Des Christen Leben und Lehre |
Den Unsichtbaren sehend
„… indem wir nicht das anschauen, was man sieht, sondern das, was man nicht sieht; denn was man sieht, ist zeitlich; aber das, was man nicht sieht, ewig“. - 2. Kor. 4:18
Als Paulus diese Worte niederschrieb, hatte er natürlich nicht sagen wollen, daß wir die Wunder der lebendigen Schöpfung, unsere Mitmenschen oder anderes, „was man sieht“, n i c h t anschauen sollen.
Der Apostel hatte jedoch im Laufe der Nachfolge Christi gelernt, alles das, was zeitlicher Natur war, in die „Sprache“ der Ewigkeit zu übersetzen. Es war ihm zur zweiten Natur geworden, aus jeder Pflicht, jeder Erprobung und allen irdischen Notwendigkeiten die Stimme des Himmels herauszuhören. Alles Geschehende berührte ihn infolge seiner Verwandtschaft mit den geistigen Sphären.
Aus dieser Schau heraus konnte er sagen, daß er nicht (mehr) auf die Dinge sieht, die sichtbar sind; er sah viel weiter darüber hinaus - dorthin, wo sich das Wirken und Weben der Ewigkeit vollzieht.
Wie sieht es in dieser Beziehung bei uns selbst aus? Wie beurteilen wir selbst die Stunden, die wir im Büro verbringen, wie die tägliche Arbeit oder die häuslichen Pflichten? Kommen sie uns vor wie eine unnütze Last, wie eine unendliche Kette von Aufgaben, die am Ende auch noch zu wenig bezahlt wird? Erscheint es uns zuweilen als fruchtlos, daß ein so großer Anteil unserer Lebenszeit einer „nutzlosen“ Energieverschwendung gewidmet sein soll, da wir diese Zeit doch viel sinnvoller auf dem Gebiet des Glaubens und der Verkündigung der „frohen Botschaft“ verwenden könnten? Als Verschwendung unserer geweihten Zeit also?
Wir erkennen sicherlich, daß die Sphäre unseres jetzigen Lebens als Neue Schöpfungen von G o t t eingesetzt wurde; man könnte sagen: als „Übungsfeld“ eingesetzt wurde. Alle unsere Erfahrungen, Erprobungen, Aufgaben und Pflichten (ob angenehmer oder unangenehmer Art) sind W e r k z e u g e des Höchsten, die dazu dienen sollen, in uns seine Interessen und Pläne zur Vollendung zu bringen. In allen diesen Angelegenheiten-(wenn wir sie als von IHM gesandt ansehen) - können wir gewiß sein, daß sie vollkommene und notwendige Arbeit leisten, mögen sie nun monotoner Natur, ermüdend für die körperliche Verfassung, oder gering und unwichtig sein in den Augen der Welt. Sie erziehen uns zur Geduld, zum langmütigen Ertragen, zur Sanftmut, zur Demut und zu anderen guten Eigenschaften, ohne die keiner erhoffen kann, seine Berufung und Erwählung sicher zu machen. Denn die „Früchte des Geistes“ können nicht dadurch erlangt werden, daß wir nur darüber reden oder davon träumen.
Laßt uns doch von nun an, mehr als zuvor, das „Büro“ als einen Ort ansehen, wo unser Charakter entwickelt wird - und nicht nur als einen Platz, um den Lebensunterhalt zu verdienen. Wir können auch unser Heim als eine Gelegenheit ansehen, um Geduld zu erlernen, die Werkstatt und unser Tätigkeitsfeld zur Heranbildung des Menschen Gottes. Doch sind wir oft in Gefahr, diesen höheren Hintergrund unserer Zubereitung zu vergessen, weil wir im Alltagsleben mit so vielem überschüttet werden, was uns als überaus ungeistig erscheint. Je vollkommener wir die uns übertragenen Aufgaben zu erfüllen suchen, desto lichtvoller kann die ersehnte Wesensähnlichkeit mit dem Herrn in Erscheinung treten.
Wir dürfen daher unserem Schöpfer für diese göttliche „Trainungsschule“ danken. Danken deshalb, weil wir nunmehr d i e Zeit, die wir früher vielleicht als Plackerei und als verschwendet ansahen, durch die Zulassung des Himmlischen Vaters nützen dürfen für das Erreichen des uns angebotenen höchsten Zieles, der göttlichen Liebe, die uns hinführen möchte zum Preis der ewigen Gemeinschaft mit unserem großen Gott, dem Allmächtigen, und seinem verherrlichten Sohn, unserem Herrn Jesus Christus.
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„Und alles, was immer ihr tut, im Wort oder im Werk, alles tut im Namen des Herrn Jesus, danksagend Gott, dem Vater, durch ihn.“ - Kol. 3:17