Evangelium und Weltgeschichte

Die Botschaft an Laodicäa

Mit der Botschaft an den Engel (oder Boten) der herausgerufenen Gemeinde in Laodicäa kommen wir zum Schluß dieser feierlichen Kundgebungen Christi an seine bekennende Kirche.

Wir haben versucht, in diesen Botschaften einen Überblick über die Geschichte des Evangeliums Jesu Christi in seinen verschiedenen Entwicklungsphasen zu zeigen; Epochen einer Geschichte, die begannen mit der von Gott durch Jesum geoffenbarten Wahrheit (Joh.12:49) seines wunderbaren Heilungsplanes. Wir haben vernommen, wie aus der Klarheit göttlicher Wahrheit, Gerechtigkeit und Liebe - durch das Wirken des Widersachers - Irrtum, Streit, Neid und der Kampf um Macht und Ruhm hervorgewachsen sind, und aus diesen absolut widergöttlichen „Tugenden“ Blut, Tränen und unendliches Leid über die wahre Kirche Christi gekommen sind.

Es ist immer wieder betont worden, daß diese kirchengeschichtlichen Epochen nicht mit einem bestimmten Zeitabschnitt belegt werden können. Ein Ineinandergreifen der Zeiten ist ein vernünftiger Schluß. Die geistigen Zustände , die in jeder der Botschaften hervorgehoben sind, als Tadel oder Lob, gelten für alle Zeiten des ganzen Evangeliumszeitalters, in denen „Weizen“ und „Unkraut“ in von Menschen gegründeten „christlichen“ Systemen unter einem „Dach“ zu finden waren.

Und doch gibt es gewisse zeitliche Anhalte. Wir kommen jetzt auf ein Thema, das wir bis jetzt beiseite gelassen haben. Jede der sieben Botschaften beginnt mit den Worten: „Und dem Engel* der Versammlung in … schreibe.“ - Off.3:14 Wer sind die „Engel“ oder „Boten“, die der Herr hier anspricht? Die Antwort gibt uns Off.1:20: „Das Geheimnis der sieben Sterne, die du auf meiner rechtten Hand gesehen hast … : die sieben Sterne sind Engel (Boten) der sieben herausgerufenen Versammlungen.

* „Engel“; griech.: „aggelos“ = Bote

Ein „Stern“ repräsentiert einen Lehrer, dessen Aufgabe es ist, das Licht der Wahrheit Gottes auszustrahlen in seine Umgebung. „Und die sieben Leuchter sind sieben Versammlungen.“ Ein Leuchter repräsentiert die Versammlung Christi, die von einem solchen Lehrer ernährt wird, der von Christus selber zur Füllung der Leuchter qualifiziert ist. Bei dieser Erklärung denken wir an die Stiftshütte, in welcher der Priester den siebenarmigen Leuchter pflegen und die sieben Lampen füllen mußte. Die Zahl „sieben“ drückt „Vollkommenheit“ aus.

So stellen die sieben Leuchter die gesamte Herauswahl im ganzen Evangeliumszeitalter dar. In allen sieben Entwicklungsstadien war es die ausgesprochene Mission der Versammlungen, die durch die Leuchter dargestellt wurden, das „Licht des Lebens“, das „Wort der „Wahrheit“, emporzuhalten. Das Licht sollte auf diese Weise in die umgebende Finsternis hinausleuchten. Brd. Russell sagte einmal hierzu: „Ach, wie armselig waren doch oft die Dochte! Wie schwach das Licht, das in die Finsternis dieser Welt hinausstrahlte! Wieviel der Zurichtens war nötig, und wieviel mehr wird in Zukunft noch erforderlich sein!“

Die Engel oder Boten - oder die besonderen göttlichen Diener der Kirche sind demnach Überbringer göttlichen Lichts, d.h. geistiger Informationen. Doch hüten wir uns davor, in diesen vom Herrn benutzten Werkzeugen - a u ß e r  den Aposteln - inspirierte Träger des göttlichen Wortes zu sehen!

„Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Versammlungen sagt!“ Die Sendschreiben sind also an Menschen gerichtet, die innerhalb einer abtrünnigen, weltzugewandten Institution ihr Herz für das reine Evangelium Christi (soweit es ihnen zugänglich war) bewahrt hatten. Der Herr warnt sie vor den ungöttlichen Zuständen, in deren Masse sie selbst ein mehr oder weniger kleines, abgesondertes Häuflein bilden. Beispielsweise Off.3:4: „Aber du hast einige wenige Namen in Sardes, die ihre Kleider  n i c h t  besudelt haben.“ Und so ist es seit dem Tod der Apostel wohl immer gewesen.

Gehen wir in unserer Erinnerung zurück, so sind wir in unserem Bericht einigen Namen begegnet, die mit Mut und Hingabe ihres Lebens für die Wahrheit des Evangeliums nach dem Maß ihrer Erkenntnis eingetreten sind. Es waren viele im Verlauf der vergangenen 2000 Jahre; viele, von denen wir wissen - und vielleicht noch mehr, von denen wir nicht wissen. Einige hervorragende Namen haben wir genannt. Da war ein Peter Waldus im 12. Jahrh., ein John Wiclif im 14. Jahrh., ein Jan Hus als sein Nachfolger und möglicherweise Vorläufer von Martin Luther, und Luther selbst, um nur einige Namen zu nennen. Alle wurden verfolgt - und viele verfolgt  u n d  grausam getötet um ihres Glaubens willen; gequält und getötet von einer mächtigen Institution, die sich „christlich“ nannte.

So sind wir jetzt in unserer Betrachtung bei der Botschaft an Laodicäa angelangt, der letzten der sieben Sendschreiben Jesu Christi an  S e i n e  Kirche.

Laodicäa war eine Stadt in Kleinasien. Sie wurde von Antiochus II. gegründet und zu Ehren seiner Gemahlin Laodike „Laodicäa“ benannt. Sie war die Hauptstadt Phrygiens und lag gegenüber von Hieropolis und unterhalb von Kolossä am Lykos, einem Nebenfluß des Mäander.

Wie in Kol.4:13 zu lesen ist, hatte ein Jünger Jesu namens Epaphras in jener Versammlung gewirkt. Aus Kol.2:1 geht hervor, daß Paulus selbst diese Versammlung nie besucht hat. Wir wissen einzig aus Kol.4:16, daß der Apostel seinen an die Kolosser gerichteten Brief auch von denen in Laodicäa gelesen haben wollte.

Der Name „Laodicäa“ hat in der griechischen Sprache zweierlei Bedeutungen: 1. „Ein Volk, das gerichtet ist“, und 2. „Ein Volk, das seine Rechte sucht.“

„Und dem Engel der Versammlung in Laodicäa schreibe: „Dieses sagt der Amen, der treue und wahrhaftige Zeuge, der Anfang der Schöpfung Gottes: Ich kenne deine Werke, daß du weder kalt noch heiß bist. Ach, daß du kalt oder heiß wärest! Also, weil du lau bist und weder kalt noch heiß, so bin ich im Begriff, dich auszuspeien aus meinem Munde. Weil du sagst: Ich bin reich und bin reich geworden und bedarf nichts, und weißt nicht, daß du der Elende und der Jämmerliche und arm und blind und bloß bist. Ich rate dir, Gold von mir zu kaufen, geläutert im Feuer, auf daß du reich werdest; und weiße Kleider, auf daß du bekleidet werdest, und die Schande deiner Blöße nicht offenbar werde; und Augensalbe, deine Augen zu salben, auf daß du sehen mögest. Ich überführe und züchtige, so viele ich liebe. Sei nun eifrig und tue Buße!

Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an; wenn jemand meine Stimme hört und die Tür auftut, zu dem werde ich eingehen und das Abendbrot mit ihm essen, und er mit mir.“ - Off.3:17-20

Was ist geschehen, daß auf die „Tadel-lose“ Anerkennung der Philadelphia-Kirche nun dieses fast vernichtende Urteil für „Laodicäa“ folgt? Für welche Zeit dürfen wir diese Botschaft einsetzen? Nach „Laodicäa“ finden wir keine direkte Botschaft des Herrn an Seine Kirche mehr. „Sieben“ ist die göttliche Zahl der Vollkommenheit. Sieben Botschaften an sieben Versammlungen können nur die gesamte Botschaft an die gesamte Ekklesia dieses Evangeliumszeitalters sein. Leben  w i r  demnach jetzt in der letzten - in der Periode der Laodicäa-Kirche? Ja, so ist es.

Können wir dies beweisen? Der Herr selbst sagt es uns. Zu der Philadelphia-Kirche sprach er: „Ich komme bald!“ (Off.3:11) Aber zu Laodicäa spricht er: „Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an.“ (Off.3:20) Eine völlig andere Situation. Wer an der Türe steht und sich durch Anklopfen meldet, ist ja da; er ist gegenwärtig. „Was ist das Zeichen deiner Anwesenheit und  d e r  V o l l e n d u n g  des Zeitalters?“, fragen die Jünger den Herrn. (Mt.24:3) „Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an; wenn jemand meine Stimme hört und die Tür auftut, zu dem werde ich eingehen und das Abendbrot mit ihm essen, und er mit mir.“

Wenn der Herr selbst gekommen ist, wie er versprochen hat, braucht er keine Botschaft mehr zu senden. (Joh.14:3) Wer seine Stimme  h ö r t  und  v e r s t e h t,  daß Er es ist, der sich da meldet - wird er nicht eiligst die Tür seines Herzens öffnen und den Herrn mit großer Freude empfangen? Das Abendbrot ist die letzte Speise, die man am Tage zu sich nimmt. Und was bietet der Herr dem „hörenden Ohr“ als eben diese letzte Zeitalterspeise?

Auch auf diese Frage bekommen wir eine Antwort. Lk.12:37: „Glückselig jene Knechte, die der Herr, wenn er kommt, wachend finden wird! Wahrlich, ich sage euch: Er wird sich umgürten und sie sich zu Tische legen lassen und wird hinzutreten und sie bedienen.“

Aber der Herr ist unsichtbar; er ist gekommen „wie ein Dieb in der Nacht.“ (1.Thess.5:2) Er bedient sich eines Knechtes, wie er selbst seinen Jüngern erklärt: „Der Herr aber sprach: Wer ist nun der treue und kluge Verwalter, welchen der Herr über sein Gesinde setzen wird, um ihm die zugemessene Speise zu geben  z u r  r e c h t e n  Z e i t ?  Glückselig jener Knecht, den sein Herr, wenn er kommt, also tuend finden wird! In Wahrheit sage ich euch, daß er ihn über seine  g a n z e  H a b e  setzen wird.“ Lk.12:44

Wer aber ist dieser „kluge und treue Knecht?“ Wir, die wir in der Laodicäa-Epoche leben und ein hörendes Ohr geschenkt bekamen, müßten ihn kennen.

Fortsetzung in der nächsten Ausgabe.



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