Der Sabbat des Christen

„Wer in seine Ruhe eingegangen ist, der ist auch zur Ruhe gelangt von seinen Werken, gleichwie Gott von seinen eigenen”. - Hebräer 4:10

Im Alten Testament ist das Wort „Sabbat” in den meisten Fällen die Übersetzung eines hebräischen Wortes, das „Unterbrechung” bedeutet. Die Texte, in denen es vorkommt, bringen zum Ausdruck, daß die Unterbrechung zum Ausruhen von dienender und gewinnbringender Arbeit bestimmt war. Unser Wort „Ruhe” kommt einer Erklärung des Wortes „Sabbat” am nächsten. Seine Bedeutung im Neuen Testament ist dieselbe.

Im Neuen Testament erscheint das Wort Sabbat im ganzen sechzig Mal. Oftmals finden wir es im Zusammenhang mit der Schilderung von Begebenheiten, die am Sabbat geschahen, wie das Lesen der Schriften in den Synagogen oder der Besuch der Synagogen. Auch von den Anklagen gegen Jesus wegen der Heilung des Kranken am Sabbat wird uns berichtet. In Erwiderung auf diese Beschuldigungen erklärte Jesus: „Mein Vater wirkt bis jetzt (am Sabbat), und ich wirke”. Ebenso erklärte er, daß „der Sabbat ward um des Menschen willen, nicht der Mensch um des Sabbats willen”. - Markus 2:27, Johannes 5:17

Jesus gab bezüglich des Sabbats keine direkten Gebote, und auch keiner der Apostel tat dies. Die einzige Verwendung des Wortes in allen Briefen des Neuen Testamentes finden wir in Kolosser 2:16, wo es heißt: „So richte euch nun niemand über Speise oder Trank, oder in Ansehung eines Festes oder Neumondes oder von Sabbaten”. In dem Buch der Offenbarung befindet sich keine Bezugnahme auf den Sabbat.

Anfangend mit Kornelius begannen die Nationen den Christus anzunehmen und in die Urkirche zu kommen. Der Hintergrund ihres religiösen Denkens und Erlebens war ein ganz anderer als der ihrer jüdischen Brüder. Dies stellte ein Problem für diese ersten christlichen Gläubigen dar. Bis zu welchem Grade sollte von den Gläubigen aus den Nationen erwartet werden, sich den jüdischen Bräuchen und Ansichten anzupassen?

Es wurde eine Konferenz der Apostel in Jerusalem einberufen, um dieses Problem zu erörtern. Die erzielten Beschlüsse wurden in einer Botschaft bzw. einem Brief kundgetan und an die Versammlungen gesandt. Unter Fortlassung der beiden einleitenden Absätze lautet der Brief: „Es deuchte uns, einstimmig geworden, gut, Männer auszuerwählen und sie zu euch zu senden mit unseren Geliebten, Barnabas und Paulus, Leuten, die ihr Leben hingegeben haben für den Namen unseres Herrn Jesus Christus. Wir haben nun Judas und Silas gesandt, die auch selbst mündlich dasselbe verkündigen werden. Denn es hat dem Heiligen Geiste und uns gut geschienen, keine größere Last auf euch zu legen, als diese notwendigen Stücke: euch zu enthalten von Götzenopfern und von Blut und von Ersticktem und von Hurerei. Wenn ihr euch davor bewahret, so werdet ihr wohl tun. Lebet wohl!” - Apostelgeschichte 15:25 - 29

Wir denken, es ist bemerkenswert, daß unter diesen „notwendigen Stücken”, von denen sich die Gläubigen aus den Nationen enthalten sollten, nicht erwähnt wurde, daß am siebenten Tage keine Arbeit getan werden sollte. Der Grund hierfür war zweifellos die Erkenntnis der Apostel, daß das Jüdische Gesetz für die Nachfolger Jesu nicht bindend war. Eine Ausnahme bilden nur die moralischen Grundlagen, z. B. Ehebruch betreffend usw. In seiner Bergpredigt gab Jesus diesen sogar noch eine tiefere Bedeutung.

Viele Erforscher der Heiligen Schrift stimmen damit überein, daß die Vorschriften des Gesetzes für Christen nicht bindend sind: einige aber vertreten die Auffassung, daß der Dekalog oder die Zehn Gebote - um den Ausdruck der Schrift zu gebrauchen - nicht „an das Kreuz genagelt” wurden. Paulus stimmt hiermit nicht überein. In 2. Korinther 3:11 spricht er von dem, was „hinweggetan” wurde. Im 7. Vers lesen wir, daß das Gesetz, auf welches er sich bezieht, die Zehn Gebote sind, die mit „Buchstaben in Steine eingegraben” worden waren. All die vielen und verschiedenen Vorschriften des Gesetzes wurden nicht in Steine eingegraben - nur die Zehn Gebote. Dies läßt überhaupt keinen Zweifel daran, daß, soweit es die Christen betrifft, die Zehn Gebote „hinweggetan” wurden.

Moses faßte den Zweck und Geist der Zehn Gebote so zusammen, daß wir Gott mit unserem ganzen Herzen lieben sollten, und unseren Nächsten wie uns selbst. - 5. Mose 6:5, 3. Mose 19:18 Das „neue Gebot”, das Jesus seinen Jüngern gab, geht darüber hinaus, denn es fordert die Aufopferung des Lebens für unsere Nächsten, unsere Brüder. Wir werden eingeladen, unser Leben für sie niederzulegen. - Johannes 15:13, 1. Johannes 3:16

Eine solche Liebe zu Gott, die jemanden dazu veranlaßt, in Jesu Fußstapfen des Opferns zu treten, muß unbedingt Reinheit des Lebens und Wandels zur Folge haben. Einem, der sein Leben im Dienste Gottes und seiner Brüder niederlegt, braucht nicht gesagt zu werden, daß er nicht stehlen, nicht begehren, nicht Ehebruch begehen und nicht morden soll.

Das Gebot des Sabbats forderte am siebenten Tage Enthaltung von dienender und erwerbsmäßiger Arbeit. Der wahre Christ hat alles, was er hat und ist, dem Herrn und Seinem Dienste geweiht. Alles, was er durch seine Arbeit erlangt, erwirbt er für den Herrn, so daß all sein Werk heilig ist. Denen, die eine solche Stellung einnehmen und ein solches Lebensziel haben, braucht nicht gesagt zu werden, einen Tag in der Woche dem Herrn als heilig zu betrachten, denn sie haben ihm bereits jeden Tag geweiht.

Bräuche der Urkirche

Aus dem Bericht geht klar hervor, daß die Apostel, wenn sich ihnen eine Gelegenheit dazu bot, die jüdischen Synagogen am Sabbat besuchten. Dies geschah jedoch nicht, weil sie selbst den jüdischen Sabbat streng einhielten, sondern weil sie wußten, daß sie an diesen Tagen fromme Juden in den Synagogen antreffen würden, denen sie vom Evangelium Christi Zeugnis geben konnten.

Sie waren am ersten Tage der Woche - an dem die ersten Christen gewohnheitsmäßig zum Brotbrechen zur Erinnerung an die Auferstehung Jesu zusammenzukommen pflegten - genauso wachsam, um Gelegenheiten des Dienstes wahrzunehmen, wie an jedem anderen Wochentag. Ein Beispiel hierfür ist die Erfahrung des Paulus in Troas, wo, als er bis Mitternacht gepredigt hatte, ein Jüngling einschlief, aus dem Fenster stürzte und getötet wurde. Nachdem er den Jüngling zum Leben zurückgebracht hatte, predigte Paulus den Rest der Nacht. - Apostelgeschichte 20:7 - 12

Dies bedeutet nicht, daß die Apostel den ersten Tag der Woche dazu vorgesehen hatten, um ihn als Sabbat der Christen zu halten. Es bedeutet einfach, daß sie dazu bereit und freudig waren, ihren Geschwistern zu dienen und das Evangelium zu bezeugen, wo und wann immer sich Gelegenheit bot - ohne Rücksicht auf einen bestimmten Wochentag.

Ein Ruhetag nützlich

Moses erinnert das Volk Israel in Verbindung mit dem Sabbat an seine Sklaventage in Ägypten, wo scheinbar kein Ruhetag vorgesehen war. - 5. Mose 5:15 Es ist eine allgemein bekannte Tatsache, daß Menschen einen Tag der Ruhe zur Erholung von ihrer gewöhnlichen Arbeit benötigen. Christen sollten sich über die Gelegenheiten freuen, die sich ihnen dadurch zur Auferbauung und zum Dienst für den Herrn bieten. In unserem technisierten Zeitalter, in dem immer mehr Maschinen eingesetzt werden, um menschliche Arbeitskraft zu ersetzen, genießen Millionen Menschen wöchentlich bereits zwei arbeitsfreie Tage von ihrer Erwerbstätigkeit. Schon jetzt sehen wir in den großen Industriestaaten, daß viele Menschen sogar bereits drei arbeitsfreie Tage in der Woche haben, in denen sie mit der Unterstützung der Technik dennoch viel mehr leisten können und müssen als die Menschen früherer Jahrhunderte.

Das den Sabbat betreffende Gebot bestimmte einfach, daß es sechs Tage der Arbeit geben, und der siebente ein Tag der Ruhe sein sollte. Es wird kein Hinweis darauf gegeben, wann die sechs Tage zu zählen beginnen oder beginnen sollen. Der Sinn des Gebotes ist offenbar der, daß ein Tag von sieben ein Tag der Ruhe sein sollte. Es gibt Menschen, die auf die Meinung bestehen, daß der Mensch die Zeit sorgfältig gemessen und eingehalten hat. Sie schließen daraus, daß genau derselbe siebente Tag der Woche, den wir jetzt Sonnabend nennen, der siebente Tag ist, an dem Gott ruhte, nachdem er das Schöpfungswerk beendet hatte. Sie vertreten deshalb die Ansicht, daß kein anderer Tag richtigerweise Sabbat genannt werden darf.

In Verbindung mit diesem Gedanken stoßen wir jedoch auf verschiedene Schwierigkeiten. Die erste ist, daß Gottes Ruhetag kein solcher von vier-undzwanzig Stunden war. Auf diese Weise kann man deshalb zu keinem bestimmten „Anfangstag” einer Woche von sieben Tagen gelangen.

Schriftgemäße Tage werden von Sonnenuntergang bis Sonnenuntergang gemessen. Hier stehen wir einer weiteren Schwierigkeit gegenüber, nämlich der, daß die Tage logischerweise zu unterschiedlichen Zeiten beginnen und enden, je nach dem, an welchem Ort auf dieser Erde jemand wohnt. Diese Abweichung zum Beispiel ist so groß, daß, wenn die internationale Datumgrenze überschritten wird, dies einen Unterschied von einem ganzen Tag ergibt, so daß unser „siebenter” Tag aus einer anderen Himmelsrichtung der „sechste” oder auf der anderen Seite der Erde als der „erste” gerechnet werden kann.

Überdies gibt es für solche Menschen, die nördlich des nördlichen Polarkreises oder südlich des südlichen Polarkreises leben, im schriftgemäßen Sinn tatsächlich nur einen „Tag” im ganzen Jahr - sechs Monate Sonnenschein und sechs Monate Finsternis. In diesen Gebieten der Erde sind vierundzwanzig-Stunden-Zeiteinteilungen zur Ermittlung eines Tages völlig willkürlich. Sie werden von Zeitmessungs-Vorrichtungen bestimmt, die von Menschen gemacht wurden.

Dies alles ist bezüglich unsere Betrachtung von untergeordneter Bedeutung. Es hebt jedoch die Schwierigkeiten hervor, die beim Versuch entstehen, einen besonderen Tag aus sieben als einen solchen festzusetzen, den Gott über die anderen geweiht oder geheiligt hat. Wir zitierten bereits die Unterweisungen des Paulus, daß Christen nicht auf Grund dessen gerichtet werden sollen, ob sie bestimmte Tage anderen gegenüber bevorzugen oder nicht, und ob sie den jüdischen Sabbat halten. Wenn wir alle zuvor geschilderten Tatsachen zusammennehmen, dann erkennen wir, wie wahrhaft weise Paulus war, den Christen einen solchen Rat zu geben. - Kolosser 2:16

Gottes Ruhe

Unser Leittext zeigt, daß gläubige Christen einen Sabbat oder eine Ruhe genießen, die der Ruhe ähnlich ist, die bei Gott anfing, als das Werk der sechs Schöpfungstage beendet war. Stellte Gott jegliche Tätigkeit ein, um in dem Sinne zu ruhen, in dem wir ein Ausruhen verstehen? War Gott erschöpft oder müde? Der Prophet Jesaja schrieb: „Weißt du es nicht? oder hast du es nicht gehört? Ein ewiger Gott ist Jahwe, der Schöpfer der Enden der Erde; er ermüdet nicht und ermattet nicht, unergründlich ist sein Verstand”. - Jesaja 40:28

Nein, Gott war nicht müde! Gott mußte sich nicht ausruhen. Es muß daher offenbar eine tiefere Bedeutung in dem Ausspruch liegen, daß wir, die geglaubt haben, „zur Ruhe gelangt (sind) von unseren Werken, gleichwie Gott von seinen eigenen”. Wenn wir den gesamten Text aus Hebräer, von dem unser Leittext ein Teil ist, genau betrachten, fällt uns einiges Interessantes auf. Der erste Vers des Kapitels lautet: „Fürchten wir uns nun, daß nicht etwa, da eine Verheißung, in seine Ruhe einzugehen, hinterlassen ist, jemand von euch scheine zurückgeblieben zu sein”. Die hier erwähnte „Ruhe” ist gewiß etwas, das weit über körperliche Ruhe an einem von sieben Tagen hinausgeht, ob es nun der erste oder siebente Tag ist.

Die Verse 3 und 4 lauten: „Denn wir, die wir geglaubt haben, gehen in die Ruhe ein, wie er gesagt hat: „So schwur ich in meinem Zorn, wenn sie in meine Ruhe eingehen werden!” wiewohl die Werke von Grundlegung der Welt an geworden waren. Denn er hat irgendwo von dem siebenten Tage also gesprochen: „Und Gott ruhte am siebenten Tage von allen seinen Werken”.” Hier wird direkt auf den „siebenten” Tag der Ruhe Gottes mit der Erklärung bezug genommen, daß die Israeliten es verfehlt hatten, in Seine Ruhe einzugehen - „wiewohl die Werke von Grundlegung der Welt an geworden waren”.

Wie aufschlußreich sind diese Worte! Es verhielt sich nicht so, daß Gott einen Vierundzwanzig-Stunden-Tag von sieben Tagen geruht hatte „von Grundlegung der Welt an”. Auch hatten die Israeliten nicht etwa versäumt, mit ihm an diesem siebenten Tagen zu ruhen. Nein, die „Werke waren von Grundlegung der Welt an geworden”, und Gott hatte seit der Zeit geruht. Seine Ruhe hat die ganze Zeit über fortgedauert, und die Israeliten hatten es wegen ihres Unglaubens versäumt, diese Ruhe mit Ihm zu teilen.

Der Apostel erklärt weiter, daß deshalb, weil die Israeliten im Vorbilde nicht in die Ruhe Gottes eingegangen waren, „nun übrigbleibt, daß etliche in dieselbe eingehen”. (Vers 6) Vers 7 zitiert eine Prophezeiung aus Psalm 95:7, in der auf einen „Tag” oder Zeitabschnitt bezug genommen wird, währenddessen dem Gottesvolk in diesem Zeitalter eine Gelegenheit gegeben werden würde, in Seine Ruhe einzugehen. Paulus erklärt, daß, wenn Josua Gottes Volk im Jüdischen Zeitalter Ruhe gebracht hätte, der Herr durch den Psalmisten nicht von einem anderen „Tag” geredet hätte.

Wir möchten hier hervorheben, daß diese Darlegung des Apostels, die das Sabbat-Halten des Christen betreffen, sich nicht auf das Ruhen an einem von sieben Tagen von körperlicher Arbeit beziehen. Paulus erörtert nicht die Wichtigkeit oder Bevorzugung eines Tages vor dem anderen, sondern er ermutigt den Christen, jeden Tag in eine Ruhe des Glaubens einzugehen.

Vers 9 fährt wie folgt mit der Darlegung fort: „Also bleibt noch eine Sabbatruhe dem Volke Gottes aufbewahrt”. Dies scheint sich auf einen tatsächlichen Sabbat - oder eine Ruhe - zu beziehen, die das treue Volk Gottes in der Zukunft erlangen wird. Erneut wird hier auf eine fortdauernde Ruhe hingewiesen, und nicht auf eine zeitweilige Unterbrechung von körperlicher Arbeit an einem von sieben Tagen.

Dann folgt in der Erklärung unser Leittext. Er spricht von solchen, die in die Ruhe Gottes eingehen. Er erklärt, daß diejenigen, die dies tun, von ihren Werken auf die Weise zur Ruhe gelangen, wie Gott von seinen eigenen. Auch weist uns Paulus auf etwas weit Umfassenderes und Wichtigeres hin, als auf das Ruhen an einem von sieben Tagen. Ein Christ gelangt nicht nur am siebenten Tage jeder Woche von seinen eigenen „Werken” zur Ruhe, sondern an jedem Tage. Seine Ruhe ist so andauernd wie es Gottes Ruhe gewesen ist - Vers 3 erwähnt, daß Seine Ruhe eine ununterbrochene gewesen ist „von Grundlegung der Welt an”.

Was sind denn nun die Werke, von denen ein Christ zur Ruhe gelangt? Ist es seine tägliche Beschäftigung, durch welche er sein Auskommen hat? Nein! Wir glauben, die Heilige Schrift zeigt deutlich, daß es Werke der Gerechtigkeit sind, durch welche jemand versucht, sich die Gunst und den Segen des Herrn zu sichern. Paulus bezieht sich auf sie als die „Gesetzeswerke” (und „Taten”), durch welche „kein Fleisch vor ihm gerechtfertigt werden wird”. - Römer 3:20, Galater 2:16 und 3:11

Wie gelangen wir zur Ruhe von diesen „Werken”? Indem wir Glauben und Vertrauen in das voll-endete Werk Christi haben. Christus hat durch sein vergossenes Blut Rechfertigung und Errettung für uns vorgesehen, die wir durch unsere eigenen unvollkommenen Anstrengungen oder „Werke” nicht erreichen können. Unsere Ruhe des Glaubens ist deshalb in ihm. Es ist eine gesegnete Ruhe, die wir genießen, weil für das, um dessen Erlangung wir erfolglos kämpften, durch einen anderen gesorgt wurde.

„Gleichwie Gott von Seinen eigenen”

Von diesem Standpunkt aus ist der Vergleich des Paulus von der „Ruhe” des Schöpfers mit der unseren sehr interessant und belehrend. Während jener langen „Tage” der Schöpfung (eine realistische Schlußfolgerung ist, daß sie einen Zeitraum von zweiundvierzigtausend Jahren umfassen) führten Jahwe und Sein geliebter Sohn das Werk fort, die Erde als ewige Heimat für den Menschen zuzubereiten. Johannes schrieb über Jesus in seiner vormenschlichen Existenz, daß „ohne ihn auch nicht eines ward, das geworden ist”. - Johannes 1:3 Dies tat er als der Logos. Dieser Titel bedeutet „Repräsentant” oder „Mundstück”. Jahwe leitete das Werk, und so hören wir Ihn zu Seinem Sohne sagen: „Lasset uns Menschen machen in unserem Bilde”. - 1. Mose 1:26

Mit der Erschaffung des Menschen war das Werk jener sechs „Tage” jedoch vollendet. Der Mensch war im Bilde Gottes erschaffen worden - mit der Fähigkeit, Recht von Unrecht zu unterscheiden. Es wurde ihm gesagt, daß es unrecht sei, dem Gesetz des Schöpfers nicht zu gehorchen, und daß Ungehorsam zum Tode führen würde. Er war als ein innerlich frei handelndes Wesen erschaffen worden. Daher wurde keine göttliche Macht angewandt, um ihn von der Sünde zurückzuhalten. Aus diesem Grunde aß der Mensch von der verbotenen Frucht und wurde zum Tode verurteilt.

Da begann die lange Nacht der Sünde und des Todes. Der Schöpfer liebte Seine menschliche Schöpfung noch, aber die Gerechtigkeit verlangte, daß die Todesstrafe weiter ausgeführt wurde. In Seiner Weisheit entwarf Gott jedoch einen Plan zur Wiederherstellung des Menschen von Sünde und Tod. Es ist ein Plan, der den Menschen die Erfahrung mit dem Bösen machen ließ, um daraus Nutzen zu ziehen und um auf diese Weise seiner ur-sprünglichen Vollkommenheit das hinzuzufügen, was nur durch Erfahrung erworben werden konnte.

Gottes Plan machte einen Loskäufer erforderlich - einen, der den Platz des Sünders im Tode einnehmen, und, nachdem er von den Toten auferweckt ist, als der Versöhner der Welt mit Gott dienen würde. Der hierzu auserwählte Eine war kein anderer als Sein eigener geliebter Sohn, der Logos. Jetzt war dem Sohne Gottes, der unter Seiner Überwachung bei Erschaffung aller Dinge mitgewirkt hatte, die Verantwortung für die Wiederherstellung des gefallenen Menschen übertragen worden, um so die ur-sprüngliche Absicht des Schöpfers hinsichtlich der Erde zu vollenden. - Jesaja 45:18

Auf diese Weise ruhte Gott von Seinen schöpferischen Werken. Er ruhte in dem Sinne, daß Er ihre Vollendung einem anderen anvertraute, nämlich Seinem eigenen geliebten Sohn. Das Vertrauen des Schöpfers in Seinen Sohn war vollkommen, und so ist auch Seine Ruhe vollkommen gewesen. Er wußte von Anfang an, daß Sein Sohn willig, freudig und treu jede Einzelheit Seines Planes zur Erlösung und Wiederherstellung des gefallenen Menschen von Sünde und Tod ausführen würde.

Paulus schrieb: „Gott war in Christo, die Welt mit sich selbst versöhnend”. - 2 Korinther 5:19 Der Schöpfer ist der Autor des Planes der Aussöhnung. Wie Paulus erklärt, wird er jedoch durch Christus ausgeführt, und Gott überläßt ihm die Angelegenheit. Durch dieses Bild können wir erkennen, wie unsere „Ruhe” der „Ruhe” Gottes gleich ist. Wir sind von unseren eigenen Werken zur Ruhe gelangt, wie Gott von den Seinen, weil wir, so wie Gott, hinsichtlich der Vollendung dessen, was wir aus uns selbst nicht tun können, auf Jesus blicken.

Gott konnte die Todesstrafe nicht aufheben und den sündigen Menschen zum Leben wiederherstellen, weil das Todesurteil gerecht war, und die göttliche Gerechtigkeit nicht beiseite gesetzt werden konnte. Jesus aber wurde ein Lösegeld, ein entsprechender Preis, und machte so die Freilassung des Menschen aus der Todesstrafe möglich. Als Glieder des gefallenen Menschengeschlechtes sind wir unvollkommen und können Gott in unserem eigenen Verdienst nicht nahen. Auf Grund des durch Jesus dargebrachten Loskaufpreises wird er jedoch unser Fürsprecher beim Vater. So können wir mit Ihm Frieden haben und uns einer Hoffnung des Lebens durch Christus freuen.

Das Vertrauen des Schöpfers in Christus ist stets vollkommen gewesen. Das Maß unserer Ruhe in Christo hängt von dem Maß des Glaubens ab, den wir in diese liebevolle Vorkehrung haben, die unser Himmlischer Vater für uns getroffen hat. Unser Himmlischer Vater ist, selbst während Er „ruht”, für uns tätig. Jesus sagte, daß niemand zu ihm kommen kann, es sei denn, der Vater ziehe ihn. Und Jesus verhieß, daß er diejenigen, welche so gezogen wurden, in keiner Weise hinausstoßen, sondern „ … am letzten Tage” auferwecken würde. - Johannes 6:44 und 37

Ja, Gott „zieht” den Sünder - nicht direkt zu sich, sondern zu Jesu. Der Sünder kann nicht direkt zu Gott gehen. Er muß die Notwendigkeit des Loskaufs durch Jesus erkennen. Was auf den Fall eines einzelnen Gliedes des gefallenen Menschengeschlechtes zutrifft, trifft auf alle zu. Nachdem der Mensch die Todesstrafe durch Übertretung des göttlichen Gesetzes auf sich gebracht hatte, mußte, wenn er je wieder leben sollte, etwas für ihn ausgeführt werden, das der Schöpfer persönlich nicht tun konnte. Er mußte losgekauft werden, und Gott gab Seinem Sohn die Gelegenheit, der Loskäufer zu werden.

Die göttliche Zulassung des Bösen in der menschlichen Erfahrung könnte richtigerweise als die Vervollständigung - im Sinne einer Läuterung - der menschlichen Schöpfung betrachtet werden. Es ist ein Läuterungs- oder Veredelungs-Werk, das die Ausübung des freien Willens des Menschen mit sich bringt. Jesaja schrieb, daß Gott die Erde schuf „nicht als eine Öde”, sondern „um bewohnt zu werden”. - Jesaja 45:18 Gott wußte, daß der unerfahrene Mensch Sein Gesetz übertreten würde. Er wußte, daß der Mensch die Folgen dieser Übertretung nicht überblicken konnte. Aber Er wußte auch, daß Sein geliebter Sohn mit Freuden die Stelle des Sünders im Tode einnehmen und dadurch Vorsorge für dessen Wiederherstellung treffen würde.

So konnte der Schöpfer auf das Ende Seines „Tages” der Ruhe hinblicken und wissen, daß die Erde von einem wiederhergestellten Menschen bewohnt sein würde. Einem, der nicht nur geistig, moralisch und körperlich vollkommen sein, sondern auch jene Stärke eines rechtschaffenen Charakters besitzen würde, die nur durch Erfahrung erworben werden kann. Auf diese Weise ruhte Gott von Seinem Werk bezüglich des Menschen, damit dieses Endziel durch den Dienst Jesu erreicht werden wird.

Dieser siebente Schöpfungs-„Tag”, Gottes „Ruhe”-Tag, begann wie auch die übrigen in Dunkelheit. Vom Standpunkt des Lichts und der Finsternis aus ist er tatsächlich mehr Nacht als Tag gewesen. Dieser lange Zeitraum jedoch, über den hinweg Böses zur weiteren Entfaltung des Menschen zugelassen worden ist, soll in einem glorreichen Morgen der Freude enden. Der Psalmist prophezeite: „Am Abend kehrt Weinen ein, und am Morgen ist Jubel da”. - Psalm 30:5

Das Werk der letzten tausend Jahre dieses siebenten „Tages” wird vom Apostel Paulus als die Zeit der Herrschaft Christi beschrieben. Jesus sorgte nicht nur für den Loskauf des Menschengeschlechtes, sondern er wird auch während seiner Mittler-Herrschaft die losgekaufte Menschheit tatsächlich zu Leben und Harmonie mit Gott wiederherstellen. Paulus sagt, daß Christus herrschen muß, bis alle Feinde unter seine Füße gelegt sind, und „der letzte Feind, der weggetan wird, ist der Tod”. - 1. Korinther 15:25 und 26

Dann fügt Paulus hinzu: „Wenn ihm aber alles unterworfen sein wird, dann wird auch der Sohn selbst dem unterworfen sein, der ihm alles unterworfen hat, auf daß Gott alles in allem sei”. (Vers 28) Gott „ruhte”, weil Er „alles” Christo unterstellte, also „alles”, was den Loskauf und die Wiederherstellung des gefallenen Menschen betraf. Wenn die Wiederherstellung des Menschen beendet ist und „alle Geschlechter der Erde” zu Vollkommenheit wiederhergestellt und fähig sind, dem vollkommenen Gesetz des Schöpfers zu gehorchen, wird das Werk Christi vollendet sein. Dann wird der Schöpfer Seine direkte Verbindung mit Seiner menschlichen Schöpfung wiederaufnehmen. Dann wird das Werk des letzten Schöpfungs-„Tages” beendet sein, und es kann und wird vielleicht berichtet werden: „Es ward Abend, und es ward Morgen: siebenter Tag”.

Welch wunderbaren Ansporn haben wir, völlig in Jesu zu ruhen, in dem Bewußtsein, daß er das göttliche Vorhaben sowohl bezüglich unser selbst als Einzelwesen, als auch hinsichtlich der ganzen Welt, hinausführen wird. Wenn unsere Ruhe des Glaubens vollkommen ist, wird unser Friede und unsere Freude in ihm tief, völlig und reich sein. Wenn wir völlig geglaubt haben, dann können wir völlig ruhen.



Tagesanbruch Bibelstudien- Vereinigung