Israel - der „Zankapfel“ der Nationen

Warum ist Israel der Zankapfel der Nationen? Warum werden Israel Dinge angelastet, die bei anderen Völkern stillschweigend übergangen werden? Warum legt man dem kleinen Volk der Juden andere Maßstäbe an - wird es nach besonderem Maß gewogen? Warum wird der Jude wohl bewundert, aber auch abgrundtief gehasst? Warum, warum?

Die Welt weiß für die Abneigung gegen die Hebräer viele Argumente anzuführen; letztlich aber handelt sie aus einem dunklen Trieb des Widerstandes gegen das Anders-Sein. Das Andersartige, das Eigentümliche - das ist es, was den Israeliten heraushebt, oder besser: herausgestellt hat aus der übrigen Völkerwelt. Und eben der Außenseiter ist es, der immer und überall angegriffen und gequält wird.

Worin aber besteht der Unterschied zwischen den Juden und anderen Völkern? Merkzeichen (wie schon gesagt) gäbe es viele; aber die sind es eben nicht. Alle Völker und Rassen zeigen unterschiedliche Merkmale der Mentalität, der Lebensgewohnheiten, der Kultur - überhaupt des Charakters. Nein, das ist es nicht. Was nur wenige erkennen, ist dies: der seit Jahrhunderten weltweite Grund des Ärgernisses an den Juden, ja - das weltpolitische Interesse, das bis in unsere Tage hinein dem neu erstandenen kleinen Volk und Staatsgebilde Israel gilt, liegt nicht in der Tiefe, noch auf der Oberfläche: er liegt in der  H ö h e.  Er liegt in Gott - im Wirken des Allmächtigen mit und für Israel.

Gottes Hand ist über Israel

Die Welt weiß dies nicht, und würde sich auch nicht darum kümmern. Einer aber weiß es sehr genau: Satan, der Fürst dieser Welt. Ihm dienen die Nationen, und seine unsichtbare, dunkle Macht verfolgt durch sie das Volk der Juden, weil er alles zu vernichten sucht, was Gottes ist.

Wo in der ganzen Menschheitsgeschichte wäre auch nur ein einziges Volk der Erde verzeichnet, das von dem Ewigen, dem allmächtigen Gott - dem Schöpfer aller Dinge - dazu auserwählt worden ist, Sein Eigentum, Sein Volk zu sein, außer Israel? „Denn frage doch nach den vorigen Tagen, die vor dir gewesen sind, von dem Tage an, da Gott den Menschen auf der Erde geschaffen hat, … ob je eine solch große Sache geschehen, oder ob desgleichen gehört worden sei: hat je ein Volk die Stimme Gottes gehört, wie du (Israel) sie gehört hast, … oder hat Gott je versucht zu kommen, um sich ein Volk aus der Mitte einer (anderen) Nation zu nehmen durch Versuchungen, durch Zeichen und durch Wunder und durch Krieg und mit starker Hand und mit ausgestreckten Arme und durch Schrecknisse - nach allem, was Jahwe, euer Gott, in Ägypten, vor deinen Augen, für euch getan hat?

D i r  ist es gezeigt worden, damit du wissest, daß Jahwe  d e r  Gott ist, und keiner sonst außer ihm. Vom Himmel her hat er dich seine Stimme hören lassen,  u m  d i c h  z u  u n t e r w e i s e n;  und auf der Erde hat er dich sein großes Feuer sehen lassen, und mitten aus dem Feuer hast du seine Worte gehört.“ - 5.Mos.4:32-36

Warum aber ausgerechnet Israel?

„Denn ein heiliges (ein abgesondertes) Volk bist du, Jahwe, deinem Gott: dich hat Jahwe, dein Gott, erwählt, Ihm zum Eigentumsvolke zu sein aus allen Völkern, die auf dem Erdboden sind. Nicht, weil euer mehr wären als aller Völker, hat Jahwe sich euch zugeneigt und euch erwählt; denn ihr seid das  g e r i n g s t e  unter allen Völkern; sondern wegen Jahwes Liebe zu euch, und  w e i l  e r  d e n  E i d  h i e l t,  d e n  e r  e u r e n  V ä t e r n  g e s c h w o r e n  h a t.“  (5.Mos.7:6-8a) „Und darum, daß er deine Väter geliebt“ hat. - 5.Mos.4:37

Ist es denkbar, daß unser großer Gott, der Allweise, der das Ende vor dem Anfang kennt (Jes.46:10), seinen einmal gegebenen Eid brechen könnte? (1.Mos. 22:16-18) Könnte Gott seiner Liebe vergessen, ER, der selbst die Liebe ist? Menschen gehen oft leichtfertig um mit ihren Versprechungen und ihren Zuneigungen. Was gilt schon ein gegebenes Wort? Gott der Erhabene aber, der über allem ist, "Er ist der Fels; vollkommen ist sein Tun, denn alle Wege sind recht, ein Gott der Treue und sonder Trug; gerecht und gerade ist er.“ - 5.Mos.32:4

Ähnliches hören wir durch den Mund Marias, der Mutter Jesu. Es sind wunderbare, prophetische Worte, die sie da mit Elisabeth, der Mutter Johannes’ des Täufers, austauscht:

„Er (Gott) hat sich Israels, seines Knechtes, angenommen,
damit er eingedenk sei der Barmherzigkeit,
(wie er zu unseren Vätern geredet hat),
gegen Abraham und seinen Samen in Ewigkeit.“
- Lk.1:54,55

Gottes Hand ist über Israel um des beeideten Versprechens willen, das der Ewige einst Vater Abraham gab - und um der Liebe willen, mit der er Abraham, Isaak und Jakob geliebt hat. In dem Segensbund, den Gott mit Abraham schloß, liegt die Wurzel für Israels Auserwählung. Abraham - Isaak - Jakob: Der Erstgeborene ist Träger der göttlichen Verheißung. Jakob hatte zwölf Söhne, die zu zwölf kinderreichen Stämmen (Familien) wurden. „Und es waren aller Seelen, die aus den Lenden Jakobs hervorgegangen waren, siebenzig Seelen.“ - 2.Mos.1:5 Die Versklavung der Kinder Jakob-Israel in Ägypten unter einem Pharao, „der Joseph nicht kannte“ (2.Mos.1:8), ist auch der Beginn ihrer Erwählung. Nun tritt Israel, das zu einem zahlreichen Volk angewachsen ist, an die Stelle des Erstgeborenen - wird das ganze Volk als Kollektiv zum Träger der Abrahamischen Verheißung.

„Und nun siehe“, spricht Jahwe, „das Geschrei der Kinder Israel ist vor mich gekommen, und ich habe auch den Druck gesehen, womit die Ägypter sie drücken.“ (2.Mos.3:9) „Und Jahwe sprach zu Mose: „…Du sollst zu dem Pharao sagen: So spricht Jahwe: Mein  S o h n,  mein erstgeborener, ist  I s r a e l;  und ich sage zu dir: Laß meinen Sohn ziehen, daß er  m i r  diene!“ (2.Mos.4:21-23) Hat jemals ein Volk dieser Erde von sich sagen dürfen, Gottes erstgeborener Sohn zu sein? Was bedeutet es, Gottes  S o h n  genannt zu werden?

Wie sagt doch der Spruchdichter: „Mein Sohn, verwirf nicht die Unterweisung Jahwes, und laß dich seine Zucht nicht verdrießen. Denn wen Jahwe liebt, den züchtigt (erzieht) er, und zwar wie ein Vater den Sohn, an dem er Wohlgefallen hat.“ Und Mose sagt: „So erkenne in deinem Herzen, daß - wie ein Mann seines Sohnes züchtigt, Jahwe, dein Gott, dich züchtigt.“ - Spr.3:1,12; 5.Mos.8:5

Und nochmals: „Wer (Gottes!) Zucht haßt, wird sterben; die Zurechtweisungen der Zucht (erzieherische Maßnahme) aber sind der Weg zum Leben.“ (Spr.15:10; 6:23) Israel allein sind diese Richtlinien göttlicher Erziehungsweise gegeben worden, wie auch in Ps.147:19,20 zu lesen ist: „ER verkündete Jakob sein Wort, Israel seine Satzungen und Rechte.  K e i n e r  Nation hat er also getan.“ Dieses Auserwählt-Sein also bedeutet Zucht - und nochmals Zucht für das Volk Gottes. Während der Allmächtige mit anderen Völkern nicht handelte, hat er in erzieherischer Weise an seinem Bundesvolk gewirkt, ja - sagen wir noch deutlicher: in einer ganz demonstrativen Absicht gewirkt. Die Geschichte Israels ist ein Exempel Gottes, das nicht nur diesem Volk selbst, sondern allen Völkern noch zur Belehrung dienen muß - und dienen wird.

Wenn es Christen gab (und möglicherweise noch gibt), denen der Anspruch der Juden auf das Auserwählt-Sein ein Ärgernis gewesen ist, wenn es Juden gab (und möglicherweise noch gibt), die um der Auserwählung willen einen gewissen Dünkel entwickelt haben, so haben beide - Juden und auch Christen - einige sehr präzise Aussagen der Propheten übersehen. Mose legt im Auftrag Gottes den Kindern Israel bis ins Detail sowohl den Segen als auch den Fluch vor, der aus der Beobachtung oder aus der Mißachtung des göttlichen Gesetzes resultieren würde. Wir können hier des mangelnden Raumes wegen nur einen kleinen Auszug bringen. Wir lesen:

„Wenn ihr in meinen Satzungen wandelt und meine Gebote beobachtet und sie tut, so werde ich eure Regen geben zu ihrer Zeit, und das Land wird seinen Ertrag geben, und die Bäume des Feldes werden ihre Frucht geben; und die Dreschzeit wird bei euch reichen bis an die Weinlese, und die Weinlese wird reichen bis an die Saatzeit; und ihr werdet euer Brot essen bis zur Sättigung, und werdet sicher in eurem Lande wohnen. Und ich werde Frieden im Lande geben, daß ihr euch niederlegt und niemand sei, der euch aufschreckt.“

„Wenn ihr aber nicht gehorchet und nicht alle diese Gebote tut, und wenn ihr meine Satzungen verachtet, und eure Seele meine Rechte verabscheut, … daß ihr meinen Bund brechet, so werde ich euch dieses tun: Ich werde Schrecken über euch bestellen, … und ich werde mein Angesicht wider euch richten, daß ihr vor euren Feinden geschlagen werdet; und eure Hasser werden über euch herrschen, und ihr werdet fliehen, obwohl niemand euch jagt.“

„Und wenn ihr auf dieses hin mir nicht gehorchet, so werde ich euch siebenmal mehr züchtigen wegen eurer Sünden. Und ich werde den  H o c h m u t  e u r e r  S t ä r k e  brechen…, und ich werde eure Städte zur Öde machen und eure Heiligtümer verwüsten;… euch aber werde ich  u n t e r  d i e  N a t i o n e n  z e r s t r e u e n.“ - 3.Mos.26:3 ff

„Ich nehme heute den Himmel und die Erde zu Zeugen gegen euch: das Leben und den Tod habe ich euch vorgelegt, den Segen und den Fluch! So wähle (Israel) das Leben, auf daß du lebest, du und dein Same, indem du Jahwe, deinen Gott, liebst und seiner Stimme gehorchst und ihm anhängst; denn  d a s  ist dein Leben und die Länge deiner Tage, daß du in dem Lande wohnest, welches Jahwe deinen Vätern, Abraham, Isaak und Jakob geschworen hat, ihnen zu geben.“ - 5.Mos.30:19,20

Und durch den Mund des Propheten Amos läßt Gott sein Volk wissen: „Nur euch habe ich aus allen Geschlechtern der Erde erkannt, darum werde ich alle eure Missetaten an euch heimsuchen.“ (Amos 3:2) Kein Grund also weder zum Ärgernis noch zur Überheblichkeit.

Solange Gott seine schätzende Hand über Israel hielt, war dieses Volk unverwundbar. „Israel war heilig dem Jahwe, der Erstling seines Ertrages; alle, die es verzehren wollten, verschuldeten sich: Unglück kam über sie, spricht Jahwe.“ (Jer.2:3) „Denn da ist keine Zauberei wider Jakob, und keine Wahrsagerei wider Israel.“ Sondern: „Die dich segnen, sind gesegnet, die dich verfluchen, sind verflucht.“ (4. Mos.23:23; 24:9) Und noch ein weiterer prophetischer Ausspruch hält Wacht über Gottes Erbteil Jakob. „Denn wer euch antastet, tastet seinen Augapfel an.“ - Sach.2:8

Aber Israel ist kein guter Sohn. Halsstarrig, eigenwillig und schwer zu lenken, gibt es seinem großen und wunderbaren Erwähler und Beschützer nicht viel Grund zur Freude. „Höret das Wort Jahwes, Haus Jakob und alle Geschlechter des Hauses Israel! So spricht Jahwe: Was haben eure Väter Unrechtes an mir gefunden, daß sie sich von mir entfernt haben, und der Nichtigkeit (d.h. den nichtigen Götzen) nachgegangen und nichtig geworden sind? …Mein Volk hat seine Herrlichkeit vertauscht gegen das, was nichts nützt. Entsetzet euch darüber, ihr Himmel, und schaudert, starret sehr!, spricht Jahwe. Denn zwiefach Böses hat mein Volk begangen: Mich, den Born lebendigen Wassers, haben sie verlassen, um sich Zisternen auszubauen, geborstene Zisternen, die kein Wasser halten.“ - Jer.2:11b-13

„Deine Bosheit züchtigt dich, und deine Abtrünnigkeiten strafen dich; so erkenne und sieh, daß es schlimm und bitter ist, daß du Jahwe, deinen Gott, verlässest.“ (Jeremia 2:19) Und durch den Propheten Jesaja ruft ER aus: „Den ganzen Tag habe ich meine Hände ausgebreitet zu einem widerspenstigen Volke, welches seinen eigenen Gedanken nach auf dem Wege wandelt, der nicht gut ist.“ - Jes. 65:2a

Ist es zu begreifen, daß ein Volk - von dem Allmächtigen, dem ewigen Gott, als „erstgeborener Sohn“ adoptiert und zum Erbrecht auf unausdenkbare Segnungen vordisponiert - der Stimme dieses Gottes zuwiderhandelt, ja, nichtigen Göttern dient, Greuel verübt und eigenen Lüsten nachlebt?

Die Bibel idealisiert die Juden nicht. Sie ist damit das einzige Geschichtsbuch der Welt, welches das Volk und die Geschichte des Volkes, die es berichtet, nicht ruhmsüchtig verherrlicht und beschönigt. Kein anderes Geschichtsbuch hat die Objektivität der Bibel ihrem Gegenstand gegenüber auch nur von ferne erreicht.

Indessen berechtigt gerade diese objektive Berichterstattung keinen einzelnen von uns - und keine Nation dieser Welt, gerade diese Wahrhaftigkeit des Wortes Gottes als Angriffswaffe gegen Israel zu benutzen. „Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein!“ Diese angeblichen Worte Jesu, die aber in den ältesten Schriften nicht enthalten sind, bleiben dennoch immer aktuell.

„Aber …Gott läßt sich nicht spotten“. (Gal. 6:7) „Denn so spricht der Herr, Jahwe, der Heilige Israels: Durch Umkehr und durch Ruhe würdet ihr gerettet werden; in Stillsein und in Vertrauen würde eure Stärke sein. Aber ihr habt nicht gewollt. … Und  d a r u m  wird Jahwe verziehen, euch gnädig zu sein; und  d a r u m  wird er sich hinweg erheben,  B I S  er sich erneut erbarmt; denn Jahwe ist ein Gott des Rechtes. Glückselig alle, die auf ihn harren.“ - Jes. 30:15-18

„Als Israel jung war, da liebte ich es, und aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen. … Aber sie erkannten nicht, daß ich sie heilte.“ „Und Israel hat den vergessen, der es gemacht hat …“ (Hos.11:1-3; 8:14) Und nun verkündet der Prophet im Namen Gottes Vergeltung und Gericht: „Du hast mir zu schaffen gemacht mit deinen Sünden; du hast mich ermüdet mit deinen Missetaten.“ (Jes. 43:24b) „Das Volk, das mich beständig ins Angesicht reizt, diese sind ein Rauch in meiner Nase, ein Feuer, das den ganzen Tag brennt. Ich werde nicht schweigen, ich habe denn vergolten, und in ihren Busen werde ich vergelten eure Missetaten und die Missetaten eurer Väter miteinander, spricht Jahwe.“ (Jes.65:3 ff) „Ich aber werde sie alle züchtigen.“ - Hos.5:2

Gerade das Volk, das ständig seine Thora (fünf Bücher Mose) studiert, das durch die Propheten ermahnt und aufgerüttelt und durch Schriftgelehrte und Priester in Gottes Gesetz unterwiesen wird, überhört die entscheidendste aller Ermahnungen: „H ü t e  d i c h,  daß du Jahwes, deines Gottes, nicht vergessest, so daß du nicht beobachtest seine Gebote und seine Rechte und seine Satzungen,  d a m i t  n i c h t,  wenn du issest und satt wirst, und schöne Häuser baust und bewohnst, und dein Rind- und dein Kleinvieh sich mehrt, und Silber und Gold sich dir mehren, und alles, was du hast, sich mehrt,  d e i n  H e r z  s i c h  e r h e b e,  und du Jahwes, deines Gottes, vergessest …und du in deinem Herzen sprechest: Meine Kraft und die Stärke  m e i n e r  Hand hat mir dieses Vermögen geschaffen! Sondern du sollst Jahwes, deines Gottes, gedenken daß ER es ist, der dir Kraft gibt, Vermögen zu schaffen. … Und es wird geschehen, wenn du irgend Jahwes, deines Gottes, vergissest und anderen Göttern nachgehst und ihnen dienst und dich vor ihnen niederbeugst - ich zeuge heute gegen euch, daß ihr gewißlich umkommen werdet … dafür, daß ihr auf die Stimme Jahwes, eures Gottes, nicht höret.“ - 5.Mos.8;11-20

Doch über aller Zucht, die Israel erfahren mußte (und noch immer muß), bleibt allezeit Gottes Liebe und Erbarmen. „Suchet Jahwe, während er sich finden läßt“, ertönt die mahnende Stimme des Propheten, „rufet ihn an, während er nahe ist. Der Gesetzlose verlasse seinen Weg, und der Mann des Frevels seine Gedanken; und er kehre um zu Jahwe, so wird er sich deiner erbarmen, und zu unserem Gott, denn er ist reich an Vergebung.“ (Jes.55:6,7) Dieses Prophetenwort darf sicher auch auf die Zeit angewendet werden, da der Himmlische Vater seinen Sohn sandte, um Israel noch einmal Gelegenheit zu geben, mit ganzem Herzen zu Ihm, seinem Schöpfer und Behüter, umzukehren. „Ich bin nicht gesandt, als zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.“ - Mt.15:24

Aber der überwiegende Teil des Volkes bleibt dem rettenden Anerbieten seines großen Gottes innerlich verschlossen. Nur wenige nehmen den Gottessohn als ihren lang erwarteten und ersehnten Messias an. An dem übrigen Volk wird das Gottesgericht, wie es Jesus in dem Gleichnis von den ungerechten Weingärtnern darstellt, vollzogen. (s.Mt.21:33-43) „Deswegen sage ich euch: das Reich Gottes wird von euch weggenommen und einer Nation gegeben werden, welche dessen Früchte bringen wird.“ (Mt.21:43) Und am Ende seiner dreieinhalbjährigen Sendung tönt des Herrn schmerzliche Klage über Israel: „Jerusalem, Jerusalem, die da tötet die Propheten und steinigt, die zu ihr gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küchlein versammelt unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt! Siehe, euer Haus wird euch öde gelassen; denn ich sage euch: Ihr werdet mich von jetzt ab nicht sehen, BIS ihr sprechet: ’Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn!’“ - Mt.23:37-39

Vierzig Jahre später stirbt die Nation Israel, wie es Jesus vorausgesagt hatte. (Mt.23:36). 70-73 n.Chr. erobern und zerstören die Römer Stadt und Heiligtum, und nochmals, ca. 60 Jahre später, machen Kaiser Hadrians Vasallen Jerusalem dem Erdboden gleich: Staat und Volk Israel sind nicht mehr. Die Juden, versklavt und zerstreut unter alle Völker der Erde, wurden zu  Z e u g e n  von der Wahrhaftigkeit des Wortes Gottes, das  n u r  zu ihnen geredet wurde. (5.Mos.28, das ganze Kapitel). Und das Wort Jesajas, des Propheten, setzt einen Schlußstrich unter die annähernd zweitausendjährige Zeit der Zuwendung und Gnade des ewigen Gottes zu dem kleinen Volk der Juden: „Eure Missetaten haben eine Scheidung gemacht zwischen euch und eurem Gott, und eure Sünden haben sein Angesicht vor euch verhüllt, daß er nicht hört.“ - Jes.59:2

„Hat Gott etwa sein Volk verstoßen?“

Viele Christen sind der Überzeugung, daß Gott nun endgültig seine Hand von diesem Volk abgezogen habe, als Israel seinen Messias kreuzigte; und sie haben im Namen dessen, der gerade für sein Volk den Tod am Kreuz auf sich lud (Gal.3:13,14), durch viele Jahrhunderte hindurch entsetzliche Greueltaten an den Juden verübt. Diese irrige Überzeugung ist leider bis in unsere Tage hinein erhalten geblieben - der Judenhaß keineswegs erstorben. Es ist kaum zu fassen, daß gerade in unserer aufgeschlossenen und zum persönlichen Nachdenken anregenden Epoche eine zahlreiche Menge bibelstudierender Christen lauthals verkündet, Israel sei für alle Zeiten von Gott verworfen; ja - sie selbst seien nun an die Stelle des auserwählten Volkes gesetzt worden. Wie lesen jene Zeitgenossen wohl die Heilige Schrift?

Niemand hat das Gegenteil klarer formuliert als der große Apostel Paulus in seinem Brief an die Römer. „Hat Gott etwa sein Volk verstoßen, das er zuvor erkannt hat?“, ruft er aus. „D a s  s e i  f e r n e!“   Es ist gut, das ganze elfte Kapitel des Römerbriefes aufmerksam zu betrachten. Wir wollen aber - des Raumes wegen - hier nur eine besonders markante Stelle anführen: „Ich will euch nämlich, meine Brüder, über dieses Geheimnis nicht in Unkenntnis lassen, damit ihr nicht in vermeintlicher Klugheit auf eigene Gedanken verfallt: Verstockung ist über einen Teil der Israeliten gekommen, BIS zu der Zeit, da die Vollzahl der Nationen (aus den Nationen) eingegangen sein wird (in den „Leib Christi“); und auf diese Weise wird Israel in seiner Gesamtheit gerettet werden, wie geschrieben steht (s.a. Jes. 59:20,21): „Aus Zion wird der Retter (oder Erlöser) kommen; er wird Jakob von allem gottlosen Wesen frei machen; und darin wird sich ihnen der von mir herbeigeführte (Neue) Bund zeigen, wenn ich ihre Sünden wegnehme (oder tilge). So sind sie im Hinblick auf die Heilsbotschaft zwar Feinde (Gottes) um euretwillen, aber im Hinblick auf die Erwählung sind sie Geliebte (Gottes); denn unwiderruflich sind die Gnadengaben (oder Gnadenverheißungen) und die Berufung Gottes.“ Röm. 11:25-29 nach der Menge-Übersetzung.

Und Röm.11:15 nach Albrecht lautet: „Denn hat schon ihre Verwerfung der Heidenwelt (die Wohltaten der) Versöhnung gebracht, was wird ihre  W i e d e r- a n n a h m e  mit sich bringen? Nichts anderes als die Auferstehung aus den Toten.“

„ B I S “

Wer wagt es, sich gegen Gottes „bis“, d.h. gegen Gottes  f e s t  g e s e t z t e  Zeiten in seinem Erlösungsratschluß aufzulehnen und zu sagen: Es ist  n i c h t  so!?

Fortsetzung in der nächsten Ausgabe.



Tagesanbruch Bibelstudien- Vereinigung