Die Frucht der Demütigung

„Im Todesjahr des Königs Ussija, da sah ich den Herrn sitzen auf hohem und erhabenen Throne, und seine Schleppen erfüllten den Tempel. Seraphim standen über ihm; ein jeder von ihnen hatte sechs Flügel: mit zweien bedeckte er sein Angesicht, und mit zweien bedeckte er seine Füße, und mit zweien flog er. Und einer rief dem anderen zu und sprach: Heilig, heilig, heilig ist Jahwe der Heerscharen, die ganze Erde ist voll seiner Herrlichkeit! Und es erbebten die Grundfesten der Schwellen von der Stimme der Rufenden, und das Haus wurde mit Rauch erfüllt. - Und ich sprach: Wehe mir! Denn ich bin verloren; denn ich bin ein Mann von unreinen Lippen, und inmitten eines Volkes von unreinen Lippen wohne ich; denn meine Augen haben den König, Jahwe der Heerscharen, gesehen. Und einer der Seraphim flog zu mir, und in seiner Hand war eine glühende Kohle, die er mit der Zange vom Altar genommen hatte. Und er berührte meinen Mund damit und sprach: Siehe, dieses hat deine Lippen berührt, und so ist deine Ungerechtigkeit gewichen und deine Sünde gesühnt.“ - Jes. 6:1-7

„Herr, ich bin ein sündiger Mensch!“ (Luk.5:8). Aber eben dieses Bekenntnis ist mit der hohen und himmlischen Berufung verknüpft. Da ist kein Raum für Selbstvertrauen, kein auf sich und seine Persönlichkeit Bauen; hier bricht das eigene  I C H  vollständig zusammen.

Das Selbstbewußtsein und jeglicher Perfektionismus ist für das Kind Gottes ein tödlicher Irrtum - und ebenso alles, was darauf hinzielt. Wir bedürfen einer völligen Erkenntnis und Erfahrung der Herrlichkeit unseres Himmlischen Vaters und eines absoluten Gefühls unserer eigenen Unwürdigkeit, wenn wir zu mehr gebraucht werden sollen. Wie in den angeführten Beispielen - und es ließen sich deren noch mehrere erwähnen - so handelt unser Himmlische Vater mit vielen Seiner Kinder, die Er über alles liebt. Es ist so wichtig, daß wir - um in des Herrn Dienst gebraucht werden zu können - von Herzen demütig sind. Stolz, Eigenliebe und Selbstsucht wirken sich immer verderblich aus.

Wenn uns (durch den Heiligen Geist) die Macht und die Majestät des Allerhöchsten zum Bewußtsein gebracht wird, dann rufen wir nicht aus wie Jesaja: „Ich bin verloren!“ Denn nun ist ja für uns bereits das Lösegeld bezahlt worden mit dem kostbaren Blut des Herrn Jesu. Aber stellen wir denn auch unsere eigene Unwürdigkeit, unser „Nichts hab’ ich zu bringen“ fest? Schenken wir denn all unser Denken der Ehre Gottes? Bewegen wir uns in Demut und Beugung?

Haben wir die Einsicht des Propheten in Jesaja Kap.6 erreicht? Gewiß wünschen wir von ganzem Herzen, dem Himmlischen Vater wohlgefällige Kinder zu sein; aber -- ist unser kleines, eigenwilliges „Ich“ auch wirklich schon zerbrochen?

Das öffentliche Wirken (oder die Arbeit in der Versammlung) haben eine gewisse Anziehungskraft; es kommt aber hin und wieder vor, daß der Ewige uns beiseite nimmt, um uns unser „Ich“ zu zeigen, eine geistige Bilanz darüber zu ziehen. Dann sind wir verblüfft und erschrocken; denn wir finden, wenn wir ehrlich sind, mehr Unwürdigkeit, als wir gedacht hatten.

In gewissen Abständen gibt uns der Himmlische Vater solch wichtige Lehren über das menschliche Unvermögen, was uns dann zu einer Erfahrung wird. Wir staunen dann, über die Geduld Gottes, die er mit uns hat. Wir beginnen dann, unseren Dienst zu untersuchen - und finden das eigene  I c h  viel bedenklicher, als wir es uns vielleicht gedacht haben. Wir entdecken dann mehr Schlacken als Gold und sind vielleicht überrascht, daß uns das nicht  m e h r  gestört und beunruhigt hat bis dahin.

Gewiß sollten wir unsere Freude auch im Dienst der Liebe finden; aber nicht das Dienen als solches sollte unsere Freude allein sein. Ziel und Zweck  a l l e r  Arbeit sollte und muß Gottes Verherrlichung sein - und das Resultat unserer Freude. Wir wissen, daß Satan eine große Rolle spielt, indem er immer versucht, die Ordnung umzukehren. Es ist daher nicht gut, wenn wir etwa denken: Wir sind glücklich, dieses und jenes zu tun; möge Gott dabei verherrlicht werden! Es ist besser, wenn wir alles im Geiste zur Verherrlichung des Allerhöchsten verarbeiten, und daß wir unsere Freude in Seinem Willen finden möchten. Hier zeigen sich die feinen Fäden des Einflusses Satans. Wir geben uns mit einem halben Sieg zufrieden, und denken, später einen größeren zu erlangen. Wir können uns vielleicht Rechenschaft über uns selbst geben, unterlassen es aber, uns von  S e i n e r  H e r r l i c h k e i t  Rechenschaft zu geben - und von dem großen Vorrecht, daß wir uns Ihm nahen und Ihn anbeten  d ü r f e n.

Jesaja sah nicht nur seine eigene Unwürdigkeit und Unreinheit; er fühlte auch die Herrlichkeit Gottes, und daß Er hoch erhaben ist. Erst durch den Anblick der Majestät wurde er tief gedemütigt. Erst jetzt konnte ihn der Allmächtige wahrhaft gebrauchen. Jetzt, wo Er ihn vollständig von allen weltlichen oder weltgeistlichen Stützen gelöst hatte, war er zu weiteren Aufgaben tüchtig - und für Gott ein brauchbares Werkzeug.

Aus diesen Begebenheiten (und aus vielen anderen Beispielen aus der Schrift) ersehen wir, daß Gott, der Herr, Seine Werkzeuge immer wieder für bestimmte Aufgaben zubereitet. Es ist hier kein Ansehen der Person, keine Frage, in welcher Stellung jemand sei. Hießen sie nun Apostel Paulus, Petrus, oder waren es andere Männer Gottes, wie hier der Prophet Jesaja - alle wurden von Zeit zu Zeit tief gedemütigt; und darum denken wir, daß es mit uns nicht besser als diesen auserwählten Werkzeugen bestellt ist; denn „Demut“ heißt : der Boden der Pflanze Gottes.

Unser Himmlischer Vater möchte uns durch göttliche Demütigung zu der tief gegründeten Einsicht bringen, daß nichts - aber auch garnichts, was unserer unvollkommenen, eigenwilligen Menschlichkeit entspringt, auch nur annähernd mit Seinem allmächtigen, allweisen Gesetz der Liebe und des Lebens in Einklang zu bringen ist.

Demut des Herzens vor dem Ewigen
ist das Geheimnis des ewigen Lebens.



Tagesanbruch Bibelstudien- Vereinigung