Eine Stadt ohne Mauern

„Ein Mann, der seinen Geist nicht beherrschen kann, ist wie eine offene Stadt ohne Mauern.” - Sprüche 25:28

Der Vergleich, der in dieser Schriftstelle gezogen wird, ist tatsächlich sehr ausdrucksvoll. Besonders in alten Zeiten war eine Stadt ein Ort, an dem sich Menschen zum gemeinsamen Vorteil und Schutz zusammengefunden hatten. Die Räuber streiften in der Absicht umher, jederzeit zu plündern. Die Stadtmauer diente hauptsächlich zum Schutz, damit die Einwohner ihren Besitz, ihre Rechte und ihre Interessen verteidigen konnten.

Zu einem ähnlichen Zweck hat Gott den Menschen bei seiner Erschaffung mit einem Willen ausgestattet. Er bildet ein Hauptelement seines Ebenbildes mit seinem Schöpfer. So schwach auch unsere Leiber sein mögen oder so stark unsere Neigungen, wir besitzen einen Willen. Dieser Wille kann stark sein - egal ob wir äußerlich von anderen beherrscht werden oder nicht. Unsere Leiber mögen geknechtet sein. Unseren Willen kann man jedoch nicht knechten, ohne daß wir es zulassen. Unser Wille ist etwas, das man uns nicht nehmen kann. Er muß aber verteidigt und an den schwachen Stellen gestärkt werden.

Es ist notwendig, daß der Wille befestigt wird

Wer das vernachlässigt und den Willen dort nicht befestigt, wo man ihn besonderen Angriffen ausgesetzt findet, wird bemerken, daß er gebrochen wird. Schließlich kommt er an den Punkt, wo er keinen Willen und keine Selbstbeherrschung mehr besitzt. Wie bei einer verwüsteten Stadt, in der die schützenden Mauern zerstört worden sind, und der Feind mit Leichtigkeit eindrang, so hat auch der Mensch, welcher der Sünde und verschiedenen Schwachheiten und Angriffen des Widersachers nachgibt, seine wahre Stärke verloren. Er befindet sich stets in Gefahr, alles zu verlieren.

Als Christen und als Neue Schöpfungen ist es Bestandteil unserer Aufgabe, allen Angriffen des Widersachers zu widerstehen. Diese Angriffe kommen nicht nur von sichtbaren Mächten, sondern auch von bösen Geistern. Es handelt sich dabei um geistige Mächte, die von uns Besitz zu ergreifen versuchen. So ist es bei solchen der Fall, die von diesen bösen Geistern besessen werden. Ihr Wille ist besiegt - zusammengebrochen. Sie befinden sich in den Händen ihrer Feinde, genau so wie es die Schriftstelle aus unserem Leittext schildert. Mögen diese darum kämpfen, den Feind hinauszutreiben, ihm zu widerstehen und die Mauern ihres Willens zu stärken und unverzüglich mit dem Herrn Jesus ein Bündnis zu schließen. Sie sollten ihre Herzen völlig und rückhaltlos ihm übergeben und seinen Willen, sein Wort und seine Leitung in allen Angelegenheiten annehmen.

Wer von der Knechtschaft der Sünde und Satans befreit wird, wird ein Knecht der Gerechtigkeit und Christi. Wenn wir erkennen, was es heißt, ein Knecht Christi zu sein, nämlich dem Guten und Wahren und Rechten zu dienen, und mit dem Vater in Harmonie zu sein, dann sollten wir uns alle freuen. Wir sollten uns völlig und rückhaltlos demjenigen überliefern, der das ganze Menschengeschlecht so geliebt hat, daß er es mit seinem eigenen teuren Blut erkauft hat. In seiner Hand sind sicherlich alle geborgen.

Aber es reicht nicht aus, daß wir uns in die Hände unseres Herrn begeben. Der Psalmist ermahnt uns: „Befiehl Jahwe deine Wege, und vertraue auf Ihn, und er wird handeln; und er wird deine Gerechtigkeit hervorkommen lassen, wie das Licht.” - Psalm 37:5 und 6 Der Apostel Paulus sagt uns, daß es „Gott ist, der in uns wirkt das Wollen und das Vollbringen nach Seinem Wohlgefallen.” - Philipper 2:13 Er wirkt in uns durch die in Seinen Worten gegebenen Verheißungen. Er wirkt in uns durch die verschiedenen Erfahrungen des Lebens, die Züchtigungen und Demütigungen. Es dient unserem Wohl, wenn wir jede Lektion beherzigen, wenn wir eine Charakterentwicklung im Ebenbilde unseres Hauptes haben wollen.

„Wer seinen Geist beherrscht, ist größer, als der eine Stadt einnimmt”

Wir dürfen nicht aus dem Auge verlieren, daß wir „Mitarbeiter Gottes” sein sollen in dem großen Werke der Umgestaltung, die durch die Erneuerung unseres Sinnes in uns stattfinden soll. Der Kampf mit uns selbst ist unser größter Kampf. Das Wort Gottes sagt uns ausdrücklich: „Wer seinen Geist beherrscht (seine eigenen Gedanken, seinen Willen), ist besser, als der eine Stadt einnimmt” - Sprüche 16:32, weil er in dem Maße gelernt hat, die Tapferkeit seines wahren Charakters in der richtigen Richtung, nämlich in der Selbstbeherrschung, zu üben.

Damit wir nun bei dem langsamen Fortschritt nicht entmutigt werden, sollen wir nie vergessen, daß die Beherrschung unseres eigenen Geistes, unseres eigenen Willens, der zur vollen Einheit, vollen Harmonie mit dem Herrn, und soweit wie möglich zur Einheit mit dem Volke des Herrn, das mit ihm eins ist, kommen soll - erst „endlich” erreicht wird, wie der Apostel sagt. Man gelangt in diesen Zustand „mit Geduld in guten Werken” im Vertrauen auf die Gnade Gottes zu jeder Zeit der Not.

Laßt uns alle Anstrengungen unternehmen, diese endliche und großartige Entwicklung zu erreichen. Beständig soll sie unser Maßstab sein, das Ideal, das Ziel. Wenn wir auch wieder und immer wieder Fehler machen - wenn wir in der Sache recht geübte Sinne haben, so werden wir nach jedem Fehlschlag um so stärker sein. Jedesmal, wenn wir Fehler gemacht haben, werden wir noch deutlicher als vorher erkennen, wo unser Charakter schwach ist, so wie er durch den Sündenfall erblich belastet ist. Und wenn jede schwache Seite sorgfältig beachtet und für die Zukunft Vorsicht geübt wird, so werden wir mit der Zeit durch Gottes Gnade unter der Leitung unseres großen Lehrers und durch sein Wort und Beispiel und die Leitung seiner Hand dahin gelangen, wo völlige Ergebenheit und ein Zustand völliger Harmonie und Einheit mit dem Willen Gottes vorhanden ist.

Blicken wir dann zurück, so werden wir erkennen, daß auch unsere Fehler, die wir nachträglich erkannten, zu einem größerem Schutzwall gegen die feindlichen Angriffe des Widersachers und die Schwachheiten des Fleisches beitrugen. Sie wurden vom Herrn zu unserem Segen nach Seiner Verheißung überwaltet, daß „alle Dinge denen zum Guten mitwirken müssen, die Gott lieben.” - Römer 8:28



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