Behüte dein Herz!

„Behüte dein Herz mehr als alles, was zu bewahren ist, denn von ihm aus sind die Ausgänge des Lebens.” - Sprüche 4:23

Nichts könnte uns besser unsere Verantwortung gegenüber dem Schöpfer und dem, was Er uns anvertraut hat, zeigen, als die Aufforderung des weisen Predigers: „Behüte dein Herz mehr als alles!”

In dieser Aufforderung und warnenden Ermahnung liegt für uns der klare Beweis, daß wir selber die Schmiede unseres Glückes sind. Daß in unsere eigene Hand, in unseren eigenen Willen die wichtigsten und letzten Entscheidungen über unser zukünftiges Ergehen, über unsere Stellung vor Gott, ja über Tod und Leben gelegt sind. Denn von ihm, dem Herzen aus, sind die Ausgänge des Lebens.

Unsere Herzen beschäftigen sich mit vielen Dingen; ähnlich einem munteren Bächlein, das hoch im Gebirge entspringt, mit tausend scheinbar unnötigen Windungen und Umwegen sich den Weg talwärts sucht, scheinbar ziellos und doch unweigerlich und stetig dem schließlichen Ziele, dem Meere, sich nähernd.

Eine vergleichbare Gesetzmäßigkeit ist auch unseren Herzen auferlegt. Zwei mögliche Ausgänge sind es, in die unseres Herzens Trachten und Mühen ausmünden kann: Entweder gehen wir ein in das ewige Leben, indem wir des Herrn: „Wohlgetan du guter und getreuer Knecht” hören dürfen - oder aber „ein böses und träges Herz”, beladen mit allem Ballast dieser Welt, führt uns hinaus aus dem Licht der Wahrheit, hinein in die Finsternis des Irrtums, der Sünde und Unreinheit und letzten Endes in den Tod.

Das ist die göttliche Art, uns selber entscheiden zu lassen, was wir wollen, was wir uns wünschen, wonach wir uns richten.

Es geht sowohl im negativen, wie im positiven Sinne stets nach dem göttlichen Grundsatz: „Dir wird geschehen nach deinem Glauben!”

Das, was wir glauben, das wird uns werden. Wer kärglich säet, wird kärglich ernten. Wer auf sein Fleisch säet, wird vom Fleische Verderben ernten. Wer aber für den Geist säet, wird vom Geiste ewiges Leben ernten. Galater 6:8

Das sind diese „Ausgänge des Lebens”, von denen der Prediger redet. Und das Wort zeigt mit aller Deutlichkeit, daß die Entscheidung darüber bei uns liegt.

Unsere zukünftige Stellung vor Gott ist wohl von Ihm vorhergesehen; aber eines ist gewiß, daß es unser Wille, unser Herz sind, die die Entscheidung so oder so herbeiführen werden.

Selbstverständlich ermöglicht uns nur göttliche Gnade den Sieg. Aber diese Gnade wirkt nie gegen unseren Willen, wird uns nie zuteil, ohne daß wir sie auch begehren. Wohl zieht uns der Vater zum Sohne, aber auch das nicht gegen unseren eigentlichen tiefsten Willen, und nicht gegen unsere Absicht. Es ist hier eben in unserem Verhalten zu unterscheiden zwischen Schwachheit und bösem Willen.

Der Mensch mag viele Entscheidungen treffen in seinem Leben, ohne sich ihrer Tragweite und Wichtigkeit oder des Fehlens oder falschen Funktionierens einer Kontrolle über sein Tun und Denken bewußt zu sein; wir Gläubigen aber sind aufmerksam gemacht, wir sind gewarnt worden; wir sollen und müssen wissen, daß Leben und Tod in unsere eigene Hand gelegt sind. In freier Willensentscheidung; können wir unseren Weg wählen.

Gewiß ist unser Herz, das heißt unser Denken und Fühlen, unsere Vorstellungskraft, unsere Gefühlswelt, der empfindlichste und verwundbarste Teil unseres Wesens.

Deshalb konzentrieren die weltlichen und die dämonischen Kräfte ihre Angriffe auf diese so wichtige Zentrale unseres Wesens. Nachdem wir unsere Herzen durch die Kraft des Glaubens gereinigt und den alten „Sauerteig der Bosheit” entfernt haben, kann doch unser Herz von außen her wieder verunreinigt werden.

Wir alle wissen, welche Kraft der Verführung zur Sünde eigen ist, wie groß und durchtrieben die List ihrer Versuche, bei uns wieder Einlaß zu finden, wie unermüdlich die Angriffe, wie überzeugend und klug ihre Argumente, um uns zu überlisten, zu verstricken, sind.

Deshalb die nach wie vor gültige Mahnung des Herrn und der Apostel: „Wachet!” „Seid wachsam, denn der Teufel geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge!”

Das Entscheidende dabei ist, welchen Einflüssen wir erlauben, auf unser Herz einzuwirken. Das klingt ein wenig großspurig und überlegen gegenüber dem Zwang der Verhältnisse, denen wir meist ausgesetzt sind. Wie oft können wir unsere Umgebung und ihre Einflüsse nicht selber bestimmen! Gewiß ist aber auch, daß wir vielen bösen Einflüssen ausweichen können. Wir meiden böse Menschen und alle Gelegenheiten, die uns geistig schädigen können. Und wir suchen so viel wie möglich Kontakt mit Gleichgesinnten. Dazu dient uns die Versammlung.

Auf dieses Zusammenkommen hat der Herr Seine besondere Verheißung gelegt, indem Er sagt: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen”.

Das ist es, was unseren Herzen die Festigkeit gibt. Vorab aber ist es die persönliche Gemeinschaft mit dem Herrn in Herz und Geist, die uns bewahrt.

Es ist ja klar, wenn wir unser Herz mit guten Einflüssen füllen, kann das Böse nur schwer Eingang finden, weil eben kein Platz mehr für anderes da ist.

„Ihr seid aus Gott, Kinder, und habt sie (die Welt) überwunden, weil der, welcher in euch ist, größer ist, als der, welcher in der Welt ist.” 1. Johannes 4:4

An uns liegt es also vor allem, daß wir unser Herz völlig dem Herrn öffnen und uns völlig und ohne innere Vorbehalte in Seine Hand geben. Das ist natürlich ein Akt des Glaubens. Um diesen völligen Glauben zu erlangen, müssen wir das Trägheitsmoment unserer Herzen zu überwinden vermögen.

Ja, diese „Trägheit der Herzen” hat sich schon immer als die Kette erwiesen, womit wir - und alle Menschen - vom Höhenflug des Glaubens abgehalten worden sind.

Der Mensch klebt immer an der Erde und hängt sein Herz an Niedriges und Kleinigkeiten: An Geld, an Eigentum, an gut gefüllte Vorratsschränke, an Ländereien, an Ansehen bei den Menschen, an Ehre, an Wohlergehen und Vergnügen. Oder er legt sich eine bequeme Philosophie zurecht, die vermeidet, das Gewissen zu berühren, und versucht, die Fallgrube des Bösen mit Blumengebinden zu verdecken.

Diese Trägheit der Herzen hat schon den Herrn tief betrübt, als er auf Erden war. Und welch ermüdenden Kampf kostete es ihn, um wenigstens seine Jünger zu befähigen, geistige Dinge zu erkennen und daran zu glauben.

Wie sagt doch der Herr zu den Jüngern von Emmaus? „O, ihr Unverständigen und trägen Herzens, zu glauben an alles, was die Propheten geredet haben!” Lukas 24:25

Hat nicht gerade die Herzensträgheit die Juden daran gehindert, ihren Messias zu erkennen?

Sie, die Juden von damals, haben nach der falschen Richtung hin Ausschau gehalten, den Messias zu erwarten. Sie hielten Ausschau nach einem Messias ihrer Prägung, das heißt nach einem gewaltigen König, nach einem Kriegshelden, der der römischen Kriegskunst gewachsen wäre - kurz, nach einem Machthaber dieser Welt. Stattdessen erschien ihr wahrer Messias still und klein, arm und bescheiden, geboren in einem Stall als Sohn armer, schlichter Eltern. Da gab es keine Propaganda, keine äußere Pracht, keine Machtentfaltung, gar nichts, was der Denkweise und den Wertvorstellungen der Juden entsprochen hätte.

Wir sehen, die Trägheit der Herzen verhinderte, die Richtung zu erkennen, aus der der Herr zu seinem Volke kam. Sie erwarteten etwas für das Auge; er aber brachte ihnen eine frohe Botschaft, die geeignet war, zerbrochene Herzen zu verbinden, zerschlagene Geister wieder aufzurichten, und zu trösten alle Trauernden. Sie aber wollten ihn nicht, weil sie die Finsternis mehr liebten als das Licht.

Weil die Wahrheit Gericht bedeutet, weil sie Umkehr fordert von falschen und bösen Wegen, und weil sie das menschliche Herz aufdeckt und offenbar macht, war sie ihnen unbequem.

Und heute?

Erneut begibt sich der Messias zu seinem Volke, den Juden. Doch diesmal als König, nicht als Sohn eines Zimmermannes; als der, der die Herrschaft dem Fürsten dieser Welt entrissen hat, als der, der nun sein Erbe antreten will. Aber ist sein Volk bereit, ihn diesmal willig zu empfangen?

Wir glauben nicht, daß sie schon bereit sind. Noch ist ihr bitterer Leidensweg nicht zu Ende; noch immer blicken sie in die falsche Richtung nach Rettung aus.

Worauf stützen sich die Juden heute? Ist es nicht das Geld, das ihnen aus Amerika reichlich zur Verfügung gestellt wird? Und sie stützen sich auf ihre Intelligenz, auf ihr Organisationstalent, auf den Pioniergeist ihrer Jugend, die mit wahrem Eifer stets neue Siedlungen in Israel schafft.

Geld, Intelligenz, Organisation, Begeisterung für nationale Ideale, Waffen, das sind die Mittel, mit denen die Juden wiederum im verheißenen Land verweilen, dem Land ihrer Vater, aus dem sie vertrieben wurden, weil ihre Herzen nicht bereit waren, den Messias, den Gottgesandten, anzunehmen.

Heute kämpfen die Juden einen Verzweiflungskampf, bedroht von Feinden, die unerbittlich und grausam die Ausrottung des Judentums beabsichtigen. Unsere Herzen, unsere innige Anteilnahme sind bei den Juden, weil sie, wie wir, ein „Volk Gottes” sind. Ihr Gott - unser Gott - wird ihre Ausrottung nicht zulassen; aber Er will auch, daß sie mehr als irgendein Volk unter anderen Völkern sind - sie sollen nicht wie diese in die sündenbeladene Weltpolitik verflochten sein. Es tut uns weh zu sehen, daß ihr Leidensweg noch nicht zu Ende sein kann.

Noch und stets läßt Gott sie in die Enge, in die Ausweglosigkeit treiben, bis ihre Herzen sich erweichen, bis aller menschliche Stolz und Hochmut von ihnen abfallen, bis sie sich endlich abwenden von der Überschätzung des Geldes, von der Überheblichkeit menschlicher Weisheit, vom Glauben an die Macht der Waffen und von der hochmütigen Meinung, sich ohne Gott helfen zu können. Jede Stütze, jeder Halt wird in ihrer Hand zerbrechen, bis sie endlich, endlich, innerlich gedrängt, umkehren und zerbrochenen Herzens und gebeugten Geistes hinblicken auf ihren Messias, den sie so lange nicht haben anerkennen wollen.

Erst dann wird der Messias endlich sein Werk an ihnen vollenden können; nun erst wird er diese, die er wegen ihrer Herzenshärte so furchtbar schlagen mußte, heilen können; nun erst werden sie ihr Land zurückerhalten. Nicht durch eigene Hand erobert oder erlistet, nicht durch einen Beschluß der Vereinten Nationen, weder durch Geld, noch durch Waffen, sondern aus Gottes eigener Hand wird ihnen ihr Erbteil zurückerstattet werden.

Dann aber wehe jeglichem Bedränger dieses zu Gott heimgekehrten Volkes! Er, der Herr selbst, wird sich nun vor dieses Volk stellen und für es streiten.

Denn dann wird das Gericht von den Juden auf die Nationen hinüberwechseln - nun werden sie an die Reihe kommen. Auch hier müssen die versteinerten Herzen erweicht, muß der stolze, überhebliche Geist gedemütigt werden, dieser Geist, der Gott nicht anerkennen und nichts von ihm wissen will.

Und so wird es sich zeigen, daß das Volk der Juden nicht deshalb leiden mußte, weil es böser als die übrigen Völker gewesen wäre, sondern deshalb, weil Gott dieses Volk gebraucht, um den anderen Völkern gleichsam einen Spiegel vorzuhalten, damit sie sich darin erkennen und Buße tun möchten wegen all ihrer Sünden.

Noch gibt es wenige Herzen, die wegen der göttlichen Wahrheit in Wallung und Schwingung geraten. Ja, auch in sehr christlichen Kreisen mag es wohl viele geben, deren Lampen nicht brennend und deren Herzen ohne wachsame, ungeduldig-freudige Erwartung des Herrn sind. Wie nahe aber ist schon der Bräutigam! Das dramatische Geschehen um das Volk Israel ist für uns wie ein Signal des wiedergekommenen Herrn.

Der Wille, den Glauben zu verwirklichen, wird aber jedoch oft gehindert oder sogar gelähmt durch die bremsende Wirkung weltlich-kluger Erwägungen. Der Glaube stellt uns auf eine höhere geistige Ebene, so daß wir die Dinge fortan mit den Augen des Geistes zu bewerten und zu beurteilen vermögen.

Unser geistiges Erleben gleicht ein wenig dem des Bergsteigers. Der Glaube trägt uns höher, immer höher; weit unter uns liegen die menschlichen Siedlungen, die Dörfer und Städte mit all dem Treiben geschäftiger Menschen, hin und her getrieben von ihren Vorhaben, ihrem Wollen, ihren Absichten, Begierden und Berechnungen. Ihr Sinn ist erdwärts gerichtet, dem Boden verhaftet, auf dem sie gehen. Sie alle erkennen die geistige Bedeutung ihrer Zeit nicht, obwohl es eine Zeit der Heimsuchung und Prüfung ohnegleichen ist.

Ist es uns als Christen, als Neuen Schöpfungen, allezeit bewußt, daß wir in einer Zeit der Entscheidungen leben, daß alle Dinge heute gewogen werden auf Gottes Waage, und daß, was als zu leicht befunden wird, verbrennen soll?

Die Glieder der Kirche, der Brautklasse, so weit sie noch auf Erden sind, sie stehen vor allem heute auf Gottes Waage; denn muß nicht die Kirche zuerst bereitet, vollzählig und vollendet sein, ehe diese Weltordnung vollends aus den Fugen gerät? Ja, ehe die Gnade völlig zu Israel zurückkehren kann, muß das geistige „Israel aus den Nationen” vollendet sein.

Ernster denn je richten wir deshalb an uns die Gewissensfragen: Wo stehen wir? Sind wir noch teilweise verbunden mit dem Geist der Welt? Ist ihr Standpunkt noch der unsere? Ist ihr Denken unser Denken, ihr Handeln unser Handeln?

Oder haben wir es gewagt zu glauben? Haben wir uns hinaus- und hinaufführen lassen durch den Geist Gottes zu Gottes heiligem Berge?

Wohl uns, wenn dem so ist. Wenn nicht Trägheit des Herzens uns vom Glaubensweg abzuhalten vermochte - dann werden wir zu seiner Zeit ernten, wenn wir nicht ermatten.

„Es ist das Herz ein trotzig und verzagt Ding”. (Jeremia. 17:9 nach der Luther - Übersetzung) Und wir würden dieses trotzige und verzagte Ding nie meistern, wenn uns nicht Gottes überströmende Gnade dazu geschenkt würde. Aber an uns liegt es, zu wollen, daß uns geholfen werde. Unsere Stellung vor Gott hängt von unserer richtigen Einstellung dem Helfer gegenüber ab. Beachte Markus 9:23 - 24: „Aber wenn du etwas kannst, so erbarme dich unser und hilf uns!” Jesus aber sprach: „Das ’wenn du kannst’ ist, wenn du glauben kannst; dem Glaubenden ist alles möglich”. Und alsbald rief der Vater des Kindleins und sagte mit Tränen: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben”.

Gleich wie dieser Vater das Skeptische, Ungläubige und Kleingläubige in seinem Herzen bezwang, so müssen auch wir dem Herrn in unserem Herzen vermehrten Platz einräumen dadurch, daß wir die weltlich-klugen Erwägungen und Bedenken forttun, daß wir den Ballast abwerfen, welcher dem Glauben den Weg versperrt.

So kann und will auch uns der Herr helfen, wenn wir bitten: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben!” Und er wird uns den Glauben mehren wie seinen Jüngern. (Lukas 17:5 - 6)

So verstehen wir, daß wir unser Herz mehr als alles, was uns kostbar ist, behüten müssen; denn von ihm aus sind die Ausgänge des Lebens. Im Herzen fällt die Entscheidung darüber, ob wir Berufung und Erwählung festmachen können, und ob wir Geliebte unseres Himmlischen Vaters sein und bleiben dürfen.

„Wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein.” Möge Gott uns Gnade schenken, daß unser Herz zwischen einem Linsengericht und dem kostbaren geistigen Erbteil richtig wähle!



Tagesanbruch Bibelstudien- Vereinigung