Dies erwäget |
Wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden
Wenn wir über die hohe Berufung Gottes nachsinnen, so mögen wir uns die Frage stellen: Warum hat Gott dich oder mich zu dieser unbeschreiblichen Herrlichkeit und Ehre berufen, und warum ist er an anderen Menschen vorübergegangen - an Menschen, die wir vielleicht für viel geeigneter hielten? Warum finden wir unter den Nachfolgern des Herrn nur wenige hochgestellte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, nur wenige Geistesgrößen, die bei ihren Mitmenschen Bewunderung erlangen?
In seinem Brief an die Korinther stellt der Apostel Paulus fest: „Das Niedriggeborene der Welt und das von ihr verschmähte erwählt Gott, ja das, was bei ihr nichts gilt, um das abzutun, was bei ihr was gilt, damit sich überhaupt kein Fleisch vor den Augen Gottes rühmen könne.” (1. Korinther 1:28) Wir finden in diesen inspirierten Worten des Apostels die Handlungsweise Gottes wiedergegeben, die der Himmlische Vater bei der Berufung der Glieder der Herauswahl anwendet. Paulus zeigt uns das Prinzip, nach dem der allmächtige Gott beruft, indem Er nach Seiner eigenen Weisheit und nicht nach Menschenweisheit urteilt. Nach menschlicher Weisheit würden wir zu dem Schluß kommen, daß das Amt eines zukünftigen Königs und Priesters so hohe Voraussetzungen an die Person stellt, daß ungebildete Fischer und Zöllner sie nicht erfüllen könnten. Doch unser Herr, der in Harmonie mit Seinem Vater handelte, berief Fischer und Zöllner in seine Nachfolge und machte sie zur Grundlage des geistigen Tempels. Gott erwählt das, „was bei der Welt nichts gilt”. Wir könnten auch mit anderen Worten sagen: das, was in den Augen der Menschen nichts gilt. Gleichzeitig sagt der Apostel auch, daß „Gott das Niedriggeborene erwählt, um das abzutun, was bei ihr (der Welt) etwas gilt.”
Davids Erwählung
Um diese Handlungsweise Gottes besser zu verstehen zu lernen, laßt uns die Geschichte und die Umstände bei der Erwählung Davids zum König betrachten. Isai brachte seine Söhne vor Samuel, damit dieser nach dem Willen Gottes einen von ihnen zum König salben sollte. Gott hatte zu Samuel gesagt: „Lade Isai zum Schlachtopfer, und ich werde dir kundtun, was du tun sollst; und du sollst mir salben, den ich dir sagen werde.” (1. Samuel 16:3)
In Vers 6 wird berichtet, wie die Söhne Isais vor Samuel erscheinen. Und was geschieht dann? Samuel erblickt Eliab, den Erstgeborenen Isais, einen Mann, der ihm sogleich auffällt, denn Eliab ist von stattlichem Wuchs und gutem Aussehen. Und er sah Eliab und sprach: „Gewiß, vor Jahwe ist sein Gesalbter!” Samuel wartete gar nicht mehr ab, die anderen Söhne zu sehen, er war sich sicher, er war gewiß: nur dieser kann der Gesalbte sein. Es war Samuels Wahl, aber nicht Gottes Wahl. Gott hatte einen ganz anderen im Sinn, der selbst seinem Vater Isai so unbedeutend erschien, daß er ihn nicht einmal hinzugerufen hatte.
Wie wir sehen, hinderte Gott Samuel zunächst nicht daran seine persönliche Wahl zu treffen, denn Er beabsichtigte Samuel eine Lektion zu erteilen, die ihm zeigen sollte, daß Gott nach anderen Kriterien urteilt als der Mensch. „Blicke nicht auf sein Aussehen und auf die Höhe seines Wuchses, denn ich habe ihn verworfen; denn Jahwe sieht nicht auf das, worauf der Mensch sieht, denn der Mensch sieht auf das Äußere, aber Jahwe sieht auf das Herz.” (1. Samuel 16:7)
Isai hatte David, der die Herden weidete, nicht in die Auswahl unter seinen Söhnen mit einbezogen. Zu gering und zu unbedeutend erschien ihm der junge David in seinen Augen.
Isai urteilte menschlich, und wer wollte ihm das vorwerfen!? Und auch Samuel urteilte menschlich, als er Eliab wegen seiner äußerlichen Vorzüge als geeigneten Kandidaten für dieses hohe Amt ansah. Beide urteilten nach Menschenweisheit, aber Gott traf eine andere Wahl - nach Seiner Ihm eigenen Weisheit. Er erwählte David. In dieser Handlung wird uns die unterschiedliche Art und Weise vor Augen geführt, nach der einerseits der Mensch - und andererseits der Himmlische Vater urteilt. Der Mensch sieht auf äußerliche Dinge, Gott aber sieht auf das Herz. Gott sah das Herz Davids, daß es demütig und belehrbar war, und so erwählte Er ihn und erfüllte ihn mit Seinem heiligen Geist. Es sollte sich bald zeigen, daß diese Wahl richtig war. Als die Philister mit ihrem furchterregenden Zwischenkämpfer Goliath erschienen, da zeigte es sich erneut, daß Gott zur Ausführung Seiner Pläne das Niedrige und Verachtete erwählt, um das Starke zu beschämen. Wäre es nicht eine heilige Pflicht gewesen, daß Saul oder einer seiner bewährten Kämpfer sich dem unbeschnittenen Philister entgegenstellten, der Gott und die Schlachtreihen Israels verhöhnte? Aber nichts geschah; Saul zitterte - und mit ihm ganz Israel. Gott aber, der in die Herzen sieht, überwaltete die Situation auf Seine Weise, indem Er den unbedeutenden Hirtenknaben David zum Erretter und Tilger der Schmach Israels werden ließ. Und wiederum geschieht es nach dem gleichen Grundsatz, daß Gott das von der Welt Verachtete erwählt, um das Starke zu beschämen. Und es ist Eliab, der David als boshaft und vermessen beschimpft, weil David sich anbot, gegen Goliath zu kämpfen. (1. Samuel 17:28)
Warum trat nicht Eliab hervor, um die Demütigung Israels und die Verachtung seines Gottes zu tilgen? Weil er menschlich urteilte. Weil er sich sagte, daß er nicht imstande wäre mit Erfolg gegen diesen waffenstarrenden Giganten anzutreten. Und wie dachte David darüber? Glaubte er, unbewaffnet wie er war, und ungeübt als Kämpfer, Goliath besiegen zu können? Beachten wir genau, wie David die Situation beurteilte: „Jahwe, der mich aus den Klauen des Löwen und aus den Klauen des Bären errettet hat, er wird mich aus der Hand dieses Philisters erretten.” (1. Samuel 17:37) Es war also keine selbstmörderische Vermessenheit, die David dazu trieb, sich dem Goliath zu stellen, sondern die schlichte Erkenntnis und die feste Überzeugung: „Ich aber komme zu dir im Namen Jahwes der Heerscharen, des Gottes der Schlachtreihen Israels, den du verhöhnt hast. An diesem Tag wird Jahwe dich in meine Hand überliefern, und ich werde dich erschlagen und dein Haupt von dir wegnehmen.” (1. Samuel 17:45 und 46)
Ist dies nicht eine wunderbare - wir möchten fast sagen - wahrhafte christliche Einstellung, die David hier zeigt? Er übergibt sich vollständig in Gottes Hand in der glaubensvollen Überzeugung, daß Gott diese Errettung bewirken wird. David erniedrigt sich selbst und erhöht gleichzeitig Gott, indem er darauf vertraut, daß Gott auch durch den Geringsten und scheinbar Ungeeignetsten große und wunderbare Dinge vollbringen kann.
Die Berufung Saulus zum Apostelamt
Wir wollen noch ein anderes Beispiel betrachten, das uns zeigt, wie unser großer Gott nach Seiner Ihm eigenen Weisheit und Kenntnis der Herzen beruft. Die Berufung, um die es sich hier handelt, betrifft die Erwählung des Saulus von Tarsus zum Apostelsamt. Es war nach der Himmelfahrt unseres Herrn, als Petrus inmitten der Brüder das Wort ergriff und ihnen klarmachte, daß ein anderer das Apostelamt empfangen müsse, das Judas innegehabt hatte. Sie wählten daraufhin zwei Brüder aus ihrer Mitte, Josef, genannt Barsabas, und Matthias und baten Gott durch Losentscheid anzuzeigen, wer das verwaiste Aufseheramt empfangen sollte. Das Los fiel auf Matthias, und er wurde daraufhin den elf Aposteln zugerechnet. Aber dies war eine menschliche Wahl, die nicht dem Willen Gottes entsprach und vom Himmlischen Vater nicht bestätigt wurde, denn Gott hatte einen anderen im Sinn.
Saulus von Tarsus war ein erbitterter Verfolger der Jünger Jesu. Als Stefanus gesteinigt wurde, willigte Saulus in seinen Tod ein und verwahrte die Kleider derjenigen, die ihn steinigten. (Apostelgeschichte 7:54 - 59) Die Heilige Schrift bezeugt: „Saulus aber verwüstete die Versammlung, indem er der Reihe nach in die Häuser ging, und er schleppte sowohl Männer als Weiber fort und überlieferte sie ins Gefängnis.” (Apostelgeschichte 8:3) „Saulus aber, noch Drohung und Mord wider die Jünger des Herrn schnaubend” kommt nach Damaskus. Und auf dem Weg dorthin umstrahlt ihn plötzlich ein himmlischer Glanz, und eine Stimme spricht zu ihm: „Saul, Saul, was verfolgst du mich?” (Apostelgeschichte 9:4) Saul ist blind. Der Glanz der Herrlichkeit des Herrn hat ihn geblendet, und er muß an der Hand geführt werden. Er kommt zu Ananias, der sich vor dem blindwütigen Verfolger der Christen fürchtet. „Herr, ich habe von vielen von diesem Mann gehört, wieviel Böses er den Heiligen in Jerusalem angetan hat. Und hier hat er Gewalt von den Hohenpriestern, alle zu binden, die deinen Namen anrufen.” (Apostelgeschichte 9:13 und 14)
Keiner der Jünger und Nachfolger Jesu wäre auf den Gedanken gekommen, ausgerechnet diesen hartnäckigen Verfolger der Heiligen zum Apostelamt zu berufen; jeden anderen, aber doch nicht diesen! Der Herr aber berief den, den der Vater ihm zeigte. (Johannes 17:9) Der Herr aber sprach zu ihm: „Gehe hin, denn dieser ist mir ein auserwähltes Gefäß, meinen Namen zu tragen sowohl vor Nationen als Könige und Söhne Israels. Denn ich werde ihm zeigen, wie vieles er für meinen Namen leiden muß.” (Apostelgeschichte 9:15 und 16)
Gott bestätigte nicht die Wahl des Matthias, Gott erwählte Saulus. Wie unausforschlich sind Gottes Wege! Er sah das demütige Herz des Saulus und seinen Eifer für Ihn. Saulus glaubte Gott einen wohlgefälligen Dienst zu tun, als er die Versammlungen zerstreute und die Christen verfolgte, bis ihm der Herr in jener Erscheinung zeigte, daß er in eine falsche Richtung eiferte. Aber weil Saulus von Herzen demütig war, bereute er zutiefst, was er in Unkenntnis getan hatte, und aus einem Saulus wurde ein Paulus. Noch nach Jahren stellt Paulus selbstbekennend fest: „Denn ich bin der geringste der Apostel, der ich nicht würdig bin, ein Apostel genannt zu werden, weil ich die Versammlung Gottes verfolgt habe. Aber durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin. …” (1. Korinther 15:9 und 10)
Gottes Gnade für den Demütigen
Paulus bewahrte diese Herzensdemut sein ganzes Leben lang in der Nachfolge Christi. Die Heilige Schrift zeigt uns aber auch gegenteilige Beispiele, in denen Menschen, die durch Gottes Gnade erhöht wurden, aus ihrer Demut fielen. Der Lebensweg des Königs Saul ist ein solches Beispiel, das uns in vieler Hinsicht etwas zu sagen hat. Saul war von Herzen demütig, als Gott ihn zum König Israels erwählte. Später, nachdem er gesündigt hatte und ungehorsam geworden war, läßt Gott ihm durch Samuel sagen: „Wurdest du nicht, als du klein in deinen Augen warst, das Haupt der Stämme Israels?” (1. Samuel 15:17)
Es wird in der Schrift nichts darüber berichtet, ob Saul besondere Fähigkeiten besaß, die ihn für das verantwortungsreiche Amt eines Königs und Heerführer Israels besonders geeignet erscheinen ließen. Wenn wir seine eigenen Worte in Betracht ziehen, daß er von dem geringsten der Stämme Israels sei und auch aus der geringsten Familie in Benjamin stamme, so sprechen diese Worte zwar für seine Demut, nicht aber für seine Qualifikation - um es weltlich auszudrücken. Saul war demütig, als er berufen wurde, und was konnte er sonst noch vorbringen, das ihn vor allen anderen auszeichnete? Genügte es nur demütig zu sein? Saul zeigte Verzagtheit. War dies der geeignete Mann, um Israel angesichts der drohenden Gefahr durch die Philister in schwierigen Zeiten zu führen?
Wir können nur soviel sagen, daß Saul nach menschlichem Ermessen wenig geeignet war, als König über Israel zu herrschen. Und doch war er Gottes erste Wahl. Was könnten wir besseres dazu sagen, als in Jesaja 55:8 und 9 geschrieben steht: „Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege … !” Wir urteilen menschlich, wenn wir danach fragen, was Saul zum König qualifizierte, indem wir außer acht lassen, daß der Geist Gottes den Schwachen stärkt. „Alles vermag ich in dem der mich kräftigt”. (Philipper 4:13) Und so verhält es sich auch hier. Wie wir noch sehen werden, ist es Gottes Geist, der Saul befähigt, und in ihm und durch ihn das bewirkt, was der schwache Saul selbst nicht vermag.
Die prophetischen Worte Samuels, die er Saul mit auf den Weg gibt dienen uns als ein schlüssiger Beweis. Wir lesen davon in 1. Samuel 10:6 und 7: „Und du wirst … in einen anderen Mann verwandelt werden. Und es soll geschehen, wenn diese Zeichen eintreffen, so tue, was deine Hand finden wird: denn Gott ist mit dir.” Es war die Salbung des Geistes Gottes, die Saul „in einen anderen Mann verwandelte”. Gottes Geist leitete nun Saul und wirkte in ihm und durch ihn und machte ihn zu einem unerschrockenen, tatkräftigen Heerführer und König. Die Vergabe dieses göttlichen Geistes setzte Demut und Gehorsam voraus, und wir sehen, wie bald der Geist Gottes von Saul wich, als dieser ungehorsam und hochmütig wurde.
Wenn wir demütig alles in Gottes Hand legen und darauf vertrauen, daß der Geist des Vaters, der in uns als Neuen Schöpfungen wirkt, uns Kraft und Einsicht zu geben vermag, wo wir aus eigener Kraft nichts tun könnten, so werden wir nach Seinem Willen wandeln und Seinen Willen tun. Bei unserem „Eignungstest” für die hohe, himmlische Berufung fragt uns der Himmlische Vater auch nicht (wie dies in der Welt üblich ist): Was kannst du vorweisen, welche Referenzen und Zeugnisse besitzt du, welche Schulen und Lehrgänge hast du besucht, woher kommst du und welche Sprachen sprichst du. Nein, Er fragt uns nur eines: Bist du von Herzen demütig und belehrbar, und erkennst du an, daß du ein Sünder bist? Und glaubst du an meinen Sohn, den Christus, daß er dich mit seinem Blut erkauft und frei gemacht hat? Es ist eine Gnade, die wir umsonst und unverdient empfangen haben, und auf die wir keinen Anspruch haben. „Denn alle haben gesündigt und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes, und werden umsonst gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christo Jesu ist.” (Römer 3:23 und 24)
Der Himmlische Vater möchte, daß wir ein festes Vertrauen entwickeln, aber nicht in unsere eigenen Fähigkeiten, sondern in Ihn und unseren Herrn als unserem Fürsprecher. Wir sollen Vertrauen entwickeln in Seinen umgestaltenden Geist, der in der Neuen Schöpfung wirkt und uns zu einem „neuen Mann” macht. Aber manchmal sind wir uns dieser Tatsache nicht bewußt, besonders dann, wenn in uns der Gedanke aufsteigen sollte: Ich kann dieses hohe Ziel bestimmt nicht erreichen. Ich bin nicht intelligent genug, um dieses oder jenes zu verstehen, und ich habe auch nicht die Kraft, um alles so vollkommen zu tun, wie es die Schrift von mir fordert. Sollten wir verzagt sein, weil wir uns zu schwach oder zu unbedeutend fühlen? Unterstellen wir unserem Himmlischen Vater nicht damit, daß Sein Heiliger Geist, der in uns wirkt, nicht imstande ist, uns nach Seinem Willen umzugestalten? Sollten wir nicht lieber alles, was in unserer Macht steht, tun, und das Übrige dem Herrn überlassen? Zweifeln wir doch nicht daran, daß Gottes Geist, der sich in einem Saul und einem David mächtig erwies, auch in uns mächtig wirken kann und imstande ist uns zu dem Werk zuzubereiten, zu dem Er uns vorgesehen hat! Es ist nur allzu verständlich, daß wir gegenüber den erhabenen Gesetzen Gottes unsere eigene Ohnmacht und unser Zukurzkommen um so mehr fühlen und erkennen. Aber diese kritische Einsicht ist auch nicht umsonst und ohne Grund, denn sie zeigt uns mit aller Deutlichkeit, was der Herr uns lehrte: „Ohne mich könnt ihr nichts tun!” Ja, es ist gerade diese Erkenntnis, daß wir aus eigener Kraft nichts tun können, die unsere Herzen mit größter Dankbarkeit für die Hilfe des Herrn erfüllt, so daß wir unsere einzige Hoffnung in das erlösende Blut unseres Herrn setzen. Es scheint, daß der Apostel Paulus diesen Gedanken im Sinn hatte, als er in seinem Brief an die Korinther schrieb: „Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.” (2. Korinther 12:10)
Immer dann, wenn wir uns unserer Schwachheiten und unseres Zukurzkommens voll bewußt werden, werden wir unser ganzes Vertrauen in den Herrn setzen. In diesem Fall sind wir stark im Geist, denn der Herr wünscht, daß wir dies anerkennen. Umgekehrt würde ein Starksein in unseren eigenen Augen einen Geist der Selbstsicherheit und Selbstzufriedenheit offenbaren, und wir würden dann nur wenig Veranlassung haben den Himmlischen Vater zu ehren und um Seine Hilfe zu bitten. Dieser weltlich hochmütige Geist kann unseren Himmlischen Vater und unseren Herrn nicht erfreuen. Der Apostel Jakobus gibt diese Erkenntnis an uns weiter: „Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt er Gnade.” (Jakobus 4:6)
Wie zutreffend diese Feststellung ist, daß Gott dem Hochmütigen widersteht, mag uns auch das Gleichnis unseres Herrn vom betenden Pharisäer und Zöllner lehren. Der Pharisäer - hochmütig und selbstgerecht - zeigte kein Verlangen nach der vergebenden Gnade Gottes. Für ihn schien kein Bedarf nach Vergebung vorhanden zu sein, denn er war ja in allem „vorbildlich” und nicht wie jener Zöllner. Der Zöllner dagegen erkannte seine Nichtigkeit und sein Zukurzkommen und suchte sich nicht zu rechtfertigen, sondern setzte seine ganze Hoffnung in Gott, indem er sprach: „O Gott, sei mir, dem Sünder, gnädig!” Der Herr betonte, daß jener Zöllner gerechtfertigt von dannen ging. Wir können zwei wesentliche Reaktionen bemerken, die in den Augen Gottes und unseres Herrn zur Rechtfertigung des Zöllners von Bedeutung waren. Zum einen bekannte er sich offen vor Gott als Sünder, und zum anderen bereute er sein Zukurzkommen zutiefst und erflehte von Gott die Vergebung seiner Sünden.
Seine Sprache war die des Herzens - und nicht der Worte. Der Pharisäer dagegen pries sehr wortreich seine Vorzüge vor Gott an, aber sein Herz war leer. Unser Herr zieht das Fazit aus dieser Geschichte mit den Worten: „Denn jeder, der sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden; wer aber sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.” (Lukas 18:14)
Wir bemerken, daß sich dieser göttliche Grundsatz durch den ganzen Erlösungsratschluß hindurchzieht und uns sowohl im Alten- als auch im Neuen Testament in Bildern gezeigt wird. Auch unser Herr, der im Mittelpunkt des göttlichen Planes steht, mußte sich zuerst selbst erniedrigen, bevor der Himmlische Vater ihn erhöhte. Im Brief an die Philipper bezeugt Paulus dies mit der Feststellung: „welcher, da er in Gestalt Gottes war, es nicht für einen Raub achtete, (nicht nach Raub trachtete) Gott gleich zu sein, sondern sich selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm, indem er in Gleichheit der Menschen geworden ist, und - in seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden - sich selbst erniedrigte, indem er gehorsam ward bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz. Darum hat Gott ihn auch hoch erhoben und ihm einen Namen gegeben, der über jeden Namen ist, damit in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge bekenne, daß Jesus Christus Herr ist, zur Verherrlicheung Gottes, des Vaters.” (Philipper 2:6 - 11)
Ich will mich gleichmachen dem Höchsten
Die Heilige Schrift zeigt uns auch den tiefen Fall des Engelfürsten Luzifer, der sich selbst erhöhte, indem er sich als ein Machträuber dem Höchsten gleichmachen wollte, worüber der Prophet Jesaja berichtet, wenn er feststellt: „Wie bist du vom Himmel gefallen, du Glanzstern, Sohn der Morgenröte! Wie bist du zu Boden geschmettert, Überwältiger der Nationen! Und du, du sagtest in deinem Herzen: „Zum Himmel will ich hinaufsteigen, hoch über den Sternen Gottes meinen Thron aufrichten und mich niedersetzen auf den Versammlungsberg im äußersten Norden. Ich will hinaufsteigen auf Wolkenhöhen, dem Höchsten mich gleich machen.” - Doch in den Scheol wirst du hinabgestürzt, in die tiefe Grube.” (Jesaja 14:12 - 15) Satan hat diesen Gedanken der Selbsterhöhung beharrlich weiterverfolgt, und suchte dabei Gottes Prinzip der Selbsterniedrigung zu durchkreuzen. In Matthäus 4:8 - 10 wird uns davon berichtet, wie der Teufel unseren Herrn auf einen sehr hohen Berg versetzt und ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit zeigt. Und der Widersacher Gottes versucht Jesus vom Wege der Selbsterniedrigung abzubringen: „Alles dieses will ich dir geben, wenn du niederfallen und mich anbeten willst.” Wiederum versucht Satan sich selbst zu erhöhen und gleichzeitig unseres Erlösers Selbsterniedrigung gegenüber seinem Himmlischen Vater zu verhindern. Aber der Herr widersteht diesem raffiniert ausgedachten Plan mit den Worten: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen.“
Und noch ein weiteres Mal sehen wir den Widersacher aktiv werden. Dieses Mal wendet er die gleiche Taktik bei den Nachfolgern des Herrn in der noch jungen Kirche an. Und er hat insoweit Erfolg, daß er die Sünde der Selbsterhöhung in die bis dahin jungfräuliche Kirche hineintragen kann. So entsteht und wird allmählich offenbar „der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens, welcher widersteht und sich selbst erhöht über alles, was Gott heißt oder ein Gegenstand der Verehrung ist, so daß er sich in den Tempel Gottes setzt und sich selbst darstellt, daß er Gott sei.” (2. Thessalonicher 2:3 und 4)
Es entsteht das Papsttum, das sich selbst erhöht und über Könige und Königreiche zu herrschen beginnt. Sein Haupt ist der Bischof von Rom, der sich folgende anmaßenden und Gott entehrenden Titel zulegte: „Heiliger Vater”, „göttlichstes aller Häupter”, „Stellvertreter Christi”, „unumschränkter Priester”, „Beherrscher des Hauses des Herrn”, „unfehlbarer Papst”. Ist es damit Satan gelungen, Gottes Absichten zu durchkreuzen? Nein! Während all der Jahrhunderte der Unterdrückung und Verfolgung durch das Papsttum hat es Nachfolger des Herrn gegeben, die ihre Knie nicht vor diesem babylonischen System gebeugt haben. Als wahre Nachfolger Christi gingen sie den Weg der Selbsterniedrigung bis zur bitteren Konsequenz eines schmachvollen, gewaltsamen Todes, indem sie der Worte des Erlösers gedachten: „Wer sein Leben findet, wird es verlieren, und wer sein Leben verliert um meinetwillen, wird es finden.” (Matthäus 10:39)
Daß der Himmlische Vater dieses entartete System und mit ihm seinen Verursacher nicht sogleich vernichtete, hatte seinen guten Grund, denn nur auf diese Weise konnte die Spreu vom Weizen getrennt werden. Gott hätte den Widersacher sogleich vernichten können, aber Er beabsichtigte, ihn noch bestehen zu lassen, um ihm Seine ganze Machfülle und die Weisheit Seiner Entscheidungen vor Augen zu führen zur Verherrlichung Seines heiligen Namens. Die Heilige Schrift offenbart uns diese Beweggründe in Form eines vorbildlichen Dialogs, den Gott durch den Mund Moses mit dem Pharao - einem Vorbild des Satan - führt:
„Denn jetzt hätte ich meine Hand ausgestreckt und hätte dich und dein Volk mit der Pest geschlagen, und du wärest vertilgt worden von der Erde; aber eben deswegen habe ich dich bestehen lassen, um dir meine Kraft zu zeigen, und damit man meinen Namen verkündige auf der ganzen Erde.” (2. Mose 9:15 und 16) Ich habe dich bestehen lassen, um dir meine ganze Kraft zu zeigen. Diese Kraft oder Macht Gottes - besteht sie nicht in der Berufung und Erwählung der Kirche, deren Vollendung der Widersacher mit allen Mitteln zu verhindern sucht? Sind es nicht die Glieder des Christus, die mit ihrem Herrn als ihrem Haupt „der Schlange den Kopf zermalmen werden”? (1. Mose 3:15)
Hier offenbart sich die unbegreifliche Kraft und Weisheit Gottes. Es ist ein Zeichen der unbegrenzten Machtfülle Gottes, daß der Himmlische Vater zur Vernichtung Satans und seines Systems kein Heer von mächtigen Geistwesen einsetzt, sondern dazu schwache und bedeutungslose Menschen beruft - Habenichtse, die von der Welt übersehen und verachtet werden. Ist es nicht ein Zeichen grenzenloser Macht, wenn der Himmlische Vater diese schwachen Menschen durch Seinen Heiligen Geist nach Seinem Willen umzugestalten vermag? Und geschieht dies nicht durch die „Torheit der Predigt”, die mit dazu beiträgt? Ja, dies alles vermag der Geist Gottes, der in den Schwachen wirkt.
Wir, die wir mit unserem begrenzten menschlichen Verstand nur einen Hauch von der wirklichen Weisheit und Allmacht des Schöpfers wahrnehmen können, sollten verstehen, daß wir aus eigener Kraft nichts bewirken können, und diese Erkenntnis sollte uns sehr demütig machen. Wir sollten erkennen, daß wir tatsächlich nur „unnütze Knechte” sind. Wenn wir dies erkennen, werden wir bereit sein, alles in Gottes Hände zu legen. Als ein liebevoller Vater wird Er unser Vertrauen in Ihn niemals enttäuschen. Enttäuschen auch wir Ihn nicht! Lassen wir uns durch Seinen Geist allezeit leiten! Demütigen wir uns unter die mächtige Hand Gottes, wie der Apostel Petrus uns rät, „auf daß er uns erhöhe zur rechten Zeit, indem wir alle unsere Sorge auf ihn werfen, denn er ist besorgt für uns.” (1. Petrus 5:6)
Sich in der Hand eines solch liebevollen und mächtigen Verbündeten zu wissen, gibt uns Frieden und Sicherheit, die uns die Welt nicht geben können. Wenn wir uns vertrauensvoll unter den göttlichen Schutz begeben, vermag uns nichts und niemand aus Seiner Hand zu rauben. Woher nehmen wir diese Sicherheit? Nun, es ist unser geliebter Herr, der uns diese trostreiche Versicherung gibt. In Johannes 10:27 - 29 lesen wir: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir … und niemand wird sie aus meiner Hand rauben. Mein Vater, der sie mir gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann sie aus der Hand meines Vaters rauben.” Nichts kann uns aus der Hand Gottes und unseres Herrn rauben, wenn wir unsererseits demütig dem Herrn nachfolgen und auf seine Stimme hören, „denn er ist besorgt für uns.” Mögen wir dies niemals vergessen!