Der weise Rat des Vaters

„Gib mir, mein Sohn, dein Herz, und laß deine Augen gefallen haben an meinen Wegen.” - Sprüche 23:26

Salomo hatte viele Söhne. Es ist jedoch unlogisch anzunehmen, daß er die Worte aus unserem Leittext an einen seiner Söhne oder an sie alle nacheinander gerichtet hätte. Wir glauben kaum, daß Salomo die Aufmerksamkeit seiner Söhne auf seine eigenen Wege lenken sollte, als er sagte: „Laß deine Augen Gefallen haben an  m e i n e n  Wegen.” Er war seinen Söhnen nicht immer ein gutes Vorbild. Die Deutung dieser Worte muß daher auf einem anderen Gebiet liegen. Wir wissen, daß Gott Salomo in verhältnismäßig jungen Jahren besondere Weisheit verliehen hatte, weil er kurz nach seiner Thronbesteigung den Herrn ernstlich darum gebeten hatte. Wir können es so verstehen, daß Salomo von der Weisheit als von einer Person redete, und daß die Weisheit sagte: „Gib mir, mein Sohn (jeder der ein Sohn der Weisheit zu sein begehrt), dein Herz.” Die Weisheit ist hier lediglich ein anderer Name für den Schöpfer. Daher können wir die Worte so verstehen, daß Gott Seine Söhne durch sie auffordert, Ihm ihre Herzen zu geben und Gefallen zu haben an Seinen Wegen. Dies scheint die gute Belehrung zu sein, die wir aus dieser Schriftstelle ziehen können.

Wie man die Sohnschaft verliert oder aufrecht erhält

Wir sehen, daß Gott, der Vater unseres Geschlechts war. Er rief uns ins Dasein und machte uns zum Anfang in unserem Stammvater Adam vollkommen. Auch den Engeln gab Er Vollkommenheit des Lebens und des Wesens. Sein Wunsch war es, daß sie Ihm ihre Herzen gaben. Sie waren seit ihrer Erschaffung Seine Söhne. Luzifer war ein Sohn Gottes. Adam war ein Sohn Gottes. Das rechte Verhalten eines Sohnes besteht darin, daß er sich völlig und in seinem ganzen Tun dem Willen des Vaters unterwirft. Im Falle von Luzifer sehen wir jedoch, daß er, statt sein Herz dem Vater zu übergeben, seine eigenen Wege ging und seinen eigenen Willen zu tun begehrte: Und er fiel. Auch andere Engel, die ihren ersten Zustand nicht bewahrten, fielen, denn obwohl sie Söhne Gottes waren, gaben sie ihre Herzen nicht dem Herrn. Sie alle verloren durch die Sünde die Sohnschaft. Die Sohnschaft kann nur durch beständige Treue und beständigen Gehorsam aufrecht erhalten werden.

Gott hat Vorkehrung dafür getroffen, daß die Menschheit wieder zu Ihm zurückkehren kann. Nach unserem Verständnis wird es auch den gefallenen Engeln möglich sein an dem Gericht des großen Tages wieder mit Gott in Gemeinschaft zu gelangen, wenn sie bußfertig sind. Zur bestimmten Zeit wird Er allen denen, die zu Ihm zurückkehren möchten, die Botschaft senden: „Wenn ihr meine Söhne werden wollt, so gebt mir euer Herz und laßt eure Augen Gefallen haben an meinen Wegen.”

Erst beim ersten Kommen unseres Herrn Jesu bot sich den gefallenen Geschöpfen Gottes eine Gelegenheit, Söhne Gottes zu werden. Dieses Vorrecht beschränkte sich jedoch auf eine gewisse Klasse des gefallenen Geschlechts Adams. Sie wurden berufen, Söhne Gottes auf göttlicher Daseinsstufe zu werden. Dies stellte ein Angebot dar, das Jahwe nie zuvor einem Menschen gemacht hatte. Als ein Sohn hatte unser Herr Jesus Gott sein Herz völlig übergeben. Und obwohl sein irdischer Pfad der Treue und des Gehorsams für ihn ein Pfad der Leiden war, führte er ihn doch zu Herrlichkeit, Ehre und Unsterblichkeit. Alle diejenigen, die seither danach streben Söhne Gottes zu werden, vernehmen die Botschaft: Der Vater kann nur solche aufnehmen, die durch Seinen Sohn, ihren Erlöser, zu Ihm kommen und sich völlig weihen, um Seinen Willen zu tun.

Wir wissen, daß es solche gibt, die sich zu Gottes Kindern gezählt und dennoch diesen Bedingungen nicht entsprochen haben; sie haben einen ernsten Fehler gemacht und erlangten nicht, was sie zu erlangen hofften. Wir dürfen nichts zurückhalten. Wir müssen uns den Vorkehrungen, die Gott zu unserer Erlösung getroffen hat, völlig unterwerfen. Unser Herz muß völlig geweiht werden und es auch bleiben. Der Herr richtet an diejenigen, die in Treue des Herzens allen diesen vernünftigen Anforderungen entsprechen, die Worte: „Sei getreu bis zum Tode, und ich will dir die Krone des Lebens geben.” (Offenbarung 2:10)

Gottes Verfahrensweise in der Natur

An diejenigen, die ihre Herzen dem Herrn übergeben haben, ergeht auch die Ermahnung, an Seinen Wegen Gefallen zu haben. Was bedeutet das? Es bedeutet nicht, daß wir alles das tun sollten, was wir Gott tun sehen. Der Herr mag über solche, die den geraden Weg verlassen haben, richten und sie strafen, wenn es notwendig ist. Uns aber steht so etwas nicht zu. Es ist nicht unsere Sache, Verdammungsurteile zu fällen. Die Sünden können und dürfen wir verurteilen. Wir dürfen das tadeln, was in Wort oder Tat Sünde zu sein scheint. Wir dürfen freundlich darauf hinweisen, aus welchen Gründen wir dies oder jenes als Sünde ansehen. Wir dürfen in Liebe tadeln. Aber wir sind in solchen Angelegenheiten leicht Fehlern ausgesetzt, und es kann nicht unsere Sache sein, darüber zu urteilen, wer dem Herrn angehört oder nicht. „Der Herr kennt, die sein sind.” In dieser Hinsicht ist Gott allein der Richter. Aber wir sehen in den Wegen Gottes Illustrationen Seines Charakters, Seiner Weisheit, Gerechtigkeit, Liebe und Macht. Seine Charaktereigenschaft nehmen wir dadurch wahr, daß wir seine Wege beobachten. Seine Wege bewirken in uns Bewunderung und Ehrerbietung für Ihn. Wenn wir vollendet sein werden, werden wir ein zuverlässiges Urteilsvermögen erlangt haben. Dann werden die Heiligen sowohl die Welt als auch die Engel richten.

Die Welt bemerkt wahrscheinlich nicht, daß sie in diesem wunderbaren Zeitalter die Wege Gottes und sein Handeln nachahmt, wenn sie Motoren und Maschinen herstellt und Energie erzeugt. Wer käme darauf, daß er damit Gottes Handeln kopiert! Im menschlichen Körper beispielsweise existiert ein wunderbarer Mechanismus, durch den das Blut durch die Adern gepumpt und reguliert wird. Viele Maschinen dieser Welt arbeiten nach diesem Prinzip. Wenn die Menschen bereits früher gewußt hätten, wie die Nerven des Körpers funktionieren, hätten sie auch viel früher elektrische Leitungen herstellen können. Wer daher an den Wegen Gottes Gefallen findet, wird in jedem Falle weiser sein als der, der es nicht tut. Die Welt erkennt Gott nicht. Aber Gottes Kinder, selbst wenn sie kein Erfindertalent haben, können großen Segen daraus ziehen, daß sie Gottes Verhaltensweise in der Natur beobachten.

Welch eine wunderbare und erhabene Weisheit offenbart sich doch im menschlichen Körper. Er ist nichts anderes als eine Maschine, die mit verhältnismäßig geringer und nur zeitweiliger Energiezufuhr dazu befähigt wird, ihre Funktionen und Lebenskräfte aufrecht zu erhalten. Denken wir an ein Pferd. Die geringe Menge an Hafer und Heu, die ein Pferd frißt, wird in erstaunliche Kraftleistungen umgesetzt. Beim Menschen ergibt sich zusätzlich zu diesen Kräften die wunderbare Kraft des Verstandes. Sie befähigt ihn, nachzudenken und sich ein Urteil zu bilden. Je mehr wir sie untersuchen, um so wunderbarer finden wir sie.

Die Darstellung von Gottes Verfahrensweise in seinem Wort

Wenn wir Söhne Gottes werden und an Seinen Wegen Wohlgefallen haben, beginnen wir, Glauben, Erkenntnis, Seinen Geist und vermehrte Ehrfurcht vor Ihm zu bekommen. Alle Söhne Gottes werden dazu neigen, Seine Wege zu beobachten. Wir erkennen Seine Wege in besonderer Weise durch das Studium Seines Wortes. Lediglich das Lesen und Auswendiglernen von Bibelversen reicht hierfür nicht aus. Es gibt Menschen, die ganze Kapitel oder Bücher der Bibel beinahe auswendig können, und doch nicht verstehen, was sie lesen. Wenn wir glauben, durch das Lesen so vieler Kapitel ein verdienstvolles Werk zu tun, dann irren wir uns. Gottes Kinder benötigen als Hilfsmittel nicht nur das alleinige Lesen der Bibel. Sie benötigen vielmehr die erneuernde und stärkende Kraft, die in uns das Wollen und das Vollbringen Seines Wohlgefallens bewirkt.

amerikanischer WT vom 15. 06.1915



Tagesanbruch Bibelstudien- Vereinigung