Die Reinigung der Seele

„Da ihr eure Seelen gereinigt habt durch den Gehorsam gegen die Wahrheit zur ungeheuchelten Bruderliebe, so liebet einander mit Inbrunst aus reinem Herzen”. - 1. Petrus 1:22

Heiligkeit dem Herrn ist ein besonders wichtiges Erfordernis des christlichen Lebens. Ohne Heiligkeit kann dem Himmlischen Vater kein christliches Bemühen wirklich annehmbar sein. Die Worte „Reinheit” und „Heiligkeit”, wie sie in der Bibel verwendet werden, haben annähernd dieselbe Bedeutung und beschreiben jenen Herzenszustand, der alle kennzeichnen muß, die nach der Miterbschaft mit Jesus trachten in jenem glorreichen Königreich, das bald völlig aufgerichtet werden wird. Rein zu sein bedeutet, unverfälscht zu sein. Auf das Leben des Christen angewendet, bedeutet es, daß die Herzensstellung vor Gott eine völlige und vollständige Unterwerfung unter Ihn sein muß, ungeteilt in ihrer Liebe und Hingabe.

Diese Reinheit des Herzens vor dem Herrn bedeutet eine vollständige Absonderung von der Welt und ihrem Geist, ein völliges Entsagen dem Willen des Fleisches und ein beständiges Bestreben, das Fleisch in Unterwerfung unter den Willen Gottes zu bringen. Um diese Reinheit beizubehalten, ist eine beständige Wachsamkeit bezüglich der trügerischen Einflüsse des großen Betrügers, Satan, und ihre Bekämpfung mit der ganzen Waffenrüstung Gottes erforderlich. Um im Erlangen und Beibehalten dieses Zustandes der Heiligkeit erfolgreich zu sein, muß man das göttlich vorgesehene Mittel zur Reinigung anwenden, welches, wie unser Leittext erklärt, die Wahrheit ist.

Heilig oder rein zu sein, bedeutet auch, geheiligt zu sein. Jesus sagte in seinem Gebet für seine Jünger: „Heilige sie durch die Wahrheit: dein Wort ist Wahrheit”. - Johannes 17:17 Durch Inspiration wiederholt der Apostel Paulus den von Jesus ausgedrückten Gedanken und sagt: „Ihr Männer, liebet eure Weiber, gleichwie auch der Christus die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, auf daß er sie heiligte, sie reinigend durch die Waschung mit Wasser durch das Wort”. - Epheser 5:25 und 26 Aus diesen Schriftstellen ist ersichtlich, daß der Christ das Wort der Wahrheit besonders hoch schätzen und bestrebt sein sollte, täglich besser mit ihm vertraut zu werden. So verwundert es uns auch nicht, daß der Apostel Paulus Timotheus anwies, sich zu befleißigen und zu studieren, damit er sich Gott „bewährt” darstellen möchte „als einen Arbeiter, der sich nicht zu schämen hat, der das Wort der Wahrheit recht teilt”. - 2. Timotheus 2:15

Der wahre Maßstab der Heiligkeit

Es gibt unter den Menschen der Erde viele falsche Auffassungen von Heiligkeit. Häufig wird das Wort „Heiligkeit” irrtümlicherweise verwendet, nur um den Gedanken von moralischer Rechtschaffenheit auszudrücken - und selbst der Maßstab moralischer Rechtschaffenheit ist in vielen Teilen der Erde sehr unterschiedlich. Manche Moralisten der Gegenwart würden Jesus für viele Dinge, die er tat, hart verurteilen, und doch erklärt die Heilige Schrift von ihm, daß er „heilig, unschuldig, unbe-fleckt, abgesondert von den Sündern” war.

Die Bibel stellt ein regelrechtes Gesetzbuch der Moral für den Christen dar. Daher ist es von größter Bedeutung, daß jeder Christ durch dieses Gesetzbuch geleitet wird. Wenn aber jemand annimmt, daß das christliche Leben nur daraus besteht, nach hohen moralischen Gesetzen zu leben, so wird er in seinen Bemühungen mit großer Wahrscheinlichkeit verfehlen, dem Herrn wahrhaftig heilig zu sein; seine Seele wird von Reinigung weit entfernt sein.

Als Jesus betete: „Heilige sie durch die Wahrheit: dein Wort ist Wahrheit” hatte er weit mehr im Sinn als den Gedanken moralischer Rechtschaffenheit. Die verschiedenen Lehren sowohl der Namenchristenheit als auch des Heidentums haben einen gewissen Grad moralischer Redlichkeit in denen erzeugt, die unter ihrem Einfluß sind, aber die Falschheiten in der Religion haben ihre Anhänger nicht geheiligt. Die Furcht vor ewiger Qual in einer Glaubensbekenntnis-Hölle hat viele veranlaßt, ihren Zigarettenkonsum aufzugeben oder dem Alkohol zu entsagen. Aber eine solche falsche Auffassung von Reinheit führt nicht zu wahrer Heiligkeit in den Augen des Herrn. Falsche Lehren haben niemals die Seelen derer gereinigt, welche sie glaubten - wenigstens nicht von dem Standpunkt aus, in dem das Wort „Reinheit” in unserem Leittext gebraucht wird.

Der vollständige Gedanke von Heiligung, wie er in der Bibel gelehrt wird, ist der einer Weihung oder Absonderung für die heiligen Zwecke des Herrn. Und das Wort „Reinheit”, wie es in unserem Leittext zur Anwendung kommt, hat mit der Aufrichtigkeit des Herzens zu tun, den Bedingungen der Heiligung nachzukommen. Aus diesem Grunde ist die Wahrheit des Wortes Gottes das Mittel zu unserer Heiligung. Die Wahrheit ist der göttliche Plan, und der göttliche Plan offenbart den Willen Gottes für Sein Volk - diejenigen, welche in den Fußstapfen Jesu folgen. Um den Willen Gottes zu tun, muß man Ihn kennen, deshalb hat Gott uns Sein Wort der Wahrheit gegeben. Es offenbart seinen Plan, damit wir mit dem Werk, das Er auf Erden tut, vertraut werden möchten - wie es sich auf unseren moralischen Wandel bezieht und auch auf unsere Verantwortung im Dienste Gottes und Seiner Sache.

Gehorsam gegen die Wahrheit

Eine fachliche, nur inhaltliche Erkenntnis der Wahrheit jedoch wird keine heiligende Wirkung auf das Herz haben. Der Apostel zeigt klar, daß wir nur „durch den Gehorsam gegen die Wahrheit” durch den Geist gereinigt werden. Jesus verhieß, daß er den „Geist der Wahrheit” senden würde - Johannes 16:13 -, und daß dieser seine Jünger in alle Wahrheit leiten würde. Aber auch dies macht das Rezept des Apostels zur Reinigung der Seele nicht vollständig. Es gibt noch eine weitere Eigenschaft. Der Wahrheit muß gehorcht werden „zur ungeheuchelten Bruderliebe”. Deshalb zieht Petrus den Schluß: „So liebet einander mit Inbrunst aus reinem Herzen”.

Der Apostel Johannes fügt sein Zeugnis über die Bedeutung der brüderlichen Liebe bei der Reinigung der Seele hinzu und sagt: „Kinder, laßt uns nicht lieben mit Worten, noch mit der Zunge, sondern in Tat und Wahrheit. Und hieran werden wir erkennen, daß wir aus der Wahrheit sind, und werden vor ihm unsere Herzen überzeugen”. - 1. Johannes 3: 18 und 19 Die Bedeutung der Liebe als Endziel des geheiligten Lebens wird offenbar, wenn wir daran denken, daß der Plan Gottes selbst - die Wahrheit - eine Offenbarung davon ist, wie die Liebe Gottes für die Erlösung und Wiederherstellung eines verlorenen Geschlechts wirkt. Ihre Bedeutung wird uns offenbar, wenn wir uns daran erinnern, daß uns eine Erkenntnis dieses Planes gegeben ist, damit wir, indem wir in demselben mitwirken, Gott ähnlich werden sollen. Es ist offensichtlich, daß, wenn Gottes Liebe eine solche ist, daß sie Ihn veranlaßte, den liebsten Schatz Seines Herzens als Opfer am Kreuz dahinzugeben, damit seine Feinde schließlich gesegnet werden möchten, derjenige, welcher nicht gelernt hat, seine Brüder zu lieben, weit von dem Ziel christlicher Heiligkeit entfernt ist.

Der Reinigungsprozeß der Seele umfaßt das vollständige Werk der Abkehr vom Dienste Satans und der Selbstsucht hin zum Dienste Gottes und dazu, daß man durch das göttliche Prinzip der Liebe geleitet wird. Diese Reinigung beginnt, wenn durch das Wort das Licht der Wahrheit über Gottes Liebe in unsere Herzen und Sinne scheint, und wir unter Seinem Einfluß gedrängt werden, unser Alles Ihm zu geben. Paulus sagt: „Denn die Liebe des Christus drängt uns, indem wir also geurteilt haben, daß einer für alle gestorben ist, und somit alle gestorben sind. Und er ist für alle gestorben, auf daß die, welche leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben ist und ist auferweckt worden”. - 2. Korinther 5:14 und 15

Wenn die drängende Liebe Gottes und Christi jemand zu dem Punkt völliger Weihung bringt und das Werk der Heiligung beginnt, wird dieser erfahren, daß es aus zwei Hauptteilen besteht. Der eine Teil des Reinigungswerkes hat besonders mit dem eigenen persönlichen Wandel zu tun - der andere mit der Tätigkeit im Dienste dessen, dem alles geweiht worden ist. Es ist nicht möglich, zu sagen, welcher dieser beiden Teile der Heiligung der wichtigere ist, weil überhaupt keine Heiligung sein könnte, wenn nicht beiden der richtige Platz im Leben des Christen gegeben würde.

Persönlicher reiner Wandel

Der Teil „persönlicher Wandel” der Heiligung betrifft außer unseren ganz persönlichen Angelegenheiten auch unser häusliches Leben, unsere Stellung unseren Brüdern in der Versammlung gegenüber. Er bezieht sich auf die Art, wie wir bestrebt sein sollten, mit unseren Mitmenschen und unseren Verwandten in der Welt zu handeln, die richtige Stellung den Regierungen dieser Welt gegenüber einzunehmen, wie wir mit unseren Feinden handeln sollten, usw. In allen diesen Angelegenheiten - und noch anderen - gibt uns die Bibel unsere Unterweisungen. Um im Werk der Reinigung der Seele in annehmbarer Weise vor Gott fortzuschreiten, muß der Christ allen diesen Unterweisungen sorgfältige Aufmerksamkeit schenken und bestrebt sein, ihnen zu gehorchen - nicht nur dem Buchstaben, sondern auch dem Geiste nach. Jedes Verfehlen, den ausgedrückten Willen Gottes, wie er in Seinem Wort enthalten ist, zu befolgen, ist ein Maß von Unreinheit oder ein Mangel an Heiligkeit. Unwillentliche Fehler sind durch das Kleid der Gerechtigkeit Christi bedeckt, aber willentlicher Ungehorsam wird bestraft werden.

Auch, wenn jemand all seine schlechten Gewohnheiten ablegt und vom weltlichen Standpunkt aus ein edles Beispiel eines guten Bürgers wird, wenn er jedoch von seinen Brüdern oder anderen willentlich Böses im Ungehorsam gegen das Gebot, „niemand zu lästern” redet - Titus 3:2 -, ist er in den Augen Gottes unheilig und von der völligen Heiligung weit entfernt. Auch derjenige, der niemals eine Zigarette raucht, betrunken ist, stiehlt oder unreine Ausdrücke gebraucht. Vielleicht ist er ein Muster von Ehemann, ein liebevoller Vater. Er kann ein guter Nachbar sein und in seiner Umgebung hoch angesehen werden. Aber wenn er im fleischlichen Geiste schuldig wird, Uneinigkeit unter den Brüdern zu säen, ist er unheilig in den Augen Gottes und hat völlig verfehlt, seine Seele durch den Gehorsam gegen die Wahrheit zu reinigen.

In Matthäus 18:15 - 18 gibt Jesus deutliche Anweisungen bezüglich richtigen Verhaltens, wenn Schwierigkeiten unter den Brüdern entstehen. Ein Verfehlen oder sogar eine Weigerung, diesen Anweisungen zu folgen, bildet durch Unterlassung eine unheilige Handlung. Vielleicht ist es dazu erforderlich, daß jemand Stunden in Gebet und Andacht verbringen muß, bis er sich dem Herrn so nahe fühlt, daß nur „ein dünner Vorhang dazwischen” ist. Doch wenn er diesem wichtigen Gebot des Herrn gegenüber ungehorsam ist, ist er in diesem Teil unheilig - seine Seele ist nicht gereinigt worden. Wenn sein Verfehlen, nach der Anweisung Jesu zu handeln, die Veranlassung ist, daß irgendeiner seiner Brüder durch Mißverständnis oder falsche Darstellung leidet, so ist die Sünde in Gottes Augen doppelt tadelnswert.

Gebet ist für den Christen unbedingt notwendig, aber er muß zuerst den Geboten des Herrn gehorchen, wenn er erwartet, daß seine Gebete erhört werden sollen. Von dem Christen wird erwartet, daß er seinen Feinden vergibt und sie liebt. Vergebung für seine Feinde ist die Bedingung, unter denen seine eigenen Sünden vom Himmlischen Vater vergeben werden können. Wenn sich eine solche Vergebung bei dem Nachfolger des Meisters nicht zeigt, ist der nicht Vergebende unheilig. Ein solcher ist nicht nur unheilig wegen seines Verfehlens, den Geboten des Herrn zu gehorchen, sondern er ist auch unheilig in dem Sinne, daß seine eigenen Sünden noch gegen ihn bestehen, weil er verfehlt hat, die Bedingungen für deren Vergebung zu erfüllen, durch die er selbst so gelitten hat.

Manche begehen den Fehler, anzunehmen, daß Jesus meinte, wir sollten nur das vergeben, was den Anschein eines Vergehens hat; handelt es sich jedoch um eine wirkliche Übertretung - wenn tatsächlich Unrecht getan worden ist - dann sollte weniger Vergebung geübt und statt dessen eine Bestrafung erteilt werden. Das aber ist nicht der Fall. Es sind richtige Vergehen, welche unser Himmlischer Vater uns vergibt, deshalb sind es auch richtige Vergehen gegen uns, die wir anderen vergeben müssen - andernfalls sind wir unheilig. Das, was nur ein Vergehen zu sein scheint, sich dann aber nicht als solches herausstellt, braucht nicht vergeben zu werden, denn da gibt es nichts zu vergeben.

Reinheit im Dienst

Die Seele, die durch die Wahrheit gereinigt und Gott geheiligt ist, ist einem bestimmten, aktiven Zweck geweiht. So wie ein treuer Soldat mehr tun muß, als nur die Uniform zu tragen und den Lagervorschriften zu gehorchen, so muß der gute Streiter Jesu Christi auch mehr tun, als nur sein persönliches Betragen richtig zu beherrschen. Er muß mehr tun, als seinen Feinden zu vergeben - er muß sie auch segnen und denen „Gutes tun”, die ihn beleidigen. Ja, durch die Wahrheit geheiligt zu werden, bedeutet mehr, als nur durch die rein begrifflichen Grundsätze des Rechts geleitet zu werden, obwohl dies wichtig ist. Ebenso wie es keine wahre Heiligung ohne schriftgemäß beherrschtes persönliches Verhalten gibt, so kann es auch keine wahre Heiligung geben, wenn die Reinigung der Seele nicht bis zu dem Punkt fortgesetzt wird, wo der Betreffende im Dienste Gottes verzehrt wird, dem er geweiht ist.

Auch nicht jede Art von Dienst wird dies tun! Der Dienst muß mit Gottes Plan - dem ausgedrückten Willen Gottes - in Harmonie sein. Der Himmlische Vater ist darin sehr genau. Als Er Mose gebot, die Stiftshütte zu bauen, und ihm Anweisungen bezüglich ihrer Dienste gab, sagte Er: „Sieh zu, daß du sie nach ihrem Muster machest, welches dir auf dem Berge gezeigt worden ist”. - 2. Mose 25:30, Hebräer 8:5 Der Tod war die Strafe für den Ungehorsam diesem Gebot gegenüber. Die Stiftshütte und ihre Dienste waren Vorbilder von zukünftigen besseren Dingen. Vieles dieser „besseren Dinge” hat mit dem Leben und Dienst des Christen zu tun. Sicherlich wird Gott in bezug auf die Wirklichkeit nicht weniger genau sein, als er es bei dem Bild war.

Es ist offensichtlich, daß Paulus mehr zum Ausdruck brachte als nur ein Wunschbild, als er sagte, daß wir uns befleißigen oder studieren sollten, um das Wort der Wahrheit recht zu teilen - wenn wir Arbeiter sein wollen, die sich vor Gott nicht zu schämen brauchen. Könnte das Verhalten eines Arbeiters von seinem Arbeitgeber gebilligt werden, wenn er die ihm gegebenen Anweisungen und Pläne nicht befolgte? Gewiß nicht! Wenn die Wahrheit das heiligende Mittel in unserem Leben ist, und wir durch den Gehorsam gegen die Wahrheit gereinigt werden, ist es da vernünftig, anzunehmen, daß es da wahre Heiligung geben kann, wo die Wahrheit ignoriert oder herabgesetzt oder ihr widerstanden wird? Ist das Predigen der ewigen Qual für neun Zehntel des Menschengeschlechts ein heiliges Werk? Das ist nicht der Fall, und zwar weil es nicht Gottes Werk ist. Diese Darstellung ist zwar eine übertriebene, aber sie hilft uns dabei, die Bedeutung der wahren Lehre des göttlichen Planes bezüglich des Werkes der Reinigung der Seele zu erkennen, das in uns geschieht.

Laßt uns daran denken, daß der Christ nicht beauftragt ist, sich an irgendeinem Werk zu beteiligen, außer dem, das mit seinem Anteil an dem göttlichen Plan zu tun hat. Kein Werk kann ein heiliges Werk sein, wenn es nicht in Harmonie mit dem göttlichen Willen ist. Hingegen ist jedes Werk, das mit dem göttlichen Plan in Harmonie ist, richtigerweise ein Teil des Vorrechtes des Christen und ein heiliges Werk; und es ist eine Betätigung wahrer Heiligkeit, an diesem Werke teilzunehmen. Wir sollten dabei auch nicht aus den Augen verlieren, daß kein Teil des Werkes Gottes mehr oder weniger heilig als der andere ist.

Der göttliche Auftrag

Was ist nun eigentlich das Werk des Christen, und wie soll es ausgeführt werden? Viele haben angenommen, daß es Gottes Wille wäre, daß die christliche Kirche im gegenwärtigen Zeitalter die ganze Welt bekehren sollte, um das ganze Menschengeschlecht zu Christen zu machen. Tausende von Menschenleben sind in diesem unberechtigten Werk geopfert worden. Tatsächlich sind viele Menschen auf diese Weise „bekehrt” worden, und manche könnten meinen, daß dies ein Beweis dafür ist, daß Gott das Werk segnete. Aber dies ist notwendigerweise nicht so. Fast jede Art von Botschaft, die in irgendeinem Teil der Welt gepredigt wird, hat bei besonders fortschrittlicher Theorie Bekehrte zur Folge. Dies trifft besonders in Bezug auf religiöse Lehren zu. Wenn die fortschrittlichen Theorien eine Errettung aus einer Feuerhölle anbieten, ist die Zahl der Bekehrten oft groß.

Der göttliche Auftrag an die Kirche war, an dem Werk teilzunehmen, um Jünger zu machen (siehe Matthäus 28:19 und 20). Die Heilige Schrift zeigt, daß die ganze Klasse, die von Pfingsten an bis zum vollständigen Abschluß des Evangelium-Zeitalters zu Jüngern gemacht werden sollte, die Kirche Christi bilden sollte - auch die „Braut” Christi genannt. In Offenbarung 19:7 wird auf die Vollendung dieses Werkes hingewiesen. Dort wird gesagt, daß „sein Weib sich bereitet” hat. Die Art und Weise, durch die sich die Braut Christi bereit macht, ist die Verkündigung der Wahrheit und der Gehorsam gegen die Wahrheit. Da es die Wahrheit ist - das Evangelium -, die heiligt, ist es offenbar, daß sie denen verkündigt werden muß, die unter ihren reinigenden Einfluß kommen sollen.

Jeder geweihte Christ ist mit dem Heiligen Geist gesalbt, um an diesem Werk teilzunehmen. In der Vereinigung des Volkes Gottes als Gruppen hat Gott angeordnet, daß einige erwählt werden, um in besonderer Weise zu dienen, aber dies entbindet diejenigen, die nicht erwählt sind, nicht von ihrer Verantwortung in dem allgemeinen Werk. Jede Tätigkeit des Christen hat mit dem Werk der Bereitmachung der Braut zu tun. Er geht zur Versammlung, er betet, er singt, er predigt, er gibt Zeugnis - alles, damit der Bereitmachungs-Prozeß in ihm selbst sowohl als auch in anderen voranschreiten soll. Somit ist alles, was zu seiner Tätigkeit gehört, ein Teil des heiligenden Werkes, an dem er teilnimmt.

Soweit es uns betrifft, wird die Kirche (Herauswahl), während sie noch im Fleische ist, immer aus solchen bestehen, die sich in verschiedenen Entwicklungsstufen befinden. Daher wird es immer notwendig sein, alle möglichen Teile des Werkes zu fördern, um Jünger zu finden. Der Herr allein ist derjenige, der dieses Werk zum Stillstand bringen kann, und wenn er es tut, dann wird dies kein Christ bezweifeln. Jedoch bis der Herr dem Werk Einhalt gebietet, wird jeder Christ, dessen Seele durch den Gehorsam gegen die Wahrheit gereinigt worden ist, weiter alle Gelegenheiten des Dienstes wahrnehmen, die der Herr ihm gibt. Niemand ist ganz ohne Gelegenheiten, denn selbst ein Gebet ist für die Mitglieder der Braut-Klasse ein Vorrecht des Dienstes.

In den Tagen der Urkirche waren die Gelegenheiten des Dienstes nicht so vielfältig wie heute. Heute haben wir die gedruckten Schriften, und durch ihre Verwendung können viele Verkünder des Evangeliums sein, die sonst in ihren Vorrechten des Dienstes sehr beschränkt wären. Auch das Zeugniswerk durch Fernsehen und andere Medien bietet Gelegenheiten der Mitarbeit. Für alle bereitwilligen Hände gibt es etwas zu tun, entweder direkt oder in Zusammenarbeit mit anderen. Jede Tätigkeit des Christen sollte auf das eine Ziel gerichtet sein, nämlich auf die Vollendung der Braut. Der vollendete Schmuck der Braut muß der Schmuck der Liebe sein, daher spricht der Apostel in unserem Leittext von „ungeheuchelter Bruderliebe”.

Wenn das heiligende Werk der Kirche (Herauswahl) vollendet und die ganze Christus-Körperschaft völlig unter den Einfluß göttlicher Liebe gebracht ist, dann wird diese heilige Braut mit ihrem himmlischen Bräutigam der echte Kanal der Segnung für die Menschheit im allgemeinen werden. Für dieses zukünftige Werk wird die Kirche (Herauswahl) jetzt durch die Reinigung der Seele bereit gemacht.

Die Wichtigkeit der Treue gegen die Wahrheit als das heiligende Mittel in unserem Leben kann nicht deutlich genug betont werden. Gott tadelte Sein vorbildliches Volk ernsthaft dafür, daß es mit den falschen Göttern seiner heidnischen Nachbarn einen Kompromiß einging. Zu den wahren Nachfolgern des Herrn sagt Paulus: „Darum gehet aus ihrer Mitte aus und sondert euch ab, spricht der Herr; und rühret Unreines nicht an, und ich werde euch aufnehmen”. - 2. Korinther 6:17 Paulus bezieht sich hier auf heidnische Tempel und heidnische Götter. Heidnische Philosophien durchdringen heute die nominellen Kirchen und haben dies Jahrhunderte hindurch getan. Gott hat Seinem Volk die Wahrheit gegeben, damit es durch sie geheiligt werde - für Seinen heiligen Willen und Zweck völlig abgesondert werde. So laßt uns diese Wahrheit schätzen und durch gänzliche Unterwerfung völlig unter ihren reinigenden Einfluß kommen.



Tagesanbruch Bibelstudien- Vereinigung