme.” - Hohelied 8:6 - nach dem Grundtext

Auf jemand anderen eifersüchtig zu sein ist immer eine böse Eigenschaft. Wie die obengenannte Schriftstelle sagt, ist die Eifersucht „grausam wie der Scheol”, der die ganze Menschheit verschlingt. Sie ist für vernünftige Gedanken unem-pfänglich und sie ist unersättlich. Jemand hat über die Eifersucht gesagt: „Eifersucht ist in Wahrheit - ob man es wahrhaben will oder nicht - ein Dürsten nach Blut, nach Leben. Sie will das, was sie haßt oder was sie liebt, töten.” Ursache für Eifersucht ist entweder die Befürchtung, in der Liebe eines anderen von jemandem verdrängt zu werden, oder von einem Nebenbuhler in Sachen der Gunst oder Freundschaft von anderen übertroffen zu werden.

Die in unserem Leittext genannte Eifersucht ist die schlimmste Art von Grausamkeit, die im Namen der Liebe oder aus Neid verübt wird. Sie ist einer der großen Feinde, gegen welchen jeder Christ zu kämpfen hat. Eifersucht ist sehr eng verwandt mit Hass, Bosheit, Neid und Zank. Sobald sie einem begegnet, sollte man sie als ein Feind Gottes und der Menschen und jeden guten Prinzips erkennen und ausmerzen. Je nach dem wie stark sie das Herz verunreinigt hat, sei es auch nur für einen kurzen Augenblick, sollte eine Reinigung durch den Geist der Heiligkeit und Liebe vorgenommen werden. Nicht nur für uns selbst ist die Eifersucht ungesund. Sie ist vergleichbar mit einem grausamen Ungeheuer, dessen giftige Zähne mit Sicherheit auch anderen Schmerzen und Trübsal verursachen. Ein Herz, das erst einmal mit Eifersucht vergiftet ist, zieht sehr schnell alles in seiner Umgebung in Mitleidenschaft und prägt ihm die eigene Färbung und den eigenen Charakter auf. Eine vollständige Reinigung ist dann nur noch mit großer Anstrengung möglich.

Ich, der Herr dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott

Trotzdem werden die Eigenschaften Liebe, Weisheit, Haß und Eifersucht Gott zugeschrieben und auch in uns sollten sie vorhanden sein. Wir lesen: „Ich, der Herr dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott.” Wenn der Mensch seinen Haß und seine Eifersucht in denselben Bahnen ausüben könnte wie Gott, dann wäre das ganz in Ordnung. Wie Gott, sollten auch wir die Sünde hassen, aber nicht den Sünder. Gottes Eifersucht ist gerecht und überliefert den Sünder einer gerechten Strafe. Er sagt uns, daß er mit Eifersucht reagiert, wenn wir andere Götter haben. Die Eifersucht, der das gefallene menschliche Herz ausgesetzt ist, die Bitterkeit und andere ähnliche Eigenschaften zur Folge hat, ist unangemessen. Wenn der Herr sich einen eifersüchtigen Gott nennt, so will er uns damit zu verstehen geben, daß er unsere ganze Liebe und unser ganzes Vertrauen fordert. Er will, daß wir so vollständig mit Ihm eins sind, daß Sein Wille in allen Dingen unseres Lebens den wichtigsten Platz einnimmt.

Dies ist in den Augen des Allmächtigen nicht als Selbstsucht anzusehen. Unter Seiner alles überwaltenden Vorsehung hat dies für seine Geschöpfe das höchste Maß an Freude zur Folge, das höchste Maß an Erfolg in den Pflichten und Angelegenheiten des gegenwärtigen Lebens und die vollste Zubereitung für die Segnungen, welche Gott für diejenigen zubereitet und verheißen hat, die Ihn lieben.

Ich eifere um euch mit Gottes Eifer

Wenn der Apostel Paulus schreibt: „denn ich eifere um euch mit göttlichem Eifer” (oder „Ich bin eifersüchtig auf euch mit Gottes Eifersucht”) - 2. Korinther 11:2 nach Menge, so sollte dies nicht so verstanden werden, als wäre er von böser Eifersucht getrieben worden. Er war vielmehr für die Korinther oder in ihrem Interesse eifersüchtig. Er war auch eifersüchtig für die Dinge, welche recht waren, und mit welchen sie übereinstimmen sollten. Seine Eifersucht war somit ein ernstes und eifriges Besorgtsein und beständige Wachsamkeit, eine göttliche Eifersucht für die besten Interessen der teuren Wahrheit des Herrn. Dies ist eine natürliche Eifersucht - oder ein Eifer, den alle geweihten Nachfolger des Herrn verspüren sollten. Wenn wir einen Zustand wahrnehmen, wie ihn der Apostel beschreibt - ein Verlassen der Einfachheit und Reinheit in Christo, dann sollte uns unser inneres Gespür sagen: „Hier stimmt etwas nicht - das ist verkehrt!” Wir sollten alles tun, was in unserer Macht steht, den schwierigen Zustand des Herzens in vernünftiger Weise zu korrigieren. Sehen wir also in irgend einem Glied der Herde etwas, das einen Schatten auf die Sache des Herrn werfen könnte, so sollten wir es als Recht und richtig verspüren, uns zu bemühen, den Betreffenden zu korrigieren, um das Entstehen eines Schadens zu verhindern.

Wenn wir so im positiven Sinne für die Sache des Herrn Eifersucht besitzen, so ist das etwas anderes, als wären wir in unserem eigenen Interesse eifersüchtig. Sehr wenige werden in der Sache des Herrn zu eifersüchtig und schießen über das Ziel hinaus. Dennoch ist es gut, wenn wir auch in seiner Sache unsere Worte, unser Tun usw. genau beobachten und abwägen. Während wir einerseits sehr eifersüchtig sein sollten, so müssen wir doch ganz sicher sein, daß es nicht aus Eigennutz geschieht. Wir sollten uns fragen, ob wir uns nicht etwa „in Sachen mischen”, die uns nichts angehen. Auch sollten wir uns fragen, ob es vielleicht eine Sache wäre, die die Ältesten angeht, und ob es nicht vielleicht unsere Pflicht sei, zu den Ältesten zu gehen. Für die Sache des Herrn und das Werk des Herrn sollten wir alle sehr viel Eifersucht besitzen. Wir sollten dabei jedoch Vorsicht walten lassen und darauf achten, daß es nicht die bittere Variante ist, von der in unserem Text die Rede ist. Anders ausgedrückt sollten wir aufpassen und sicherstellen, daß es keine Eifersucht auf jemand anderen ist, sondern eine Eifersucht für den anderen, für seine Interessen und für sein bestes Wohl-ergehen.



Tagesanbruch Bibelstudien- Vereinigung