Ein Leib und viele Glieder

Paulus spricht von dem Christus als „einem Geheimnis, das von den Zeitaltern her verborgen, jetzt aber offenbar geworden ist.” Er hat dabei nicht nur die Person des Erlösers, Jesus Christus, vor Augen, sondern „den Christus”, bestehend aus dem Haupt und den Leibesgliedern.

Abraham war bekannt, daß der Segenbringer für alle Nationen aus seinem Samen kommen sollte und später David, daß einer von seinen Nachkommen als ewiger König auf dem Thron Jahwes sitzen würde. Was ihnen von Gott zu ihrer Zeit noch nicht offenbart wurde, war, daß der tatsächliche Same, auf den die Verheißung vorbildlich hindeutete, nicht aus einem einzelnen König und Priester bestehen würde, sondern aus vielen - einem Haupt und 144.000 einzelnen Leibesgliedern.

Es war, wie wir erkennen können, Gottes Absicht Seinen Plan nach und nach zu entfalten, und jeweils die Dinge zu offenbaren, die für die Ausführung Seines weisen Planes an der Zeit waren. Als der Logos Mensch wurde und sich weihte, um durch seinen Opfertod die Grundlage zur Erlösung und Wiederherstellung des Menschen zu legen, war die rechte Zeit gekommen einen Teil des bis dahin verborgenen Geheimnisses des Christus zu enthüllen.

Jesus begann damit, Jünger zur Nachfolge zu berufen, zunächst zwölf, die zur Grundlage des geistigen Tempels vorgesehen waren, und die der Himmlische Vater ihm im einzelnen zeigte. Diese sandte er aus, um die gute Botschaft vom Königreich ausschließlich in den Grenzen seines Volkes Israel zu verkünden: „Geht nicht auf einen Weg der Nationen, und geht nicht in eine Stadt der Samariter; geht aber vielmehr zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.” (Matthäus 10:5 und 6)

Es stimmt uns nachdenklich, wenn wir darüber nachdenken, wen Jesus in seine Nachfolge berief: Fischer und Zöllner, - einfache und ungebildete Menschen, - die nichts mitbringen konnten, als ein aufrichtiges Herz und das Verlangen Gott zu dienen, um die Mitarbeiter und Miterben des großen Königs der Könige zu werden. Im Brief an die Gemeinde in Korinth stellt Paulus über die vom Herrn Berufenen sachlich fest: „Denn seht, eure Berufung, Brüder, daß es nicht viele Weise nach dem Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Edle sind; sondern das Törichte der Welt hat Gott auserwählt. … ” (1. Korinther 1:26 und 27)

In der überwiegenden Mehrheit wurde die Botschaft vom Königreich von den Armen, den Unterdrückten, den Suchenden und Belehrbaren angenommen, die schnell bereit waren, alles zu verlassen, ihr Kreuz aufzunehmen und Jesus Christus bis in den Tod zu folgen.

Die Einladung zur Nachfolge Christi schließt die Nationen mit ein

Ein weiterer Teil des Geheimnisses des Christus wurde offenbar, nachdem die dreieinhalb Jahre der verbleibenden Gnade für einzelne Gläubige aus dem Volke Israel vollendet waren, und Petrus durch den Geist Gottes ausdrücklich angewiesen wurde, zu den Nationen zu gehen, um Kornelius, einen römischen Hauptmann zu taufen und in die Nachfolge Christi zu berufen. Und diesmal sandte Jesus seine Jünger mit den Worten aus: „Geht nun hin und macht alle Nationen zu Jüngern, und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu bewahren, was ich euch geboten habe.” (Matthäus 28:19)

Petrus, der wie alle Juden bisher die Gemeinschaft mit den Menschen aus den Nationen gemieden hatte, mußte nun erkennen, daß Gott Seine Gnade der Einladung zur hohen Berufung auch auf die Gläubigen in den Nationen ausgestreckt hatte, und überwältigt von der Barmherzigkeit und Liebe Gottes für alle Seine Schöpfungen, stellte er fest: „In Wahrheit begreife ich, daß Gott die Person nicht ansieht, sondern in jeder Nation ist, wer ihn fürchtet und Gerechtigkeit wirkt angenehm. Das Wort, das er den Söhnen Israels gesandt hat, indem er Frieden verkündigte durch Jesus Christus — dieser ist aller Herr.” (Apostelgeschichte 10:34 und 35)

Die Einladung „Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen! Und ich werde euch Ruhe geben”, sollte nun an alle Menschen ergehen, die ein hörendes Ohr hatten und bereit waren sich zu erniedrigen, das Joch Christi aufzunehmen und ihm nachzufolgen. Von nun an sollte es für die Nachfolge keine Einschränkung geben, und ein jeder willkommen sein, ob vom Volke Israel oder von den Nationen, ob Mann oder Frau, arm oder reich, versklavt oder frei, schwarz oder weiß, alt oder jung, intelligent oder weniger intelligent. Alle, die bereit waren, der Einladung zu folgen, waren willkommen.

Paulus, der selbst von Geburt ein Jude war, und sich als solcher mehr als alle anderen Apostel den Nationen zuwandte, erkannte schnell das dem Christus innewohnende Prinzip der Gleichheit und Einheit, soweit es die Berufenen aus den Juden und den Nationen betraf. An die Gemeinde in Korinth, die in vieler Hinsicht sehr gemischt war, schreibt Paulus: „Denn wie der Leib einer ist und viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obwohl viele, ein Leib sind: so auch der Christus. Denn in einem Geist sind wir alle zu einem Leib getauft worden, es seien Juden oder Griechen, es seien Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt worden. Denn der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele.” (1. Korinther 12:13)

Wir dürfen annehmen, daß Paulus, wenn er von dem „einen, (verbindenden) Geist” spricht, den Heiligen Geist meint, der zu Pfingsten auf die in Jerusalem versammelten Apostel ausgegossen wurde, und der, wie im Psalm 133 bildlich dargestellt, im Evangelium-Zeitalter vom Haupt des Christus bis auf den Saum seines Kleides, bis zu den Fußgliedern in unserer Zeit herabgeflossen ist. Es ist der Geist der Liebe und der gemeinsamen Interessen, der den Leib belebt, der die verschiedenen Nationen, die verschiedenen Gesellschaftsschichten, die verschiedenen Charaktäre und Mentalitäten vereint, - ein Leib und viele Glieder.

Ein Leib und ein Geist - aber verschiedene Gnadengaben und Talente

Diese Einheit des Geistes der einzelnen Glieder in dem Leib des Christus besagt jedoch nicht, daß eine individuelle Einförmigkeit unter den Gliedern des Christus vorherrscht, noch sinnvoll wäre, da wir untereinander im einzelnen höchst verschiedene Charaktäre sind, die verschiedene Talente und Gnadengaben besitzen, der eine mehr und der andere weniger. Paulus spricht von den Verschiedenheiten der Gnadengaben und sagt: „Es gibt aber Verschiedenheiten von Gnadengaben, aber es (ist der) derselbe Geist; und es gibt Verschiedenheiten von Diensten, und (es ist) derselbe Herr; und es gibt Verschiedenheiten von Wirkungen, aber (es ist) derselbe Gott, der alles in allen wirkt.” (1. Korinther 12:4 - 6)

Auch wenn wir verschiedene Gnadengaben besitzen, und mit verschiedenen Talenten von Gott ausgestattet sind, werden doch alle Talente und Gnadengaben durch denselben heiligen Einfluß gelenkt, und sind alle wichtig, und dienen alle dem einen Ziel. Gott hat es in Seiner Weisheit so eingerichtet, daß in dem Christus kein Anlaß zur Selbstsucht, kein Anlaß zum persönlichen Hervortun, noch zum Bedauern gegeben ist, weil Gott die Glieder am Leibe so gesetzt hat, wie es Ihm gefiel. „Denn wer gibt dir einen Vorrang? Was aber hast du, das du nicht empfangen hast?” sagt Paulus in 1. Korinther 4:7.

Wir dürfen absolut sicher sein, daß Gott sich niemals irrt, und jedes Glied des Leibes an den Platz gestellt hat, den es im Verbund mit den übrigen Leibesgliedern ausfüllen kann, und jedes Glied mit dem Werk betraut hat, das es mit den ihm gegebenen individuellen Fähigkeiten und Talenten ausführen kann. Nicht alle haben fünf oder zwei Talente bekommen und werden auch nicht an den fünf oder zwei Talenten gemessen. Aber das eine Talent, daß ein jeder von uns als Mindestmaß bekommt, das dürfen wir nicht vergraben, sondern müssen es fleißig und zielstrebig im Werk und im Sinn des Herrn benutzen. (Matthäus 25:15 und 25 - 27)

Paulus zählt einige dieser verschiedenen Tätigkeiten und Gnadengaben im Römerbrief auf: „Denn wie wir in einem Leib viele Glieder haben, aber die Glieder nicht alle dieselbe Tätigkeit haben, so sind wir, die vielen, ein Leib in Christus, einzeln aber Glieder voneinander. Da wir aber verschiedene Gnadengaben haben nach der uns gegebenen Gnade (so laßt sie uns gebrauchen): es sei Weissagung, in der Entsprechung zum Glauben; es sei Dienst, im Dienen; es sei, der lehrt in der Lehre: es sei, der ermahnt, in der Ermahnung; der mitteilt, in Einfalt; der vorsteht, mit Fleiß; der Barmherzigkeit übt mit Freudigkeit.” (Römer 12:4 - 8)

Die Gnadengaben und Talente sind unter den Gliedern des Leibes verschieden verteilt, die einen haben mehr davon bekommen und die anderen weniger, aber alle sind nützlich und dienen auf verschiedenste Weise in dem einen Leib und dem einen Herrn. Paulus spricht von den verschiedenen Diensten und Hilfeleistungen, die die Glieder des Leibes in den Tagen der Apostels ausführten und sagt: „Und so hat Gott in der Gemeinde gesetzt erstens Apostel, zweitens Propheten, drittens Lehrer, darnach Wundertäter, sodann die Gaben der Heilung, der Hilfeleistung, der Verwaltung, verschiedene Sprachen. Es sind doch nicht alle Apostel, nicht alle Propheten, nicht alle Lehrer … .” (1. Korinther 12:28 und 29 nach Schlachter)

Laßt uns daher auch nicht den Fehler begehen, mit Selbstbedauern auf diejenigen zu schauen, die mit vielen besonderen Talenten und Möglichkeiten ausgestattet, das Werk des Herrn tun, während wir vergleichsweise, sei es durch Krankheit, hohes Alter oder andere Hindernisse bedingt, nur sehr wenig ausrichten können. Laßt uns bedenken, daß auch unter den Jüngern nicht jeder das Werk eines Paulus oder Petrus tun konnte.

„Und wer weiß”, so sagt Bruder Russell im Mannakommentar vom 08. März, „wenn die Zeit der Belohnung gekommen sein wird, welchen Anteil an dem Dienste des Paulus oder Apollos einigen der Geringen zugesprochen werden mag, die, etwa wie Aquilla und Priscilla, auf verschiedene Weise ihre befähigteren Brüder im Werk des Herrn ermutigten, sie unterstützten und ihnen dienten.”

Ein Leib, aber unterschiedliche Glieder des Christus

Also sollten wir nicht unzufrieden sein mit den Talenten und dem Anteil am Werk, die uns durch Gottes Gnade gegeben wurden. Was nützt es, wenn wir die Talente und die Gelegenheiten, die uns zum Dienst gegeben wurden, nicht nutzen und statt dessen nach anderen, vielleicht in unseren Augen angeseheneren Diensten Ausschau halten? Wie in einem menschlichen Leib nicht alle Glieder gleich sind, und nicht alle Glieder die gleiche Aufgabe haben, so ist es auch bei den Gliedern des Leibes Christi der Fall. Wenn ich nun nicht „Auge” oder „Hand” bin, gehöre ich dann nicht zum Leibe Christi? Paulus diskutiert diese Fragen in 1. Korinther im 12 Kapitel, wo er die Fragen stellt: „Wenn der Fuß spräche: Weil ich nicht Hand bin, gehöre ich nicht zum Leib: gehört er deswegen nicht zum Leib? Und wenn das Ohr spräche: Weil ich nicht Auge bin, gehöre ich nicht zum Leib: Gehört es deswegen nicht zum Leib? Wenn der ganze Leib Auge wäre, wo wäre das Gehör? Wenn ganz Gehör, wo der Geruch? Nun aber hat Gott die Glieder bestimmt, jedes einzelne von ihnen am Leib, wie er wollte.” (1. Korinther 12:15 - 18)

Ist es nicht so, daß die zwölf Apostel, die Gott zu Gliedern des Leibes Christi bestimmte, höchst unterschiedlich waren und von dem Herrn zu unterschiedlichen Diensten benutzt wurden? Nahm der Herr Jesus etwa alle Jünger mit auf den Berg der Verklärung? Sprach er nicht Petrus besonders an: „Weide meine Lämmlein!” und übertrug er nicht Johannes das Werk der Fürsorge für seine Mutter Maria? Was war aber mit den übrigen Aposteln, die wir nur namentlich kennen, und von denen die Schriften nicht mehr überliefern? Gehören sie nicht zum Leib?

Wir haben von unserem Herrn die Bestätigung, daß keiner von ihnen verloren ging, außer Judas, der „Sohn des Verderbens”, dessen Aufseheramt Paulus übertragen wurde, und daß alle zwölf Apostel zur Grundlage des geistigen Tempels geworden sind.

Unter den Gliedern des Leibes erwähnt der Apostel besonders die Augen, die Ohren, die Hand und den Fuß. „Augen und Ohren” erwähnt unser Herr im übertragenen Sinn, als er sein Volk Israel wegen ihres Mangels an Erkenntnis und Verständnis tadelte. Seine Jünger dagegen, die seine Worte angenommen hatten und ihm nachfolgten, bezeichnete er als glückselig: „Glückselig eure Augen, daß sie sehen und eure Ohren, daß sie hören.” (Matthäus 13:16)

Wir können aus diesem Zusammenhang schließen, daß „Augen und Ohren” sinnbildlich von Erkenntnis und Verständnis des Wortes und Planes Gottes sprechen, wie sie den Aposteln gegeben wurden, die das Wort der Wahrheit für uns in der ihnen gegebenen Einsicht öffneten. Auf die heutige Zeit übertragen könnte man vielleicht sagen, daß die Ältesten in den Versammlungen sinnbildlich als „Augen und Ohren” dienen, indem sie über die „Herde” wachen und das kostbare überlieferte Wort der Wahrheit lehren und gegenüber allen menschlichen Verdrehungen verteidigen.

Was wir an körperlicher Arbeit tun, verrichten wir mit den Händen. Die Hand kann daher als ein Symbol der hilfreichen Tätigkeit im Werk angesehen werden. Paulus arbeitete als Zeltmacher, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, damit er auf seinen Reisen niemandem zur Last fiel. Und auch heute gibt es unter den Leibesgliedern Geschwister, die durch ihre praktische Mitarbeit und Unterstützung geschwisterliche Versammlungen und Zusammenkünfte ermöglichen, die Bücher und Schriften weiterreichen, oder das Predigtwerk finanziell unterstützen.

Selbst dem Geweihten der anscheinend nur „hört”, und das Wort der Wahrheit in Herz und Sinnen bewahrt kann nicht abgesprochen werden ein Glied am Leib des Christus zu sein, wie wir uns überhaupt vor einer Beurteilung hüten sollten, die allein dem Herrn zusteht. Jedenfalls lobte unser Herr Jesus die Einstellung der Maria, die für eine Weile untätig zu Füßen des Herrn Jesu saß, um andächtig seinen Worte zu lauschen, vor der um vieles besorgten Marta. (Lukas 10:41 und 42)

Die Füße des Christus

Des weiteren spricht Paulus von den „Füßen”, die unter den Gliedern des Leibes vielleicht zu Unrecht als von geringerer Bedeutung erscheinen mögen als die Augen, Ohren oder Hände. Als Jesus die Füße der Jünger wusch, führte er einen der geringsten Dienste aus, die sonst nur Sklaven vorbehalten waren. Sind es nicht „die Füße”, die durch Staub und Morast wandern, deren Geruch meist als unangenehm empfunden wird, die die Last des Körpers tragen? Es mag wohl jemand mit Bewunderung feststellen, daß jemand „schöne Augen” hat, aber wer würde dies schon von den Füßen sagen, daß sie „schön” oder „lieblich” sind!? Dennoch wird den „Füßen” des Christus in der Schrift große Beachtung geschenkt, den Fußgliedern, die in Lieblichkeit wandelnd, die gute Botschaft Zion verkünden.

Von den „Füßen” oder „Fußgliedern”, die am Ende des christlichen Zeitalters leben, und die ihren Anteil an dem Erntewerk dieses Zeitalters wahrnehmen, indem sie die zeitgemäße Wahrheit verkünden, spricht die Schrift in einer fast zärtlich anmutenden Wortwahl: „Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße dessen, der (frohe) Botschaft bringt, der Frieden verkündet, der gute Botschaft bringt, der Heil verkündet, der zu Zion spricht: Dein Gott herrscht als König.” (Jesaja 52:7)

Wir sind heute mehr als zu anderen Zeiten darin gesegnet, die Botschaft vom Königreich auf vielfältige Art und Weise verkünden zu können. Wenn wir bedenken, wie die Apostel zu ihrer Zeit bei großer Hitze hungrig und durstig auf staubigen, unbefestigten Straßen und Wegen gegangen sind, um das Evangelium zu verkünden, so haben wir den Vorteil, große Entfernungen schnell und auf bequeme Art und Weise zu überwinden und können dabei ungehindert hier oder in anderen Ländern in Versammlungen zusammenkommen. Doch wie es zur Zeit Jesu war, daß nur wenige sein Wort annahmen, so ist es auch heute, in der Zeit seiner zweiten Gegenwart, von der der Herr vorhersagte: „Doch wird wohl der Sohn des Menschen, wenn er kommt, den Glauben finden auf der Erde?” (Lukas 18:8)

Auch wenn in des Herrn Augen alle Füße, die während des ganzen Evangelium-Zeitalters die Botschaft des Friedens zu anderen Menschen gebracht haben, als „lieblich” oder „schön” zu bezeichnen sind, wie die griechische Übersetzung sagt, so betrifft diese Lieblichkeit doch ganz besonders die Fußglieder, die am Ende des Evangelium-Zeitalters leben, die „Füße”, die nicht müde werden, die Botschaft vom Friedenskönigreich zu einer Zeit zu verkünden, die besonders vom Unglauben und moralischen Verfall geprägt ist, die in ihrer Verderbtheit und Gottferne mehr und mehr den Tagen Sodoms und Gomorrhas gleicht.

Kein Glied ist unnütz am Leibe, auch nicht das geringste

Paulus stellt fest, daß weder ein Glied am Leibe überflüssig ist, noch auf eines verzichtet werden kann, so unbedeutend es auch erscheinen mag. Niemand von uns würde freiwillig auf ein Auge, eine Hand oder einen Fuß verzichten wollen, aber es gibt krankheitsbedingte Umstände, die die Amputation eines Gliedes erforderlich machen.

Warum muß es die Hand oder der Fuß sein, könnte man sich bei einem solchen Anlaß fragen? Warum konnte es nicht eine der Zehen sein, die kleiner und von weniger Bedeutung sind und deren Fehlen sich nicht weiter bemerkbar macht? Vielleicht würden wir so denken. Aber in diesem Fall würden wir einem großem Irrtum unterliegen, weil auch die Zehen, so klein und unbedeutend sie uns auch erscheinen mögen, doch als Glieder des Leibes gebraucht werden, und eine bestimmte Funktion haben, indem sie mit dazu beitragen den Körper aufrecht und im Gleichgewicht zu halten. Und nicht nur das, es gehen auch von den Zehenspitzen Nerven aus, die mit den verschiedenen Organen des Leibes und dem Haupt verbunden sind.

Medizinische Berichte machen deutlich, daß sich in den Spitzen der Zehen die Nerven befinden, die mit den Augen, den Ohren und dem Verstand verbunden sind. Auf eine geistige Ebene gebracht können wir sagen, daß die Füße des Christus heute vieles sehen, hören und verstehen, was die Glieder des Leibes, die vor uns lebten, nicht verstehen konnten.

So lehrt uns dieses Beispiel vom menschlichen Leib, daß auch an dem geistigen Leib kein Glied unnütz ist oder nicht gebraucht wird, weil Gott dieses oder jenes Glied am Leib gesetzt hat, und dorthin, wo es Ihm gefiel.

„Das Auge kann nicht zur Hand sagen: Ich brauche dich nicht; oder wieder das Haupt zu den Füßen, ich brauche euch nicht; sondern gerade die Glieder des Leibes, die schwächer zu sein scheinen, sind notwendig; und die uns die weniger ehrbaren am Leibe zu sein scheinen, die umgeben wir mit größerer Ehre … .” (1. Korinther 12:21 und 22)

Es ist uns wohl einleuchtend, daß wir als Glieder des gleichen Leibes einander bedürfen, aber es ist ein wesentlicher Unterschied, wenn Paulus sagt, daß auch das Haupt der Glieder bedarf. Wir mögen uns fragen, wie ist dies möglich? Ist unser Herr nicht der König der Könige und Herr der Herren, der in allem den Vorrang hat, und vor dem sich alle Knie beugen werden im Himmel und auf Erden. Und sind wir dagegen nicht „unnütze Knechte”, auch wenn wir bestrebt sind das Rechte zu tun? Wie kann der Herr bei diesem ungleichen Verhältnis unserer bedürfen?

Möglicherweise hatte der Apostel, der hier in einer Bildersprache zu uns spricht, das Bild der königlichen Priesterschaft vor Augen, bei dem der Christus mit seinen vollzähligen Gliedern dem Erscheinungsbild des Priesters Gottes, Haupt und Leib entspricht, der, wie das Gesetz zwingend vorschrieb, makellos sein mußte. So konnte niemand dem ein Körperglied am Leibe fehlte, sei es nur der kleine Finger oder der kleine Zeh, Priester Gottes werden. Keines der Glieder, die Gott an den Leib gesetzt hat, darf daher fehlen oder ist überflüssig, so daß auch das Haupt nicht zu den Füßen sagen kann: „Ich brauche euch nicht!”

Wenn, wie uns die Schrift sagt, der Himmlische Vater nach Seinem eigenen Ermessen die Glieder am Leibe des Christus gesetzt hat und den einen zum „Auge” und den anderen zur „Hand” bestimmt hat, so ist es nicht unsere Angelegenheit noch unser Recht zu beurteilen, ob ein Glied - und sei es auch das vermeintlich schwächste - am Leibe seine Berechtigung hat oder nicht, und ob es gebraucht wird oder nicht. Es ist aber unsere Aufgabe als Glieder des Christus, daß wir einander in Liebe und Ehrerbietung begegnen - einer den anderen höher achtend als sich selbst — und daß wir uns gegenseitig stützen und unterstützen, ermuntern, und zu guten Werken anreizen.

In diesem zwölften Kapitel des Korintherbriefes wird wiederholt von dem inspirierten Apostel hervorgehoben, daß es Gottes Plan war den Christus als Haupt und Leib zur königlichen Priesterschaft zu berufen. Es ist Gott, der die einzelnen Glieder des Christus beruft und den Leib zusammenfügt. Und er tut dies nach der Ihm eigenen Weisheit unabhängig von menschlichen Gedanken, wie Paulus uns im weiteren zu verstehen gibt: „Ja, Gott hat den Leib so zusammengefügt, daß er dem weniger wichtigen Gliede desto größere Ehre zuerteilt hat, damit keine Uneinigkeit im Leibe herrsche, sondern die Glieder einträchtig füreinander sorgen. Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied besonders geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit. Ihr aber seid Christi Leib, und jeder einzelne ist ein Glied daran nach seinem Teil.” (1. Korinther 12:24 und 25 nach Menge)

Daß Gott dem „weniger wichtigen Glied” größere Ehre gegeben hat, wie können wir das verstehen? Sollten wir es nicht gerade umgekehrt erwarten, daß Gott dem „wichtigen Glied des Leibes” das aufgrund seines größeren Talentes und größeren Strebens einen höheren Anteil am gemeinsamen Werk hat, die größere Ehre unter den Leibesgliedern gibt? Doch wie wir erkannt haben, gibt es keinen Vorzug und keine Benachteiligung innerhalb des Leibes. Alle haben die gleiche Ehre, ein Glied am Leibe des Christus zu sein. Erst im Vergleich zueinander wird dem „weniger wichtigen Glied” so gesehen die „größere Ehre” erwiesen, weil ihm trotz seiner geringeren Wichtigkeit die gleiche Ehre erwiesen wird. Wenn es jedoch um die Ehre im Sinne von Aufmerksamkeit geht, so sollten wir diese besonders den schwächeren Gliedern des Leibes erweisen, und ihnen helfend zur Seite stehen, damit auch sie an Kraft und Entschiedenheit im Glauben zunehmen.

Wir können aus vielen Schriftzitaten entnehmen, wie wichtig die Einheit des Leibes des Christus ist. Dem starken Glied des Leibes steht das schwache oder geringere Glied gegenüber, und es ist die Pflicht des Starken für den Schwächeren zu sorgen. Hierin zeigt sich die von Gott ausgehende, fürsorgende Liebe, die das Haupt für die einzelnen Glieder hat, und die auch die einzelnen Glieder des einen Leibes füreinander empfinden sollten. Paulus spricht sogar von einer Pflicht, die dem stärkeren Glied für das schwächere Glied auferlegt wird, wenn er in Römer 15:1 feststellt: „Es ist aber unsere, der Starken Pflicht, die Schwachheiten der Kraftlosen zu tragen und nicht Gefallen an uns selber zu haben.” (Römer 15:1 nach Schlachter)

Wenn ein Glied leidet, so leiden alle

Wenn wir von „dem Christus” sprechen, sind in unserer Vorstellung das Haupt und der Leib gemeint. Wie das Haupt und der Leib eines Menschen untrennbar miteinander verbunden sind, so verhält es sich auch mit dem geistigen Leib. Paulus sagt von dem Leib. „Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit”, und betont damit die Einheit des Leibes. Was aber ist mit dem Haupt? Bleibt das Haupt unbeteiligt?

Sicherlich nicht, wenn wir uns der Worte erinnern, mit denen unser Herr Saulus von Tarsus auf dem Weg nach Damaskus begegnete: „Saul, Saul was verfolgst du mich?!” Saulus war unserem Herrn Jesus zuvor niemals begegnet und konnte ihn somit nicht persönlich verfolgt haben, wohl aber diejenigen, die ihm so nahe standen, daß er sie seine Brüder nannte.

Laßt uns hier den Gedanken fest einprägen, daß wir bei allem, was wir für die Brüder tun, oder was wir ihnen antun, unser Herr als das Haupt mit eingeschlossen wird. Wenn wir die Geschwister lieben und ihnen Gutes tun, so erfreuen wir nicht nur sie, sondern auch unseren Herrn. Wenn wir uns dagegen mit Argwohn begegnen und Zwietracht unter den Gliedern des einen Leibes ausstreuen, so begegnen wir dabei auch dem Haupt mit Argwohn und betrüben den Heiligen Geist.

„Wenn aber jemand einem dieser Kleinen, die an mich glauben, Anlaß zur Sünde gibt, für den wäre es besser, daß ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er in die Tiefe des Meeres versenkt würde.” (Matthäus 18:6)

Die brüderliche Liebe ist das Band, das die ansonsten so unterschiedlichen Glieder untereinander in Frieden zur Einheit verbindet. Wenn diese ausgleichende Liebe, die die menschlichen Fehler und Mängel der Mitbrüder erträgt und zudeckt, fehlt, dann entstehen leicht Zwietracht, Eifersucht und letztlich Spaltungen am Leibe des Christus.

Die ermahnenden Worte, die der Apostel Paulus an die Brüderschaft in Ephesus richtet, haben auch für uns, die wir als Fußglieder am Ende des Evangeliumzeitalters berufen wurden, ihre tiefe Bedeutung: „Ich ermahne euch nun, ich der Gefangene im Herrn: wandelt würdig der Berufung, mit der ihr berufen worden seid, mit aller Demut und Sanftmut, mit Langmut, einander in Liebe ertragend! Befleißigt euch, die Einheit des Geistes zu bewahren durch das Band des Friedens: Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen worden seid in einer Hoffnung eurer Berufung!” (Epheser 4:1 - 4)

Möge uns der gepriesene Herr die dazu nötige Einsicht und Kraft geben.



Tagesanbruch Bibelstudien- Vereinigung