Evangelium und Weltgeschichte

Die Botschaft an Sardes, Teil II

„… und bewahre es und tue Buße (ändere dich!) ermahnt der Erlöser weiterhin. Off. 3:3

Der Sinn dieser Worte ist offenbar der, daß sie an den Wahrheiten festhalten sollten, die sie gelehrt worden waren - und wie sie gottesfürchtig darüber wachen sollten, daß sie nicht noch weiter von ihrer früheren gesegneten Tätigkeit abwichen.

„Wenn du nun nicht wachen wirst, so werde ich (über dich) kommen wie ein Dieb, und du wirst nicht wissen, um welche Stunde ich über dich kommen werde. - Vs. 3b

Die Warnungen scheinen sich aber mehr auf einzelne Individuen als auf eine Gesamtkörperschaft zu beziehen. Die Worte: „Ich werde (über dich) kommen wie ein Dieb“ scheinen anzudeuten, daß die Angeredeten auf der Kurve ihres absteigenden geistigen Lebens bereits den kritischen Punkt erreicht hatten, was aus dem Ausdruck: „nicht wachsam“ und: „im Begriff zu sterben“ hervorgeht.

Diese wollte der Herr  p l ö t z l i c h  überraschen; dann aber würde es für sie zu spät sein, ihre frühere, feste Position wiederzugewinnen. Wenn wir diese Worte von dem Standpunkt aus betrachten, daß - wie schon im letzten Teil unserer Betrachtung erwähnt - die „Sardes-Zustände“ bis zu einem gewissen Grade durch die Jahrhunderte hindurch bis zur Parousia des Herrn sich in jeder Periode bemerkbar machen sollten, so erscheint folgende Darlegung von Ch. T. Russell vernünftig und zutreffend zu sein:

„Viele haben heutzutage die Sardes-Kennzeichen. Auf diese bezieht sich die verhängnisvolle Warnung in Off. 3:3. Siebenmal wird das zweite Kommen unseres Herrn im Neuen Testament als ein Dieb-ähnliches, heimliches beschrieben. Nur  W a c h s a m e  können die Annäherung eines Diebes erkennen; Schlafende werden erst geweckt, nachdem der Einbruch schon im Gange - oder gar schon getätigt worden ist. Wenn sie  d a n n  aufstehen, ist es schon zu spät. Sie sind überrascht worden.

So ist auch unser Herr gegenwärtig - unsichtbar und unerkannt - ausgenommen von den Wachsamen. Seine Gegenwart sollte von den Schläfern erkannt werden an dem stetig zunehmenden Lärm des Einbruchs bei dem gegenwärtigen „Hausherrn“ (Fürsten) der Erde.“

In seiner weiteren Anrede an die Sardes-Kirche und an ihre Engel wendet sich nun der Erlöser wieder ganz besonders den Jüngern Jesu, den Überwindern, zu: „Aber du hast einige wenige Namen in Sardes, die ihre Kleider nicht besudelt haben; und sie werden mit mir einhergehen in weißen Kleidern, denn sie sind es wert (oder würdig).“ - Vs. 4

Jene, die hier angesprochen sind, müssen wohl die wenigen Gläubigen sein, die sich vor der in Sardes herrschenden geistigen Verdorbenheit bewahrt hatten - wie auch alle, die in der Periode der Geschichte, die durch Sardes versinnbildlicht ist, es getan haben. Die Worte zeigen klar, daß es nur vereinzelte Glieder der wahren Kirche Christi gab, die sowohl in der ursprünglichen Sardes-Gemeinde als auch in der auf sie zutreffenden geschichtlichen Zeitperiode sich nicht mit der Welt vermischten. Sie ließen sich auch nicht von den Irrlehren der „Jesebel“ einfangen.

In weißen Kleidern

„Und sie werden mit mir einhergehen in weißen Kleidern.“ Diese Worte deuten hin auf eine besondere Gnade, deren Verwirklichung aber noch zukünftig ist.  W e r  ü b e r w i n d e t,  d e r  wird mit weißen Kleidern bekleidet werden.“ Wir wissen aus der bildhaften Sprache der Hl. Schrift, daß „weiß“ das Sinnbild der Reinheit und Unschuld ist. Wer immer den Sieg über die Welt, das Fleisch und den Teufel davonträgt, wer die Sünde überwindet und den Versuchungen dieser Welt erfolgreich gegenübertritt,  d e r  wird letzten Endes auch diese unausdenkbar herrliche Gabe erhalten, mit dem verherrlichten Herrn im Lichte der Reinheit und der tatsächlichen Gerechtigkeit einhergehen zu dürfen.

Die Zusicherung, die hier die Überwinder erhalten, umschließt noch eine weitere, für uns unvollkommene schwache Geschöpfe unvorstellbare Verheißung: „… und ich werde seinen Namen nicht auslöschen aus dem Buche des Lebens, und werde seinen Namen bekennen vor meinem Vater und seinen Engeln.“ - Off. 3:5

Hierzu sagt uns Brd. Russell: „In diesem Text, wie übrigens in der ganzen Heiligen Schrift, kommt der Gedanke zum lebendigen Ausdruck, daß die auserwählte Klasse, welche die höchste Ehre, Herrlichkeit und Segnung vor dem Angesicht des Herrn empfangen wird, ihre Ergebenheit zuvor bekunden muß durch Überwinden. Es genügt durchaus nicht, daß jemand in feierlicher Weise am Anfang seiner christlichen Laufbahn den Willen zu überwinden bekundet, sondern er muß alle Prüfungen und Erprobungen siegreich bestehen, und zwar in einer Art und Weise, welche den Charakter des Überwinders offenbart. Wenn die Weihung gemacht ist, die Prüfungen und Versuchungen ihren Anfang genommen haben, und der Christ nun denselben nachgibt und weiterhin immer wieder von ihnen besiegt wird, dann würde dies beweisen, daß er dem Herrn nicht völlig ergeben ist; denn der Herr hat verheißen, daß seine Gnade genügen werde.“

„Diese Überwindung ist ein schrittweises Werk, welches im Laufe unseres christlichen Lebens voranschreitet - von dem Augenblick der Weihung bis zum Abschlußtage. Aber der Text legt offenbar sein ganzes Gewicht auf den Schluß, nicht auf den Anfang oder die Mitte des Werkes, und er zeigt auch, daß das Individuum erst am  E n d e  der Prüfung, am  E n d e  des Wettlaufes diesen Überwindergrad der Gerechtigkeit erlangt, sodaß er nun endgültig mit dem Ehrennamen eines Überwinders ausgezeichnet werden kann. Nur solch ein Überwinder wird mit „weißen Kleidern“ bekleidet werden.“

„Eine sehr beachtenswert klare und schriftgemäße Darlegung dessen, was durch das „weiße Kleid“ dargestellt wird mit bezug auf den Stand eines Gläubigen im gegenwärtigen Leben, finden wir in einer Darlegung mit dem Titel: „Das uns geliehene weiße Kleid“:

„Die Schriften geben uns zu verstehen, daß wir bereits am Anfang unserer christlichen Laufbahn bildlicherweise in weiße Kleider gekleidet werden. Dieses weiße Kleid versinnbildet  R e c h t f e r t i g u n g  - wir werden umsonst gerechtfertigt von allen Dingen. Es ist ein Kleid ohne Flecken. Zuweilen ist von ihm die Rede als von dem „Kleid der Gerechtigkeit Christi“, weil es uns durch Christus gegeben wird. Es kann nur von Ihm erhalten werden. Er ist imstande, uns dieses Kleid zuzurechnen, es uns zu  l e i h e n,  um es uns für eine gewisse Zeit zu überlassen. Es wird von ihm auch gesprochen als vom „Hochzeitskleide.“

Bei den orientalischen Hochzeitsfesten war es Sitte, daß man den Gästen über ihren gewöhnlichen Anzug ein Hochzeitskleid aus reinem weißen Leinen anlegte. Es ward dem Gast am Festtage durch den Gastgeber geliehen, und der Festteilnehmer durfte nur so erscheinen.“

„Das weiße Leinen bedeutet Reinheit. Wenn Christus den Wert seines Lösegeldes auf uns anwendet, dann geschieht es zu dem Zweck, unsere Unvollkommenheiten damit zu bedecken. Es ist eine Zurechnung von Seiner Gerechtigkeit, welche unsere Rechtfertigung ist. Wir sind ermahnt, dieses Kleid von der „Welt“ unbefleckt zu erhalten. Die uns gegebene Zurechnung Seiner Gerechtigkeit müssen wir sorgfältig bewahren.

Doch wir können dies nicht ausschließlich aus unserer eigenen Kraft. Unsere Zunge mag oft Dinge sagen, von denen wir wünschten, daß sie nie gesprochen worden wären, und unsere Hand mag oft Taten ausführen, die wir nachher ablehnen. Darum hat Gott in Seiner liebreichen Gnade dafür Vorsorge getroffen, daß unsere Mängel und Übertretungen getilgt werden können - wenigstens die unbeabsichtigten. Diese Vorsorge besteht in der täglichen Reingung der ungewollten Sünden durch Sein kostbares Blut. Auf diese Weise bewahren wir unsere Kleider unbefleckt von der Welt. So wird unsere Rechtfertigung, unser weißes Kleid, rein bewahrt - sollte rein gehalten werden.“ - C.T.R.

Die Bekleidung mit weißen Kleidern ist - nach den Worten des Erlösers auch eine Belohnung, ein herrliches Geschenk, das auf den Überwinder wartet, bis er seinen Weg im Tode beendet hat.

Wiederum soll Brd. Russell zu Wort kommen, wie er in einem Artikel „das weiße Kleid des Königreiches“ die Bedeutung dieses Sinnbildes so klar und verständlich darlegt:

„Aber es genügt nicht, daß wir die Zurechnung der Gerechtigkeit unseres Erlösers besitzen. Diese Zurechnung ist nur eine vorübergehende Anordnung. Wir müssen schließlich dorthin kommen, wo wir eine Gerechtigkeit in uns selbst besitzen werden. Unser Fleisch ist unvollkommen. … Trotz unserer heiligsten Anstrengungen gehen die Dinge doch nicht so, wie wir gerne wollten. Aber wir müssen uns bewähren als Überwinder - ja - ’mehr als Überwinder.’ Der Herr hat die Anordnung getroffen, daß alle Überwinder am Schluß ihrer Prüfung, am Ende ihres Pilgerlaufes den neuen Leib bekommen. Dieser neue Leib wird ein solcher der wirklichen, tatsächlichen Reinheit sein. So sagt der Apostel, daß wir ’bekleidet werden sollen mit der Behausung vom Himmel.’

So wird unser Kleid aus einem solchen der  z u g e r e c h n e t e n  Vollkommenheit oder der Rechtfertigung durch Glauben verwandelt werden in ein solches der  t a t s ä c h l i c h e n  Vollkommenheit. In der Auferstehung werden wir jenen Herrlichkeitsleib der innewohnenden Reinheit und Heiligkeit empfangen - ohne Flecken oder Runzeln oder irgendetwas dergleichen. Dieser Leib wird unter dem Symbol eines weißen Kleides gezeigt.“

Der Erlöser versichert dann dem Überwinder, der seine Kleider unbefleckt erhält und all das Böse von „Sardes“ besiegt, daß sein Name nicht ausgelöscht werden soll aus dem Buche des Lebens.

Darin ist die Lehre enthalten, daß der Herr jedem Beachtung schenkt, der Ihn als Erlöser annimmt und sich Ihm darstellt in der Weihung, um Seinen Willen zu tun und um Ihm nachzufolgen in Seinen Fußstapfen bis in den Tod. Diese werden in einem Bilde gezeigt als solche, deren Namen in einem Buche des Lebens als Bewerber eingetragen sind, als Wettläufer nach dem vorgehaltenen himmlischen Preis - der Miterbschaft mit dem Erlöser: ewiges Leben, Unsterblichkeit. Der Ausdruck: „Ich will seinen Namen nicht auslöschen aus dem Buche des Lebens“ legt offenbar den Gedanken nahe, daß einige zuletzt verfehlen, den Preis zu erlangen und deshalb nicht zur auserwählten Klasse gehören werden. Ein ähnlicher Gedanke ist in den Worten Christi enthalten: „Viele sind berufen, aber wenige auserwählt.“

In der Schriftstelle: „Ich will seinen Namen bekennen vor meinem Vater und Seinen Engeln“ finden wir den Gedanken trefflich beleuchtet, „daß am Ende die Überwinder so herrlich entwickelt sein werden, daß der Herr sich nicht schämt, sie anzuerkennen und zu sagen: Hier ist einer meiner Nachfolger, hier ein anderer. Sie wandelten in meinen Fußstapfen und haben überwunden.“

„Wer ein Ohr hat, der höre, was der Geist den Versammlungen sagt.“ Es muß wohl beachtet werden, daß diese Worte an einzelne Individuen gerichtet sind. Der Wahrheit entsprechend hat jemand gesagt: „Die Kirche Gottes, welche der Leib Christi ist, setzt sich nicht aus Kirchen zusammen, sondern aus einzelnen selbständigen Gliedern, welche untereinander verbunden sind durch das gesegnete Band des Heiligen Geistes, das alle Christen mit ihrem Haupte vereint. Darum sind die „Kirchen“ oder Versammlungen nur örtliche Vereinigungen so vieler Christen, als sie sich unter der Vorsehung Gottes jeweils zusammenfinden. Jede solche Vereinigung ist - gemäß der Schrift - die Kirche des betreffenden Ortes. Der Platz fügt diesem Titel (Kirche Gottes) nichts hinzu, noch ist eine Versammlung seiner Glieder irgendeiner anderen Versammlung unter- oder übergeordnet. Jedoch dürfen wir in diesem Zusammenhang nicht vergessen, daß es einen Unterschied zwischen bloßem Bekennertum und wahrem Besitztum gibt. Ein „totes“ Sardes bildet keien Teil des Leibes Christi in wahrem Sinne, wohl aber die „wenigen Namen, die übrig blieben.“

Fortsetzung folgt.



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