Das Geheimnis der „kleinen Zelle“

Kann es ein harmonischeres Zusammenleben geben als dort, wo der Geist des Herrn die Oberhand hat? Die Familie ist diese kleinste Zelle im Völker-Staatengebilde. Ist die Familie „gesund“ - gesund im geistigen Sinne - dann steht auch einem friedlich-freundlichen und harmonischen Zusammenleben eines ganzen Volkes nichts mehr im Wege. Auch die Völker untereinander wird dann derselbe Geist des gegenseitigen Wohlwollens in Frieden verbinden.

So ist es Gottes Wille. Und dieser Sein Wille  w i r d  geschehen: „wie er im Himmel geschieht, also auch auf Erden.“

In dem Gesetz vom Sinai, das Gott durch Mose dem Volke Israel übergab, stellt schon das erste Gebot das Muster für die Familie nach dem heiligen Willen Gottes auf: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft.“ (5. Mos.6:5) Wenn ein jedes Glied der Familie die Liebe zu Gott  v o r  allem anderen an die erste Stelle setzt - ja, wenn die Liebe zum Herrn vor dem eigenen „Ich“ kommt, dann kann die Selbstsucht auf keinerlei Art und Weise ihre zerstörerische Wirkung entfalten.

Diese Gottesliebe soll mehr sein als ein frommer Spruch, den man an die Wand hängt. „Diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollen auf deinem  H e r z e n  sein. Und du sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Hause sitzt und wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst. Und du sollst sie zum Zeichen auf deine Hand binden, und sie sollen zu Stirnbändern sein zwischen deinen Augen; und du sollst sie auf die Pfosten deines Hauses und an deine Tore schreiben.“ - 5. Mos.6:5-9

In diesen Worten liegt das ganze Geheimnis familiären Friedens und Wohlergehens. Wenn Kopf, Hand und Herz durch die Liebe zu Gott dirigiert werden, kann von einem solchen Hause nichts Böses ausgehen. „Ich aber und mein Haus, wir wollen Jahwe dienen“ (Jos.24:15), ist die Grundhaltung, die den Frieden der ganzen Welt sichern  w ü r d e - und (im Reiche Gottes) sichern  w i r d.

Einst war ganz Israel eine große Familie, deren Wohlfahrt vom Gehorsam gegen das göttliche Gesetz abhing: ein Musterbeispiel für den Frieden der Welt! Aber Eigensucht, Nachlässigkeit, Lieblosigkeit und Götzendienst brachten dieses Volk um die Gunst und die Fürsorge seines großen Gottes, der um seinetwillen so große Wunder hatte geschehen lassen.

„Alle diese Dinge aber widerfuhren jenen als Vorbilder und sind geschrieben worden zu unserer Ermahnung…“, schreibt Paulus an die Korinther. (1. Kor.10:6). In Eph.5:22-6:4 nimmt nun der Apostel diese Ermahnungen auf und wendet sie ganz realistisch auf zwei Arten von Familien an: auf die (gläubige) irdische und auf die geistige Familie, wobei er in wunderbarer Wechselwirkung das Bild des Leibes Christi mit der Einheit von Mann und Frau in der Ehe verknüpft.

Der Apostel spricht Ehemänner, Ehefrauen, Eltern und Kinder an, einander in der Liebe und der Ehrfurcht vor Gott in gegenseitiger Achtung zu dienen. Gleichzeitig zeigt er aber auch die Verantwortung der Glieder der geistigen Familie untereinander und ermahnt sie, „einander in der Furcht Christi unterwürfig“ zu sein. Als Teil der Familie Gottes können wir nicht uns selbst leben, so, daß wir immer alles gerade so haben können, wie  w i r  es möchten. Gegenseitige liebende Unterordnung wird allezeit notwendig sein.

Mit diesem Grundsatz richtet sich Paulus zunächst an die Ehefrauen und ermahnt sie, sich ihren Männern unterzuordnen „als dem Herrn“. „Denn der Mann ist das Haupt des Weibes, wie auch der Christus das Haupt der Versammlung ist.“ Damit will er keineswegs einem herrschsüchtigen Verhalten des christlichen Ehemannes das Wort reden. Denn Paulus fährt fort: „Ihr Männer, liebet eure Weiber, gleichwie auch der Christus die Versammlung geliebt und sich für sie hingegeben hat.“ - Eph.5:25

Die ersten Verse des 6. Kapitels des Epheserbriefes sind für die Kinder der Gläubigen aufgezeichnet. Auch wenn diese in vielen Fällen wohl noch zu jung waren, um die geistigen Tiefen des Wortes Gottes zu verstehen, fühlte doch der Apostel seine Verantwortlichkeit auch den jüngsten Gliedern der Familie gegenüber. Es ist so wichtig, einem Kind, einem jungen Menschen von früh auf die Achtung vor den Eltern - wie überhaupt Achtung vor dem Mitmenschen - nahezubringen. Der beste Anschauungsunterricht ist, ihnen dieses Verhalten vorzuleben. Kein falsches, etwa heuchlerisches „Muß“ sollte sich da einschleichen. Kinder haben ein sehr feines Empfinden für falsche „Herztöne“. Versäumnisse in dieser Richtung führen zu den täglichen unliebsamen Zusammenstößen und Reibereien, wie sie heute in viel zu vielen Familien an der Tagesordnung sind.

„Ihr Kinder, gehorchet euren Eltern  i m  H e r r n,  denn das ist recht.“ Aber auch: „Ihr Väter, reizet eure Kinder nicht zum Zorn, sondern ziehet sie auf in der Zucht und Ermahnung des Herrn“. Nun steht zwar geschrieben: „Wer seine Rute spart, haßt seinen Sohn; aber wer ihn liebt, sucht ihn frühe heim mit Züchtigung.“ (Spr.13:24) Aber nichts liegt ferner, als den unüberlegten und häufigen Gebrauch der „Rute“ zu empfehlen. Diese Schriftstelle wurde nur angeführt, um zu zeigen, daß die Eltern unrecht haben, die der Ansicht sind, auch eine verdiente körperliche Züchtigung sei nicht angebracht. Wo die „Rute“ die Alleinherrschaft führt, ist das Familienleben gestört und unglücklich. In der Familie der Nachfolger des Herrn gebührt der Liebe (und nicht der Rute) das Vorrecht. Eine gelegentliche Züchtigung soll aus Liebe geschehen, niemals aus Zorn. Denn dem Gläubigen, der unter der Leitung des Heiligen Geistes einen „gesunden Sinn“ erworben hat, wird immer deutlicher, daß Ordnung eines der obersten Gesetze des Reiches Gottes ist. Auf diesem Grund ist es eine Angelegenheit des Herzens, auch im eigenen kleinen „Reich“ Ordnung zu halten.

Zusammengefaßt aber gibt der weise König Israels, Salomo, den bestimmt besten Rat, wenn er sagt: „Erziehe den Knaben seinem Wege gemäß (d.h. der Natur des Kindes angemessen); er wird nicht davon weichen, auch wenn er alt wird.“ - Spr.22:6

Bedeutet dies nun, sauertöpfig, streng und freudlos durch die Tage zu gehen? Ach - vergessen wir doch nicht, daß geschrieben steht: „Nicht mit Verdruß oder Zwang, denn einen  f r ö h l i c h e n  Geber hat Gott lieb.“ (2. Kor.9:7) Und wir wollen ja etwas geben: wir wollen Liebe geben, und zwar aus der Freiheit unseres Herzens heraus. Wer könnte dabei freudlos und verdrossen sein?

Ordnung ist ein Gesetz, und auch das Gesetz der Liebe sieht Belohnung und Strafe vor. Sie liegen in der Hand der Eltern. Aber auch die Eltern selbst bedürfen infolge ihrer Unvollkommenheit der Leitung und Zurechtweisung des himmlischen Erziehers. „Mein Sohn, achte nicht gering des Herrn Züchtigung, noch ermatte, wenn du von ihm gestraft wirst; denn wen der Herr liebt, den züchtigt er.“ - Hebr.12:5,6; Spr.3:11,12.

Diese Worte klingen hart und mögen uns schrekken. Unser himmlischer Vater aber ist nicht hart; er  i s t  Liebe. Vergessen wir das nicht! Wir aber bedürfen oft einer energischen Richtungsweisung:  D i e s  ist der Weg! Unsere Unvollkommenheit und Schwachheit kann uns leicht in eine verkehrte Richtung treiben; unsere Gedanken und unsere Entscheidungen können abirren von dem „geraden Pfade“, der in die Arme Gottes führt. Wir sind Adams Erben -  u n d  Gottes Kinder! Zwei entgegengesetzte Pole arbeiten in uns. Wie gut, daß der  h i m m l i s c h e  Erzieher uns leitet und zurechtweist! Anderenfalls würde der irdische Verführer und „Menschenmörder von Anfang“ vielleicht den Sieg in uns davontragen.

Ist diese Liebe möglich?

Was hier, in diesem Leben, in der gläubigen Familie realisiert werden  k a n n,  führt zuerst in die Einheit des Christus. Der Apostel Paulus kannte dieses Geheimnis. „Deswegen wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen und seinem Weibe anhangen, und die zwei werden ein Fleisch sein.  D i e s e s  G e h e i m n i s  ist groß; ich aber sage es in bezug auf Christum und die Versammlung.“ - Eph.5:31,32.

Diese Einheit Christi und seiner Kirche als Glieder seines „Leibes“ ist tatsächlich ein großes Geheimnis geblieben, so daß nur die von Gott Berufenen es haben erfassen können. Für diese allerdings ist es herrliche Realität, denn sie wissen, daß all die wunderbaren messianischen Verheißungen von Frieden und Segnung der Menschenwelt auf ihre Erfüllung warten müssen,  b i s  dieser „Leib“ vollendet ist. Daß die nominellen Kirchen dieses „Geheimnis“ nicht verstanden haben, hat zu allerhand Irrtümern in der Erkenntnis und im Handeln geführt, unter anderem zu dem falschen Begriff, daß der Allmächtige beabsichtigt habe, die Welt während des gegenwärtigen Zeitalters zu bekehren. Wählt doch Gott  z u e r s t  diejenigen aus der Welt heraus, die zu Gliedern der Christus-Körperschaft werden sollen - zu Gliedern Seines, des Herrn „Leibes.“ - s.Off.5:9,10.

Erst die vollendete Einheit des Leibes Christi wird die Liebe auch auf Erden möglich machen, die in der Ehrfurcht vor dem Schöpfer aller Dinge  u n d  der Dankbarkeit für das Opfer unseres Erlösers alle Menschen zu einer großen Völkerfamilie vereint. „Und sie werden allesamt  e i n e n  Hirten haben; und sie werden in meinen Rechten wandeln, meine Satzungen bewahren und sie tun. …Und meine Wohnung wird über ihnen sein; und ich werde ihr Gott, und sie werden mein Volk sein.“ - Hes.37:24,27.

Nun schließt sich langsam der Kreis. Für die Welt war (und ist) es wirklich noch ein Geheimnis, daß  h e u t e  schon in der „kleinen Zelle“ - der Familie der Berufenen - Frieden, Eintracht und gegenseitige Rücksichtnahme herrschen kann. Der Grund dafür ist nicht schwer zu verstehen: Nachfolger des Herrn, die  e r g r i f f e n  sind von der Liebe Gottes, versuchen - trotz der noch vorhandenen Unvollkommenheiten - den heilsamen Ratschlägen des Allmächtigen für ein harmonisches Zusammenleben zu folgen. „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ - versuche dich in den anderen hineinzuversetzen, und erspüre, was ihn erfreuen - oder was ihn verletzen könnte. Tue alles, was das Zuletztgenannte ausschließt, und löse mit diesem Verhalten, mit dieser Liebe alle Probleme der Welt. N o c h  ist dies ein unausführbares Geheimnis für die große Masse „Mensch.“ Es kann vorerst nur in der „kleinen Zelle“ gedeihen; in der Familie, die im Glauben an die Liebe des Erlösers lebt!  A b e r  dieses „Geheimnis“ wird sich ausbreiten über die ganze Erde, wenn Gottes Zeit für seine Erfüllung gekommen ist und der Himmlische Vater spricht: „Ich werde meinen Geist ausgießen über alles Fleisch.“ - Joel 2.28,29; Apg.2:17,18.



Tagesanbruch Bibelstudien- Vereinigung