Die erstaunlichen Lehren Jesu

„Und es geschah, als Jesus diese Worte vollendet hatte, da erstaunten die Volksmengen sehr über seine Lehre, denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, und nicht wie ihre Schriftgelehrten”.

Bereits sehr früh im Dienst Jesu, fast von Beginn an, trachteten die Juden danach, ihn zu töten. Warum aber versuchten sie, dies zu tun? Alles was Jesus tat, war gut. Es steht geschrieben, daß er „heilig, sündlos, unbefleckt, abgesondert von den Sündern war”. (Hebräer 7:26) Er ging umher, um Gutes zu tun und alle zu heilen, die vom Teufel überwältigt waren. (Apostelgeschichte 10:38) Er war gesalbt, den „Armen frohe Botschaft zu verkünden, zu heilen, die zerbrochenen Herzens sind, und Gefangenen Freiheit zu predigen …” (Lukas 4:18) Dies sind gute Dinge, die, wenn man sie tut, bei allen gutherzigen Menschen eine mitfühlende Erwiderung hervorrufen sollten. Er führte diese Dinge treu und mit der ganzen Kraft seines vollkommenen menschlichen Organismus aus. „Und die große Volksmenge hörte ihn gern”, (Markus 12:37) oder, wie die Diaglott Übersetzung sagt: „Und die große Menge hörte ihn mit Vergnügen”.

Wo immer er hinging, wirkte er Wunder der Barmherzigkeit, Liebe und des Mitgefühls. Er tat dies ungezwungen und kostenlos bei denen, die in Not waren. Das arme Volk - die Masse des Volkes, die Besitzlosen, die Kranken, die Bedrückten, die Dienstboten, die Unglücklichen, die in ihrem Leben zuvor nie etwas geschenkt bekommen hatten, scharten sich in großer Anzahl um ihn. Sie warteten auf den Messias, den Christus. Lukas sagt, daß zu dieser besonderen Zeit alle Menschen in Israel „in Erwartung auf ihn waren”. (Lukas 3:15) Von den Schriften ausgehend erwarteten sie, daß der Messias mit großer Macht kommen und Wunder vollbringen würde. Hier war ein Mensch, der dieser Beschreibung entsprach. Dies mußte in der Tat der Messias sein. Diese aufsteigende Flut der Gefühle machte die Hohenpriester, Schriftgelehrten und Pharisäer wütend. Sie sahen sich in ihren hohen Ämtern bedroht; wir lesen: „Viele aber von der Volksmenge glaubten an ihn und sprachen: Wenn der Christus kommt, wird er wohl mehr Zeichen tun als die, welche dieser getan hat?” (Johannes 7:31)

Die Pharisäer versuchen Jesus gefangen zu nehmen

Die Pharisäer bekamen mit, was sich das Volk heimlich über ihn erzählte. Und in welcher Weise handelten sie? „Die Pharisäer und Hohenpriester sandten Diener, daß sie ihn griffen”. Denkt darüber nach! Sie waren die religiösen Führer des Volkes, die Lehrer und die Vorbilder für Moral und Wahrheit. Sie saßen auf Moses Stuhl und waren die Aufseher - die Verwalter der Weissagungen Gottes. Was war ihre erste Reaktion angesichts eines Mitbewerbers? Sie dachten nicht an die Barmherzigkeit, Güte und Wahrheit, die dem Volke entgegengebracht wurde. Sie zeigten noch nicht einmal Scheu oder Furcht ein Werk anzufeinden, das offensichtlich von Gott gesegnet war. Ihre einzige primitiv grausame Reaktion war so alt wie Kain: „Ergreift und tötet ihn!” So lesen wir: „Die Pharisäer und Hohenpriester sandten Diener, daß sie ihn griffen”. Sie hatten zweifellos einen Plan. Vielleicht würden sie über ihn urteilen ein Zauberer zu sein und ihn steinigen. Dies wäre gegenüber dem Mosaischen Gesetz vollkommen legal gewesen. Einige mit Silberstücken bestochene falsche Zeugen konnten über eine Anzahl von Handlungen Zeugnis ablegen, die mit dem Tod bestraft wurden. Dann hätten sie sich seiner entledigt. Es war sowohl einfach wie auch roh.

Sie sandten Diener ihn zu ergreifen und warteten auf deren Rückkehr mit Jesus. Sie warteten und warteten. Es schien sich etwas zu verzögern, aber schließlich „kamen die Diener zu den Hohenpriestern und Pharisäern”. (Johannes 7:45) Jesus war nicht bei ihnen. Sie kamen mit leeren Händen und waren beschämt. „Und diese sprachen zu ihnen: Warum habt ihr ihn nicht gebracht?” Die Diener antworteten: „Niemals hat ein Mensch so geredet wie dieser Mensch!” Was für eine Art von Entschuldigung war dies für solche Männer? Diese Diener waren harte und grobschlächtige Männer, die für alle Art von Gewalt und Grausamkeit auf Abruf bereitstanden. Sie gehörten zu denjenigen, die später den Auftrag hatten, mit Judas nach Gethsemane zu gehen. Dort sahen sie ohne Mitleid den verabscheuungswürdigsten Verrat der Geschichte mit an - einen Verrat, der bis zum heutigen Tag ein sprichwörtlicher Begriff geblieben ist: der Judaskuß. Es waren diejenigen, die Jesus gefangen nahmen, ihn banden, und zur Befragung zum Palast des Hohenpriesters brachten. (Johannes 18:15) Sie gehörten zu den Dienern, die Jesus ins Gesicht schlugen (Johannes 18:22), die Jesus zu Pilatus Prätorium schleiften (Johannes 18:28) und ihn den grausamen römischen Soldaten zur Geißelung und anderer Schmach übergaben.

Dies waren jedenfalls keine sanften Menschen. Sie waren gewalttätige, rücksichtslose Menschen, die mit Schwertern bewaffnet waren. Alles was Jesus besaß war seine Art und Weise der Sprache, aber sie reichte völlig aus. Als Jesus sprach, standen sie still, hörten zu, wichen zurück und kehrten ohne ihn mit der schwachen Entschuldigung zu den Hohenpriestern zurück: „Niemals hat ein Mensch so geredet wie dieser Mensch!” Was war geschehen? Wir meinen, es ist offensichtlich, daß diese Männer, die Autorität gewohnt waren, hier einer höheren Autorität begegnet waren - sie hatten ihren Meister gefunden!

Später, als Jesus seinen Dienst vollendet hatte, erlaubte er ihnen ihn gefangenzunehmen; aber jetzt war es noch nicht an der Zeit. Selbst in Gethsemane, als die Zeit für Jesus gekommen war, sich ihnen zu unterwerfen, hielt die höhere Autorität der Art seiner Stimme sie fast davon ab, ihren Auftrag auszuführen. Wir lesen im Johannes-Evangelium: „Als nun Judas die Schar und von den Hohenpriestern und Pharisäern Diener genommen hatte, kommt er dahin mit Leuchten und Fackeln und Waffen. Jesus nun, der alles wußte, was über ihn kommen würde, ging hinaus und sprach zu ihnen: Wen sucht ihr? Sie antworteten ihm: Jesus, den Nazoräer. Er spricht zu ihnen: Ich bin es. Aber auch Judas, der ihn überlieferte, stand bei ihnen. Als er nun zu ihnen sagte: Ich bin es, wichen sie zurück und fielen zu Boden. Da fragte er sie wieder: Wen sucht ihr? Sie aber sprachen: Jesus, den Nazoräer. Jesus antwortete: Ich habe euch gesagt, daß ich es bin. Wenn ihr nun mich sucht, so laßt diese gehen”. (Johannes 18:3 - 8)

Seht ihr, was sich hier ereignete? Damals war es für Diener üblich, in der Gegenwart eines Königs zurückzuweichen und sich niederzuwerfen. Jesus brauchte nur drei Worte sagen:„Ich bin es”, und die Macht und Autorität seiner Sprache veranlaßte diese rauhen aber einfachen Männer sich vor dem König der Könige niederzuwerfen. Aber Jesu Zeit war nun gekommen, und er mußte diesen Männern helfen, damit sie ihn gefangen nahmen.

Jesu Opfer war freiwillig

Es gibt einen sehr wichtigen Grund, warum es auf diese Weise geschehen mußte. Jesu Opfer mußte freiwillig sein, und so verteidigte er sich nicht. Er verzichtete auf seine Befehlsgewalt über mehr als zwölf Legionen Engel und gab sich selbst zum Lösegeld für alle (1. Timotheus 2:5 und 6), wie Jesus von sich sagte: „Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse, … Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir selbst …” (Johannes 10:17 und 18)

Diese Männer nahmen Jesus nicht mit Gewalt gefangen, er überlieferte sich selbst in ihre Hände.

Es gibt eine weitere Illustration über die Macht der Gegenwart und Sprache Jesu. Die Vorsteher der Synagoge waren anwesend, als Jesus am Sabbat heilte. Wie üblich war das Volk begierig und froh ihn zu hören. Wir lesen: „Und alle gaben ihm Zeugnis und wunderten sich über die Worte der Gnade, die aus seinem Mund hervorgingen …” (Lukas 4:22) Und dann lesen wir: „Und alle in der Synagoge wurden von Wut erfüllt, als sie dies hörten. Und sie standen auf und stießen ihn zur Stadt hinaus und führten ihn an den Rand des Berges, auf dem ihre Stadt erbaut war, um ihn so hinabzustürzen. Er aber schritt durch ihre Mitte hindurch und ging weg”. (Lukas 4:28 - 30)

Diese Menschen hegten Mordgedanken in ihren Herzen. Sie waren sich einig darin, Jesus vom Berg hinabzustürzen und zu töten. Jesus erlaubte es, daß man ihn bis an den äußersten Rand des Berges drängte. Dies diente als ein Zeugnis gegen sie - um ihre mörderischen Absichten entgegen jeden Zweifel zu bestätigen. Dann drehte er sich einfach um, und ging durch ihre Mitte hindurch weg. Ob er dabei etwas sagte wird nicht berichtet. Sicherlich sprach seine Autorität durch seine Erscheinung und sein Verhalten zu ihnen. Als er loslief, verflogen ihre mörderischen Absichten plötzlich, sie traten zurück und erlaubten ihm zu gehen. Selbst diese bösen Menschen erkannten, daß sie ihren Meister gefunden hatten! Dann lesen wir: „Und er kam nach Kapernaum hinab, einer Stadt in Galiläa, und lehrte sie an den Sabbaten. Und sie erstaunten sehr über seine Lehre, denn sein Wort war mit Vollmacht”. (Lukas 4:31 und 32)

Er strahlte Macht und Autorität aus. Es war etwas, das die Menschen fühlen konnten, das sie einnahm und sie bewegte.

Es gab auch ein Ereignis, bei dem „die Pharisäer ratschlagten, wie sie ihn bei einem Ausspruch fangen könnten”. Sie fragten Jesus, ob sie dem Kaiser Steuern zahlen sollten oder nicht. (Matthäus 22:15) Jesus antwortete: „Gebt denn dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist”. (Matthäus 22:21) Dann lesen wir: „Und als sie (das) hörten, wunderten sie sich und ließen ihn und gingen weg”.

Die Volksmengen waren erstaunt

Auch die Sadduzäer versuchten Jesus; sie forderten ihn heraus und wollten ihn vor dem Volk bloß stellen. Zu diesem Zwecke konstruierten sie einen abwegigen Fall: sie berichteten über eine Frau, die während ihres Lebens nacheinander mit sieben Männern verheiratet war. „In der Auferstehung”, fragten sie, „wessen Frau von den sieben wird sie sein?” Jesus gab eine nur kurze Antwort. Über die Reaktion des Volkes darauf lesen wir: „Und als die Volksmengen es hörten, erstaunten sie über seine Lehre”. (Matthäus 22:33) Nie zuvor hatten sie etwas vergleichbares gehört. Seine Lehren waren offensichtlich wahr, aber sie verwirrten selbst die Hohenpriester, Pharisäer, Schriftgelehrten und Sadduzäer hoffnungslos, obwohl diese den schäfsten Verstand im Lande besaßen. Es war in der Tat erstaunlich!

Über Jesus steht geschrieben: „Und es folgten ihm große Volksmengen”. (Matthäus 4:25) „Als er aber die Volksmengen sah, stieg er auf den Berg; und als er sich gesetzt hatte, traten seine Jünger zu ihm. Und er tat seinen Mund auf und lehrte sie …” (Matthäus 5:1 und 2) Diesen Ereignissen folgt das, was im allgemeinen als die Bergpredigt des Christus bekannt ist, die das fünfte, sechste und siebte Kapitel von Matthäus umfaßt. Am Ende dieser Predigt lesen wir die Worte unseres Leittextes: „Und es geschah, als Jesus diese Worte vollendet hatte, da erstaunten die Volksmengen sehr über seine Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, und nicht wie ihre Schriftgelehrten”. (Matthäus 7:28 und 29)

Es hat den Anschein, daß zu Beginn dieser Predigt nur seine Jünger anwesend waren; denn sie war für ihre Ohren bestimmt. Im Zeitpunkt der Beendigung der Predigt war auch „das Volk” anwesend. Die Volksmenge suchte und fand ihn; und was sie von der Predigt hörten, erstaunte sie.

Die Menschen sind bis heute erstaunt und bestürzt. In zweitausend Jahren hat diese Predigt Jesu nichts von ihrer großartigen Kraft verloren. Sie wird bis heute sogar von weltlichen Psychologen als ein wahres Modell für gesundes Denken anerkannt. Ihre Anerkennung ist jedoch nur ein Lippenbekenntnis. Sie folgen nicht ihren Unterweisungen. Jesu Lehren waren hauptsächlich an seine Jünger, seine Fußstapfennachfolger gerichtet. Seine Lehren waren von Gott und standen im Gegensatz zu den Wegen und der Weisheit der Welt. „Denn die Weisheit dieser Welt ist Torheit bei Gott”. (1. Korinther 3:19)

Laßt uns einige der Lehren Jesu betrachten, die für die Welt fremd, erstaunlich und eigenartig erscheinen, jedoch Weisheit von Gott und das Lebensblut der christlichen Entwicklung sind. Jesus sagte zu seinen Jüngern: „Die Worte, die ich zu euch geredet habe, sind Geist und sind Leben”. (Johannes 6:63) Mit anderen Worten sind sie unser Lebensatem. Als Jesus die Schrift zitierte, wies er auf den Mann Gottes hin, den Geweihten und Geistgezeugten, von dem er sagte: „Nicht von Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Wort, das aus dem Mund Gottes ausgeht”. (Matthäus 4:4)

Als Jesus seine Bergpredigt hielt, erstaunte er seine Zuhörer vom Anfang bis zum Ende. Seine Eröffnungsfeststellung, die als der Grundgedanke seiner Lehre betrachtet werden kann, traf sie wie ein Schlag: „Glückselig die Armen (oder Niedriggesinnten) im Geist, denn ihrer ist das Reich der Himmel”. (Matthäus 5:39)

Dann sagte er: „Glückselig die Sanftmütigen, denn sie werden das Land erben”. (Matthäus 5:5) Sie sagten zu sich selbst: „Was für ein lächerlicher Gedanke. Tatsächlich demütigend! Tatsächlich bescheiden! Wir sind ein stolzes Volk. Wir Israeliten sind Gottes auserwähltes Volk. Da gibt es nichts demütiges oder sanftmütiges in der Art und Weise Gottes, als Er mit starker Hand und ausgestrecktem Arm unsere Vorväter aus Ägypten befreite. (5. Mose 5:15) Die besten ägyptischen Männer, die Erstgeborenen, wurden für uns geschlagen - das Rote Meer wurde um unseretwegen geteilt. Wir sind wichtig! Es gab nichts demütiges oder bescheidenes bei Josuas entscheidenden Siegen und der vollständigen Eroberung Kanaans durch unsere Vorväter. Und was war mit der mächtigen Dynastie Davids, was mit dem Prunk, der Herrlichkeit und dem Reichtum Salomos? Sollte es der gleiche „Thron Davids” sein, den unser Messias uns wiederherstellen soll und zwar weltweit. Dieser Mann nun, der den Anschein erweckt, der Messias zu sein, spricht zu uns darüber, daß „die Demütigen das Königreich erlangen und die Sanft-mütigen, die Erde besitzen werden”.

Die meisten verstanden nicht

Wir erkennen, warum sie über seine Lehre erstaunt waren! Aber sie verstanden nicht, daß Jesus Israel eine Chance gab, das geistige Israel zu werden. In seiner Predigt legte er ihnen die Voraussetzungen dar, die ihren Charakter umgestalten und die sie dazu veranlassen würden in seinen Fußstapfen nachzufolgen. Diese Vermittlung sollte dazu dienen, um mit Heiligem Geist erfüllt und Neue Schöpfungen zu werden, die auf ihre irdischen Rechte verzichten - die ihr Leben niederlegen, wie er es tat, sich demütig und sanftmütig den Führungen und Züchtigungen des Herrn zu unterwerfen. So sollten sie durch die Erneuerung ihrer Herzen als Werkzeuge gemeißelt, poliert und ertüchtigt werden, um als der geistige Same Abrahams „alle Geschlechter der Erde zu segnen” - die Sterne des Himmels, um Söhne Gottes zu werden.

Sie gingen nicht auf diese Lehren Jesu ein. Stattdessen waren sie „erstaunt über seine Lehre”. Sie nahmen die Prinzipien der Predigt Jesu nicht an und erkannten sie nicht an. Johannes drückt es treffend mit den Worten aus: „Er kam in das Seine, und die seinen nahmen ihn nicht an; so viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden …” (Johannes 1:11 und 12)

Oh ja, einige nahmen ihn an. Die Jünger nahmen Jesus an und trachteten danach, ihr Leben den himmlischen Anforderungen anzupassen, die er ihnen darlegte. Sie ergriffen die Macht - oder das Vorrecht - Söhne Gottes zu werden.

Laßt uns zu unserer gegenwärtigen Zeit kommen - einer Zeit, die beschrieben wird als eine Zeit - ein Tag - der zunehmenden Erkenntnis. (Daniel 12:4) Von der gegenwärtigen Zeit wird oft als von dem „Raumfahrt-Zeitalter” gesprochen. Der Horizont des Menschen hat sich ungeheuer erweitert. Noch vor wenigen Jahrzehnten war der Gedanke, die ganze Welt zu erobern, der Gipfel selbstsüchtigen Ehrgeizes. Größere Besitztümer als diese Erde waren nach menschlichem Ermessen nicht vorstellbar. „Denn was wird es einem Menschen nützen, wenn er die ganze Welt gewönne, aber sein Leben einbüßte”. (Matthäus 16:26) Jetzt aber begehrt der Mensch nicht nur die Erde, sondern auch die Himmel. Menschen haben schon den Mond besucht. Nun werden Raumfahrzeuge gebaut, um damit andere Planeten des Sonnensystems zu besuchen. Einige Wissenschaftler wagen es sogar, an den Besuch anderer Sonnensysteme zu denken. Ein trotziges Geschlecht beobachtet derzeit, welche Nation die erste sein wird, ein Besitzrecht für diese Himmelskörper für sich zu beanspruchen - mit anderen Worten ein „Königreich der Himmel” zu erlangen. Noch vor wenigen Jahrzehnten wäre ein solcher Gedanke als phantastische Einbildung betrachtet worden sein - reine Science fiction. Jetzt - in diesem „Raumfahrt-Zeitalter” - investieren nüchterne und erfahrene Menschen Zeit und Geld in solche Projekte.

Stellen wir uns einmal vor, wir könnten einige von diesen modernen „weisen Männern” zusammenbringen, die daran denken, Himmel und Erde zu erobern: politische Führer, Geschäftsund Industriemanager, militärische Strategen und andere Mächtige dieser Welt - und zu ihnen sagen: „Meine Herren, es gibt einen Weg, auf dem Sie das Königreich der Himmel und den Besitz der Erde erlangen können. Es ist eine sehr einfache Formel, nichts, was als Staatsgeheimnis eingestuft und unter Verschluß ist. Es ist offen und einfach in einem Buch erklärt, das die freieste und weiteste Verbreitung von allen Büchern in der Geschichte hat. Die Formel besteht darin: „Glückselig die Armen im Geist, (oder Niedriggesinnten) denn ihrer ist das Reich der Himmel; und Glückselig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Land erben”.

Was vermuten wir, wie würde ihre Reaktion sein? Wir können uns vorstellen, daß die Politiker sagen: „Demut, Sanftmut? Damit würde niemand gewählt werden. Das ist weder realistisch noch eine gute Politik. Um gewählt zu werden, muß man die Gegenpartei verleumden, ihre Niederlagen werden hochgespielt, ihre Erfolge werden heruntergespielt. Dem Volk wird irgendetwas versprochen, um die Wahl zu gewinnen. Man darf nicht nachgeben. Irgendwann hast du es geschafft, und was können deine Gegner dagegen unternehmen? Demut? Sei nicht verrückt!”

Der Geschäftsmann würde uns wohl erwidern: „Glückselig sind die Sanftmütigen? Das ist nicht der Weg, der mich zum Erfolg führt. Mitgefühl hat keinen Platz im Geschäftsleben. Du mußt angriffslustig und aggressiv sein. Um erfolgreich zu sein, mußt du von Selbstsucht und Eigenwillen erfüllt sein - gebrauche die Ellbogen, selbst bis zum Punkt der Kriegsführung. Dränge den Mitbewerber zur Seite und reiße sein Geschäft an dich!”

Die Militärführung hätte uns wohl zu entgegnen: „Mit Demut und Sanftmut gewinnt man keine Schlachten. Du mußt zuerst mit den meisten Kämpfern auf dem Schlachtfeld sein - dränge jeden Vorteil deines Gegners zurück. Angesichts einer übermächtigen Streitmacht mußt du geschickt und kühn sein, den Feind verwirren, unerwartet zuschlagen, wo es ihn am meisten schmerzt. Du mußt die Feinde mit deiner Furchtlosigkeit beeindrucken. Wenn du die Überhand erlangt hast, verlange von deinem Gegner die unbedingte Auslieferung. Stelle ihm als Alternative die völlige Vernichtung in Aussicht. Wenn du demütig und sanftmütig gesinnt bist, bist du tot!”

Andere werden sagen: „Barmherzig und niedriggesinnt zu sein richtet sich gegen alles, was wir über das Leben und den Charakter der Menschen gelernt haben. Unterwürfig und arm im Geist zu sein richtet sich gegen alles, was richtig und notwendig und groß ist. Wir haben im Gegenteil gelernt, unseren Geist zu gebrauchen und nicht arm im Geiste zu sein. Wenn wir sagen, daß jemand ein volles Maß des Geistes besitzt, so ist das ein Kompliment. Laßt euch von niemandem hin- und herschieben. Seid immer daauf bedacht, bei allem der Erste zu sein. Gott hilft denen, die sich selbst helfen!” Sie würden uns auch sagen: „Wenn du möchtest, daß andere von dir denken, daß du gut bist, denke selbst gut von dir. Prahle ein wenig, staple ein wenig hoch. Niemand wird dir Kredit für mehr geben, als du beanspruchst. Ein wenig Hochmut beeindruckt die Menschen, Bescheidenheit ist Schwäche. Was wir in der heutigen Welt benötigen ist Stärke, nicht armselige Schwäche. Schätze dich selbst hoch ein!”

Sind dies nicht bekannte Aussprüche? Dies sind die gegenwärtigen Verhaltens- und Gedankenmuster, die sich für den Erfolg anbieten. So war es auch zur Zeit Jesu. Wundern wir uns darüber, daß sie „über seine Lehre erstaunt waren”, wenn er ihnen sagte, daß sie den Himmel und die Erde erben könnten, wenn sie arm im Geiste, demütig und sanftmütig sein würden? Eine solche Vorgehensweise war ihnen völlig unverständlich, sie verletzte ihre Norm in jeder Weise. Dies mag sein, was Jesaja im Sinn hatte, als er Jesus prophetisch beschrieb: „Er hatte keine Gestalt und keine Pracht. Und als wir ihn sahen, da hatte er kein Aussehen, daß wir Gefallen an ihm gefunden hätten. Er war verachtet und von den Menschen verlassen …” (Jesaja 53:2 und 3)

Seine Lehren hatten keine „Schönheit”

Wir denken, daß Jesus als ein vollkommener Mensch anmutig war und eine herausragende körperliche Schönheit besaß. Wie hätte es anders sein können? Ist ein vollkommener menschlicher Sohn Gottes häßlich? Natürlich nicht! Es waren seine Lehren, seine erstaunlichen Lehren, die mit ihren weltlichen Ideen nicht übereinstimmten. In ihnen fanden die Menschen vom irdischen Standpunkt aus gesehen keine Gestalt, noch Anmut, noch Schönheit, noch irgend etwas Wünschenswertes. So verachteten und verwarfen sie ihn, verbargen ihr Angesicht vor ihm, und wertschätzten ihn nicht. (Jesaja 53:3 und 4) Wie es Matthäus später ausdrückte: „Sie ärgerten sich an ihm”. (Matthäus 13:57) Sie verstanden ihn einfach nicht. Sie waren nur mit den Gedanken daran beschäftigt, wie sie jeden Tag ihre Bäuche mit Nahrung füllen konnten. Was wußten sie über das Besitztum der Erde und das Königreich des Himmels? Sie besaßen nur eine undeutliche Vorstellung davon, und es blieb ihnen ein unverständliches Geheimnis.

Die Jünger waren anders. Sie waren hungrig und durstig nach dem, was Jesus lehrte. Jesus verhieß, daß ihr Hunger gestillt würde und daß ihnen die Geheimnisse geoffenbart würden. Er sagte zu seinen Jüngern: „Weil euch gegeben ist, die Geheimnisse des Reiches der Himmel zu wissen, jenen aber ist es nicht gegeben … und es wird an ihnen die Weissagung Jesajas erfüllt, die lautet: Mit Gehör werdet ihr hören und doch nicht verstehen, und sehend werdet ihr sehen und doch nicht wahrnehmen; denn das Herz dieses Volkes ist dick geworden, und mit den Ohren haben sie schwer gehört, und ihre Augen haben sie geschlossen, damit sie nicht etwa mit den Augen sehen und mit den Ohren hören und mit dem Herzen verstehen und sich bekehren und ich sie heile. Glückselig aber eure Augen, daß sie sehen, und eure Ohren, daß sie hören”. (Matthäus 13:11 und 14 - 16) In der Tat glückselig! In dieser erstaunlichen Lehre der Demut, die die Welt verachtet und als gefährlich verwirft, unvereinbar mit und wertlos für Gottes Wort erkennt, finden wir eine seltsame, die Seele befriedigende Schönheit. Das Kind Gottes erfährt die äußerste Freude daran, arm im Geiste zu sein, die mächtige süße Freude, mit absolut nichts zu Gott zu kommen - nichts! Wenn du in diesem Sinne arm und entblößt, ohne besondere Erwartungen eines geistigen Lebens kommst - wenn alles, was du haben kannst, was du benötigst, was du möchtest, als ein Geschenk Gottes durch Jesus Christus zu dir kommen muß, ist dies eine Freude, die die Welt niemals erfahren, verstehen kann. Es ist die Freude, auf alles verzichten zu können, alle Dinge als Verlust anzusehen, damit wir Christus gewinnen mögen.

Demut und Sanftmut in unserem Leben

Wie sollten wir als Christen die Demut und Sanftmut in unserem täglichen Leben beständig anwenden? Petrus sagt uns: „Alle aber umkleidet euch mit Demut (im Umgang) miteinander! Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt er Gnade. Demütigt euch nun unter die mächtige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zur rechten Zeit, indem ihr alle eure Sorge auf ihn werft, denn er ist besorgt für euch. Seid nüchtern, wacht! Euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen kann. Dem widersteht standhaft durch den Glauben …” (1. Petrus 5:5 - 9)

Wir sollen uns nicht demütig dieser Welt und den Bösen dieser Welt unterwerfen. Dies würde ein Umgestalten in die Richtung der Eigenschaften dieser Welt bedeuten. Uns wird gesagt: „Und seid nicht gleichförmig dieser Welt”. (Römer 12:2) Petrus sagt: „Alle aber umkleidet euch mit Demut untereinander”. (1. Petrus 5:5) Wenn er sagt „untereinander”, so spricht er damit von der Brüderschaft der Wahrheit, der Gemeinschaft derer eines gleich kostbaren Glaubens, dem „Leib Christi, der Kirche Gottes”. Im nächsten Vers sagt er: „Demütigt euch nun unter die mächtige Hand Gottes”. Demütigt euch nicht vor jedem und unter allen Umständen, sondern unter die mächtige Hand Gottes. Wir sollen uns nicht vor Satan und den bösen Menschen, die er kontrolliert, demütigen. Besonders Petrus betont dies nachdrücklich, wenn er Satan als einen tobenden, herausfordernden, brüllenden Löwen beschreibt und hinzufügt: „Dem widersteht standhaft im Glauben”. So sollten wir nicht immer gegenüber allen Personen und bei jeder Gelegenheit demütig, unterwürfig und sanft-mütig sein. Es gibt eine Zeit zu widerstehen, eine Zeit den guten Kampf des Glaubens zu kämpfen, eine Zeit zu widerstehen, wie Paulus dem Petrus von Angesicht zu Angesicht widerstand (Galater 2:11) zu einer Zeit ernstlich für den einst den Heiligen überlieferten Glauben zu kämpfen. O ja, das ist wichtig!

Aber selbst, wenn wir die Meinung anderer nicht teilen können, können und sollten wir sanft mit ihnen umgehen. Wir dürfen nicht zum Widerstand aufhetzen und die Flammen des Zwistes schüren, wie Paulus zu Timotheus sagte: „Ein Knecht des Herrn aber soll nicht streiten, sondern gegen alle milde sein … und die Widersacher in Sanftmut zurechtweisen …” (2. Timotheus 2:24 und 25)

Als Repräsentanten Christi sollen wir nicht unterwürfig oder sklavisch sein, nicht vor der Welt kriechen. Als Botschafter, die wir sind, sollten wir mit Würde wandeln, mit erhobenem Haupt entsprechend unserer hohen Berufung. Hierin besteht jedoch eine weitere Gefahr. Aus den Milliarden Menschen der Erde sind nur einige wenige zu diesem wundervollen Ruf eingeladen worden. Wir sind das Licht der Welt, wir sind das Salz der Erde, wir sind eine höchst ungewöhnliche Gruppe, einzig in ihrer Art. Der Herr handelt mit uns auf eine besondere Weise. Deswegen ist es auch sehr leicht, in eine selbstsichere und hochmütige Haltung zu verfallen. Es mag allmählich und unmerklich beginnen. Es erscheint nur allzu menschlich, gut über uns selbst zu denken - und wir sollten dies auch bis zu einem bestimmten Grade. Ja, wir sollten uns bis zu einem bestimmten Grad selbst lieben. Jesus forderte uns auf: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst”. (Matthäus 22:39) Dies lehrt uns unmißverständlich, daß wir unseren Nächsten lieben müssen, ist es nicht so? Bis zu welchem Grad? Nun, soviel wie wir uns selbst lieben. Dies ist das Maß der Nächstenliebe. Wenn uns die Lehre Jesu in dieser Weise anleitet, unseren Nächsten zu lieben, schließt dies mit ein, daß wir auch uns selbst lieben, weil wir unseren Nächsten wie uns selbst lieben müssen. Aber selbstverständlich ist es nicht unser altes, gefallenes, sündiges und menschliches Ich, das wir lieben sollen, noch unseren toten Leib, sondern das Ich der neuen von Gott gezeugten Schöpfung. Es mag als Wertschätzung gegenüber der Neuen Schöpfung bezeichnet werden.

Auch hier besteht eine ernste Gefahr. Dieser Geist der Selbstliebe kann sich ausweiten und den Samen zum Niedergang der Neue Schöpfung säen. Dies ist darin begründet, weil einer der naheliegendsten und verführerischsten menschlichen Gedanke darin besteht, zu versuchen, andere zu beeindrucken - ihnen zu beweisen, wie groß, wie fein und wie gut wir sind, obwohl wir wissen, daß wir es nicht sind, wie auch Paulus sagte: „Denn ich sage durch die Gnade, die mir gegeben wurde, jedem, der unter euch ist, nicht höher (von sich) zu denken, als zu denken sich gebührt, sondern darauf bedacht zu sein, daß er besonnen sei, wie Gott einem jeden das Maß des Glaubens zugeteilt hat”. (Römer 12:3)

Ja, wir sollten nüchtern und realistisch über uns selbst denken, und uns nicht zu etwas machen, was wir nicht sind. Aber zur gleichen Zeit sollten wir nicht jedes kleine Talent verbergen, das wir vielleicht besitzen, das im Dienst des Herrn verwendet werden kann. Obwohl wir „nicht höher von uns denken sollten, als zu denken sich gebührt”, sollten wir trotzdem realistisch feststellen, mit welchen Fähigkeiten der Herr uns ausgestattet hat, und sie zu Seiner Verherrlichung nutzen. Wenn wir über unsere eigenen Fähigkeiten zu gering denken, kann dies zu dem Ergebnis führen, daß wir das, was wir im Werk des Herrn nutzen könnten, vernachlässigen. Ein weiser Mensch hat es einmal so formuliert: „Benutze die Talente, die du besitzt. Die Wälder wären sehr still, wenn nur die besten Vögel singen würden”.

Jesus sagte: „Glückselig sind die Armen im Geist” oder Niedriggesinnten. Sie sind tatsächlich glückselig. Niedriggesinnt zu sein, macht uns nachsichtig und willig die Fehler anderer zu vergeben. Weil wir ausreichend niedriggesinnt sind, gelingt es uns, unsere eigene Wertlosigkeit zu erkennen, und so über die Fehler unserer Geschwister hinwegzusehen. Wir schauen stattdessen nach ihren Gnaden aus, den Anzeichen ihrer Ent-wicklung als Neue Schöpfungen. Dies ist nicht immer einfach. Wir möchten hierzu ein Beispiel anführen: Ein Professor hing einst ein großes weißes Stück Papier auf eine Wandtafel. Dann machte er einen kleinen schwarzen Fleck in die Mitte der weißen Fläche. Er fragte einige seiner Studenten nach dem, was sie erkannten. Sie erwiderten alle: „Einen schwarzen Punkt”. Der Professor fragte sie daraufhin: „Sieht niemand von euch ein großes weißes Stück Papier?” Der Fehler, der Fleck, der Mangel, auch wenn er noch so klein sein sollte, wird gesehen und angezeigt. Das große weiße Übergewicht lieblicher Gnaden wird ignoriert. Dies ist ein Charakterzug des gefallenen Menschen, der dem geweihten Volke Gottes unwürdig ist.

Wenn wir wahrhaft niedriggesinnt sind, macht es uns mitleidig, gütig, geduldig, einander ertragend, einander vergebend und mildtätig.

„Zieht nun an als Auserwählte Gottes, als Heilige und Geliebte: herzliches Erbarmen, Güte, Demut, Milde, Langmut! Ertragt einander und vergebt euch gegenseitig … Zu diesem allen aber (zieht) die Liebe (an), die das Band der Vollkommenheit ist”. (Kolosser 3:12 und 14)

Bekleidet mit Demut

Dies sind die Dinge, die wir „anziehen” sollen. Die Diaglott Übersetzung sagt, daß wir mit ihr bekleidet, eingehüllt, umwickelt sein sollen. Der erste Wert, der zusammen mit der Demut des Herzens erwähnt wird, ist die Barmherzigkeit. Wenn wir von Herzen ausreichend demütig gesinnt sind, um zu erkennen, wie arm und unbrauchbar wir vor Gott sind, wie sehr wir selbst Barmherzigkeit benötigen, dann werden wir auch anderen gegenüber barmherzig sein. Vergessen wir nicht, daß eine jede solche Handlung der Barmherzigkeit vom Herrn bemerkt wird. Er benutzt sie als ein Maß, nach welchem er uns Barmherzigkeit widerfahren läßt: „Glückselig die Barmherzigen, denn ihnen wird Barmherzigkeit widerfahren”. (Matthäus 5:7) Dies ist einer der Schätze, die wir im Himmel anlegen.

Diejenigen, die am meisten im Dienste des Herrn verwendet werden, sind in höchster Gefahr. Satan flüstert ihnen ein, daß sie ein großes Werk ausführen, und vielleicht tun sie es. Aber die hinterlistige Einflüsterung und Gefahr ist die, daß sie es mit ihrer eigenen Kraft tun und sich darin zu rühmen beginnen. Wie töricht!

„Rühmt sich die Axt gegen den, der damit haut? Oder brüstet sich die Säge gegen den, der sie zieht? Als schwänge ein Stock den, der ihn hochhebt, als ob ein Stab den hochhöbe, der kein Holz ist!” (Jesaja 10:15)

Das demütig gesinnte Kind Gottes wird sich selbst als ein Werkzeug in Gottes Hand übergeben, um von Ihm geleitet und verwendet zu werden, aber es wird niemals voraussetzen, daß irgendetwas durch sein eigenes Verdienst oder seine eigene Kraft zustande kommen wird. „Wer sich rühmt, der rühme sich des HERRN”. Ja, in der Demut ist unser Herr Jesus das höchste Beispiel, wie es so wundervoll durch den Apostel Paulus angeführt wird: „Habt diese Gesinnung in euch , die auch in Christus Jesus (war), der in Gestalt Gottes war und es nicht für einen Raub hielt, Gott gleich zu sein. Aber er machte sich selbst zu nichts und nahm Knechtsgestalt an, indem er den Menschen gleich geworden ist, und der Gestalt nach wie ein Mensch befunden, erniedrigte er sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja, bis zum Tod am Kreuz. Darum hat Gott ihn auch hoch erhoben und ihm den Namen verliehen, der über jeden Namen ist …” (Philipper 2:5 - 9)

Wir können niemals zu diesem Maß der Demut gelangen, um solch einen Beweis von ihr zu geben, wie es uns in der vorangangenen Bibelstelle berichtet wird. Das wird von uns aber auch nicht erwartet. Niemals waren wir erhöhte Geistwesen, noch sind wir es. Daher können wir uns auch nicht unter eine solche Stellung demütigen, wie Jesus dies tat. Auch wird niemand von uns jemals buchstäblich so erniedrigt werden, den Tod am Kreuz zu sterben. Eine so große Erniedrigung, wie unser Meister sie erlitt, kann niemals die unsere sein. Wie wandeln wir dann in seinen Fußstapfen? Paulus erklärt es am Anfang der zitierten Schriftstelle: „Habt diese Gesinnung in euch, die auch in Christus Jesus war”.

Wir müssen die gleiche niedrige Gesinnung - oder Sinnesart - haben wie Jesus, der von sich selbst sagte: „Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig”. (Matthäus 11:29) Paulus sagte: „Ich selbst aber, Paulus, ermahne euch durch die Sanft-mut und Milde Christi” (2. Korinther 10:1)

Woher wußte Paulus von der Sanftmut und Milde Christi? Paulus traf Jesus niemals im Fleisch. Aber er hatte die Nachfolger Jesu grausam verfolgt und hatte Zeugnis davon gegeben, wie sie sich selbst dann verhielten, wenn sie gequält wurden. Gerade so wie die Oberpriester sich wunderten und erkannten, daß diese mit Jesus gewesen waren, als sie die Kühnheit von Petrus und Johannes sahen (Apostelgeschichte 4:13), hatte Paulus von der Sanftmut und Milde Christi durch dessen Jünger gelernt. Er lernte durch ihren Geist und ihre Gesinnung, als er sie verfolgte, wie auch in seiner späteren Verbindung mit ihnen als den Brüdern in Christo.

Jesus sagte auch: „Ich kann nichts von mir selbst tun!” (Johannes 5:30) So erkannte er demütig an, daß jedes seiner mächtigen Wunder - die tausende von Heilungen und all die gnadenreichen Werke, die aus seinem Mund hervorgingen - in Wirklichkeit vom Vater waren und nur durch Ihn geschahen, wie er sagte: „Denn ich habe nicht aus mir selbst geredet, sondern der Vater, der mich gesandt hat, er hat mir ein Gebot gegeben, was ich sagen und reden soll”. (Johannes 12:49)

Denken wir einmal darüber nach! Er rechnete Gott jedes Wort hoch an, das er sprach, er nahm nicht ein einziges Wort als ursprüngliche Idee für sich in Anspruch. Was für ein makelloses Beispiel hinterließ er uns zur Nacheiferung!

Jesus lehrte auch andere erstaunliche Lehren, die die Welt nicht versteht. Er lehrte, daß Menschen durch Geben bekommen, daß sie gewinnen durch Verlieren, daß sie leben durch Sterben. Laßt uns versuchen, dies unseren nächsten Nachbarn zu bringen. „Das ist reiner Unsinn”, würde er wahrscheinlich sagen - aber für uns, die Herauswahl Gottes, sind dies erhabene Gedanken. Es sind Unterweisungen, die es wert sind für sie zu leben und für sie zu sterben.

Uns allen ist die goldene Regel bekannt: „Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Menschen tun sollen, das tut ihr ihnen auch”. (Matthäus 7:12)

Sie wird als die höchstmögliche Regel menschlichen Verhaltens betrachtet. Aber für die Niedriggesinnten gibt es eine noch großartigere Regel als diese. Laßt sie uns als die diamantene Regel bezeichnen, „daß in der Demut einer den anderen höher achtet als sich selbst”. (Philipper 2:3)

Achten wir unseren Gegenüber nicht wie uns selbst, sondern höher als uns selbst! Dies geht über die goldene Regel hinaus. Wenn wir dies tun können, wenn wir dies ausleben können, gehören wir zu den Glückseligen, von denen Jesus auf dem Berg sprach. Wir werden die Erde besitzen.



Tagesanbruch Bibelstudien- Vereinigung