Die Allweisheit Gottes

„Ich bin es, der von Anfang her künftige Dinge verkünde und lange vorher das, was noch nicht geschehen ist.” - Jesaja 46:10, nach der Übersetzung von van Ess

Wir sind mit dem Gedanken vertraut, daß das göttliche Sein auf den vier Grundeigenschaften der Liebe, Weisheit, Allmacht und Gerechtigkeit aufgebaut ist. Diese Charaktertugenden geben dem Wesen unseres großen und erhabenen Gottes ihren unvergleichlichen Glanz. Wenn auch bei den Menschenkindern Spuren all dieser Wesensäußerungen - Liebe, Macht, Weisheit Gerechtigkeit - zu finden sind, und wenn Adam in seiner Sündlosigkeit diese Eigenschaften in vollkommenem Maße besaß, so erreichen sie doch bei weitem nicht den Grad derjenigen unseres Schöpfers. „Denn wie der Himmel höher ist als die Erde … ”. - Jesaja 55:9 Die Größe und der Inhalt der göttlichen Charaktertugenden und Wesenskräfte ist für uns Menschen unfaßbar, denn sie sind Bestandteile der „göttlichen Natur”. „Wem wollt ihr mich vergleichen und gleichstellen und mich ähnlich machen, daß wir gleich seien?” - Jesaja 46:5

Wir preisen die Liebe unseres Himmlischen Vaters, die durch die Hingabe Seines eingeborenen Sohnes gekrönt worden ist, als die hervorragend-ste unter den göttlichen Eigenschaften. Und dies mit Recht. Aber es wäre verfehlt, den anderen Grundeigenschaften Jahwes weniger Beachtung zu schenken. Weil Gott Seiner Liebe durch die Opferung Seines Sohnes in so ergreifender und auffallender Weise Ausdruck gegeben hat, darum ist und erscheint uns Menschenkindern diese Tugend als die größte und herrlichste unter allen göttlichen Tugenden. Jedoch wäre das Wesen Jahwes und ebenso Sein Plan unvollständig, wenn Ihm nicht auch Macht, Weisheit und Gerechtigkeit innewohnten. Wie überaus wunderbar und erhaben tun sich Seine Macht und Weisheit in harmonischem Zusammenwirken in den Werken der Schöpfung kund und wie eindrucksvoll offenbarte sich Seine Gerechtigkeit im Ausspruch und Vollzug der Todesstrafe an dem sündgefallenen Menschen sowohl als auch in der Forderung eines gleichwertigen Lebens zum Loskauf desselben! Wahrlich, die Charaktertugenden Gottes, unseres Vaters, sind herrlich und vollkommene Harmonie.

Laßt uns hier die Weisheit einer eingehenderen Betrachtung würdigen. Mit welch überschwenglichen Worten preist doch der große Apostel Paulus die Weisheit Gottes in Römer 11:33 - 36. Zur Betrübnis der Gottgeweihten haben sich in den Lobgesang auf die Weisheit Gottes Mißtöne gemischt. Es haben geradezu gefährliche Gedanken in Bezug hierauf Platz gegriffen, geeignet, die Allweisheit Gottes in Zweifel zu setzen. Jedem Schriftforscher sollte es bekannt sein, daß unserem herrlichen Gott nicht nur die Vorgänge der Gegenwart in umfassendstem Maße bekannt sind, sondern daß Seine Allweisheit auch die Voraussicht kommender Dinge einschließt. Diesen Gedanken finden wir in der Schrift fortwährend bestätigt. Es sei hier nur an die bekannten Worte Paulus’ in Epheser 1 erinnert. Wie vortrefflich wird uns dort die Größe und Erhabenheit der Allweisheit Gottes, die solch einen herrlichen Plan schuf, vor Augen geführt! Laßt uns darüber im klaren sein, daß der göttliche Plan die Allweisheit des Schöpfers zur Voraussetzung, zu Grundlage hat. Ehe das in 1. Mose 1 geschilderte Schöpfungswerk seinen Anfang nahm, lag der göttliche Plan fest. Sündenfall, Loskauf und Wiederherstellung waren die Hauptcharakterzüge des vor alters gefaßten, auf Weisheit gegründeten Planes unseres Gottes. Noch mehr: in Seiner allweisen Voraussicht hat unser Himmlischer Vater schon vor Grundlegung der Welt die Miterben Seines geliebten Sohnes erkannt und auserwählt. - Römer 8:30, Epheser 1:4, 1.Petrus 1:2 Sicherlich geschah dies nicht in dem Sinne, daß Er auf den Menschen einen Zwang ausübte, sondern weil Er die Entwicklung der Dinge in allen Einzelheiten voraussah und erkannte. „Über das Zukünftige fraget mich … ”. - Jesaja 45:5 Mit diesen Worten läßt uns Jahwe Seine Vorkenntnis aller künftigen Dinge wissen. Und wenn wir fragen, dann wird Er durch Seine Allweisheit eine Antwort zu geben in der Lage sein, wird Er das Zukünftige wissen und kennen.

Ist es angesichts solcher Schriftzeugnisse nicht höchst betrüblich, wenn einige Christen am göttlichen Vorauswissen des Sündenfalles zweifeln? So wird geschrieben: „Aus diesem Grunde scheint es, daß Er nicht zuvor bestimmte oder auch nur vorher wußte („), daß Adam sündigen würde … Es liegt kein Grund vor anzunehmen, daß Gott eine Vorkenntnis … hatte, daß Adam sündigen und Sein Sohn sterben würde … ”. Für bibelforschende Christen kann es keinen Augenblick daran Zweifel geben, daß Jahwe den Fall des Menschen - auch den Fall Satans - vorauswußte. Ein Zweifel hieran oder eine Verneinung dessen bedeutet Anzweiflung bzw. eine Verneinung der Allweisheit unseres herrlichen, großen Gottes, ja, damit fällt der Glaube an einen göttlichen Plan.

Nach dem eindeutigen Zeugnis der Heiligen Schrift sah Gott den Sündenfall voraus, denn Er ist allwissend. Wenn wir das in bestimmtester Form sagen, so heißt das nicht, daß Er den Sündenfall in der Weise vorausbestimmte, daß Er den ersten Menschen zwang zu sündigen - keineswegs. Aber der Allwissende entwarf in Voraussicht des Sündenfalles einen Plan, und dieser Plan enthielt unter anderem auch den Sündenfall. Voraussicht und Vorausbestimmung sind zwei unterschiedliche, scharf voneinander zu trennende Begriffe. Das Vorauswissen des Sündenfalles seitens Gottes nahm dem Menschen durchaus nicht die Freiheit des Handelns. Der Mensch durfte nach seinem Willen handeln, aber Gott, dem alle Dinge von Ewigkeit her bewußt und bekannt sind - Apostelgeschichte 15:8 -, hat vorausgesehen, wie der Mensch handeln und daß er in Sünde fallen wird. Es ist eine Herabwürdigung und Entehrung unseres großen Gottes, wenn man Sein Vorauswissen des Sündenfalles anzweifelt. Auch ist es absurd zu sagen, daß Gott mächtig ist, sich eine Kenntnis gewisser Dinge vorzuenthalten, wenn Er es wünscht. Ein allweiser Gott kann sich die Kenntnis kommender Dinge durch eigene Eingebung nicht versagen. Ein solcher Gedanke ist unlogisch, unvernünftig und paradox. Wenn Gott eine Vorkenntnis des Sündenfalles hatte, konnte Er sich in Seiner Allweisheit dieser Kenntnis versagen? Und welchen Zweck hätte eine solche Versagung? Welcher Vorteil hätte sich daraus ergeben sollen? Oder welcher Nachteil hätte sich daraus ergeben, wenn Gott sich dieser Kenntnis nicht versagte? In der Tat sind solche Gedanken „kräftige Irrtümer”, wie sie der Apostel im 2. Thessalonicher 2:11 vorausgesagt hat. Wir sollten zur Unterscheidung des Guten (der Wahrheit) sowohl als auch des Bösen (des Irrtums) geübte Sinne haben. - Hebräer 5:14

Es ist die Verfinsterung einstiger Erkenntnis, wenn Christen behaupten, „daß Gott Seinen Plan so einrichtete, daß er auf irgendeinen Ausweg passen würde”. Ist das ein Plan? Nein, das wäre Planlosigkeit, das wäre Unsicherheit in der Handlungsweise Jahwes. Dann hätte Gott sich je nach dem Handeln Seiner Wesen einrichten müssen.

Wir wollen allein das göttliche Wort reden lassen und menschliche Theorien entschieden zurückweisen. Jahwe, der Ewigseiende, stellt sich in Seiner Allweisheit selbst vor, indem Er - Jesaja 46:10 nach van Ess - spricht: „Ich bin es, der von Anfang her künftige Dinge verkünde und lange vorher das, was noch nicht geschehen ist.” Ähnlich lesen wir in Jesja 37:26 und 45:21. Und ist nicht schon das eingangs erwähnte erste Kapitel des Paulusbriefes an die Epheser geradezu eine Hymne auf die erhabene Weisheit unseres Gottes, der nicht nur den Sündenfall voraussah, sondern in weiser Voraussicht auch schon den herrlichen Erlösungsplan vor Grundlegung der Welt entwarf? In Seiner Allweisheit erkannte und erwählte Er groß auch, wie schon ausgeführt, die Miterben Seines geliebten Sohnes, die Braut des Lammes, vor Grundlegung der Welt. - Römer 8:29, Epheser 1:4, 2.Timotheus 1:9 Weil Er allweise ist, konnte Er zu Jeremia sagen. „ Ehe ich dich im Mutterleibe bildete, habe ich dich (persönlich) erkannt … .” - Jeremia 1:5 Und wie vortrefflich rühmt der Psalmensänger die Weisheit Gottes in seinem 139. Psalm. Wir zitieren. „Jahwe! Du hast mich erforscht und erkannt. Du kennst mein Sitzen und mein Aufstehen, Du verstehst meine Gedanken von Ferne. Du sichtest mein Wandeln und mein Liegen, und bist vertraut mit allen meinen Wegen. Denn das Wort ist noch nicht auf meiner Zunge, siehe, Jahwe, Du weißt es ganz … Kenntnis, zu wunderbar für mich, zu hoch: ich vermag sie nicht zu erfassen!” - Psalm 139:1 - 4 und 6 Diese Worte geben uns in etwa eine Vorstellung von der Größe der göttlichen Weisheit, die alles genau und zweifelsfrei zuvor erkannt und geplant hat, nicht nur in den Grundzügen, sondern auch in allen Einzelheiten und Feinheiten des wunderbaren Planes.

Einige argumentieren, daß die in 1. Mose 22:12 befindliche Bemerkung „denn weiß ich, daß du Gott fürchtest und deinen Sohn, deinen einzigen, mir nicht vorenthalten hast” beweise, daß Gottes Vorherwissen beschränkt sei. Doch diese Schriftsstelle ist keine Untermauerung für einen solchen Gedanken. Wenn der allweise Gott und Schöpfer den Propheten Jeremia schon vor dessen Bildung im Leibe seiner Mutter erkannte, wenn Er lange vor dem Auftreten, ja vor der Geburt Kores, über diesen die bekannten prophetischen Worte in Jesja 44:28 aussprechen und, wenn Er dem fast hundertjährigen Abraham, um dessen Person es sich bei dem vermeintlichen Beweise handelt, die Geburt seines Sohnes Isaak voraussagen konnte, dann wird Er, der große Gott, auch Abrahams Handlungsweise, seinen Glaubensgehorsam und sein Vertrauen zuvor erkannt haben. Die schon angeführten Worte Davids in Psalm 139 lassen daran nicht einen Augenblick zweifeln. Mit den Worten in 1. Mose 22:12 wollte der Herr lediglich zum Ausdruck bringen, daß Abraham durch seinen sofortigen Gehorsam, seinen eingeborenen Sohn zu opfern, den Beweis seines unverbrüchlichen Glaubens und Vertrauens an und in Ihn und Seine Allmacht - siehe Hebräer 11:19 - erbracht habe.

Der Ausdruck „Grundlegung der Welt” in 1. Petrus 1:20 bezieht sich nicht, wie es vereinzelt falsch ausgelegt wird, auf den Beginn der „gegenwärtigen bösen Welt” - Galater1:4 - und bezeichnet auch nicht den Zeitpunkt, da unser teurer Herr sein Leben für uns niederlegte. Mit diesen Worten ist nicht die Ordnung der Dinge gemeint, sondern der Anfang der göttlichen Schöpfung nach Sprüche 8:29. Warum soll der Himmlische Vater die Schlachtung des Lammes erst vor dem Beginn dieser „Welt” - (Ordnung) oder gar erst vor der Opferung dieses Lammes ohne Fehl und ohne Flecken vorgesehen und geplant haben, wenn der Heils- und Erlösungsplan schon von Ewigkeit entworfen war? Welch ein logischer Zusammenhang besteht darin? Wo sind die stützenden Schriftzeugnisse? Nein, die Grundlegung dieser Welt im Sinne der Petrusworte sind der Beginn der schöpferischen Tätigkeit Gottes, der ein von allweiser Hand entworfener Plan zugrunde lag, in welchem unter anderem als bedeutendste Züge sowohl der Opfertod unseres gepriesenen Heilands als auch die Herauswahl seiner Leibesglieder vorgesehen war, nicht in willkürlichem, zwingendem Eingriff in den freien Willen des Menschen, sondern in weiser göttlicher Voraussicht der weltgeschichtlichen Entwicklung, insbesondere auch des Sündenfalles.

Wenn Paulus in seinem Kolosserbrief (1:26) von einem „Geheimnis” spricht, so wissen wir, daß Gott der Bewahrer, das heißt aber zugleich der Kenner dieses Geheimnisses war. In Epheser 3:9 lesen wir, daß das dort beschriebene Geheimnis, das mit dem in Kolosser 1:26 erwähnten Geheimnis gleichbedeutend ist, von den Zeitaltern (Ewigkeit, Urzeit) in Gott verborgen war, von Ihm verwaltet wurde, um schließlich dem Heere des Himmels kundgetan bzw. geoffenbart zu werden. Gott ist der Urheber, Verwalter und Offenbarer dieses Geheimnisses, dessen Inhalt Ihm nach diesem Schriftwort von Ewigkeit her bekannt ist. Jeder Bibelforscher weiß, daß dieses Geheimnis sich auf die Herauswahl der Christuskörperschaft bezieht. Wenn aber schon dieses Werk von Ewigkeit her von Gott vorausgesehen und geplant war, wieviel mehr gilt dies von der Erlösungstat Jesu Christi, des Opferlammes von Golgatha, des Hauptes und Vorläufers dieser Gemeinschaft. Daß dem so ist, ergibt sich aus den Ausführungen des Apostels an die Epheser aus dem 1. Kapitel, Vers 11. Im „Vorsatz der Zeitalter” war Jesus und sein Opfertod der Mittelpunkt, die Grundlage. In dieser Erlösungstat auf Golgatha „vollzog sich” (siehe Schmollers Parallel-Bibel) der göttliche Vorsatz, dessen Ursprung, wie wir sahen, vor den Zeitaltern zu suchen ist. Ist aber der Loskaufpreis von Gott von Ewigkeit vor- und vorausgesehen und das Opferlamm auserwählt worden, so ergibt sich bei konsequentem Denken die Selbstverständlichkeit, daß dem Allweisen der Eintritt des Sündenfalles ebenfalls von Ewigkeit her bekannt war, ja sein mußte. Der Tod Jesu ergab sich durch den Sündenfall.

Nur ein oberflächliches Studieren des göttlichen Wortes kann zu der Ansicht führen, daß der allweise Schöpfer den Sündenfall des Menschen nicht vorauswußte, daß Er sich eine Kenntnis gewisser Dinge vorenthalten kann und daß die Grundlegung dieser Welt nach 1. Petrus 1:20 der Anfang der „gegenwärtigen argen Welt”, beginnend mit der Flut, oder zur Zeit des ersten Kommens unseres Herrn zu suchen sei. Laßt uns das göttliche Wort ernst und würdig behandeln. Laßt uns auf die Stimme unseres Meisters und Lehrers Jesus achten, und dann, nur dann, werden wir als kluge und treue Verwalter der göttlichen Geheimnisse erfunden werden. - 1. Korinther 4:1



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