Des Christen Leben und Lehre |
„Sie erscheinen vor Gott in Zion“
Einer der schönsten Psalmen ist in den Augen vieler Bibelleser Psalm 84. Er stammt von den Söhnen Korahs, den Korahiten, die auch die Psalmen 8 und 42 gedichtet haben. Diese Korahiten waren Nachkommen jenes Leviten namens Korah, der sich in der Wüste gegen Mose und Aaron auflehnte.,
Lt. 4.Mos.26:11 blieben die Söhne Korahs nach dem Aufstand verschont.
Es ist anzunehmen, daß Gott in ihnen eine besondere Begabung sah - und ihr Leben deshalb verschonte. Denn später bildeten sie das Geschlecht der Tempelsänger. Der Psalm war ein Pilgerlied der Juden, die jährlich zum Tempel zogen, um dort zu beten und zu opfern. Meist wurde er erst beim Anblick des Tempels gesungen. Doch die Liebe der Sänger des 84. Psalms gilt nicht einem Bauwerk, sondern der Wohnung des lebendigen Gottes.
Der Psalm spricht von den Wohnungen des Herrn, nach denen sich auch viele von uns hier sehnen. Auch unser Herr Jesus sprach von diesen „Wohnungen“, in die er selbst einzog, und die er auch für seine Nachfolger bereiten wollte: „Im Hause meines Vaters sind viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, würde ich es euch gesagt haben; denn ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten.“ (Joh.14:2) Dieser Vers aus dem Johannes-Evangelium - und natürlich auch der Psalm 84 - zeigen uns Wege, wie wir in diese Wohnungen Gottes eintreten können. Und wer von uns in diese Wohnungen eintritt, der ist dem Allerhöchsten nahe - ja, ganz nahe!
Zur Übersetzung des Wortes „Wohnungen“ hier einige Anmerkungen. Manche Übersetzungen, wie z.B. die der englischen „King-James-Version“, benutzen nämlich andere Ausdrücke für „Wohnungen.“ Davon wollen wir uns aber beim Studium nicht beeinflussen lassen; denn wir haben gelernt, daß die richtige Bedeutung des hebräischen Wortes „Ort des Verweilens“ ist. - s. Band 4, S. 652, engl. Ausgabe.
Dieser „Ort des Verweilens“ ist unser Ziel. Als Nachfolger Christi wollen wir Gott und unserem Herrn Jesus nahe sein. Grund genug also, daß wir uns nun genauere Gedanken machen, was diese „Wohnungen“ sind, die der Psalm 84 erwähnt, und welche Wege der Psalm empfiehlt, um „vor Gott in Zion zu erscheinen.“
Doch zuvor wollen wir den Psalm 84 lesen:
„Dem Chorleiter, auf der Gittith. Von den Söhnen Korahs. Ein Psalm.“ Wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr der Heerscharen! Es sehnt sich, ja, es schmachtet meine Seele nach den Vorhöfen des Herrn; mein Herz und mein Leib, sie jauchzen dem lebendigen Gott entgegen.
Auch der Vogel hat sein Haus gefunden und die Schwalbe ein Nest für sich, wo sie ihre Jungen hingelegt hat - deine Altäre, Herr der Heerscharen, mein König und mein Gott!
Glücklich sind, die in deinem Hause wohnen. Stets werden sie dich loben. Sela.
Glücklich ist der Mensch, dessen Stärke in dir ist, in dessen Herz gebahnte Wege sind!
Sie gehen durch das Tränental und machen es zum Quellenort. Ja, mit Segnungen bedeckt es der Frühregen. Sie gehen von Kraft zu Kraft. Sie erscheinen vor Gott in Zion.
Herr, Gott der Heerscharen, höre mein Gebet! Vernimm es, o Gott Jakobs. Sela.
Blicke doch, o Gott, auf unseren Schild! Schaue an das Antlitz deines Gesalbten! Denn ein Tag in deinen Vorhöfen ist besser als sonst tausend. Ich will lieber an der Schwelle stehen im Hause meines Gottes, als wohnen in den Zelten der Gottlosen.
Denn Gott, der Herr, ist Sonne und Schild. Gnade und Herrlichkeit wird der Herr geben, kein Gutes vorenthalten denen, die in Lauterkeit wandeln.
Herr der Heerscharen! Glücklich der Mensch, der auf dich vertraut!
Wir möchten gemeinsam einige Aspekte dieses Psalms untersuchen:
- Was sind die Wohnungen und das Haus Gottes, und wie ist der Weg dorthin?
- Sucht Gott unsere Nähe? Und wenn ja - warum?
- Auf welche Art bietet Gott seine Nähe an? Wie will er, daß ich mich Ihm nähere?
- Was ist u n s e r Platz in Gottes Wohnung?
Kommen wir gleich zum ersten Aspekt!
Was sind die „Wohnungen“ und „das Haus Gottes“ - und wie ist der Weg dorthin?
„Wohnungen“ oder „ein Haus“ ist auch für den Allerhöchsten der Ort, wo Er zu Hause ist. Auch der Mensch braucht einen Ort, wo er gerne ist, sich geborgen fühlt. Dieser Ort ist unser „Zuhause.“ Und: „Gottes Wohnungen sind lieblich“, wie der Psalmist sagt. Sie sind tatsächlich sehr lieblich, die Jahwe von Herzen lieben.
Aber „Gott ist Geist“ - und hat keine körperlichen Bedürfnisse wie wir Menschen. Wir müssen schlafen und essen. Deshalb erfüllt sein Haus andere Zwecke zur Anbetung, Versöhnung, Gemeinschaft und Kommunikation mit Ihm. So lesen wir z.B. in Mt.21:13: „Und er spricht zu ihnen: Es steht geschrieben: „Mein Haus wird ein Bethaus genannt werden
Dieses „Haus“ begleitete Israel schon bald nach der Befreiung aus Ägypten. Nach der Epoche der Stiftshütte - dem „Zelt“ - wurde durch Salomo ein Haus aus Stein gebaut: der Tempel. Dieser Tempel wurde bekanntlich von Nebukadnezar zerstört und durch Serubbabel wieder aufgebaut - und schließlich wieder zerstört.
An dieser Stelle möchten wir zum „Tor“ und dem „Vorhof“ des Tempels etwas sagen. Wer sich damals dem Tempel näherte, ging üblicherweise durch ein Tor, und gelangte so in den Vorhof. Dieser Ort (der Vorhof) wird auch in unserem Psalm erwähnt, wenn wir lesen: „Es sehnt sich, ja, es schmachtet meine Seele nach den Vorhöfen des Herrn; mein Herz und mein Leib, sie jauchzen dem lebendigen Gott entgegen.“ (Vs.2)
Aus den Lektionen über die Stiftshütte haben wir gelernt, welche gegenbildliche Bedeutung der Vorhof hat. Wir denken, daß dies im Prinzip auch auf den Vorhof in unserem Psalm übertragbar ist. Der Vorhof versinnbildlicht den Zustand der Rechtfertigung, der durch den Glauben an Christus erlangt wird. Wir haben dafür ein Beispiel:
In der Stiftshütte, dem Zelt (oder der Wohnung) Gottes während Israels Wüstenwanderung gelangten nur die Leviten (sie versinnbildlichen die Gläubigen) durch das Tor in den Vorhof. Dort durften sie ihren Dienst an den Geräten verrichten. (s. 3.Mos.4:19,20 sowie Stiftshütten-Broschüre S.20, engl. Ausgabe). Und wie schon in der „Stiftshütte“, wird auch in unserem Psalm der Weg eines geweihten Christen bis hin zur engen Gemeinschaft mit Gott in Zion beschrieben. Und dieser Weg zur Gemeinschaft mit Gott geht nur durch den Glauben an das Lösegeld oder Loskauf-Opfer Christi.
Nur der tief gläubige Mensch will wirklich in die Gemeinschaft und in die Gegenwart Gottes eintreten. Folgerichtig führt ihn der Weg d a n n über den Vorhof hin zum Heiligtum. Denn dort wohnt Gott, dort ist der „Ort des Verweilens“, nicht im Vorhof. Und so haben wir einen Herzenswunsch, der tief in unserer Seele ist: … „mein Herz und mein Leib, sie jauchzen dem lebendigen Gott entgegen.“ Wir empfinden tiefe Freude.
Somit ist der Vorhof eigentlich nur eine Zwischenstation auf dem Weg zum Heiligtum. Zwar ist er schon ein Ort der Freude, weil man dem „Haus“ so entscheidend näher gekommen ist und einige Vorhof-Geräte des Tempels erkennen kann; aber wir sind noch nicht in der nahen Gegenwart des Allmächtigen. Ziel unseres Weges sind auch die „Altäre“ Gottes. Das ist anscheinend der Ort, an dem die Versöhnung mit dem Allerhöchsten geschehen kann.
In Off.6:9 wird uns ein symbolischer Altar in den Himmeln gezeigt. Wir lesen: „Und als es (das Lamm) das fünfte Siegel öffnete, sah ich unter dem Altar die Seelen derer, die geschlachtet worden waren um des Wortes Gottes und um des Zeugnisses willen, das sie hatten.“ Dieser Altar scheint auf den ersten Blick etwas anderes darzustellen , als die Altäre in unserem Psalm.
Der Psalmist vergleicht die Altäre des Herrn mit dem Nest eines Vogels, der dort seine Jungen heranzieht. Und dieses Nest ist ein „Zuhause“ für den Vogel. Dort fühlt er sich heimisch. Doch auch der in der Offenbarung erwähnte Altar ist ein Platz oder ein Zuhause für die verstorbenen Heiligen.
Wie ist das zu verstehen? Da schon im Vorhof ein bronzener Altar war, konnte man einen Teil der Versöhnung schon im Vorhofszustand erreichen, wie - symbolisch gesehen - zum Beispiel die Annahme des Blutes Christi und des Loskaufpreises. Der bronzene Altar in der Stiftshütte schattet den Loskaufpreis vor. (s. Stiftshütte Seite 22, engl. Ausgabe).
Und nun stellt sich natürlich im Vergleich die Frage, ob auch wir uns bei den Altären Gottes heimisch fühlen - da, wo wir Versöhnung erhalten? Wir denken, daß wir (wie die Vögel) ein „Zuhause“ für unsere Neuen Schöpfungen suchen wollen. Wenn wir suchen, dann werden wir die „Altäre Gottes“ finden. Das ist symbolisch der Ort, an dem wir unser altes Leben als Opfer auf den Altar legen.
Die Schwelle des Hauses Gottes:
Jachin und Boas (2.Chron.3:17)
Doch der Weg des Gläubigen führt weiter in das Innere des Heiligtums, des eigentlichen Tempels. Hierzu müssen wir die Schwelle des Hauses Gottes überschreiten. Diesbezüglich lesen wir in 1.Chron.9:19 von den Söhnen Korahs, die als Wächter an der Schwelle des Zeltes dienten: „Und Schallunm, der Sohn des Kores, des Sohnes Abiasafs, des Sohnes Korahs, und seine Brüder vom Haus seines Vaters, die Korahiter, waren ü b e r die Arbeit des Dienstes als Wächter an den Schwellen des Zeltes gesetzt. Und ihre Väter waren einst über das Lager des Herrn als Hüter des Eingangs eingesetzt.“ - s.a. 2.Kön.12:10
Es gab also Wächter an der Schwelle des Hauses. Sicher war dies so, damit kein Unberechtigter eintreten sollte. Und im Falle des Tempels gab es nahe der Schwelle noch etwas Interessantes. Es gab dort zwei Säulen. Dies waren (im übertragenen Sinne) auch gleichzeitig riesige Wächter aus Stein. So lesen wir vom Erbauer des Tempels: „Und er stellte die Säulen vor dem Tempel auf, eine zur Rechten und einer zur Linken; und er gab der Rechten den Namen Jachin er wird befestigen) und der Linken den Namen Boas (in ihm ist Stärke)“. 2.Chron.3:17.
Diese „Wächter“ - sowohl Korahiten als auch die beiden Säulen - haben eine Bedeutung für die Gefühle, die sie dem Besucher des Tempels vermitteln. Zum einen geben die Wächter das Gefühl von Sicherheit denen, die im Haus Gottes sind. Zum anderen sind (in unserem Falle) die Wächter Jachin und Boas gleichzeitig tragende Säulen des Daches. Dieses „Dach“ gibt das Gefühl von Schutz gegen die schädlichen Einflüsse von außen.
„Jachin“ bedeutet: „Er wird befestigen“
Die rechte Säule hieß Jachin. Sie war in Richtung Norden aufgestellt, also in der Himmelsrichtung, in der auch der Sitz des Thrones Gottes ist.
Manche Bibelwissenschaftler wie z.B. Rienecker nehmen an, daß sich eine Inschrift in dieser Säule befand. Auf der Säule Jachin mag gestanden haben: „Der Herr b e f e s t i g e deinen Thron ewiglich.“ Diese Aussage stimmt mit einigen Prophezeiungen überein, die der Herr gab.
Stellvertretend lesen wir hierzu Jesaja 9:6: „Groß ist die Herrschaft, und der Friede wird kein Ende haben auf dem Thron Davids und über seinem Königreich, es zu befestigen und zu stützen durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Der Eifer des Herrn der Heerscharen wird dies tun.“
Der Herr hat diese Aussage auch im Hinblick auf den Thron Jesu gemacht. Der ganze Christus, Haupt und Leib, wird einmal von diesem Thron Davids aus regieren. Zudem gab Jachin durch seine Bauweise dem Pilger des Tempels das Gefühl von Vertrauen und Beständigkeit.
Boas bedeutet: „In Ihm ist Stärke“
Die andere Säule links, also südlich, hatte auch einen Namen: „Boaz“ (oder „Boas“). Auch bei ihr vermutet man eine Inschrift: „Im Herrn liegt die S t ä r k e des Königs.“ - Nach Rienecker „Lexikon zur Bibel.“
Wir denken, daß diese beiden Inschriften sowohl damals für Salomo als auch im Hinblick auf Christus möglicherweise eine Bedeutung besitzen könnten. Für Salomo, den Erbauer des Tempels, waren es wahrscheinlich wichtige Verheißungen für seinen Thron über ganz Israel. Der Ewige verlieh bekanntlich Salomos Thron Festigkeit und Stärke. Zudem gab Boas dem Pilger damals das Gefühl von verläßlicher Stärke. Da Salomo ein Vorbild für den verherrlichten Christus ist, so kommt diesen selben Verheißungen noch die Bedeutung für den Thron Christi hinzu.
Für uns bedeuten „Boaz“ und „Jachin“ einfach die sichere und machtvolle Ausführung des Planes Gottes. Wenn wir in das Haus Gottes eingehen dürfen, dann ist uns die „Stärke des Königs“ gewiß. Und die „Festigkeit des Thrones Christi“ ist ebenfalls gesichert. Nichts und niemand wird Gottes Vorhaben ändern - außer Gott selbst, wie z.B. mit Jona und der Stadt Ninive.
Doch jetzt sind wir dabei, in Gedanken die Schwelle des Hauses Gottes zu überschreiten und in Sein Heiligtum einzutreten. Wie geht es weiter?
Unsere zweite Frage war:
Sucht der Allmächtige unsere Nähe - und warum?
Will Gott unsere Nähe? Sucht ER unsere Nähe? Dazu wäre zu sagen, daß der Allerhöchste i m m e r sein Haus für sein Volk baute, um ihm nahe zu sein. Und er legt Wert darauf, daß „das Zelt Gottes“ bei den Menschen ist. (s.Off.21:3).
Wenn Jesus uns in die Wohnungen Gottes einlädt, dann denken wir, daß Er unsere Nähe begehrt. (Ps.132.13,14).Uns ist bewußt, daß wir uns mit der Frage, warum der Ewige unsere Nähe wünscht, besonders jenen zuwenden, die noch zögern, Gott innerlich näher zu kommen, aber nicht ausschließlich.
Weil Gott uns liebt
Wenn wir von Dingen wie „der Festigkeit des Thrones Christi“ sprechen, und auch von „der Stärke des Königs“, dann haben wir vor dem Allmächtigen große Ehrfurcht. Vielleicht wird diese Würde in manchen unter uns etwas Angst bewirken. Die Frage lautet dann: „Ist jemand wie ich würdig, sich dem Allerhöchsten zu nähern?“ Oder: Wird Gott mich lieben? Hierzu möchten wir sagen, daß der Allmächtige nicht will, daß wir Abstand halten und uns vielleicht von so majestätischen Symbolen wie Boaz, Jachin oder etwas Ähnlichem abhalten lassen, uns Ihm zu nahen.
Gott will deine und meine Nähe, weil er uns liebt. Er möchte auch, daß wir als seine Kinder über die Türschwelle in sein Haus treten. Diese Tür ist Jesus, unser Hirte, der für unsere Sünden und unser Zukurzkommen sein Leben gegeben hat. Gerade das zeigt die große Liebe des Himmlischen Vaters für die Menschen, denn er hat uns seinen Sohn gesandt. „Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, daß wir Kinder Gottes heißen sollen! Und wir sind es, sagt uns 1.Joh. 3:1.
Auf welche Art bietet Gott seine Nähe an?
Wie will er, daß ich mich Ihm nähere?
Doch Gott beschützt uns nicht vor allen Kämpfen des Glaubens - und manchmal auch nicht vor schweren Erfahrungen. Trotzdem will er unser Freund sein.
Sprüche 22:11 sagt uns dazu: „Wer Reinheit des Herzens liebt, wessen Lippen wohlgefällig reden, dessen Freund ist der König.“ Nach der Septuaginta: „Der Herr liebt den, der reinen Herzens ist.“
Liebe und Freundschaft sind etwas sehr Ähnliches. Die Liebe ist das stärkere Gefühl, aber manchmal nur in einer Richtung. Eine Freundschaft ist immer eine Verbindung in beide Richtungen. Eine weitere Antwort zum Thema „Freundschaft“ liegt in unserem Psalm verborgen. Wir lesen deshalb nochmals die Vse.6-8:
„Glücklich ist der Mensch, dessen Stärke in dir ist, in dessen Herz gebahnte Wege sind! Sie gehen durch das Tränental und machen es zu einem Quellort. Ja, mit Segnungen bedeckt es der Frühregen. Sie gehen von Kraft zu Kraft. Sie erscheinen vor Gott in Zion.“ Ja - die persönliche Freundschaft mit Gott wird in den alltäglichen Erfahrungen des Lebens geschlossen und gefestigt. Es mag überraschen, aber wichtig ist für unseren Schöpfer nicht die Mitgliedschaft zu einer religiösen Gemeinschaft, sondern unser Herz.
Manchmal sind unsere Erfahrungen schwer - und dann im wahren Sinne des Wortes ein Tränental. Krankheit, Verlust von Angehörigen und Freunden, die Härte des Berufslebens und all das, was uns in der Welt und manchmal bei Geschwistern begegnen kann, verursachen oft Tränen. Doch durch eine persönliche Freundschaft mit unserem Himmlischen Vater werden diese Erfahrungen zu einem (wenn auch manchmal beschwerlichen) Weg zu einem Quellort. Im Moment der Schwäche und Hilfslosigkeit wird der Allmächtige dir und mir zur Stärke und Zuflucht. In manchen Übersetzungen steht zu diesem Vers eine Fußnote. Diese besagt, daß es in der Nähe Jerusalems ein Tal mit dem Namen „Baca“ gab, auch „Tal der Wehklage“ genannt.
Wir denken, daß mit Gottes Hilfe und Freundschaft Tränen in Segnungen verwandelt werden können. Dies merken wir manchmal erst etwas später. In solchen Situationen wird aus dem „Tal der Tränen“ ein „Tal der Segnungen.“ Wie geht das?
Unsere Tränen , die bestimmt bitter wegen Erfahrungen sein können, die sie verursachten, werden nachher in süßes und erfrischendes Quellwasser umschlagen. In jeder schmerzlichen Situation, in jedem Leiden oder in jeder Niederlage liegt die Chance, später einen Nutzen daraus ziehen zu können.
In vielen biblischen Berichten sehen wir, daß Gott in dem Schwachen und Demütigen mächtig ist - und auch seine Liebe offenbart. Die Bibel zeigt uns anhand konkreter Persönlichkeiten wie Saul, David oder Salomo, daß Stärke, Macht und Stolz Einflüsse sind, die jemanden von Gott abbringen können. Manchmal ist das nur vorübergehend. Denn Gott liebt das Niedrige in den Augen der Menschen dieser Welt. Und so lesen wir: … sondern das Törichte der Welt hat Gott auserwählt, damit er die Weisen zuschanden mache; und das Schwache der Welt hat Gott auserwählt, damit er das Starke zuschanden mache.“ - 1.Kor.1:27
Unser Psalm sagt über die, die dem Herrn vertrauen, daß sie „gebahnte Wege“ gehen. Das bedeutet aber nicht, daß es keine Hindernisse und Tränen gibt. Es ist schließlich der schmale Pfad, der unbequeme Weg, den wir gehen. Der „gebahnte Weg“ hier ist auf das Ziel gerichtet. Für uns ist das Ziel die Himmlische Familie, die Christuskörperschaft. Unser Ziel ist es, nahe beim geliebten Herrn zu sein und mitzuwirken, wenn alle Menschen der Erde gesegnet werden, wenn sie im Licht wandeln wollen.
Wir alle wissen, daß der Herr genau prüfen wird, wen er in seine große Familie aufnehmen möchte. So lesen wir in Jer.11:20: „Aber du, Herr der Heerscharen, der du gerecht richtest, Nieren und Herz prüfst du.“ Und so versuchen wir, aus manchen Erfahrungen und Prüfungen Kraft zu schöpfen. Wir denken, daß dies wichtig für unsere Charakter-Entwicklung ist. Es gelingt uns aber leider nicht immer - und in manchen Zeiten viel zu selten.
Manchmal erkennen wir nicht sofort in Prüfungen und Augenblicken der Verzweiflung, wie sich die Tränen in Segen verwandeln könnten. Und nicht immer beantwortet unser Vater in den Himmeln unsere Gebete sofort - oder wie wir es gern hätten. Wenn wir in solchen Augenblicken Kraft finden möchten, dann denken wir an Zion. Manchmal fühlen wir uns wie jene in Babylon, die weinten, wenn sie vor Sehnsucht an Zion dachten: „An den Flüssen Babels, da saßen wir und weinten, indem wir Zions gedachten.“ - Ps.137:1
Im allgemeinen ist „Zion“ Hoffnung und Freude für uns. Zion ist ja der Ort, wo wir unseren Gott und sein Lamm sehen möchten. Und der Berg Zion ist ein Symbol für das himmlische Königreich Christi. „Habe doch ich meinen König geweiht auf Zion, meinem heiligen Berge!“ - Ps.2:6
Zion ist die geistige Heimat der Leibesglieder Christi aus den zwölf Stämmen Israels. In Off.14:1 lesen wir die bekannten Worte: „Und ich sah: und siehe, das Lamm stand auf dem Berg Zion, und mit ihm 144.000, die seinen Namen und den Namen seines Vaters an ihren Stirnen geschrieben trugen.“ Dieses „Zion“ ist nicht aus Stein, denn „ … der Höchste wohnt nicht in Wohnungen, die mit Händen gemacht sind, wie der Prophet spricht.“ - Apg.7:48
Von Gott können wir innere Kraft bekommen; dann verlassen wir den Ort der Tränen für diesen Moment, und bekommen neue Kraft. Wir schütten vor dem Herrn unser Herz aus - und zeigen ihm unsere innersten Gefühle. „Trachtet aber zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner (d.i. Gottes) Gerechtigkeit, und dies alles wird euch hinzugefügt werden.“ - Mt.6:33
Kommen wir aber jetzt zum anderen Teil unserer dritten Frage: Wie will Gott, daß wir uns Ihm nähern? Ziel des schmalen Pfades ist es, zum Herrn zu kommen, in die liebevollen Arme unseres Vaters. Wir wissen auch, daß der „schmale Pfad“ mit einer engen Tür (oder Pforte) beginnt. Wir sprachen vorhin von Jesus, der Tür - oder Pforte. Die Bibel bezeugt in Joh.10:7: „Jesus sprach: … Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ich bin die Tür der Schafe.“ Diese Tür ist also symbolisch: „Aber der Höchste wohnt nicht in Wohnungen, die mit Händen gemacht sind, wie der Prophet spricht.“ - Apg.7:48
Diese Tür ist aus Gnade vom Ewigen geöffnet worden, denn der Psalmist sagt in Ps.5:7: „Ich aber darf dank der Fülle deiner Gnade eingehen in dein Haus; ich bete an zu deinem heiligen Tempel hin, in der Furcht (Ehrfurcht) vor dir.“ Wenn wir also durch diese Tür - Jesus - eintreten, dann erwartet uns ein liebevoller Himmlischer Vater, der auch Verständnis und Geduld für uns aufbringen möchte. Er sucht unser reines Herz . Und Jesus hilft uns, vor Gott ein reines Herz zu bewahren.
Spr.22:11 sagt uns dazu: „Wer Reinheit des Herzens liebt, wessen Lippen wohlgefällig reden, dessen Freund ist der König.“ Nach Septuaginta: „Der Herr liebt den, der reinen Herzens ist.“ Grundsätzlich meinen wir, daß wir uns auf zwei Arten Gott geistig nähern können. Zum einen als Gemeinschaft, Versammlung, Familie etc. Andererseits können wir uns ihm auch persönlich zuwenden, beispielsweise durch Gebet und Meditation in unserem Zimmer vor dem Schlafengehen. Beides ist - der Bibel entsprechend - wichtig. Den größten Segen werden wir oft dann erfahren, wenn wir mit dem Herrn täglich wandeln. Das bringt uns auf dem schmalen Wege weiter. Es kann durchaus hilfreich sein, während des Gebetes in unserem Zimmer abends auf den vergangenen Tag zurückzuschauen - und Ereignisse im Gebet mit dem Herrn zu besprechen.
Dabei hilft es uns aber nicht, wenn wir intellektuell vorgehen. Ein auswendig gelerntes und formelhaft gesprochenes Gebet führt weniger zu einem Gespräch mit dem Herrn. Seien wir einfach ehrlich zu uns selbst und dem Herrn. Wenn wir uns ihm ehrlich nähern, dann vermeiden wir den Selbstbetrug. Und wenn wir uns Gott nur nähern, um unsere Pflicht im Sinne von „erledigt und fertig“ tun, dann ist es gut, darüber nachzudenken, wo die Ursachen liegen.
Können wir uns unserem Schöpfer auch durch unser Studium nähern? Ja wir glauben, daß es so ist. Im Studium können wir einen allgemeinen Segen erhalten, der sehr wohltuend ist. Im persönlichen Bibelstudium ist es nicht schlecht, dieses Studium an einigen Stellen - vielleicht durch ein kurzes Gebet um Weisheit oder Erkenntnis - zu ergänzen. Auch das Meditieren - oder tiefe Nachsinnen zu bestimmten Bibelstellen kann segensreich sein, wie wir es auch von David wissen. (s.Ps.1:2) Es kann uns dem Herrn näher bringen, wenn wir innere Ruhe haben.
Dieses Annähern an den Herrn bei verschiedenen Anlässen (alleine, oder mit anderen zusammen) ist ein Teil des schmalen Weges. Dabei werden wir Seine Freundlichkeit kennenlernen. In Ps.27:4 heißt es hierzu: „Eins habe ich vom Herrn erbeten, danach trachte ich: Zu wohnen im Hause des Herrn alle Tage meines Lebens (andere übersetzen: „Freude zu haben an“), um anzuschauen die Freundlichkeit des Herrn und nachzudenken in seinem Tempel.“ Gott gibt besonders gerne denen, die ihn lieben. Er wird bei uns keine Ausnahme machen. Sind wir bereit, Seine Güte zu erkennen?
Unser Platz in Gottes Wohnung (Mehr als Korah)
Und dann kommt noch ein wichtiger Aspekt hinzu, besonders für jene, die sich noch dem Herrn weihen wollen: ist überhaupt noch Platz für mich in Gottes himmlischen Haus - im „Leib Christi?“ Schließlich erwarten wir seit 1914 die Vollendung der Kirche; und unsere Predigten und Studien kreisen um dieses Thema. Wie kann ich also wirklich sicher sein, daß der Leib Christi und Gottes Haus nicht schon vollendet ist? Wir denken, daß uns in diesem Fall Israel als ein Zeichen gesetzt ist. Bis Israel den Herrn als ihren Messias und Erlöser erkennt, ist die Nachfolge als Leibesglieder Christi möglich.
So viel zu Israel. Alle geweihten und getauften Nachfolger des Herrn werden in gewisser Weise Teil seines Tempels. So lesen wir: „Wisset ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? - 1.Kor.3:16
Die Korahiter, die unseren Psalm dichteten und sangen, hatten ihren Platz im damaligen Tempel aus Stein. Sie waren bekanntlich Wächter und Sänger zugleich. Sie waren aber auch Zeugen der wunderbaren Dinge, die im Tempel geschahen, als der Geist des Herrn den Tempel erfüllte. Diese Korahiter waren vom Herrn gesegnet und vom Geist inspiriert, als sie ihre Gefühle in Psalmen niederschrieben. Wieviel mehr hat der Herr uns gesegnet! Wir dürfen als „lebendige Steine“ sogar ein Teil des lebendigen Tempels sein.
Was die Sehnsucht der damaligen Korahiten betrifft, so war diese sehr groß. Laßt uns diese Sehnsucht in uns zum Ausdruck bringen, so - wie es die Korahiten damals tief empfunden in den Psalmen taten. Laßt uns auch aus ganzem Herzen und inniger Liebe dem Herrn Loblieder singen, Psalmen in unseren Herzen dichten und Ihm unser Herz ausschütten - wie es die Korahiter taten. Sie sangen am Schluß des Psalms diese einfachen Worte:
„Denn Gott, der Herr, ist Sonne und Schild. Gnade und Herrlichkeit wird der Herr geben, kein Gutes vorenthalten denen, die in Lauterkeit wandeln.
Herr der Heerscharen! Glücklich ist der Mensch, der auf dich vertraut!“
Diese einfachen Worte haben uns tief ergriffen. Ich wünsche uns allen, daß wir dieses Glück im Herrn verspüren dürfen.
Der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken bewahren in Christus Jesus. Amen.