Komm her!

„Komm, ich will dir die Braut, das Weib des Lammes, zeigen!” - Offenbarung 21:9

Der Apostel Paulus erzählt uns, daß Gott durch Seinen Geist Seinem erwählten Volk in diesem Zeitalter die Längen, Breiten, Tiefen und Höhen der verborgenen Schätze Seiner Gnade und Wahrheit geoffenbart habe, Dinge, die weder das natürliche Auge gesehen noch das natürliche Ohr gehört haben, welche Gott für die in Bereitschaft hat, die ihn lieben. Der Ausdruck „Komm her!” ist sehr ausdrucksvoll für die Einladung, durch Glauben zu einer Höhe und Stellung zu gelangen, von der aus eine großartige geistige Aussicht auf die zukünftigen Werke und Entwicklungen des göttlichen Planes vorhanden ist. Dies schließt auch die Sicht auf die erhabene Vollendung ein, durch die alle Dinge im Himmel und auf Erden unter das eine göttlich bestimmte Haupt gebracht werden. Johannes, der die Stimme vom Himmel hörte, die ihn einlud, herzukommen und gewisse zukünftige Dinge zu sehen, mag hier die wahre Kirche darstellen. Ganz besonders sogar jene Glieder, die in den letzten Stunden dieses Zeitalters leben, und die durch den Glauben weit über den irdischen Gesichtspunkt und über die natürliche irdische Gesinnung emporgehoben worden sind. Er mag solche darstellen, denen es gewährt wurde, den göttlichen Plan in seinem ganzen Umriß zu erkennen und weit mehr als jemals zuvor im Evangeliumszeitalter zu verstehen.

Heilige, welche vorangeschritten sind

Alle Heiligen während des vergangenen Zeitalters haben, während sie als gute Streiter um Seines Namens willen viele Schwierigkeiten erduldeten, die Glückseligkeit des Wandels mit Gott und die Köstlichkeit der Gemeinschaft mit Christus erfahren.

Unter vielen Hindernissen und Gefahren für den Glauben auf ihrem Weg sind einige Wenige abseits von der Welt in Demut und Liebe gewandelt, geleitet von dem großen Hirten der Schafe. Sie wurden ernährt durch seine kostbaren Verheißungen, getröstet in den dunkelsten Stunden durch seine liebevolle Stimme, und erfreut und fröhlich gemacht durch seine Anerkennung. Indem sie seiner Stimme lauschten und ihr gehorchten, fühlten sie, daß es nicht nur einen gegenwärtigen, sondern auch einen zukünftigen Lohn gibt, obgleich sie nur wenig davon verstanden, zu welcher hohen Herrlichkeit sie berufen worden waren. Indem sie inmitten einer verkehrten und verdorbenen Welt mit Gott wandelten und ihre Kleider bis zum Ende ihrer Pilgerschaft unbefleckt von der Welt bewahrten, entschliefen sie in Jesu Christo. In den Augen des Herrn ist der Tod seiner Heiligen stets kostbar gewesen. Solche wurden bei seinem Kommen in seiner Gleichheit auferweckt.

Mit einem geheiligten Andenken erinnern sich die Heiligen in der Gegenwart an diejenigen, deren Worte und Handlungen gesegnete Zeugnisse von der Wirksamkeit der göttlichen Gnade und liebevollen Ermahnung an andere, treu bis zum Tode zu sein, waren. Aber jene Heiligen genossen nicht den herrlichen Ausblick, der jetzt unser Vorrecht ist. Wir leben einerseits in einer Zeit besonderer Begünstigung, andererseits jedoch auch in einer Zeit besonders schwieriger Umstände. Den Gliedern der Kirche, die der Vollendung ihrer herrlichen Hoffnung so nahe sind, wird eine begeisternde Aussicht auf ihre zukünftige Herrlichkeit gestattet, wie sie früher nie genossen wurde.

Gleich wie Mose werden wir, ehe wir unser irdisches Gefäß niederlegen, aufgefordert, auf Pisgas Höhen zu steigen, um das verheißene Erbteil zu sehen. Wir werden emporgehoben im Geiste, und es wird uns die Braut Christi in ihrer zukünftigen Herrlichkeit gezeigt (geistig, durch Glauben und Verständnis des Wortes Gottes).

Siehe, die Braut

Laßt uns einen Augenblick lang mit Hilfe des göttlichen Fernrohrs, des Wortes Gottes, einen solch umfassenden Blick wagen, so weit es nur für ein menschliches Auge möglich ist. Durch Glauben sehen wir die Braut Christi, „und sie hatte die Herrlichkeit Gottes”, die göttliche Natur, deren Teilhaber mit ihrem Herrn zu werden ihr verheißen worden war. (Offenbarung 21:11, 2. Petrus 1:4) Wir sehen sie „ihm gleichgemacht” welcher „das Ebenbild des Vaters” ist. (1. Johannes 3:2, Kolosser 1:15, 2. Korinther 4:4, Hebräer 1:3) Wir sehen sie im Königreich wie die Sonne leuchten und scheinen. (Matthäus 13:43) Sie ist in den Himmel entrückt und tatsächlich mit Christus an ihren himmlischen Ort versetzt, zur Rechten des Vaters. (Epheser 2:6, Hebräer 1:3) Sie sieht ihren Vater von Angesicht zu Angesicht und sieht ihren Herrn, wie er ist. (1. Johannes 3:2) Sie ist mit Macht ausgestattet und gekrönt mit Ehre und Herrlichkeit. Sie ist weit über die Engel erhöht. Und so wie sie, als sie auf Erden war, dem Lamme folgte gleich wohin es ging, so wird sie ihn begleiten, wohin auch immer er dort hingeht.

Wenn er zur Rechten des Vaters, in der höchsten Stellung Seiner Gunst sitzt, so sitzt auch die Braut mit ihm dort. Wenn er sich in den unvorstellbaren Weiten des Universums befindet, zu dessen Erschaffung ihm sein Vater in den vergangenen Zeitaltern das Vorrecht erteilt hatte, so wird sie auch dort mit ihm sein. (Johannes 1:3 und 10)

Während der vollkommene menschliche Geist mit dem Fernrohr und mit wissenschaftlichen Entdeckungen sich an den wunderbaren Werken Gottes erfreuen wird, so wird seine Braut überall im grenzenlosen Bereich des Weltenraumes in Gemeinschaft mit ihrem Herrn geführt. Und in dem Maße, wie sie seine Werke der alten Zeit betrachtet, rühmt sie sich des Vorrechts, fortan mit ihm in allem mitwirken zu dürfen, was des Vaters Plan für die kommenden Zeitalter vorgeschrieben hat.

Der zukünftige Kelch der Freude

So wie der Herr beauftragt ist, auf der Erde tausend Jahre zu regieren und während dieser Zeit alle Dinge im Himmel und auf Erden in vollkommene Harmonie mit dem Willen Gottes zu bringen, indem er Menschen und Engel richtet, so soll auch sie mit ihm regieren. (2. Timotheus 2:12, 1. Korinther 6:2 und 3) Und wenn dieses gesegnete, wohltuende Unternehmen ausgeführt sein wird und die wiederhergestellten Söhne Gottes dem Vater ohne Flecken oder Tadel vorgestellt sein werden, so begleitet sie immer noch ihren Herrn. Sie wird mit ihm sein bei den bis jetzt noch nicht geoffenbarten Unternehmungen zur Segnung aller Geschöpfe in den kommenden Zeitaltern der Herrlichkeit. Und zusammen empfangen sie Liebe und Lobpreisung und Anbetung aller Geschöpfe im Himmel und auf Erden, welche mit vereinten Herzen Ihm Ehre und Herrlichkeit und Lob zuschreiben, welcher auf den Throne sitzt, Jahwe und dem Lamme auf immer und ewig.

Ewiges Leben, unsterbliche Kraft, unaufhörliche Blüte der Jugend, unverwelkliche Herrlichkeit, immerwährender Friede, wolkenlose Freude: all diese Dinge sind die Bestandteile ihres Kelchs der Freude.

Und sie ist in der Tat eine herrliche Braut, ohne irgend einen Flecken oder eine Runzel oder dergleichen. (Epheser 5:27) Einst gehörte sie zu dem Geschlecht der Sünder, stand sie unter der Verdammnis des Todes; aber sie wurde gerechtfertigt, gewaschen und weiß gemacht im Blute des Lammes, erlöst durch ihren geliebten Herrn und geheiligt durch seine Wahrheit und seinen Geist. Diese Tatsache, daß sie so geliebt und daß unter solchen Kosten für sie gestritten wurde, während sie noch von dem gefallenen, gesunkenen Geschlecht war, erfüllt ihr Herz mit einer Liebe, die nie erkalten wird, während die Jahre der Ewigkeit dahinrollen. Die Treue ihres Herrn, welcher zweitausend Jahre auf sie wartete, feuerte sie mit liebendem Eifer an ihn zu verherrlichen und ihre Hauptfreude in der Erfüllung seines Willen zu finden. Denn sie erkannte, daß der Herr auf sie wartete, während sich der schmerzliche, langwierige Vorgang ihrer Zubereitung fortsetzte; ja, er zog sie anderen von höherer Geburt und Stellung vor und begab sich zu ihrem niedrigen Stand hinab. Er tat dies, damit in ihr der außerordentliche Reichtum der göttlichen Gnade gezeigt werden könnte, und, damit diese Tatsachen sie mit Demut erfüllen.

Wer wird uns scheiden?

So wird die Braut Christi vom Berge Pisga aus gesehen. So mögen wir im Geiste durch Glauben ihre Herrlichkeit sehen. Laßt uns aber nicht vergessen, daß wir noch nicht völlig bewiesen haben, ob wir würdig sind. „Treu ist der, welcher uns berufen hat.” (1. Thessalonicher 5:24, 1. Korinther 1:9, 10 und 13). Aber auch von unserer Seite wird Treue verlangt. Wenn unser Herr zweitausend Jahre lang auf seine Braut warten konnte, so müssen wir unsere Wertschätzung seiner Liebe durch Treue während unserer kurzen Lebensspanne oder während einer noch kürzeren Periode, seitdem wir zur Erkenntnis des himmlischen Rufes gebracht worden sind, beweisen.

Wenn weder Engel noch Fürstentümer noch Gewalten, weder gegenwärtige noch zukünftige Dinge, weder Höhen noch Tiefen, noch irgend ein anderes Geschöpf uns von der Liebe Christi scheiden oder trennen kann, sollen wir dann irgend eine irdische Sache zwischen unsere Herzen und ihn geraten lassen? Oder soll irgend eine irdische Liebe oder irgend ein Band der Natur, wie stark es immer sein mag, uns von der wunderbaren Liebe Christi trennen? Diese Liebe Christi erfordert rechtmäßige Gegenliebe, weshalb er auch sagt: „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert; und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht wert.” Liebe - reine, heilige, unerschütterliche und aufrichtige Liebe ist das einzige Erfordernis der Braut Christi. Wenn die Liebe Gottes reichlich in unseren Herzen wohnt, so werden wir seine Billigung erlangen. Die Liebe ist des Gesetzes Erfüllung.

Der göttliche Plan und die menschlichen Pläne

Etliche von den Heiligen, besonders junge Mütter, die die Liebe Christi nicht genügend betrachtet haben, um sie klar zu erkennen, finden es schwer, Christus dem zarten Band der Mutterschaft vorzuziehen. Und wenn sie daran denken, daß ihre Kinder einst auf der menschlichen Stufe sein werden, während sie selbst auf der geistigen sein mögen, so erscheint ihnen eine solche Trennung als ein großes Hindernis. Aber weshalb sollte es so sein? Solche sollten sich bemühen, die Sache von einem höheren Standpunkt aus zu betrachten und zu erkennen, daß die Zeit überall Veränderungen mit sich bringt. Diese starke elterliche Liebe wurde den Eltern von demselben liebenden Gott gegeben, welcher sie berufen hat, ihre höchste Liebe auf etwas noch Höheres zu richten.

Ihre geduldige Fürsorge und ihr Dienst für ihre Kinder werden, wie sie es fühlen, reichlich vergütet durch deren gewinnendes und niedliches Wesen und durch deren natürliche Liebe für sie. Eltern sollten deshalb Gott danken, welcher es so zu ihrem eigenen Trost und zum Besten ihrer Kinder angeordnet hat. Aber die Eltern sollten auch wahrnehmen, daß die Jahre ein Wechsel in dem Charakter ihrer Liebe mit sich bringen werden. Auch wenn sie nicht weniger stark sein wird, so wird sie doch weniger elterlich sein. Verständige Eltern erkennen, daß, wenn ihre Kinder zur reifen Menschen herangewachsen sind, sie nicht mehr die gleiche Fürsorge über sie auszuüben brauchen, und daß die Kinder nicht mehr so wie früher von ihnen abhängig sind. Väter und Mütter sind ganz willig und froh, wenn sie ihre erwachsenen Kinder in ihren eigenen Heimen mit ihren Ehegatten im Leben zusammen sehen. Vernünftige Eltern können und würden nicht ihre Kinder immer unter ihrem Dach zusammenhalten und ihnen immer dienen, und die jetzige gewinnende, kindliche Weise ihrer Kleinen würde, wenn sie ihr nicht entwachsen, tatsächlich für die Eltern später schmerzlich werden.

Wir erkennen, wie die Jahre in dem gegenwärtigen Leben vieles verändern. Wenn wir daher den Gedanken erweitern und uns daran erinnern, daß wir ewig leben sollen, so erkennen wir, daß unsere Wirkungssphäre vergrößert werden muß. In dem Maße, wie das menschliche Geschlecht reifer wird - denn es befindet sich jetzt noch in seiner Kindheit - und Vollkommenheit erlangt, wird die Liebe mehr auf den Charakter gegründet sein als auf die Verwandtschaft; und die Liebe, welche so auf eine sichere und festere Grundlage gegründet sein wird, wird nicht mehr enttäuscht oder kalt werden, sondern sie wird mit voranschreitender Zeit zunehmen.

Bauen für die Ewigkeit

Es wird deshalb zu unserem eigenen Nutzen sein, wenn wir uns daran erinnern, daß wir für die Ewigkeit planen und bauen sollen, für ein Leben, welches den launischen Gefühlen, die mit den gegenwärtigen Zuständen in Verbindung stehen, entwachsen soll. Deshalb sollten wir den Bereich unserer Gedanken erweitern. Wir sollten die wunderbaren Längen, Breiten, Höhen und Tiefen der Liebe Gottes betrachten und uns bemühen, die Dinge von dem Standpunkt aus zu betrachten, zu welchem wir berufen sind.

Von dem Standpunkt der göttlichen Natur aus sollten wir erkennen, daß dann die elterliche Liebe ihren weitesten Spielraum und ihre größte Kraft haben wird, um zu segnen. Die Liebe, welche sich jetzt so stark nur auf einen, zwei oder auch ein halbes Dutzend Menschen, welche sich um die Eltern herum bewegen ausdehnt, wird sich dann mit größerer Stärke auf alle ihre Kinder ausdehnen: denn ist es nicht wahr, daß der Christus der Ewig-Vater sein soll? Mit unserer gegenwärtigen Auffassungsgabe mögen wir dies für unmöglich halten, aber wir dürfen die Auffassungsgabe der göttlichen Natur nicht mit der menschlichen vergleichen. Denkt an Gottes Liebe zu uns nicht nur als zu einem Geschlecht, sondern als zu einzelnen Personen: „Wird wohl ein Weib ihres Kindleins vergessen, so daß sie sich nicht erbarmt über das Kind ihres Mutterleibes? Und sollten selbst Mütter seiner vergessen, so will ich doch deiner nicht vergessen.” (Jesaja 49:15) Und er liebte uns so, während wir noch Sünder waren, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, um uns zu erlösen.

Das nüchterne, ehrerbietige und beständige Nachdenken über den Charakter und Plan Gottes ist deshalb von großer Wichtigkeit. Darüber sollten wir so oft wie möglich nachdenken. Wir müssen uns bemühen, Gottes Standpunkt einzunehmen um zu denken, wie Er denkt, zu handeln, wie Er handelt, indem wir uns daran erinnern, daß unser Leben nicht nur einen kurzen Zeitraum von ungefähr 70 Jahren umfaßt, sondern daß es sich bis in die Ewigkeit erstreckt. Laßt uns deshalb die stärksten irdischen Bande in die himmlischen erweitern, aber in keinem Fall laßt sie über die himmlischen triumphieren.



Tagesanbruch Bibelstudien- Vereinigung