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Zeichen
„Er sprach aber auch zu der Volksmenge: Wenn ihr eine Wolke von Westen aufsteigen sehet, so saget ihr alsbald: ein Regenguß kommt; und es geschieht also. Und wenn ihr den Südwind wehen sehet, so saget ihr: es wird Hitze geben; und es geschieht. Heuchler! Das Angesicht der Erde und des Himmels wisset ihr zu beurteilen: wie aber ist es, daß ihr diese Zeit nicht beurteilet?” - Lukas 12:54 - 56
Diese Worte sprach Jesus von Nazareth vor ungefähr 2.000 Jahren zu einer großen Menschenmenge aus dem Volke Israel, die sich zusammengefunden hatte, um die erstaunlichen Lehren dieses überaus erstaunlichen Mannes zu hören. Rückblickend auf die Blätter der Geschichte, vor allem aber auf die Zeugnisse des „Buches der Bücher”, wie die Heilige Schrift genannt wird, ist klar zu erkennen, daß mit dem Kommen Jesu von Nazareth ein System der Weltzeit zu Ende ging. Eine neue Zeitordnung in der Geschichte der Völker begann heraufzusteigen.
Der ungeheure Machtblock des römischen Kaiserreiches verschlang in seinem nimmersatten Maul das bis dahin Bestehende: Staatengebilde, selbständige Völkergruppen, Kulturen und Religionen - alles sich einverleibend, was irgend seinem eisenstarrenden Arm zu greifen gelang.
Aber das war es nicht, worauf Jesus seine Volksgenossen aufmerksam machte. „Heuchler!”, sagte er zu ihnen, „Heuchler, was ihr an eurem Himmel seht, darin kennt ihr euch aus, und diese Zeichen treffen ein, wie eure Weisen sie erforscht haben. Aber ihr habt ein Gesetz und ihr habt die Propheten, die Euch Gott gegeben hat; in ihnen ist weitaus Wichtigeres enthalten. Nicht das Wetter wird sich ändern - euer ganzes Leben wird sich ändern. Ihr sitzt in den Synagogen und höret das Wort des Herrn; eure Lehrer studieren es Tag für Tag. Wisset ihr nicht, was darin gesagt ist? Es geht um Leben oder Tod, nicht um Sonnenschein oder Regen. Und es geht um den Bestand eurer Nation. Heuchler! Ihr meinet, Gottes auserwähltes Volk zu sein und wisset nicht einmal um die Zeichen, die euer großer Gott euch gegeben hat, damit ihr sie erkennet und euer Leben danach ausrichtet”.
Und den Lehrern Israels, deren Beruf es war, das Gesetz und die Propheten zu studieren und sie dem Volke kundzutun - diesen gibt Jesus zur Antwort: „Ihr irret, indem ihr die Schriften nicht kennet… .” (Matthäus 22:29) Ein hartes Wort für Männer, die von Jugend an sich mit eben diesen Schriften befaßten. Aber Jesus sagt ihnen ganz klar und unmißverständlich, daß sie nichts, daß sie gar nichts wissen. Ja, indem sie den Sinn der Schriften nicht erkennen, wissen sie auch nichts über die Kraft Gottes. Sie sehen nur sich selbst und ihre eigene Machtstellung im Volke. Über die Macht Gottes in Demut nachzusinnen, sie zu erfassen suchen, das hatten sie in ihrem Hochmut, in ihrer Eitelkeit übersehen.
Und wiederum spricht der Herr: „Heuchler! Trefflich hat Jesaja von euch geweissagt, indem er spricht: dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit entfernt von mir. Vergeblich aber verehren sie mich, lehrend als Lehren Menschengebote.” - Matthäus 15:7 - 9; Jesaja 29:13
„Dann traten seine Jünger herzu und sprachen zu ihm: Weißt du, daß die Pharisäer sich ärgerten, als sie das Wort hörten? Er aber antwortete und sprach: jede Pflanze, die mein Himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, wird ausgerottet werden. Laßt sie; sie sind blinde Leiter der Blinden. Wenn aber ein Blinder einen Blinden leitet, so werden beide in eine Grube fallen.” -Matthäus 15:12 - 14
Wenig später steht Jesus vor Jerusalem. „Und als er sich der Stadt näherte und die Stadt sah, weinte er über sie und sprach: Wenn auch du erkannt hättest, und selbst an diesem deinem Tage, was zu deinem Frieden dient! Jetzt aber ist es vor deinen Augen verborgen. Denn Tage werden über dich kommen, daß deine Feinde einen Wall um dich aufschütten und dich umzingeln und dich von allen Seiten einengen werden; und sie werden dich und deine Kinder in dir zu Boden werfen und werden in dir nicht einen Stein auf dem anderen lassen, darum, daß du die Zeit deiner Heimsuchung nicht erkannt hast.” (Lukas 19:41 - 44) Und zu seinen Jüngern gewandt, blickt er auf die prachtvollen Tempelgebäude und sagt: „Sehet ihr nicht alles dieses? Wahrlich, ich sage euch: Hier wird nicht ein Stein auf dem anderen gelassen werden, der nicht abgebrochen werden wird.” - Matthäus 24:2
Im Frühling des Jahres 70 n. Chr., zur Zeit des Passahfestes, kamen die Römer unter ihrem Heerführer Titus und schlossen die Stadt Jerusalem an drei Seiten ein. Für die Juden, welche uneinig unter einander sich gegenseitig bekämpften, begann eines der grauenhaftesten Kapitel ihrer Geschichte. Die Stadt fiel trotz des erbitterten Widerstandes ihrer Bewohner. Hunger, Mord und Verzweiflung hatten die Moral untergraben. Einen Monat lang war noch um den Tempel gekämpft worden. Schließlich aber legten die Römer Feuer an seinen Toren. Obwohl Titus das Tempelgebäude mit seinen ungeheuren Schätzen schonen wollte, war die römische Soldateska bei diesem letzten Angriffsturm außer Kontrolle geraten. Die Verwüstung der Stadt war die Folge. Sie wurde dem Erdboden gleich gemacht. Und über den rauchenden Trümmern verwehten ungehört die klagenden Worte des Propheten:
„O, daß du gemerkt hättest
auf meine Gebote!
Dann würde dein Friede gewesen sein
wie ein Strom,
und deine Gerechtigkeit
wie des Meeres Wogen.” - Jesaja 48:18
Jerushalajim - Jerusalem = „Gründung des Friedens.” - Ein Zeichen?
Ein Zeichen? Etwa für uns? Was haben wir mit der Vergangenheit Israels zu tun? Ein Stück Geschichte - gut; aber wir leben schließlich im 21. Jahrhundert; wir sind keine Analphabeten mehr: wir sind eine intelligente, gut geschulte, aufgeklärte Generation! Während der letzten zweitausend Jahre hat sich vieles geändert.
O ja, vieles hat sich geändert; aber … haben auch die Menschen sich geändert?
Israels Geschichte ist nicht der anderer Völker gleichzustellen. Sie ist die Geschichte des auserwählten Volkes Gottes, des allmächtigen Schöpfers des Himmels und der Erde. Sie ist Realität und Vorbild. Durch sie spricht Gott zu uns. Israels Geschichte ist Vorbild für die Herausgerufenen, die ekklesia dieses Zeitalters; sie ist Vorbild für die untreue Kirche; sie ist Vorbild für die ganze, von Gott entfernte Menschheit. Durch sein Handeln mit diesem kleinen Volk und Israels Reaktionen auf die göttliche Führung will Gott uns zeigen, wie wir handeln sollen und wie wir nicht handeln sollen. Darum geht uns die Geschichte Israels sehr viel an. Und es ist gleich wichtig für uns, die wir heute im 21. Jahrhundert leben, „die Schriften zu kennen”, auf daß wir nicht „irren” und vom Herrn als „Heuchler” erfunden werden.
Schlagen wir die Zeitungen auf, um die Berichte aus aller Welt zu lesen, wird uns schon recht elend zumute von all dem Furchtbaren, das sich täglich auf dem Erdenrund ereignet. Am Entsetzlichsten ist das grausame Wettrüsten der Nationen - „für den Frieden” - wie sie sagen. Ist es überhaupt zu fassen, daß hochintelligente Lebewesen sich immer noch tödlichere, noch zerstörerische Waffen ausdenken, sie für ungeheure Kosten produzieren und stapeln - „für den Frieden”? Und was wird, wenn diese Art von Friedensbemühungen sich eines Tage als Bumerang erweisen? Auch unsere Wettervorhersagen funktionieren im großen und ganzen so ausgezeichnet wie vor zweitausend Jahren. „Wie aber ist es, daß ihr diese Zeit nicht beurteilet, in der die ganze Menschheit bedroht ist?”
In unserem „Bibelstudium” der heutigen Ausgabe bringen wir die Gegenüberstellung der messianischen Prophetie des Alten Testamentes mit ihrer Erfüllung im Neuen Testament. Wir sehen darin, wie genau Gottes Vorhersagen eingetroffen sind. Auch Jesus und die Apostel machten prophetische Angaben, die gerade die Zeit betreffen, in der wir heute leben. Prüfen wir, ob auch sie sich erfüllt haben.
Es ist nicht unsere Aufgabe, eine Botschaft des Schreckens zu verbreiten. Bei der Geburt des Herrn wurde eine „Botschaft großer Freude” verkündet, „die für das ganze Volk sein wird.” Jesus selbst war der, von dem der Prophet Jesaja schrieb: „Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, Armen gute Botschaft zu verkündigen; er hat mich gesandt, Gefangenen Befreiung auszurufen, und Blinden das Gesicht, Zerschlagene in Freiheit hinzusenden, auszurufen das angenehme Jahr des Herrn.” (Lukas 4:18 und 19) „Und diese frohe Botschaft wird gepredigt werden auf dem ganzen Erdkreis allen Nationen zu einem Zeugnis.” - Matthäus 24:14
Dennoch ist es notwendig, einige ganz besonders kennzeichnende Vorhersagen zu betrachten, die speziell für unsere Zeit gegeben sind. Wie sonst könnten wir diese Zeit beurteilen?
Paulus schrieb an Timotheus folgendes: „Dieses aber wisse, daß in den letzten Tagen schwere Zeiten da sein werden; denn die Menschen werden eigenliebig sein, geldliebend, prahlerisch, hochmütig, Lästerer, den Eltern ungehorsam, undankbar, unheilig, unversöhnlich (wortbrüchig, treulos), Verleumder, unenthaltsam, grausam, das Gute nicht liebend, Verräter, verwegen, aufgeblasen, mehr das Vergnügen liebend als Gott … .” - 2. Timotheus 3:1
Auf welche Zeit deutet Paulus hin, wenn er von den „letzten” Tagen spricht? Ist es wirklich die Zeit, in der wir leben?
„Ich bin von dem Vater ausgegangen und bin in die Welt gekommen; wiederum verlasse ich die Welt und gehe zum Vater.” (Johannes 16:28) Mit diesen und manchen anderen Andeutungen bereitete Jesus die Jünger auf seinen Tod und auf seine Auferstehung vor. An anderer Stelle sagte er zu ihnen: „Und wenn ich hingehe … so komme ich wieder.” (Johannes 14:3) Wenn auch die Jünger den wahren Hintergrund dieser Worte noch nicht verstanden, so muß ihnen doch in etwa bewußt geworden sein, daß ihr geliebter Herr durch irgendein Ereignis von ihnen getrennt werden sollte. Deshalb auch fragten sie ihn: „Was ist das Zeichen deiner Wiederkunft (das griechische Wort bedeutet „Gegenwart”, „Anwesenheit”) und der Vollendung des Zeitalters?” - Matthäus 24:3
Eine seltsame Frage. Wenn Freunde sich trennen und ein Wiedertreffen vereinbaren - wozu brauchen sie sich ein Zeichen zu geben? Sie sehen sich doch dann mit eigenen Augen? Es sei denn, die Rückkehr geschehe im Dunkeln, unbemerkt von Freunden und Nachbarn …
„Siehe, ich komme wie ein Dieb. Glückselig, der da wacht … .” (Offenbarung 16:15) „Was aber die Zeiten und Zeitpunkte betrifft, Brüder, so habt ihr nicht nötig, daß euch geschrieben werde. Denn ihr selbst wisset genau, daß der Tag des Herrn also kommt wie ein Dieb in der Nacht … Ihr aber, Brüder, seid nicht in Finsternis, daß euch der Tag wie ein Dieb ergreife; denn ihr alle seid Söhne des Lichts und Söhne des Tages.” (1. Thessalonicher 5:1, 2, 4 und 5) „Es wird aber der Tag des Herrn kommen wie ein Dieb … .” (2. Petrus 3:10) Diese Schriftstellen sind die Antwort. Und weil der Herr wiedergekommen ist, ohne daß diese Wiederkehr auch nur von einem Menschen bemerkt wurde, gab er Zeichen, an denen die Wachenden seine Anwesenheit erkennen können. Und in allen diesen Schriftstellen werden - wenn man sie im Zusammenhang liest - auch die Zeichen angegeben, welche die Gegenwart des unsichtbaren Herrn erkennen lassen.
Die Frage der Jünger besteht aber aus zwei Teilen. Sie fragen: „Was ist das Zeichen deiner Gegenwart und der Vollendung des Zeitalters?” Der zweite Teil dieser - wir möchten sagen - prophetischen Frage kann sich nur auf das Ende unseres Zeitalters beziehen. Denn Jesus machte bereits auf eine klare Trennung der Weltzeichen aufmerksam, als er sagte: „Das Gesetz und die Propheten waren bis auf Johannes (den Täufer), von da an wird das Evangelium des Reiches Gottes verkündigt.” - Lukas 16:16
Zurück zu den Zeichen der zweiten Gegenwart unseres Herrn. Diejenigen, die den Herrn mit ihrem leiblichen Auge zu sehen hoffen, vergessen eines zu beachten: unser Herr ist nicht mehr der Mensch Jesus von Nazareth. Dieser ist tot für alle Zeiten. Er wurde zum Lösegeld für Adam und dessen Erben; er ist der Loskaufpreis von Sünde und Tod für alle Menschen geworden. (siehe 1. Timotheus 2:6) Der bei seiner Taufe im Jordan zur göttlichen Natur Gezeugte, der einzig geborene Sohn Gottes, ist auferstanden und hoch erhöht „über alle Himmel” (Epheser 4 :10) und hat von da an Leben in sich selbst gleich dem Vater. Vom Vater aber steht geschrieben: „Nicht kann ein Mensch mein Angesicht sehen und leben.” (2. Mose 33:20) Menschliches Auge kann die göttliche Herrlichkeit nicht ertragen. Denken wir an das Erlebnis des Apostels Paulus vor Damaskus!
Dieses „Sehen” also, das uns in Lukas 21:27, Matthäus 24:30 und Markus 13:26 begegnet, muß eine andere Bedeutung haben. Es ist ein Wahrnehmen durch Verständnis und „Kenntnis der Schriften”, ein Erkennen an Zeichen, die der Höchste uns gibt. „Noch ein Kleines, und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber sehet mich.” (Johannes 14:19) Dieses ist auch kein Sehen mit dem leiblichen Auge gewesen, sondern ein „Sehen” mit dem Herzen, mit dem Auge des Glaubens. Das griechische Wort, das hier für „sehen” steht, rechtfertigt diese Auffassung. Es hat u. a. die Bedeutung von „wahrnehmen” und von „erscheinen”. Wahrnehmung oder Erscheinung also von Zeichen. Vergleiche auch Markus 14:62 mit 2. Mose 33:20. Das Zeitbild der von Paulus zitierten letzten „Tage” bezieht sich demnach auf das Ende, auf „die Vollendung” unseres Zeitalters, die durch ein ganz hervorragendes Ereignis gekennzeichnet ist: das des wiedergekommenen Herrn.
Wir haben die Frage betrachtet, welche die Jünger dem Herrn stellten. (Matthäus 24:3) Wie lautete die Antwort? Der Herr gab ihnen nicht ein Zeichen als Erkennungssignal seines Wiedergekommenseins, sondern eine Vielzahl von Zeichen, die in ihrer Gesamtheit ein Zeitbild ergeben.
Es ist an anderer Stelle schon oftmals näher auf die Situation am Ende dieses Zeitalters eingegangen worden. Zudem haben wir die beste Aufklärung über dieses Thema in Band 3 und 4 der „Schriftstudien”. Zu unserem heutigen Thema wählten wir aus der Fülle der Zeichen, die der Herr gab, nur die, welche - man möchte fast sagen - sogar dem „Mann auf der Straße” ins Auge springen sollten.
„Denn alsdann wird große Drangsal sein, dergleichen von Anfang der Welt bis jetzthin nicht gewesen ist noch je sein wird; und wenn jene Tage nicht verkürzt würden, so würde kein Fleisch gerettet werden.” (Matthäus 24:21; siehe auch Daniel 12:1) Dies ist eines der Zeichen, und die ganze Welt weiß, daß sie in einer sich immer mehr zuspitzenden Bedrängnis lebt. Das andere Zeichen, welches wir hervorheben möchten, ist „der Feigenbaum”.
„Von dem Feigenbaum aber lernet das Gleichnis: Wenn sein Zweig schon weich wird und die Blätter hervorsprossen, so erkennet ihr, daß der Sommer nahe ist. Also auch ihr, wenn ihr alles dieses sehet, so erkennet ihr, daß es nahe an der Tür ist.” (Matthäus 24:32) Bei Lukas lesen wir: „So auch ihr, wenn ihr dies geschehen sehet, erkennet, daß das Reich Gottes nahe ist.” -Lukas 21:31
Nun ist jedem Erforscher der Heiligen Schrift bekannt, daß der Feigenbaum ein Symbol für Gottes auserwähltes Volk Israel ist. Die Älteren unserer Generation haben mit eigenen Augen erlebt, wie das über die ganze Welt zerstreute Volk der Juden wieder eingesammelt wurde in das von Gott verheißene Land seiner Väter, (siehe Hesekiel 20:32ff.) Ein kleiner „Zweig” des Feigenbaumes begann „weich zu werden und Blätter zu treiben”. Ein winziger Lebensanfang rührt sich in dem einstmals verdorrten Feigenbaum. (Matthäus 21:19) In Zeiten der Drangsal, der Weltkriege, der Revolutionen, der Bürgerkriege, der Auflösung von bislang Bestehendem bildet sich inmitten der Nationenwelt ein winziger Staat alten Namens. Und er bleibt bestehen trotz der haßerfüllten Angriffe seiner übermächtigen Nachbarn. Ist das nicht ein Zeichen? Ein überwältigendes Zeichen dieser Zeit? Viele von denen, die es wissen könnten, sehen jedoch dieses Zeichen nicht. Heute, wie einst zu Jesu Zeiten, erfüllen sich die Worte des Propheten Jesaja: „Mit Gehör werdet ihr hören und doch nicht verstehen, und sehend werdet ihr sehen und doch nicht wahrnehmen; denn das Herz dieses Volkes ist dick geworden, und mit den Ohren haben sie schwer gehört, und ihre Augen haben sie geschlossen, damit sie nicht etwa mit den Augen sehen, und mit den Ohren hören, und mit dem Herzen verstehen … .” - Matthäus 13:14,15
Kommen wir noch einmal zurück auf die zu Anfang kurz überblickte Situation Israels zur Zeit Jesu von Nazareth. Können wir aus dem bisher Gesagten eine Parallele ziehen zu unserer heutigen Zeit? Wir meinen: ja! Sowohl zeitlich als auch geistig war damals eine Wende. Das Zeitalter des Gesetzes ging zu Ende, und das Zeitalter der Gnade, der Verkündigung des Evangeliums Jesu Christi, begann. Jesus Christus öffnete durch sein Opfer die Tür zur Versöhnung mit Gott, durch die aber nur verhältnismäßig wenige eintraten, um den schmalen Weg der Selbstaufopferung mit ihm zu gehen. Alle anderen blieben draußen vor der Tür. (siehe Johannes 10:9) Sie verfielen immer mehr den Machenschaften des Widergeistes, dessen Methoden schließlich ihren Untergang und den Untergang der ganzen Nation Israel herbeiführten. Was von Israels „Herrlichkeit” übrig blieb, wurde zerstreut unter alle Völker, wie schon ihr großer Prophet und Führer, Mose, vorausgesagt hatte. - 5. Mose 28:64
War diese Entwicklung der Wille Gottes? Gewiß nicht! Israels damaliges Ende war das Produkt menschlichen Eigenwillens in Verbindung mit dem unsichtbaren, widergöttlichen Einfluß des „Fürsten dieser Welt”. „Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit von mir entfernt.” Jesus war dies nicht nur aus eigenen Erfahrungen bekannt - „denn er selbst wußte, was in dem Menschen war.” (Johannes 2:25) Darum auch seine tiefe Erschütterung, als er über Jerusalem sprach: „Wenn auch du erkannt hättest, und selbst an diesem deinem Tage, was zu deinem Frieden dient!”
Das Rad der Geschichte hat sich inzwischen weitergedreht, Völker gebärend und Völker vernichtend, die alle mehr oder weniger ihrem eigenen Willen und ihren eigenen Zielen folgten. Gott, der im Himmel thront, war nie mehr eine solche Realität, daß eine ganze Nation oder gar Nationen sich Seinen guten und lebengebenden Richtlinien unterworfen hätten. Die Menschen haben immer getan, was sie wollten. Ist dies heute anders geworden? Es ist nicht anders, aber weitaus schlimmer geworden. Die Bevölkerung der Erde hat sich seitdem ungeheuer vermehrt. Und mit ihrer Vermehrung hat sich das Böse-Tun auch noch vervielfacht. Und diese Menschheit - wenn überhaupt - „ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit von mir entfernt”. Noch immer sind es im Verhältnis zur großen Masse nur wenige, die auf Gottes Gebote der Liebe, der Barmherzigkeit und der Gerechtigkeit achten.
Gott aber läßt sich nicht spotten. Er läßt nicht zu, daß der Mensch in seinem blinden Wahnsinn die gesamte irdische Schöpfung zerstört. Gottes Gerichte zwar werden die Menschheit treffen als Folge alles dessen, was sie sich selbst bereitet hat. (siehe Galater 6:7) Aber es steht auch geschrieben: „Und wenn jene Tage nicht verkürzt würden, würde kein Fleisch gerettet werden.” Auch dieser Ausspruch des Herrn gehört zu dem „Zeichen”-Komplex, den er seinen Jüngern gab. „Aber”, fährt er fort, „um der Auserwählten willen (oder durch die Auserwählten) werden jene Tage verkürzt werden.” - Matthäus 24:21 und 22
Wer denkt da nicht sofort an die Worte des Apostels in Römer 8:19 - 21? Das tiefe Verlangen nach Frieden, nach Erlösung von der Bosheit des satanischen Regimes lebt - bewußt oder unbewußt - in jeder Kreatur. Friede! Das ist ein Wort der menschlichen Sehnsucht, ein Wort, das, solange unvollkommene Menschen auf dieser unvollkommenen Erde wohnen, noch niemals Wirklichkeit geworden ist. Und weil der Mensch in seiner Eitelkeit, sich über Gott erhebend, so blind ist, daß er den Weg zum Frieden nicht sieht, läßt Gott ihn den Weg des Unfriedens gehen, bis sein Sturz ihm die Augen öffnet. Ob heute, morgen oder vor zweitausend Jahren - immer sendet Gott seine Stimme durch den Propheten aus, indem er spricht:
„O, daß du gemerkt hättest
auf meine Gebote!
Dann würde dein Friede gewesen sein
wie ein Strom … ”
Wir leben in der Zeit der zweiten, der unsichtbaren Gegenwart des Herrn. Ihm ist alle Macht im Himmel und auf Erden vom Vater übertragen worden. Er ist wiedergekommen, um die Macht des Teufelsreiches zu brechen und sein Reich des Friedens aufzurichten. Von ihm spricht der Prophet, wenn er ausruft: „Stärket die schlaffen Hände, und befestiget die wankenden Kniee! Saget zu denen, welche zaghaften Herzens sind: Seid stark, fürchtet euch nicht! Siehe, euer Gott kommt, Rache kommt, die Vergeltung Gottes! Er selbst kommt und wird euch retten.” - Jesaja 35:3 und 4
Ist Gott ein sündiger Mensch, in dessen Brust Rachegefühle wohnen? „Das sei ferne”, möchten wir mit dem Apostel sagen. Der Ausdruck „Rache” darf nicht in unserem menschlichen Sinne angewendet werden. Rache ist gleichbedeutend mit „Vergeltung”, wie es der Text auch aussagt. Gottes Vergeltung aber hat nichts mit Bosheit zu tun wie bei uns Menschen. Gottes gerechte Vergeltung ist Weisheit, und diese ist ausgedrückt in den Worten: „Denn, was irgend ein Mensch sät, das wird er auch ernten.” (Galater 6:7)
Lege einen Blumensamen in die Erde - wird wohl ein Kohlkopf daraus entstehen? Säe Distelsamen aus - gewiß wird kein guter Weizen daraus hervorsprossen. Das „Erkalten der Liebe” und das „Überhandnehmen der Gesetzlosigkeit” auf Erden ist nicht Gottes Wille. (Matthäus 24:12) Denn Gott will, „daß alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.” (1. Timotheus 2:4) Die Sünde ist wie ein böses Geschwür, von dem die ganze Menschheit befallen ist. Gott hat sie zugelassen: zur Rettung, zur Heilung, zur Basis für die Erkenntnis von Gottes Liebe und Güte. Und Gottes Liebe wird die Menschen heilen.
Wer sich niemals verbrannt hat, weiß nicht, wie heiß Feuer ist und welche Schmerzen es verursacht. Gott hat uns durch sein Wort so viele Ermahnungen, so viele gute Ratschläge gegeben. Sein oberstes Gebot: liebe Gott über alles und deinen Nächsten wie dich selbst. - es ist das einzig wirksame Rezept für einen dauerhaften Frieden! Und wer hat sich schon danach gerichtet? Diese Gebote zu übersehen, sie zu mißachten, ist angenehmer und bringt manchen irdischen Vorteil. Aber - wohin führt diese Mißachtung letzten Endes? „Welches Tages du davon issest, wirst du gewißlich sterben.” (1. Mose 2:17) So ist es doch bis zum heutigen Tage. Hat der Mensch daraus gelernt?
Gott sah voraus, daß der Mensch nur aus Erfahrung am eigenen Leibe lernt, das Gute zu lieben und das Böse zu hassen. Darum ließ er die gerechte Vergeltung für Böses-Tun zu. Das Böse muß der ganzen Welt offenbar werden. Der Zorn Gottes, das Todesurteil, muß als Strafe für die Sünde erkannt und nicht als natürliches Übel hingenommen werden.
An welchem Tag und zu welcher Stunde Gott dem „Toben” und dem „Sinnen auf Eitles” der Völker ein Ende bereiten wird, wissen wir nicht, (siehe Psalm 2) Wir wissen aber, daß „jene Tage verkürzt werden”. Und wir wissen, daß „er selbst kommt” und uns retten wird.
„Dann werden die Augen der Blinden aufgetan”, fährt der Prophet fort (Jesaja 35:5), und läßt uns hineinschauen in eine unbeschreiblich wunderbare Zeit der Segnungen - in eine Zeit der Wiederherstellung des Menschen zu dem Ebenbild Gottes, das er einmal war. Auch jene, von denen der Herr sagte: wenn ein Blinder einen Blinden führt, werden beide in eine Grube fallen, werden dann „sehend” werden. Für die Herauswahl aus den Nationen - das Wirken Gottes in diesem Zeitalter - waren ihre Herzen nicht bereit; dann aber werden auch sie ihre Kniee vor dem beugen, der sie durch seine unendliche Liebe vom Tod zurückerkauft hat: Jesus Christus, dem Sohn des lebendigen Gottes. Dann werden auch „die Ohren der Tauben geöffnet werden”, und „an jenem Tage wird der Mensch auf den hinschauen, der ihn gemacht hat, und seine Augen werden auf den Heiligen Israels blicken.” - Jesaja 35:5 und 17:7
Und sie werden mit Hiob sprechen:
„So habe ich denn beurteilt,
ohne zu verstehen,
Dinge, zu wunderbar für mich,
ohne zu erkennen.
Mit dem Gehör des Ohres
hatte ich von dir gehört,
aber nun hat mein Auge dich gesehen.”
Zeichen! Lichtstrahlen des heraufdämmernden Friedensreiches!