Des Christen Leben und Lehre |
Unsere Zeiten in der Hand des Himmlischen Vaters
Wenn wir uns mit den Dimensionen des göttlichen Planes beschäftigen, mit der Länge und Breite, Höhe und Tiefe seines Liebesratschlusses, dann stellen wir fest, daß d i e Z e i t in Gottes Handeln eine festgefügte Größe darstellt. Sie ist ein mächtiges Element in der Hand des Schöpfers.
Es ist anzunehmen, daß schon vor Grundlegung der Welt Zeitgesetze bestanden haben - vor Erschaffung der Erde also - und vor Erschaffung von Sonne, Mond und Sternen, durch deren Existenz die Gesetze der Zeit auch für uns Menschen sichtbar und erkenntlich geworden sind. Diese Schlußfolgerung dürfen wir wagen, weil wir allenthalben in dem göttlichen Wirken den Beweis dafür erhalten - gleichviel, ob wir in die Vergangenheit, in die Gegenwart oder in die Zukunft blicken.
Infolgedessen wäre es ungereimt zu vermuten, daß v o r den uns aufgezeigten Äonen sowie in den kommenden Ewigkeiten keine Zeitordnung war - oder sein wird. Die Heilige Schrift läßt uns in Ps.90:2 wissen: „Ehe geboren waren die Berge - und du die Erde und den Erdkreis erschaffen hattest - Ja, von Ewigkeit zu Ewigkeit bist du, Gott.“
Von dieser Basis aus erhalten göttliche Aussprüche und Handlungen einen höheren Aussagewert. Beachten und befolgen wir diese herrlichen Gesetze des Zeit-Elementes in unserem täglichen Leben, so bedeutet das zweifellos einen Gehorsam dem Schöpfer gegenüber - einen Glaubensgehorsam, der sich segnend für uns und unsere Umgebung auswirken wird. Wir werden durch Gottes Wort ermuntert, uns seinem Zeitplan unterzuordnen, Zeitzeichen zu beachten, insbesondere in der Endzeit. Wir werden ermahnt, die Zeit hinsichtlich unserer Aufgaben als „Gesandte für Christum“ zu nutzen. Ja, wir sollen „die gelegene Zeit auskaufen“ (Eph.5:16), weil das Zeitrad nach dem göttlichen Gesetz keine Rücklaufbewegung macht. Auch, wenn das uns manchmal wünschenswert wäre. Diese allgemein bekannte Tatsache läßt sich durch einige Schriftzeugnisse unschwer unterstreichen:
Kol.4:5: „Wandelt in Weisheit gegen die, welche draußen sind, die gelegene Zeit auskaufend.“ - Pred.3:1: „Alles hat eine bestimmte Zeit, und jedes Vornehmen unter dem Himmel hat seine Zeit.“
Somit ist jede Sekunde ein kleiner Baustein für die Ewigkeiten. David, der ein Vorbild des Christus, Haupt und Leib im Fleische darstellte, brachte prophetisch die gläubige Herzensstellung der Heiligen zum Ausdruck, indem er sagte: „Ich aber, ich habe auf dich vertraut, Jahwe: ich sagte: D u bist mein Gott! In deiner Hand sind meine Zeiten.“ - Ps. 31:14,15. Diese Glaubenszuversicht kann uns beruhigen in Tagen der Bedrängnis und des Leidens. Ihre Wirkung ist allerdings nicht die gleiche wie die einer Beruhigungspille, durch die Verstand und Empfindungsvermögen gedämpft oder gar ausgeschaltet werden; im Gegenteil: Glaubenszuversicht erhält unseren Verstand hellwach und wachsam zugleich. Wir dürfen uns des göttlichen Versprechens erinnern, daß Jahwe „nahe ist denen, die zerbrochenen Herzens sind; und die zerschlagenen Geistes sind, rettet er.“ - Ps.34:18.
In dem Bewußtsein, daß unsere Zeiten in Seiner mächtigen Hand sind, fällt uns auch ein Wort des Apostels Paulus ein: „Keine Versuchung hat euch ergriffen, als nur eine menschliche; Gott aber ist treu, der nicht zulassen wird, daß ihr über euer Vermögen versucht werdet, sondern mit der Versuchung auch den Ausgang schaffen wird.“ (I.Kor.10:13) - Ein indirekter Hinweis darauf, daß unsere Zeiten in Seiner Hand sind.
Die deutlichen Schriftbeweise sind uns ein Hilfsmittel, den Gnadenweg in den Fußspuren Jesu Christi, der zu Leben und Unsterblichkeit führt, mit Freuden gehen zu dürfen. Unser Herr Jesus hatte es beträchtlich schwerer als wir. Auf seinen Schultern lag die Aufgabe des gesamten Erlösungsplanes Gottes. E r hat die Spuren getreten auf dem schmalen Pfad und hat den Weg für seine Nachfolger gangbar gemacht. Aber auch er ging diesen Pfad in dem Vertrauen zum Vater - und in dem Bewußtsein des oben zitierten Wortes: „Du bist mein Gott! In deiner Hand sind meine Zeiten.“
W i e sorgsam Jesu Zeiten geordnet waren, und w i e gehorsam er darauf achtete, dürfen wir immer wieder aufs Neue mit Bewunderung und zu unserer Belehrung feststellen.
Hinsichtlich seines ersten Kommens waren Herkunft und Natur, die Begleiterscheinung seines Wandelns,- und die damit zusammenhängenden Zeitumstände so klar und deutlich vorausgesagt, daß er als der verheißene Same Abrahams und als der Sohn Davids leicht zu erkennen gewesen wäre. Aber Israel - außer einem Überrest - erkannte ihn nicht. Und doch war es als einziges Volk der Erde dazu ausersehen, ihn, den Herrn, den Messias zu erkennen und das verheißene Erbe mit ihm anzutreten. Aus Jes.1:3 erkennen wir: „Ein Ochse kennt seinen Besitzer, und ein Esel die Krippe seines Herrn; Israel hat keine Erkenntnis, mein Volk hat kein Verständnis. „Jesus kam in das Seinige, und die Seinigen nahmen ihn nicht an.“ - Joh.1:11
Paulus sagt in Hebr.1:1: „Nachdem Gott vielfältig und auf vielerlei Weise ehemals zu den Vätern geredet hat in den Propheten, hat er am Ende dieser Tage zu uns geredet in dem Sohne.“ In Übereinstimmung mit diesem Wort faßt der Apostel die exakte Zeitfestsetzung für das Kommen Jesu in den bekannten, wenn auch knappen Worten in Gal.4:4 zusammen: „Als aber die Fülle der Zeit gekommen war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einem Weibe, geboren unter Gesetz.“
Die Sendung des Herrn geschah nicht zu einem X-beliebigen Zeitpunkt, und seine dreieinhalbjährige Wirkungszeit war ebenfalls genau vorausbestimmt. Jesus beachtete diese Anweisungen sehr sorgfältig und mit großer Weisheit. Er sprach nicht viel von seiner schweren Last, die ihm bevorstand, obwohl er sie genau kannte. Lediglich durch seine Worte in Lk.12:50 wies er indirekt darauf hin: „Ich habe eine Taufe, womit ich getauft werden muß, und wie bin ich beengt, bis sie vollbracht ist.“
Ferner erfahren wir einen ähnlichen Hinweis durch Joh.4:32,34: „Ich habe eine Speise zu essen, die i h r nicht kennt. Meine Speise ist, daß ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollbringe.“ Und d a s war es, was unserem Herrn innere Befriedigung brachte. Die irdische Speise, die bei dieser Begebenheit von den Jüngern angeboten wurde, als er am Jakobsbrunnen Rast machte, fand bei ihm keine Beachtung.
In dieser Fügsamkeit und Sorgfalt ging der Herr als das gegenbildliche „Lamm Gottes“ den vom Vater vorgesehenen Opferweg. Er setzte sich aber n i c h t v o r- z e i t i g dem Zugriff seiner Todfeinde aus, bis die Zeit des Passah vor der Türe stand. Dazu berichtet uns Joh.7:1: „Und nach diesem wandelte Jesus in Galiläa; denn er wollte nicht in Judäa wandeln, weil die Juden ihn zu töten suchten.“ In Vs.8 finden wir ebenfalls seine Zurückhaltung ausgedrückt: „Gehet i h r hinauf zu diesem Feste; denn m e i n e Zeit ist noch nicht erfüllt.“ So beobachtete Jesus auf die Stunde genau die Zeit vor dem 14. Nisan, weil er wußte, daß er als das gottwohlgefällige Schlachtopfer zur Erlösung der Welt vorgesehen war.
Als aber die Zeit genau erfüllt war, zögerte er keinen Augenblick, hinaufzugehen nach Jerusalem, und die folgenschweren Umstände auch frei heraus auszudrücken. „Von der Zeit an begann Jesus seinen Jüngern zu zeigen“ - ist in Mt. 16:21 zu lesen, „daß er nach Jerusalem hinaufgehen müsse und von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten vieles leiden und getötet und am dritten Tage auferweckt werden müsse.“
Wie fest der Entschluß zu seinem Todesgang war, zeigt die scharfe Erwiderung Petrus gegenüber, der ihn - in Unkenntnis der Sachlage - davon abhalten wollte: „Geh hinter mich, Satan! Du bist mir ein Ärgernis.“ (Mt.16:23.) Der Herr kaufte seine Zeit aus - im wahrsten Sinne des Wortes. Er ließ sich durch niemanden und durch nichts davon abhalten, den Willen des geliebten Vaters auszuführen, und hat so „seine Seele ausgeschüttet in den Tod.“ - Jes.53:12.
Hierzu ein kleiner Auszug von Brd. Russell aus dem W.T. Nov. 1912 (deutsche Ausgabe):
„Hätte unser Herr die Zeit und die Art und Weise seines Todes selbst bestimmt, so hätte E r sich den Kelch eingeschenkt. Hätten die Juden darüber entscheiden können, dann würden s i e den Kelch eingeschenkt haben. Doch weder Jesus noch die Juden taten es, denn beides - die Zeit und die Umstände seines Todes - waren durch die Propheten vorausgesagt. Unser Herr nahm den Kelch an als für ihn vom Vater bestimmt. Wenn durch Gottes Vorsehung sein Tod ein oder zwei Jahre früher erfolgt wäre, und des Vaters Wille seine Kreuzigung für eine frühere Zeit bestimmt hätte, dann wäre es ebenso recht gewesen; „denn er lernte an dem, was er litt, den Gehorsam.“ (s. Hebr.5:8) - So weit aus dem Aufsatz von Brd. Russell.
Die vielen Aussprüche Jesu, in denen er die sorgsame Beachtung des väterlichen Willens bekundete, belehren uns, auf welche Art und Weise er zum Überwinder wurde. In Joh.18:11 sagte er: „Den Kelch, den mir der Vater gegeben hat, soll ich den nicht trinken?“ - Dieser kurze Überblick zeigt uns, daß das oben zitierte Psalmwort: „Du bist mein Gott! In deiner Hand sind meine Zeiten“, auf Jesus Christus - als das Haupt der Versammlung - exakt zutrifft; und so kann es für die Leibesglieder natürlicherweise nicht anders sein.
Unsere Leiden sind artgleich wie die des Herrn Jesus; unser Ziel ist eindeutig gekennzeichnet, und die Gnadenbelohnung ist ebenso Ehre, Herrlichkeit und Unsterblichkeit mit unserem Haupt, zur Rechten des Vaters.
Dieses Ziel ist derart hoch, daß es Anmaßung wäre, es zu begehren, würde es nicht ausdrücklich vom Vater verordnet worden sein, wie es Paulus in Eph.1:3-5 aufzeigt: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jeder geistigen Segnung in den himmlischen Örtern in Christo, wie er uns auserwählt hat in ihm vor Grundlegung der Welt, daß wir heilig und tadellos seien vor ihm in Liebe; und uns zuvorbestimmt hat zur Sohnschaft durch Jesum Christum für sich selbst nach dem Wohlgefallen seines Willens „
Wir dürfen also freimütig und freudig, jedoch sorgsam und mit Fleiß mit Jesu nach dem Ziele laufen; denn auch u n s e r e Z e i t e n sind in Seiner Hand. Laßt uns aber einige bedeutende Unterschiede in der Zeitbestimmung zwischen dem Haupt und seinen Gliedern beachten. Während seiner dreieinhalbjährigen Hingabe hatte Jesus sowohl das Ende seiner Wirkungszeit als auch jede dazwischenliegende Epoche klar vor Augen. Wohl dauert unsere Hingabe ebenfalls vom Beginn unserer Weihung an bis zum Tode - wie bei Jesus; aber das Ende unseres Laufes ist verborgen. Jeder einzelne hat seine individuelle Zeit, die nur vom Herrn erkannt und wohl bemessen wird. Durch unsere Unvollkommenheit sind wir auch untereinander grundverschieden.
Im Gegensatz zu uns war der Herr vollkommen, vorbildlich gekennzeichnet als ein „Lamm ohne Fehl“ (1. Pet.1:19); und sein Opfer a l l e i n war das Lösegeld für Adam - und somit für die ganze Menschenfamilie. „Denn gleichwie in dem Adam alle sterben, also werden auch in dem Christus a l l e lebendig gemacht werden.“ - 1.Kor.15:22
Daß der große Gott und Vater für seinen geliebten Sohn eine Gehilfin gleicher Natur vorgesehen hatte, ist das Geheimnis, das er sich vor Grundlegung der Welt gesetzt hat. In seiner großen Gnade hat es ihm wohlgefallen, aus den niedrigsten Schichten der vernunftbegabten Wesen die Leibesglieder zu wählen. Aus dem ’Steinbruch dieser Welt’ also sind wir als Rohlinge berufen worden zu dem höchsten Amt: Mitarbeiter zu sein mit Jesu Christo, unserem „Haupt.“ Wir waren rohe Steine, und der große Meisterbildner begann mit gezielten Meißelhieben, uns zu formen. Jeder Stein hat d i e Form, die nötig ist, um ohne Hammerschlag in den Tempel Gottes eingefügt werden zu können.
Um dem Bilde seines Sohnes gleichförmig zu werden, wie Paulus es in Röm.8:29 ausdrückt, ist freilich eine gehorsame und diensteifrige Mitarbeit erforderlich, denn das Werk der Umgestaltung kann nicht gegen - oder ohne unseren Willen geschehen. Der Apostel belehrt uns in 1.Joh.2:6: „Wer da sagt, daß er in ihm bleibe, ist schuldig, selbst auch so zu wandeln, wie er gewandelt hat.“ Doch, was stellen wir - selbst bei redlichem Bemühen - im Hinblick auf unseren Wandel fest? Auf Schritt und Tritt finden wir ihn minderwertig und mangelhaft. Auch das bestätigt derselbe Apostel, indem er schreibt: „Wenn wir sagen, daß wir nicht gesündigt haben, so machen wir Ihn zum Lügner, und sein Wort ist nicht in uns.“ - 1.Joh.1:9.
Wir brauchen uns der Unvollkommenheit nicht zu schämen. Der barmherzige Himmlische Vater verwirft uns nicht, sondern ist „langsam zum Zorn und groß an Güte.“ (2.Mos.34:6; 4.Mos 14:18; Ps.86:15 u a. „Denn er kennt unser Gebilde, ist eingedenk, daß wir Staub sind.“ (Ps 103:14) „Wenn w i r unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, daß er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.“ - (1.Joh.1:10). Können wir es trotzdem noch nicht fassen, daß Jesu Blut uns völlig reinigt und uns dem Vater ohne Flecken und Runzeln darstellt, dann ist unser Glaube noch sehr klein. Dann benötigen wir noch Zeit, um das Wort des Herrn in Joh.17:3 verstehen zu lernen: „Dies aber ist das ewige Leben, daß sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, erkennen.“
Dieses Lernen kostet die ganze Zeit des uns noch verbleibenden Lebens. Noch haben wir Gelegenheit, Früchte des Geistes zu bringen und als wahrer Weizen in die himmlische Scheune gesammelt zu werden. Wie gut ist es zu wissen, daß auch u n s e r e Z e i t e n i n S e i n e r H a n d s i n d !
Je mehr wir an den Zeichen der Zeit das Wirken unseres gegenwärtigen Herrn erkennen, desto ermutigender ist es, in Prüfungen und Leiden auszuharren; denn das Ausharren bewirkt in uns einen Reifegrad der Vollendung. Es ist ein Glück, unsere Zeiten noch in seiner Hand zu wissen; denn er prüft uns, um uns erkennen zu lassen, ob wir Jahwe, unseren Gott, lieben mit unserem ganzen Herzen und mit unserer ganzen Seele, wie es in 5.Mos.13:3 geschrieben steht. Es ist sicherlich eine gnädige Fürsorge des Herrn, daß er das Ende unserer Zeit verborgen hält und uns dadurch vor schädlichen Berechnungen bewahrt.
Wir schließen mit den Worten aus 2. Pet.3:9: „Der Herr verzieht nicht die Verheißung, wie etliche es für einen Verzug achten, sondern ist langmütig gegen euch, da er nicht will, daß irgendwelche verloren gehen, sondern daß alle zur Buße kommen.“
Möchten diese wenigen Worte dazu beitragen, daß wir unter dem Frieden Gottes und mit Freudigkeit unseren Pilgerweg vollenden, und dadurch den Vater und seinen geliebten Sohn, unseren Herrn, heiligen und verherrlichen.