„Er war Jahwe, dem Gott Israels, völlig nachgefolgt.”

Wenn jemand gestorben ist, wird häufig gefragt: „Wie starb er?” Eine weitaus wichtigere Frage wäre jedoch: „Wie hat er gelebt?” Wenn wir uns die Bibel zur Hand nehmen und fragen würden: „Wie starb Kaleb?”, so würde unsere Frage unbeantwortet bleiben. Die Schrift scheint über die Frage, wie oder wann Kaleb starb, zu schweigen. Die einzige Auskunft, die wir erhalten, steht in der bedeutungsvollen Aussage in Hebräer 11:38 und 39. Dort heißt es in bezug auf die gottesfürchtigen Männer des Alten Testaments, daß sie alle im Glauben starben. Schauen wir in die Bibel und fragen: „Wie lebte Kaleb?”, so erhalten wir die Antwort mit den Worten, die den Titel dieses Artikels bilden - Worte, die so wahr und so einfach klingen, nämlich daß er „Jahwe, dem Gott Israels, völlig nachgefolgt war.” (Josua 14:14) So also hatte Kaleb gelebt.

Wie Kaleb (einer der Glaubenshelden) uns durch sein Zeugnis, das wir über ihn im Alten Testament lesen, zu verstehen gibt, sind wir nicht allein. Wir befinden uns nicht nur in Gemeinschaft mit den Schreibern des Neuen Testaments, sondern auch mit dem Herrn selbst. Laßt unsere Betrachtung mehr als nur eine Biographie Kalebs sein. Betrachten wir es so, wie jene es verstanden, mit denen wir verbunden sind. Wir verstehen es so wie der Apostel Paulus. Er sagte in Römer 15:4: „Denn alles, was zuvor geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben, auf daß wir durch das Ausharren und durch die Ermunterung der Schriften die Hoffnung haben.” Wenn wir über Kaleb nachdenken, laßt es uns zum Trost und Wachstum gereichen, und laßt uns noch stärker der segensreichen Hoffnung versichert sein, die uns in den Evangelien gegeben wurde.

Im Brief des Apostels an die Hebräer finden wir den Bericht über einige der vielen Glaubenshelden, die im Alten Testament erwähnt werden. Wie wir wissen, beginnt das 12. Kapitel mit den folgenden Worten: „Deshalb nun, da wir eine so große Wolke von Zeugen um uns haben, laßt auch uns, indem wir jede Bürde und die leicht um-strickende Sünde ablegen, mit Ausharren laufen den vor uns liegenden Wettlauf, hinschauend auf Jesum, den Anfänger und Vollender des Glaubens, welcher, der Schande nicht achtend, für die vor ihm liegende Freude das Kreuz erduldete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes.” Wenn wir über Kaleb nachdenken, sollten wir dazu ermutigt werden, immer auf Jesus zu schauen, den Anfänger und Vollender des Glaubens.

Wir befinden uns auch in der Gemeinschaft des Apostels Jakobus. In Jakobus 5:10 und 11 wird folgendes gesagt: „Nehmet, Brüder, zum Vorbild des Leidens und der Geduld die Propheten, die im Namen des Herrn geredet haben. Siehe, wir preisen die glückselig, welche ausgeharrt haben.” Wenn wir über Kaleb nachdenken, der so deutlich, so mutig im Namen des Herrn redete, sollte dies zum Wachstum in Glückseligkeit und Freude im Herrn führen, denn die Freude des Herrn ist unsere Stärke. Weil Gott uns seinen ewigen Sohn geschenkt hat, können wir geduldig ausharren.

Dann haben wir letztlich Gemeinschaft mit dem Meister selbst. Er sagte, wie in Matthaus 5:11 und 12 berichtet wird: „Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen und jedes böse Wort lügnerisch wider euch reden werden um meinetwillen. Freuet euch und frohlockt, denn euer Lohn ist groß in den Himmeln; denn also haben sie die Propheten verfolgt, die vor euch waren.” Wenn wir über Kaleb und seinen Lohn nachdenken, erinnern wir uns an unseren großen Lohn, der in den Himmeln ist.

Erinnern wir uns irgend einer anderen Schriftstelle, die den Geweihten Gottes ein nachahmenswerteres Beispiel gibt, als die Schriftstelle, die von Kaleb spricht, daß er „Jahwe, dem Gott Israels, völlig nachgefolgt war”? Wenn dies nicht auf uns zutrifft, dann werden jene Worte des Wohlwollens, die wir mit der Kleinen Herde in Verbindung bringen, genauso wenig auf uns zutreffen. Jene Worte Jesu finden wir in Matthäus 25:21: „Geh ein in die Freude deines Herrn.” Dies wird nur zu jenen gesagt werden, die dem Herrn völlig nachgefolgt sind. Die Worte, die wir in Offenbarung 2:10 finden: „… ich werde dir die Krone des Lebens geben”, treffen nur auf jene zu, die dem Herrn völlig nachfolgen. Der Ausspruch, den wir in Offenbarung 3:21 finden: „Wer überwindet, dem werde ich geben, mit mir auf meinem Throne zu sitzen”, bezieht sich nur auf diejenigen, die dem Herrn völlig nachfolgen. Im 14. Kapitel der Offenbarung wird nicht allein von den 144.000, die dem Lamme folgen, gesprochen, sondern es heißt: „Diese sind es, die dem Lamme folgen, wohin irgend es geht.”

Welch ein herrliches, wunderbares Zeugnis ist dies für einen Menschen, der dem Herrn völlig nachfolgte! Diese Worte haben besonders im Beispiel Kalebs Kraft und Gewicht. Obwohl es interessant ist, steht uns hier nicht der Raum zur Verfügung, Kalebs Abstammung zu verfolgen. Wenn wir es täten, würden wir erkennen, daß er nur durch Adoption dem Stamme Juda angehörte. Er war Abrahams Same, aber nur durch den zurückgewiesenen Esau. Die Lehre von Kalebs Glaubenstreue und seinem Lohn ist für uns von besonderem Interesse. Die Schrift sagt über uns (Epheser 2:3), daß wir von Natur Kinder des Zorns waren, wie auch die übrigen. Nachdem Paulus auf die Ungerechten und Götzendiener hingewiesen hatte, sagte er (1. Korinther 6:11): „Und solches sind euer etliche gewesen: aber ihr seid abgewaschen, aber ihr seid geheiligt, aber ihr seid gerechtfertigt worden in dem Namen des Herrn Jesus und durch den Geist unseres Gottes.”

Kaleb und Josua werden wegen des Berichts, in dem sie als die zwei treuen Kundschafter zusammen waren, häufig miteinander in Verbindung gebracht. Wie wir wissen, nahm Josua später einen weitaus hervorragenderen Platz ein als Kaleb. Josua wurde der auserwählte Führer der Kinder Israel. Es könnte uns aufgrund dessen passieren, Kaleb in gewisser Weise zu übersehen. Damals hätte Kaleb, weil er der Älteste war, eher Führer als Nachfolger sein können - so scheint es zumindest. Das, was über Kaleb geschrieben wurde, enthält jedoch eine ganz eigene und besondere Belehrung - vor allem die Lehre über Glaubenstreue und Gehorsam.

Als die Israeliten die Grenze Kanaans erreichten, sandte Moses zwölf Männer aus, um das Land auszukundschaften. Diese Zwölf bestanden aus je einem Anführer der zwölf Stämme. Die zwölf Männer sollten das Land gründlich erkunden. In 4. Mose 13 lesen wir, nachdem die zwölf Kundschafter namentlich erwähnt wurden, in Vers 17: „Und Mose sandte sie, um das Land Kanaan auszukundschaften, und sprach zu ihnen: Ziehet hier hinauf an der Südseite, und steiget auf das Gebirge, und besehet das Land, wie es ist; und das Volk, das darin wohnt, ob es stark oder schwach, ob es gering oder zahlreich ist; und wie das Land ist, in welchem es wohnt; ob es gut oder schlecht ist; und wie die Städte sind, in denen es wohnt; ob es in Lagern oder in Festungen wohnt; und wie das Land ist, ob es fett oder mager ist, ob Bäume darin sind oder nicht. Und fasset Mut und nehmet von der Frucht des Landes. Die Tage aber waren die Tage der ersten Trauben.”

Die Kundschafter gingen auf Erkundungstour. Sie durchforschten das Land, wahrscheinlich nicht alle zusammen, sondern in getrennten Gruppen. Am Ende ihrer Erkundungstour kamen sie nach Hebron und an die Quelle oder in das Tal Eskol. Dies scheint ein Ort besonderer Fruchtbarkeit gewesen zu sein. Die Kundschafter brachten von dort eine außergewöhnliche Weintraube mit. Wegen ihrer Größe und wegen ihres Gewichtes wurde sie an einem Stock zwischen zwei Männern getragen. Außerdem brachten sie Granatäpfel und Feigen aus dem Land mit.

Vierzig Tage lang erforschten sie das Land, wie uns der Bericht im Vers 25 bestätigt: „Und sie kehrten nach Verlauf von vierzig Tagen vom Auskundschaften des Landes zurück.” Sie erstatteten Mose und Aaron und den Kindern Israel Bericht, und sie sprachen einstimmig vom Reichtum des Landes und zeigten ihnen die Frucht, die sie mitgebracht hatten. (Verse 27 und 28): „Und sie erzählten ihm und sprachen: Wir sind in das Land gekommen, wohin du uns gesandt hast; und wirklich, es fließt von Milch und Honig, und dies ist seine Frucht. Nur daß das Volk stark ist, welches in dem Lande wohnt, und die Städte befestigt, sehr groß; und auch die Kinder Enaks haben wir dort gesehen.” Und danach zählten sie die verschiedenen Nationen auf, die dort wohnten. - Vers 29

Kaleb und Josua stimmten mit dem Bericht der übrigen zehn Männer überein, sie taten dies jedoch in einem ganz anderen Geiste. Es war ihnen als ein Teil ihres Erkundungsauftrages befohlen worden, auszukundschaften, wo sich die Menschen dieses Landes befanden und wie sie wohnten. Und so berichteten sie darüber, schlugen aber nicht vor, wegen des mächtigen Volkes und der befestigten Städte den Gedanken an eine Inbesitznahme aufzugeben.

Der Bericht machte auf die Kinder Israel großen Eindruck und beunruhigte sie sehr. „Und Kaleb beschwichtigte das Volk gegen Mose und sprach: „Laßt uns nur hinaufziehen und es in Besitz nehmen, denn wir werden es gewißlich überwältigen”.” (Vers 30) Obwohl er fast allein dastand, begegnete Kaleb mutig dem Sturm der Entrüstung und Ablehnung aus dem Volk Israel. Welch kühne und zuversichtliche Worte dies sind! Laßt nun auch uns hinaufziehen nach Kanaan - nicht nur, um darum zu kämpfen, sondern um es in Besitz zu nehmen.

Für den glaubenstreuen und gehorsamen Kaleb gab es keinen Zweifel am Ausgang des Kampfes. Daher ist es kein Wunder, daß Gott, wie in 4. Mose 14:24 berichtet wird, sprach: „Aber meinen Knecht Kaleb, weil ein anderer Geist in ihm gewesen und er mir völlig nachgefolgt ist, …” Wie folgen wir dem Herrn nach? Völlig oder nur teilweise? Wir sollten nicht dem Irrglauben erliegen, daß wir als eine Gruppe oder Ecclesia in das Königreich eingehen. Wir können nur durch unsere eigene persönliche Treue zum Herrn, zur Wahrheit, zu unseren Geschwistern, durch Ausharren in unserer Liebe, in unserem Dienste und in dem, was wir aus Gottes Wort gelernt haben, in das Königreich gelangen. Mit anderen Worten: wir können jenen heiß ersehnten Eingang in das Königreich mit seiner alles übersteigenden Freude nur erreichen, wenn wir dem Herrn völlig nachfolgen, unabhängig vom Handeln der anderen.

„Laßt uns hinaufziehen!” Dies waren kühne Worte; trotzdem wurden sie nicht übereilt ausgesprochen. Sie wurden nicht im Selbstvertrauen gesprochen; es waren nicht einfach die Worte eines Mannes, der bereit ist, alles für ein großes Ziel zu wagen. Es waren vielmehr Worte des Glaubens und des Gehorsams. Gott hatte ihnen das Land verheißen. Was waren schon die Söhne Enaks gegen Jahwe? Konnten ein starkes Volk und die befestigten Städte des Herrn Verheißung zunichte machen? Kaleb war kein vorschneller, verantwortungsloser Jüngling. Er war ein Mann von vierzig Jahren, weise, mutig, treu und gehorsam, dem Herrn völlig ergeben. Gottes Wort war die Grundlage seines Vertrauens. Ungeachtet des drohenden Aufstands, fuhr er tapfer und glaubensstark fort: „Denn wir werden es gewißlich überwältigen.” Laßt uns mit dem gleichen Geiste sagen: „Aber in diesem allen sind wir mehr als Überwinder durch den, der uns geliebt hat.” (Römer 8:37) Laßt uns nicht zu jenen gehören, die sagen: „Oft frage ich mich ängstlich: Bin ich sein oder bin ich’s nicht?”

So völlig anders klangen die Äußerungen der zehn Ungläubigen (Vers 31): „Aber die Männer, die mit ihm hinaufgezogen waren, sprachen: Wir vermögen nicht gegen das Volk hinaufzuziehen, denn es ist stärker als wir.” Vers 32 sagt weiter: „Und sie brachten unter die Kinder Israel ein böses Gerücht über das Land aus, das sie ausgekundschaftet hatten, …”

Das Wort „böse” kommt ungefähr fünfhundertmal im Alten Testament vor; das hebräische Wort „dibbah”, das in diesem Vers mit „böses Gerücht” übersetzt wurde, erscheint jedoch nur neunmal. In zwei anderen Schriftstellen wurde das Wort ebenfalls mit „böses Gerücht” übersetzt, dreimal als „Verleumdung”, zweimal als „Niedertracht” und einmal als „Verschmähung”. Somit sehen wir, daß das Verhalten der zehn Männer mehr als nur „böse” war - es war verleumderisch, niederträchtig und schmähend. Dies führte dazu, daß die Kinder Israel Angst bekamen. Vers 1 des 14. Kapitels sagt auch: „Da erhob die ganze Gemeinde ihre Stimme und schrie, und das Volk weinte in selbiger Nacht.”

Sie murrten weiter, nicht nur gegen Mose und Aaron, sondern gegen Gott selbst. Vers 2: „Und alle Kinder Israel murrten wider Mose und wider Aaron, und die ganze Gemeinde sprach zu ihnen: O wären wir doch im Lande Ägypten gestorben, oder wären wir doch in dieser Wüste gestorben! Und warum bringt uns Jahwe in dieses Land, daß wir durchs Schwert fallen und unsere Weiber und unsere Kindlein zur Beute werden? Wäre es nicht besser für uns, nach Ägypten zurückzukehren? Und sie sprachen einer zum anderen: Laßt uns ein Haupt über uns setzen und nach Ägypten zurückkehren!” Paulus dachte an das Verhalten der Kinder Israel, als er in 1. Korinther 10:10 und 11 schrieb: „Murret auch nicht, gleichwie etliche von ihnen murrten und von dem Verderber umgebracht wurden. Alle diese Dinge aber widerfuhren jenen als Vorbilder (oder Sinnbild) und sind geschrieben worden zu unserer Ermahnung, …” Diese Lehre ist so deutlich, daß alles, was wir zu tun haben, darin besteht, uns selbst daran zu erinnern.

Wie verhielt sich Kaleb angesichts dieser Anwandlung von Furcht, Verzweiflung, Murren und Auflehnung? Es muß für ihn sehr schwer gewesen sein, den Glauben zu bewahren und fest zu bleiben. Doch finden wir bei Kaleb keinen Wankelmut. Er folgte völlig dem Herrn. Die Worte in Römer 4:20 und 21, die Abraham betreffen, können wir auch auf Kaleb beziehen. „… und (er) zweifelte nicht an der Verheißung Gottes durch Unglauben, sondern wurde gestärkt im Glauben, Gott die Ehre gebend, und war der vollen Gewißheit, daß er, was er verheißen habe, auch zu tun vermöge.”

Während Moses und Aaron auf ihr Angesicht fielen, vielleicht in Fürbitte für das Volk, zerrissen Josua und Kaleb ihre Kleider zum Zeichen, daß sie sich für das Verhalten des Volkes schämten. „Und sie sprachen zu der ganzen Gemeinde der Kinder Israel und sagten: Das Land, das wir durchzogen haben, um es auszukundschaften, das Land ist sehr, sehr gut. Wenn Jahwe Gefallen an uns hat, so wird er uns in dieses Land bringen und es uns geben, ein Land, das von Milch und Honig fließt. Nur empöret euch nicht wider Jahwe; und fürchtet ja nicht das Volk des Landes, denn unser Brot werden sie sein. Ihr Schirm ist von ihnen gewichen, und Jahwe ist mit uns; fürchtet sie nicht.” - 4. Mose 14:7 - 9

Diese Worte, aus denen so viel Glaube, Vertrauen und Gehorsam spricht, sollten das Volk ermutigen, doch sie verfehlten ihre Wirkung. Furcht und Argwohn führen oft dazu, daß die Menschen roh und gewalttätig werden. Was Jesus während seiner ersten Gegenwart widerfuhr, lesen wir in Johannes 8:59: „Da hoben sie Steine auf, damit sie auf ihn würfen.” Und in Johannes 10:31 steht nochmals: „Da hoben die Juden wiederum Steine auf, auf daß sie ihn steinigten.” Über den ersten christlichen Märtyrer wird in Apostelgeschichte 7:59 berichtet: „Und sie steinigten den Stephanus.”

Und genauso war es in diesem Falle. Statt durch Josua und Kaleb aufgemuntert zu sein, geschah dem Bericht gemäß (Vers 10) folgendes: „Die ganze Gemeinde sagte, daß man sie steinigen solle.” Doch bevor sie diese Absicht in die Tat umsetzen konnten, trug sich ein besonderes Ereignis zu. In Vers 10 lesen wir weiter: „Da erschien die Herrlichkeit Jahwes an dem Zelte der Zusammenkunft allen Kindern Israel.” Hierdurch wurden sie davon zurückgehalten, die treuen Männer Josua und Kaleb zu steinigen. Dann folgte das Gericht Gottes wegen ihrer Rebellion. Wie wir wissen, schonte Gott auf Fürbitte des Mose ihr Leben, doch in das verheißene Land sollten sie nicht hineinkommen. - 4. Mose 14:28 - 35

Das Gericht, das über die zehn treulosen Kundschafter hereinbrach, die das Volk zur Rebellion angestiftet hatten, war weit schwerer. In den Versen 36 und 37 lesen wir: „Und die Männer, welche Mose ausgesandt hatte, um das Land auszukundschaften, und die zurückkehrten und die ganze Gemeinde wider ihn murren machten, indem sie ein böses Gerücht über das Land ausbrachten, jene Männer, die ein böses Gerücht über das Land ausgebracht hatten, starben durch eine Plage vor Jahwe.” Das Volk hingegen, wenn es auch falsch gehandelt hatte, wurde von dieser Seuche nicht befallen, weil Moses als Fürsprecher für sie eingetreten war. Nur die zehn Männer, die sie vom rechten Weg abgebracht hatten, wurden gestraft. Das erinnert uns an Matthäus 18:6 und 7. Jesus sagte: „Wer aber irgend eines dieser Kleinen, die an mich glauben, ärgern wird, dem wäre nütze, daß ein Mühlstein an seinen Hals gehängt, und er in die Tiefe des Meeres versenkt würde … Denn es ist notwendig, daß Ärgernisse kommen; doch wehe dem Menschen, durch welches das Ärgernis kommt!” Wir können andere auf zweierlei Weise zu Fall bringen - entweder durch falsche Lehren oder durch falsches Handeln. Wie sorgfältig sollten wir sein, die Wahrheit rein und unseren Wandel in Übereinstimmung damit zu erhalten.

Beachten wir, daß nach dem Gericht über das Volk und die untreuen zehn Männer in Vers 38 berichtet wird: „Aber Josua und Kaleb blieben am Leben.” Wie scharf unterscheidet Gott zwischen den Treuen und den Treulosen, zwischen den Gläubigen und den Ungläubigen! Ungeachtet dessen, wie es anderen ergehen mag, können wir versichert sein, daß die Worte aus 1. Samuel 2:30 zutreffen: „Die mich ehren, werde ich ehren.” Jesus sprach (Johannes 12:26): „Wenn mir jemand dient, so wird der Vater ihn ehren.”

Nun begann die vierzigjährige Wanderung, an deren Ende die ganze Generation verstorben war. In dem Bericht über diese Zeit lesen wir nichts über Kaleb. Wir vermuten, daß er und Josua mit dem Volk von Ort zu Ort zogen und an ihrem Los teilhatten. Aber wie unterschied sich ihre Aussicht! Sie sahen die Menschen ihres Alters einen nach dem anderen dahinsterben. Sie wußten, daß es so geschehen mußte, bis sie alle vom Tod dahingerafft sein würden. Josua und Kaleb aber lebten noch, und sie wußten, daß sie am Leben bleiben sollten. Keine Krankheit würde sie dahinraffen; kein plötzliches Unglück würde ihr Leben beenden. Denn hatte Gottes Wort nicht gesagt, daß sie das verheißene Land sehen würden? Welch ein besonderes und beschütztes Leben war dies.

In gewisser Weise ist auch das Leben eines Christen so überwaltet, der durch die Wüste dieser sündigen Welt vorwärtsschreitet. Auch uns wurde zugesichert, daß wir das verheißene Land sehen sollen. Sagte Jesus nicht (Johannes 14:2 und 3): „Ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten. … so komme ich wieder und werde euch zu mir nehmen, auf daß, wo ich bin, auch ihr seiet.” Im Glauben hieran leben wir einen Tag nach dem anderen und begegnen den wechselnden Lebensumständen auf unserer Pilgerreise. In anderer Beziehung ist unsere Lebenslage jedoch völlig anders als die Kalebs. Das Kanaan, dem wir entgegenziehen, ist kein irdisches Kanaan. Unser Bürgertum befindet sich in den Himmeln. Uns ist keine bestimmte Frist auf der Erde zusichert. Zu irgendeiner Zeit mag es dem Herrn gefallen, uns heimzurufen.

Schließlich waren die vierzig Jahre der Wüstenwanderung vorbei. Wir finden die Israeliten wieder an der Grenze Kanaans. Noch einmal wird Kaleb erwähnt (in 4. Mose 34:16 - 19): „Und Jahwe redete zu Mose und sprach: Dies sind die Namen der Männer, welche euch das Land als Erbe austeilen sollen:Eleasar, der Priester, und Josua, der Sohn Nuns. Und je einen Fürsten vom Stamme sollt ihr nehmen, um das Land als Erbe auszuteilen. Und dies sind die Namen der Männer: für den Stamm Juda: Kaleb, der Sohn Jephunnes.” Der Stamm Juda wird zuerst genannt, und Kaleb wird als Fürst dieses Stammes angesprochen. Er bekleidete also eine wichtige und ehrenvolle Stellung. Gewiß, im Vergleich zu Josua nahm er einen untergeordneten Platz ein, denn Josua, sein alter Kamerad, der mit ihm die Treue hielt, war nun der Führer des ganzen Volkes. Kaleb war ihm untergeordnet, wie auch das ganze übrige Volk. Kaleb war damit zufrieden, den Platz auszufüllen, den Gott ihm zugewiesen hatte. Wir finden keine Spur des Neides oder der Eifersucht bei ihm. „Gottseligkeit mit Genügsamkeit ist ein großer Gewinn.” Für manchen aber mag es schwer sein mit anzusehen, wie ein anderer im Dienst für den Herrn, für seine Wahrheit und für sein Volk bevorzugt wird. Es ist ein ungesunder Geist, der im Gleichnis mit dem Denar ein Murren hervorruft.

An der Grenze zu dem verheißenen Land hatte Mose, der nicht mit hineinziehen durfte, die Kinder Israel daran erinnert, was Gott in Bezug auf Kaleb einst erklärte: „Wahrlich, kein einziger von diesen Männern, von diesem nichtswürdigen Geschlecht, soll das schöne Land zu sehen bekommen, dessen Verleihung ich euren Vätern zugeschworen habe, außer Kaleb, dem Sohn Jephunnes; dieser soll es zu sehen bekommen, und ihm und seinen Söhnen (oder: Kindern) will ich das Land geben, dessen Boden er bereits betreten hat, zum Lohn dafür, daß er dem HERRN in allen Stücken gehorsam gewesen ist.” - 5. Mose 1:35 und 36

Das Land wurde unter die Stämme aufgeteilt, wie Gott es befohlen hatte. (Josua 14:5) Dann kamen die Kinder Juda zu Josua, und Kaleb redete zu ihm. Seine Worte, die er an Josua richtete, sind sehr interessant. Die ganze Begegnung verdient Beachtung. Versucht einmal, euch das Geschehen vorzustellen. Kaleb und Josua waren ganz anders als das übrige Volk. Sie waren alt, und die anderen waren verhältnismäßig jung. Und nun erhebt sich vor den Augen der jungen Generation ein Mann, um seinem alten Kameraden in des Herrn Dienst seine Wünsche vorzutragen.

Zuerst erinnerte Kaleb den Josua an die früheren Zeiten, an das Lob Gottes und an Seine Verheißungen. (Josua 14:6 - 9) „Und die Kinder Juda traten in Gilgal zu Josua; und Kaleb, der Sohn Jephunnes, der Kenisiter, sprach zu ihm: Du kennst das Wort, welches Jahwe zu Mose, dem Manne Gottes, meinet- und deinetwegen in Kades-Barnea geredet hat. Vierzig Jahre war ich alt, als Mose, der Knecht Jahwes, mich von Kades-Barnea aussandte, um das Land auszukundschaften; und ich brachte ihm Antwort, wie es mir ums Herz war. Und meine Brüder, die mit mir hinaufgezogen waren, machten das Herz des Volkes verzagt; ich aber bin Jahwe, meinem Gott, völlig nachgefolgt. Da schwur Mose an selbigem Tage und sprach: Wenn nicht das Land, auf welches dein Fuß getreten ist, dir und deinen Söhnen zum Erbteil wird ewiglich! denn du bist Jahwe, meinem Gott, völlig nachgefolgt.”

Vierzig Jahre lang, während der ganzen Wanderung von Ort zu Ort, hat Kaleb diese Worte „du bist Jahwe völlig nachgefolgt” in seinem Herzen bewahrt. Kaleb war von Gott als treu anerkannt worden, als nahezu alle anderen sich als untreu erwiesen. Es war wirklich eine köstliche Erinnerung. Die Billigung durch Gott war etwas sehr Wertvolles in den Augen Kalebs. Und die Billigung durch Gott ist auch wertvoll für jeden Diener des Herrn. Es ist die einzige Billigung, die wirklich von Bedeutung ist.

Kaleb hatte auch Gottes Verheißung im Sinn behalten. Es war eine lange Zeit, in der er den Glauben bewahrte. Wie Sprüche 13:12 sagt, gilt im allgemeinen: „Lang hingezogenes Harren macht das Herz krank.” Kaleb wußte, daß vierzig Jahre vergehen mußten, bevor ihm sein Besitz zukommen sollte. Das ist eine lange Zeit. Während die Jahre vergingen, hätte die Verheißung verblassen können, doch das geschah nicht. Er hatte vierzig Jahre zuvor, als er noch in der Blüte seiner Jahre war, die Verheißung aus Glauben empfangen. Nun, im Alter von 85 Jahren, wo das Erinnerungsvermögen im allgemeinen nachläßt und wo die Empfindungen abstumpfen, stellen wir bei Kaleb fest, daß er noch von dem gleichen Glauben völlig durchdrungen ist. Die Verheißung war gegeben - und Kaleb, der fest daran glaubte, fragte nach der Erfüllung. Dies sind seine Worte: „Und nun siehe, Jahwe hat mich am Leben erhalten, so wie er geredet hat, diese fünfundvierzig Jahre, seitdem Jahwe dieses Wort zu Mose geredet hat, als Israel in der Wüste umherwanderte; und nun siehe, ich bin heute fünfundachtzig Jahre alt.” - Josua 14:10

Kaleb hatte erlebt, wie seine früheren Begleiter einer nach dem anderen verstorben waren. Wie konnte es geschehen, daß er verschont blieb? Gott hatte ihn am Leben erhalten, damit Sein Wort erfüllt würde. Und Gott hat dem Kaleb sogar seine Kraft gelassen, und zwar in auffälligem Maße. Kaleb sprach (Vers. 11): „Ich bin heute noch so stark wie an dem Tage, da Mose mich aussandte; wie meine Kraft damals, so ist meine Kraft jetzt zum Streite, und um aus- und einzuziehen.” Ja, Kaleb war durchaus noch dazu in der Lage, das Land in Besitz zu nehmen. Die Worte aus Psalm 92:14 treffen besonders auf Kaleb zu: „Noch im Greisenalter sprossen sie, sind saftvoll und grün.” Kaleb hatte nicht nur überlebt, um in das Land hineinzugelangen, sondern Stärke und Lebenskraft waren ihm in vollem Maße erhalten geblieben. Er war dadurch imstande, sowohl in das Land mit einzuziehen, als es in Besitz zu nehmen, wie er es fünfundvierzig Jahre zuvor hätte tun können. Hier erfüllte sich, was der Prophet Jesaja sagte (40:31): „Die auf Jahwe harren, gewinnen neue Kraft: sie heben die Schwingen empor wie die Adler; sie laufen und ermatten nicht, sie gehen und ermüden nicht.”

Doch die Enakim befanden sich noch im Lande. Verließ den alten Mann Kaleb deshalb der Mut? Hören wir ihn wieder selbst: „Vielleicht ist Jahwe mit mir, daß ich sie austreibe, so wie Jahwe geredet hat.” Ein unerschütterliches Vertrauen in das Wort Gottes war die Grundlage für jegliches Handeln des Kaleb. Was Gott gesagt hatte, das machte ihn kühn, wenn auch alle anderen verzagten. Was Gott gesagt hatte, das gab ihm während der vierzig Jahre des Wartens Kraft. Was Gott gesagt hatte, das veranlaßte ihn, Anspruch auf Hebron zu erheben. Was Gott gesagt hatte, das gab ihm jetzt Mut, an seine Fähigkeit zu glauben, mit Gottes Hilfe die Enakim zu vertreiben, wie stark sie auch sein mochten. Eine Zuversicht, die sich auf das Wort Gottes stützt, ehrt Gott und wird von Ihm ganz gewiß anerkannt. Ähnliches Vertrauen drückt der Liedertext aus: „Den Heil’gen des Herrn dient als sicherer Hort für ihr Glaubensleben sein heiliges Wort. Wie kostbar ist das, was er jedem verhieß, er, um Jesu zu folgen, alles verließ.” Laßt uns stets den Ausspruchs des Herrn im Sinn behalten: „Ich will dich nicht versäumen, noch dich verlassen.” - Hebräer 13:5

Josua, der unter der Leitung Gottes stand, gewährte dem Kaleb sogleich seine Bitte. (Josua 14:13 und 14) Warum? Der Vers endet mit den Worten: „Weil er Jahwe, dem Gott Israels, völlig nachgefolgt war.” So wurde Kalebs Vertrauen auf des Herrn Verheißung belohnt durch eine absolute Erfüllung. Hier endet der Bericht über Kaleb.

Laßt uns noch einmal auf die Einleitung zu diesem Artikel zurückkommen, damit unsere Betrachtung mehr ist, als nur eine Biographie des Kaleb. Laßt diese Betrachtung so gestaltet sein, daß sie uns Trost und Mut verleiht und die gesegnete Hoffnung, die wir aus dem Evangelium gewonnen haben, noch stärkt und vertieft. Laßt uns aus dieser Betrachtung lernen, daß wir stets auf Jesum, den Anfänger und Vollender des Glaubens, blicken sollten. Laßt die Betrachtung auch zur Folge haben, daß unsere Zufriedenheit und unsere Freude im Herrn zunehmen, da wir wissen, daß die Freude des Herrn unsere Stärke ist. Es ist die Stärke, welche Gott uns durch Seinen ewigen Sohn zukommen ließ. Sie befähigt uns, in allen Lagen geduldig auszuharren. Auf diese Weise kann unsere Betrachtung dazu beitragen, daß wir uns den großen Lohn, der uns in den Himmeln aufbewahrt ist, vor Augen führen.

Paulus sagt (1. Korinther 1:9): „Gott ist treu, durch welchen ihr berufen worden seid in die Gemeinschaft seines Sohnes Jesus Christus, unseren Herrn.” Und weiter erinnert er (1. Korinther 10:13): „Gott aber ist treu, der nicht zulassen wird, daß ihr über euer Vermögen versucht werdet, sondern mit der Versuchung auch den Ausgang schaffen wird, so daß ihr sie ertragen könnt.” Und wiederum in 1. Thessalonicher 5:24: „Treu ist, der euch ruft; der wird es auch tun.” Ein Liedertext sagt: „Veränd’rung und Verfall rund um mich her; o du Unwandelbarer, bleib bei mir!”

Er wird uns beistehen. Sein Segen wird auf uns ruhen. Sein Wort wird sich an uns erfüllen. Hinter allen Wechselfällen des Lebens, allen Sorgen und Prüfungen liegt etwas Besseres, das himmlische Kanaan. Dort ist für jeden treuen Diener des Herrn ein Erbteil vorgesehen. Jesus sagt in Johannes 12:26: „Wenn mir jemand dient, so folge er mir nach; und wo ich bin, da wird auch mein Diener sein.” Und nochmals in Johannes 14:1 - 3: „Euer Herz werde nicht bestürzt. Ihr glaubet an Gott, glaubet auch an mich. In dem Hause meines Vaters sind viele Wohnungen; wenn es nicht so wäre, würde ich es euch gesagt haben; denn ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten. Und wenn ich hingehe und euch eine Stätte bereite, so komme ich wieder und werde euch zu mir nehmen, auf daß, wo ich bin, auch ihr seiet.”

Wie Gott Sein Wort an Kaleb erfüllte, so wird Er auch Sein Wort an allen anderen erfüllen, die an Ihn glauben und Ihm vertrauen - an allen, von denen wie von dem treuen Kaleb gesagt werden kann, daß „sie dem Herrn völlig nachgefolgt sind.”



Tagesanbruch Bibelstudien- Vereinigung