„Die Stiftshütte“ - einmal anders

Viele Geschwister studieren seit jeher die Bilder der Stiftshütte in ihren Versammlungen. Wir können dieses umfassende Thema auf verschiedene Weise angehen. Wunderbare und sehr naheliegende Belehrungen sind darin enthalten, und wir wollen heute versuchen, einige daraus näher zu betrachten.

Gott hatte Moses angewiesen, die Stiftshütte nach dem Modell, das er ihn auf dem Berg sehen ließ, zu bauen. Diese Stiftshütte sollte das Volk Israel während seiner ganzen Wanderschaft bis in das verheißene Land begleiten - bis nach Kanaan. Israel hatte gerade Ägypten und deren Tempel und Götter verlassen. Da, in der Wüste, lebte es nun in Zelten. Und Jahwe wollte (genau so, wie sein Volk), in einem Zelt wohnen. Damit zeigte er den Israeliten, daß Er anders ist als die ägyptischen Götter, die prächtige Tempel nötig haben, die nur an erhabenen Orten zu finden sind.

Wenn ein Ägypter sein Land verlassen mußte, ließ er dort seine Götter zurück. Wenn aber die Israeliten ihr Lager verlegten, wurden sie ohne Unterbrechung von ihrem Gott begleitet: tagsüber in der Wolke, die vor ihnen her zog, und nachts von der Feuersäule am Ende des Trecks, die sie beschützte. Das „Zelt der Zusammenkunft“ aber konnte sorgsam zerlegt und wieder aufgebaut werden. Darum offenbarte sich der Ewige durch Mose seinem Volke mit dem tröstlichen „JHWH“ - das ist (hebr.) „ehje, asher ehje“, was in unserer Sprache „Der Dabei-Seiende“ oder der „Da-Seiende“ bedeutet *) (und nicht: „Ich bin, der ich bin“ - 2.Mos.3:14)

An jedem Lagerplatz wurde sie (die Stiftshütte) in der Mitte des Lagers so wieder aufgestellt, daß alle Stämme Israels die gleiche Entfernung zum Hause Gottes hatten, was für uns ein Hinweis darauf ist, daß der Allmächtige für jeden ohne Ausnahme da war. Jahrhunderte später, als die Kinder Israel das verheißene Land eingenommen hatten, wurde anstatt des wandernden Wüsten-Heiligtums ein feststehender, herrlicher Tempel erbaut, der - gleichwie das heilige Zelt in der Wüste -ein irdisches Vorbild für eine weitaus herrlichere geistige „Wohnstätte des ewigen Gottes“  v o r -  s c h a t t e t e.

Wiederum - ungefähr tausend Jahre danach - geht der Apostel Paulus auf dieses inhaltlich gewaltige Vorbild ein, wenn er an die Christus-Gläubigen in Korinth schreibt: „Denn  i h r  seid der Tempel des lebendigen Gottes, wie Gott gesagt hat: Ich will unter (in) ihnen wohnen und unter ihnen wandeln, und ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein.“ - 2. Kor. 6:16; 3.Mos. 26:12

Versuchen wir nun, herauszufinden, wie die „Kirche“ (Haupt und Leib) in dieser Stiftshütte abgebildet ist. Wir wollen heute nicht in das Heiligtum hineingehen. Wir betrachten es von außen!

Die Stiftshütte in der Wüste

Das Zelt der Zusammenkunft wurde nach den genauen Maßen in der Wüste aufgestellt, wie Gott sie dem Mose aufgetragen hatte. (2.Mos.25:40) Was sah man von ihrer Konstruktion von weitem? Man sah nur die Stoff-Bespannung, die den Vorhof umgab. Diese Tücher hatten eine Höhe von 5 Ellen, etwa 2,5 m. Sie waren aus feinem Leinen. Der Vorhof war 100 Ellen bezw. 50 m lang und 5o Ellen bezw. 25m breit. Im Inneren des Vorhofes sah man auch die Stiftshütte selbst. Im allgemeinen wird dieser Bau perspektivisch abgebildet; manchmal findet man auch einen Grundriß. Wir indessen wollen versuchen, uns in die Position eines Menschen zu versetzen, der außerhalb dieses Zeltes stand - und schaute.

Von weitem sah man die Länge der weißen Leinentücher, über die - doppelt hoch - die eigentliche Stiftshütte hinausragte. Diese erschien als dunkler Korpus, da die oberste Decke aus Seekuh-Fellen bestand. Diese Felle waren nicht eingefärbt. Sie waren stumpf und relativ dunkel, und für das Auge nicht anziehend.

Ein Ahnungsloser, der dort vorbeikam, konnte bestimmt nicht vermuten, daß es sich dabei um die Wohnung Gottes, des Allmächtigen im ganzen Universum handelte. Welcher Fremde konnte ahnen, daß sich dort im Inneren solch unermeßlicher Reichtum befand? Wer konnte sich vorstellen, daß so viel Gold unter diesem düsteren Zelt Verwendung gefunden hatte? Der Fremde wäre sicher sehr erstaunt gewesen über diese traurige Wohnstätte des Gottes Israels, wenn er den Vergleich mit den herrlichen Tempeln der heidnischen Götter anstellte.

Nein - die Stiftshütte hatte nichts Anziehendes für jemanden, der sie nur von außen sah. Aber der Allmächtige hatte angeordnet, daß es so sein sollte. Die Lektion, die daraus zu entnehmen ist, scheint offensichtlich.

Die Wüste, in der das Zelt steht, ist die Welt. Das Volk Israel ist das Haus des Glaubens. Gott zieht seine Treuen nicht durch äußeren Reichtum an. Man kommt nicht wegen der Herrlichkeit und Schönheit irgendeines Bauwerkes zu Gott. Die Gründe für unsere Annäherung zu dem Himmlischen Vater sind völlig andere: es sind innere Gründe.

* * *

Es gibt viele, die der Ansicht sind, die Wahrheit hätte Überhaupt nichts Verlockendes; sie sei traurig, glanzlos und uninteressant wie die Seekuh-Felle. Und es gibt viele, die meinen, das Leben eines Nachfolgers des Herrn sei unglückselig und trübe. Aber sie wissen nicht, daß für den Anbeter Gottes Äußerlichkeiten ohne Wert sind. Alles spielt sich im Inneren ab, und dort ist nichts als Licht, Freude, Reichtum und Frieden. Alles, was das wahre Kind Gottes froh macht, ist unsichtbar und für andere nicht zugänglich, die sich nur von der Außenseite beeindrucken lassen.

Einige jedoch macht diese „Stiftshütte“ neugierig. Sie sehen etwas, was sie nicht gleichgültig läßt. Sie fangen an, zur Kenntnis zu nehmen, daß Jahwe Gott ist, und daß sein Aufenthaltsort ein Geheimnis verbirgt. So tun sie einen Schritt vorwärts, dann zwei Schritte - und bewegen sich auf diesen Ort zu. Je näher sie kommen, desto größer und eindrucksvoller erscheint ihnen dieses Bauwerk; aber niemand kann sehen, was sich im Inneren befindet, denn die Leinenbespannung ist dafür zu hoch. Sie können nur den oberen Teil der eigentlichen Stiftshütte sehen.

Wenn der Betrachter dann weniger als 4 m von den Tüchern der Umzäunung entfernt steht, sieht er nur mehr diese weiße Wand. Die eigentliche Wohnung Gottes ist jetzt noch gänzlich außer Sicht. Sie wissen nur, daß es hinter dieser Mauer etwas gibt; aber in diesem Augenblick können sie noch nicht diese Umzäunung durchschreiten. Zwischen ihnen und dem Inneren erhebt sich eine massive Sperre, die das Hindernis bildet.

Es ist das Tuch aus feinem, weißem, gezwirnten Leinen. Das Leinen stellt die Gerechtigkeit des Ewigen dar, und das „Weiß“ steht für Reinheit und Heiligkeit. Wenn der Mensch dieser reinen, weißen, fleckenlosen Stoffbahn gegenüber steht, beginnt er zu erahnen, daß er selbst befleckt ist, daß er ein Sünder ist. Wenn er an der Stoffwand entlang geht, um einen Eingang innerhalb dieser Umzäunung zu suchen, wird er sich immer an diesem Richtspruch stoßen. Wenn er aber seinen sündigen Zustand erkannt hat, wird er auf der Ostseite den einzigen Zugang zur Stiftshütte finden.

Auch da bemerken wir eine kleine Besonderheit: im Osten geht die Sonne auf, und ein neuer Tag beginnt. Ebenso ist es mit dem vom Himmlischen Vater Gezogenen. Wenn er das Tor des Heiligtums erblickt, beginnt für ihn ein neuer „Tag“, und er bekommt ein neues Leben geschenkt. Er wird dann im Lichte wandeln.

Untersuchen wir dieses „Tor“! Es befindet sich in der Mitte der Ostseite, und Jahwe sagte zu Mose: „… und für das Tor des Vorhofs einen Vorhang von 20 Ellen von blauem und rotem Purpur und Karmesin und gezwirntem Byssus, in Buntwirkerarbeit, ihre vier Säulen und ihre vier Füße.“ - 2. Mos. 27:16

Dieses Tor, von dem man von außen nur den Vorhang sieht, stellt unseren Herrn Jesus dar, wie er selbst in Joh.10:9 gesagt hat: „Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich eingeht, so wird er gerettet werden. Oder auch in Joh. 14:6: „…ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater, als nur durch mich.“

Das Tor ist aus feinem, gezwirnten Leinen, denn Jesus hat die Gerechtigkeit Gottes vollständig erfüllt. Es ist weiß, um die Heiligkeit und Reinheit des Sohnes Gottes zu zeigen. Das bestätigt der Apostel Paulus in Hebr. 4:15: „Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht Mitleid zu haben vermag mit unseren Schwachheiten, sondern der in allem versucht worden ist in gleicher Weise wie wir, ausgenommen die Sünde.“ Dieses weiße Tor ist als solches schon ein Vorbild für unseren Herrn, doch zusätzlich war es noch blau, purpurfarben und karmesinrot bestickt.

Auch diese Farben haben ihre Bedeutung:  B l a u  ist z.B. die Farbe des wolkenlosen Himmels. Es kann daher das Symbol sein für alles, was himmlisch ist. Es ist auch die Farbe des Adels. Und diese Merkmale finden wir bei unserem Herrn. Er ist aus dem Himmel gekommen und dorthin als göttliches Geistwesen zurückgekehrt. Und - kann man größeren Adel als den unseres Herrn finden?

Das  K a r m e s i n  ist die Farbe des Blutes: jenes Blutes, das am Kreuz für die ganze Menschheit vergossen wurde. Es ist das Blut, das lebendig macht, das reinigt.

P u r p u r  ist eine kostbare Farbe. Sie war den Königen vorbehalten. Daher ist Purpur völlig auf unseren Herrn anwendbar - auf ihn, der der „König der Könige und Herr der Herren“ geworden ist. Denn Jesus hat gesagt: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ - Mt.28:18

So können wir sagen, daß ungefähr 1400 Jahre vor der Geburt unseres Herrn ihn schon ein Tor vorschattete als Erretter und König. Dieses 20 Ellen breite und 5 Ellen hohe Tor wurde von 4 Säulen getragen. 20 Ellen machen etwa 10 m aus, also für ein Tor eine sehr breite Abmessung. Das zeigt uns die Breite des Heils, das niemanden ausschließt. Der Ruf ist an alle ergangen; man muß nur darauf hören, antworten. So viel also konnte der Beobachter von außen von dem Heiligtum sehen. Um in den Vorhof hineinzukommen, muß der Mensch das Tor finden und in Jesus seinen Retter und König anerkennen. Durch dieses „Tor“ darf er eintreten.

Das zweite Bauteil, das man dann erkennen konnte, war das Heiligtum selbst. Es bestand aus zweierlei Material. Seine Wände waren aus Holz, das mit Gold überzogen war. Sein Dach bestand aus vier Abdeckungen, und das Ganze bildete die gesamte Stiftshütte. Wie wir schon oben gesagt haben, ist die Kirche das Heiligtum Gottes, und wir sehen hier ganz klar, daß sich diese Kirche aus zwei Teilen zusammensetzt: aus einem „Leib“ von 144.000 Gliedern, an dessen Spitze sich das ,Haupt’ befindet. Der Apostel Paulus bestätigt uns dies in Kolosser 1:18. Wir können also ablesen, daß die goldbeschlagenen Wände die treuen Nachfolger abbilden, die wahre Kirche, und daß die Abdeckung für den Herrn steht. Aber wir werden unseren Vergleich noch etwas ausweiten. Betrachten wir zuerst die Wände!

Das vom Allmächtigen für den Bau vorgesehene Modell wird in 2.Mose 26:15-30 beschrieben. Bretter von 10 Ellen Höhe und anderthalb Ellen Breite, d.h. 5x0.75 m, sollten vorbereitet werden. Es waren 20 solcher Bretter für die Nordseite, 20 für die Südseite und 8 für die Westseite erforderlich. Im Osten gab es keine Bretter, denn an dieser Seite sollte der Eingang sein. Das war die Tür. Alle Bretter sollten mit Gold überzogen werden, sie wurden jeweils auf zwei silberne Sockel gestellt und mit fünf ebenfalls goldbeschlagenen Querholmen verbunden. Vier davon sollten, durch goldene Ringe geschoben, außen angebracht werden, und einer innen quer auf halber Höhe. Durch diese Bauart wird die Kirche vorgeschattet. Aber wie kann man zu dem Vergleich zwischen der Kirche und den Brettern kommen? Wir sollten versuchen, dies zu erklären.

Zunächst: woher kamen sie? Die Bretter waren aus Akazienholz - oder Holz aus Sittim. Die Akazie war ein Baum, der früher in wüsten Gegenden wuchs. Akazien sind schöne Bäume mit hübschen Blättern. Wie alle Bäume holen sie sich ihre Nährstoffe zum Wachsen aus dem Boden, und bilden schöne Kronen aus. Viele Jahre konnten sie friedlich leben, starben dann ganz normal ab und wurden wieder zu Erde.

Bei einigen von ihnen jedoch änderte sich ihr Dasein ganz grundlegend. Denn eines Tages kamen Holzfäller und suchten die schönsten Exemplare aus: solche mit einem sehr hohen Stamm, die sehr gerade und schön gewachsen waren. Danach kamen sie zum zweiten Mal, und die vorher ausgesuchten Bäume wurden gefällt, knapp über dem Wurzelansatz. Diese Bäume, die keinen Saftstrom aus ihrem angestammten Boden mehr bekamen, starben. Noch mehr! Man hatte ihnen alle Zweige abgeschnitten und das ganze Laub entfernt - ihren ganzen Stolz. Am Ende dieser Arbeit blieben nur noch die langen, schönen und geraden Stämme übrig. Aber das war immer noch nicht genug.

Jeder Stamm wurde dann an einen unbekannten Ort gebracht. Dort haben sich andere Leute mit neuen „Folter-Werkzeugen“ seiner bemächtigt. Sie haben seine Rinde entfernt und haben ihn zu Brettern geschnitten. Jedes Brett wurde dann bearbeitet, damit es ganz glatt und ohne rauhe Oberfläche war. Unmöglich, in diesen Brettern den Baum wieder zu erkennen, der er einmal war. Wenn dann die bearbeiteten Bretter zum vorgesehenen Gebrauch für gut gehalten wurden, mußten sie noch mit reinem Gold überzogen werden. So wurden sie ewig haltbar. Ein neues Leben begann. Sie wurden zu anderen, gleichartigen Brettern gebracht, mit denen das Gleiche gemacht worden war, um zum Hause Gottes zu werden. Und wie sieht der Vergleich aus zwischen jenem Baum und einem Nachfolger Christi?

Jeder Mensch ist wie ein Baum. Er lebt in der Welt und holt sich dort seine Nahrung. Seine Wurzeln - tief in der Erde verankert - sind dazu bestimmt, sich dort alles Notwendige zu besorgen, um schönes Blattwerk hervorzubringen: die guten Werke, die Schönheit, den Ruhm, einen guten Platz in der Gesellschaft, Einfluß, einen guten Ruf - eben alles, was dem Menschen gefällt und worauf er stolz ist. Dieses alles ist völlig normal.

Aber eines Tages wurde „Der Holzfäller“ auf diesen „Baum“ aufmerksam. Er sah, daß in diesem Menschen ein aufrichtiges und fügsames Herz ist. Da fing Er an, ihn mit Spaten und Axt zu bearbeiten. Er grub seine Wurzeln aus, der Stamm fiel und seine Zweige wurden abgehackt. Alles, was den „Baum“ an das „Erdreich“ gebunden hatte: die starken Wurzeln, die weit ausgebreiteten Zweige mit den hübschen Blättern, die so gern im Sonnenwind spielten, die Früchte, die den „Tieren“ zur Nahrung und zur Freude dienten - alles war ihm nun abgenommen. Übrig blieb allein der schöne gerade Stamm.

Was kann uns dieses Bild zeigen? Muß nicht auch der Nachfolger Christi sich nach und nach von allem trennen, was ihn bisher an diese unsere Welt gebunden hat? Von allem, an was sein Herz hängt: kleine und größere Äußerlichkeiten, Erfolge, die zu Ansehen in der Gesellschaft führen - und anderes mehr?  B i s  ein anspruchsloses, gedemütigtes und fügsames Herz bleibt, das er den Händen des Meisters übergeben, anvertrauen kann. „Denn wenn ihr nach dem Fleische lebet, werdet ihr sterben; wenn ihr aber durch den Geist die Handlungen des Leibes tötet, so werdet ihr leben. Denn so viele durch den Geist Gottes geleitet werden, diese sind Söhne Gottes.“ - Röm.8:13,14

Das auf diese Weise vom Weltgeist entblößte Herz gleicht dem Baumstamm, dem man dann auch noch die Rinde abgelöst hat. Er war nackt. Auch der Nachfolger Christi sollte alles abgelegt haben, was sich noch als Trennwand zwischen sich und seinem Schöpfer zeigen sollte. Es ist wohl der eigene Wille, der uns noch bedeckt, solange die „Rinde“, die den „Baumstamm“ umgibt, noch lebendig ist. An die Brüder in Ephesus schrieb Paulus: „Seid nicht gleichförmig dieser Welt (oder diesem Zeitlauf), sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung (eures) Sinnes, daß ihr prüfen möget, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist.“ - Röm.12:2

Der Stamm unseres „Baumes“ wurde dann an einen anderen Ort gebracht, um in Bretter umgewandelt zu werden. In gleicher Weise wird der Jünger Christi in ein neues Leben versetzt - in das Leben in Jesu, in das Leben in Seiner Versammlung, der Familie Gottes. Dort überläßt der „Holzfäller“ dem „Zimmermann“ das Feld. Unser Herr und Meister -  e r  ist jener Zimmermann - der den Stamm bearbeitet. Es ist - nebenbei bemerkt - eigenartig, daß Jesus diesen Beruf ausgeübt hat, ehe er das ihm aufgetragene Werk begann.

Nach der „Säge“ kam der „Hobel“ an die Reihe, der alle Rauheiten und alle Unebenheiten des Brettes wegnahm. Es mußte ganz glatt werden, um im Hause des Himmlischen Vaters Verwendung zu finden. Es scheint, als sei der „Hobel“ für uns, die wir uns auf dem „schmalen Wege“ befinden, die Prüfung der Liebe. Diese  L i e b e  für Jahwe, für die Brüder, für den Nächsten und selbst für die Feinde ist die einzige Kraft, die alle Rauheiten des Charakters abschleifen und glätten kann.

Für jedes „Brett“ mußte viel Arbeit aufgewendet werden. Das Menschenherz ist sehr viel schwerer zu bearbeiten als das Holz eines Akazienbaumes. Das auf diese Weise fertiggestellte Brett wurde dann für die Aufnahme in die Stiftshütte mit reinem Gold überzogen. Paulus schreibt an die Epheser (Kap.4 Vse. 20-24).  „I h r  habt in Christi Schule solche Dinge nicht gelernt. Wenn ihr seine Stimme gehört und seinen Unterricht empfangen habt - und in Jesus ist die Wahrheit -, dann wißt ihr auch: Ihr habt - was euer früherer Wandel nötig machte - den alten Menschen abgelegt, der an den trügerischen Lüsten zugrunde geht. Ihr werdet aber jetzt erneuert im Geiste eurer Denkungsart und habt den neuen Menschen angezogen, der nach Gottes Bild geschaffen ist, und zwar in der Gerechtigkeit und Heiligkeit, die aus der Wahrheit stammen.“ - Nach Albrecht.

So ist es dieser „neue Mensch“ (der Überzug aus Gold) der wahre Christ, der am Ende seines Laufes (wenn er treu war - bis zum letzten Atemzug) zur göttlichen Natur geboren wird.

Jedes dieser Bretter sollte in zwei Sockeln aus Silber aufgestellt werden. Diese Sockel hielten die Bretter aufrecht und ganz gerade. Darüber hinaus waren sie gewissermaßen eine Isolierung gegen den Wüstenboden. Brd. Russell sagt uns, daß das „Silber“ die Wahrheit darstellt. Aber wie ist die Wahrheit beschaffen, auf der die Kirche ruht? Der Herr hat wohl die Antwort auf diese Frage gegeben, als er seine Jünger fragte: „Ihr aber, wer sagt ihr, daß ich sei“? Worauf Petrus bekannte: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ (Mt.16:16)

Auf  d i e s e  Wahrheit, diesen „Felsen“, wollte Jesus Christus seine Kirche bauen. Ohne diese Wahrheit: „Christus, Sohn des lebendigen Gottes“, könnte der geistige Tempel, die Wohnstätte des Ewigen, niemals gebaut werden.

Der zweite Sockel aus Silber hat seine eigene Bedeutung. Auch er stellt eine Grundwahrheit dar. Jesus hat gesagt: „Denn auch der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld an vieler statt.“ - Mk. 10:45

Es ist nebenbei merkwürdig, daß das Shekel Silber, das jeder gemusterte Israelit zu bezahlen hatte, um für sich ein Löse- oder Sühnegeld zu geben, von demselben Silberanteil sein mußte wie das Silber, das zur Stiftshütte verwendet wurde. (2. Mos. 30:12-16; 2. Mos. 38:25-27) Dieses Silber stellt also die Wahrheit von dem Loskauf Jesu Christi dar. Wenn der Gläubige sich diese beiden Wahrheiten zur festen Grundlage macht, wird er geschätzt sein vor dem verderblichen Einfluß des widergöttlichen Treibens in der Welt.

Die nun auf ihren Sockeln aufgestellten „Bretter“ mußten anschließend durch hölzerne, vergoldete Riegel miteinander verbunden werden. Vier dieser Stange waren sichtbar; sie waren durch goldene Ringe gesteckt, die auf den Brettern in immer der gleichen Höhe angebracht waren. Jedes Brett hatte dort jeweils einen Ring; und da die Ringe aus reinem Gold waren, erscheint der Gedanke naheliegend, daß sie etwas Göttliches darstellten. Was jedes Glied der Berufenen von Gott erhält, ist der Heilige Geist. Der Apostel erinnert daran in seinem Brief an die Epheser in Kap.1:13: „…auf welchen auch ihr gehofft, nachdem ihr gehört habt das Wort der Wahrheit, das Evangelium eures Heils; in welchem ihr auch, nachdem ihr geglaubt habt, versiegelt worden seid mit dem Heiligen Geiste der Verheißung“. Dieser Heilige Geist hält die vier Riegel zusammen, die ihrerseits die Bretter vereinigen und sie zu einer Einheit verbinden.

Wir finden dafür eine denkbare Erklärung in Apg.2:42, wo wir uns ins Gedächtnis zurückrufen: „Sie verharrten aber in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und in den Gebeten. Diese Anordnungen einten die Glieder der Urkirche, und sie sollen auch heute die letzten Glieder einen. Die inspirierte Lehre der Apostel, das Studieren dieser Lehren und ihre praktische Umsetzung in der brüderlichen Gemeinschaft, dazu die Versammlungen von vielleicht nur zweien oder dreien im Namen des Herrn, das Brechen des Brotes, das Andenken an das letzte Abendmahl unseres Herrn, und schließlich die Gebete - diese Dinge einen und verbinden das Volk des Herrn.

Der 5. Querriegel war sichtbar und verlief auf der Innenseite quer auf halber Höhe über alle Bretter. Er könnte gut den Glauben symbolisieren in dem Bewußtsein, daß wir alle „hingelangen“ sollen „zu der Einheit des Glaubens und zur Erkenntnis des Sohnes Gottes“, wie der Apostel Paulus an die Epheser schrieb. - Eph.4:13

Der ostseitige Eingang in die Stiftshütte selbst (oder der erste Vorhang) bedeckte - von außen gesehen - eine Öffnung, die die ganze Breite des Heiligtums einnahm. Dieses Tor glich genau dem Tor zum Vorhof; es war auch aus feinem, gezwirnten Leinen mit Stickerei in Blau, Purpur und Karmesin. Man kann davon ausgehen, daß es die gleiche Bedeutung hat. Allerdings war es wesentlich schmaler: 12 Ellen anstatt 20. Das legt den Gedanken nahe, daß es viele Berufene, aber wenige Auserwählte geben wird. „Denn eng ist die Pforte und schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind, die ihn finden“, ist ein wohlbekanntes Wort des Herrn. Die Zahl der in den Vorhof Eintretenden ist groß, doch die Zahl derer, die in das Heiligtum selbst eintreten dürfen, ist begrenzt.

Bis hierher hatte das „Haus Gottes“ uns vieles zu sagen. Und seine Umwandung aus weißem, gezwirnten Leinen hat uns den „Leib“ Christi vorgestellt.

Als Drittes betrachten wir nun das Dach dieses Baues. Auch daraus werden sich sehr interessante Vergleiche ergeben. Wie wir (weiter oben) schon gesagt haben, stellt es unseren Herrn dar, das Haupt der Kirche. Die über die Stiftshütte ausgebreiteten Decken reichten auf ihren Seiten sehr weit herunter, so daß die Bretter mit ihrem Gold-Überzug von außen nicht zu sehen waren.

Kommen wir für einen Augenblick auf unseren Betrachter zurück, der das Haus von weitem anschaut. Er sieht nur die oberste Decke, die über den anderen Decken liegt. Er kann die Bretter nicht sehen, die darunter verborgen sind. Ebenso können wir sagen, daß manche Jesus „kennen“, d.h. von ihm gehört haben; doch sie wissen nichts davon, daß es während dieses Evangeliumszeitalters einen Ruf zur Nachfolge Jesu gibt, und welche geistigen Belohnungen denen verheißen sind, die sich mit großem Verlangen auf diesen „Weg“ begeben, der doch so „schmal“ ist.

Die vier Schichten bedecken den durch Bretter gebildeten Raum. Sie gewährleisten den vollkommenen Schutz der Stiftshütte und ihres Inhalts. Jahwe hatte das Material dieser Decken so vorgegeben, daß Witterungseinflüsse, die starken Winde der Wüste seinem Haus nichts anhaben konnten. Wie auch immer das Wetter im Freien ist - innen herrschen Friede und Ruhe. Ebenso hat Jesus, das Haupt, von Seiten der Welt alles über sich ergehen lassen, damit sein „Leib“ Ruhe und Frieden haben möchte. Er hat sich mit einer Glucke verglichen, die die Küken unter ihre Flügel versammelt.

Durch die vier Decken wurde die Stiftshütte geschützt. Die Zahl 4 steht für Vollkommenheit der Werke Gottes. So hat der Himmlische Vater für das Heil der Menschen Sorge getragen. Wir werden sehen, daß diese vier Decken verschiedene Aspekte des Werkes Christi und seines Heilsplanes abbilden.

D i e  o b e r s t e  D e c k e  war aus Seekuh-Fell: sie allein war von außen zu sehen. Die daraus hergestellte und sozusagen farblose Abdeckung hatte nichts Anziehendes für das Auge. Doch ein Seekuhfell ist sehr haltbar. Es ist vollkommen wasserundurchlässig, und man kann es nicht zerreißen. Der Wind und der Sand der Wüste konnten niemals diese Haut durchdringen. So gibt uns die oberste Abdeckung ein schönes Bild des Herrn, wie ihn die Welt sah. Wir können in Jesaja 53:2 lesen: er hatte keine Gestalt und keine Pracht; und als wir ihn sahen, da hatte er kein Aussehen, daß wir seiner begehrt hätten. Er war verachtet und verlassen von den Menschen, ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut, wie einer, vor dem man das Angesicht verbirgt: er war verachtet, und wir haben ihn für nichts geachtet.“

War es nicht diese stumpfe, nicht anziehende Decke, die als einzige sichtbar war? Der natürliche Mensch sieht nichts Interessantes, nichts Schönes in der Dürftigkeit des Herrn. Und doch liegt Seine ganze Stärke gerade in dieser Erniedrigung. Jesus war, dank seiner völligen Unterwerfung unter den Willen Gottes, für den Einfluß des Bösen und des Unheils gänzlich unzugänglich. Und durch seinen Sieg bedeckt er seine ganze Kirche. Er sagt in Joh. 16:33: „Dieses habe ich zu euch geredet, auf daß ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Drangsal; aber seid gutes Mutes; ich habe die Welt überwunden.“ Nichts kann seinem Volk geschehen, wenn es sich ganz seinem Schutz anvertraut.

D i e  z w e i t e  D e c k e  bestand aus rot gefärbten Widderfellen. Der Widder war ein Tier, das oft als heilig galt. Hier besteht natürlich ein Bezug auf das Opfer unseres Herrn. Zusätzlich sollten die Felle rot gefärbt sein. Ganz offensichtlich ein Symbol für das Blut des Erlösers. „Darum hat auch Jesus, auf daß er durch sein eigenes Blut das Volk heiligte, außerhalb des Tores gelitten.“ (Hebr.13:12). Aus Liebe, Gehorsam und Erniedrigung hat der Sohn Gottes sein Blut vergossen.

Diese Decke war ebensowenig für die Personen, die sich außerhalb der Stiftshütte befanden, sichtbar - wie für diejenigen im Inneren, woraus wir ersehen, daß das Opfer Christi nur mit dem Glaubensauge erkannt werden kann. Nur einige Menschen waren Zeugen seiner Leiden und seines Todes; hatten sie aber auch einen Begriff vom Wert dieses Seines Blutes? Sie haben es später verstanden. Die Juden wußten, daß diese Abdeckung vorhanden war, aber sie sahen sie nicht. Hesekiel hat gesagt. „Menschensohn, du wohnst inmitten des widerspenstigen Hauses, welche Augen haben, zu sehen - und nicht sehen.“ (Hes.12:2) Nicht die natürlichen Augen sind es, mit denen man das Opfer des Herrn „sehen“ kann, sondern nur mit den Augen des Glaubens.

D i e  d r i t t e  D e c k e  bestand aus Ziegenhaaren. Das Wort „Ziege“ wird ganz allgemein verwendet. In einer Ziegenherde gibt es Ziegen und Böcke. Diese Decke bestand aus zwei Teilen; die eine Hälfte aus 5 Bahnen, die andere aus 6 Bahnen, und beide Teile sollten mit Haken aus Erz und mit Schnüren zusammengehalten werden. Das Erz (Kupfer) steht für die vollkommene menschliche Natur unseres Herrn.

Ziegen und Böcke sind bei den verschiedensten Opfern verwendet worden. Diese Abdeckung zeigt uns also nochmals das Opfer des Herrn. Durch sein Opfer auf Golgatha hat der vollkommene Mensch Jesus nicht nur die Menschheit losgekauft, sondern er hat dazu noch ihre Sünden auf sich geladen, um sie für immer dem Vergessen anheimzustellen. Paulus, der Apostel, schreibt in Kap.1:7 an die Epheser: „…in welchem wir die Erlösung haben durch sein Blut, die Vergebung der Vergehungen, nach dem Reichtum seiner Gnade.“ Auch hier wird von zwei Teilen gesprochen: von der Erlösung und von der Vergebung der Sünden. Auch diese Decke war (wie die vorausgehende) weder von innen noch von außen sichtbar.

D i e  l e t z t e  A b d e c k u n g,  die zugleich die innere, sichtbare Decke bildete, war aus feinem, gezwirnten Leinen, und aus blau, purpur und karmesin eingefärbten Stoffen. Auf dem weißen Leinen befanden sich (der Anordnung gemäß) kunstvolle Stickereibilder, die die Cherubim darstellten. Sie sollte sich aus zwei Teilen zu je fünf Stoffbahnen zusammensetzen; die Teile wurden mit goldenen Ringen und blauen Schnüren zusammengehalten.

Diese letzte Abdeckung ist gewissermaßen ein abschließender Höhepunkt. Sie ist nicht identisch mit dem Tor zum Vorhof, aber ihre Bedeutung ist ähnlich. Das Leinen steht für Gerechtigkeit, Weiß für Reinheit und Heiligkeit. Die Zahl 10 weist auf menschliche Vollkommenheit hin; und damit ist gemeint, daß unser Herr als vollkommener Mensch die göttliche Gerechtigkeit in vollem Umfang zufriedengestellt hat. Die Cherubim, die dort abgebildet waren, zeigten an, daß man an diesem Ort in eine himmlische (und nicht mehr irdische) Sphäre eintrat.

Die Farben haben die gleiche Bedeutung, wie es bei dem „Tor“ der Fall war: Blau für Adel und den Bereich des Geistes, Karmesin für das Blut der Erlösung und Purpur für Königtum und Herrlichkeit.

Die 50 Ringe aus reinem Gold stehen für die göttliche Natur, die dem Herrn nach seiner Auferstehung durch den Vater verliehen wurde. Diese Decke konnte man nur von innen sehen, was darauf hinweist, daß die Herrlichkeit des Herrn nicht nur im Glauben, sondern auch in der Realität gesehen werden kann, und zwar von den verherrlichten Gliedern der Kirche, die dieses Haus bilden. Das ist es, was Johannes in seinem ersten Brief Kap.3:2 sagt: „Geliebte, jetzt sind wir Kinder Gottes, und es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden; wir wissen, daß, wenn es offenbar werden wird, wir ihm gleich sein werden, denn wir werden ihn sehen, wie er ist.“ Die Kirche wird die Herrlichkeit des Herrn sehen, sobald sie bei ihrer Auferstehung, wie er, die göttliche Natur erhält.

Noch eine Bemerkung zu dieser Decke. Als der Ewige den Bau der Stiftshütte anordnete, begann er seine Vorschriften in Bezug auf diese unterste Decke. Daraus erkennen wir, daß unser Herr den Weg zur Versöhnung mit Gott eröffnet hat. Er selbst war der Erstling der „Erstlingsfrucht“; ohne ihn hätte es nie „Nachfolger des Herrn“ gegeben - und  a u s  ihnen auch nicht die Kirche, die Ekklesia.

* * *

Dies war der Versuch einer möglichen Erklärung zum „Hause Gottes“ - von außen betrachtet. Vielleicht ist sie nicht vollständig, und man könnte wohl auch andere Deutungen und andere wichtige Ähnlichkeiten finden. Das Wesentliche aber ist es, zu wissen, daß dieses „Haus“, der geistige Tempel des Allerhöchsten, immer noch im Bau ist, und daß jeder von uns die Möglichkeit hat, einen Anteil an diesem Hause zu bilden.



Tagesanbruch Bibelstudien- Vereinigung