Das Eins - Sein in Jesus Christus

„Ich ermahne euch nun, ich, der Gefangene im Herrn, daß ihr würdig wandelt der Berufung, in welcher ihr berufen worden seid, mit aller Demut und Sanftmut, mit Langmut, einander ertragend in Liebe, euch befleißigend, die Einheit des Geistes zu bewahren im Bande des Friedens.“ - Eph. 4:1-3

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Die „Einheit des Geistes“, von welcher der Apostel Paulus hier spricht, ist eine Gabe, die vom Volke des Herrn als etwas sehr Köstliches empfunden werden sollte. Diese Ermahnung, eins zu sein in der Liebe Christi, verbunden durch die kostbare Wahrheit, ergeht an alle „Herausgerufenen“ Gottes - an die für die Welt unsichtbare Kirche Christi, die über die ganze Erde verstreut ist.

„Siehe, wie gut und wie lieblich ist es, wenn Brüder einträchtig beieinander wohnen“, sagt David in Psalm 133 Vers 1. „Einträchtig“, „Eintracht“ welch ein wohltuender Begriff von Ruhe und innerem Frieden! Und er fährt fort, uns zu zeigen,  w e s h a l b  diese Einträchtigkeit so segensvoll ist: „Wie das köstliche Öl auf dem Haupte, das herabfließt auf den Bart, auf den Bart Aarons, das herabfließt auf den Saum seiner Kleider. Wie der Tau des Hermon, der herabfällt auf die Berge Zions; denn dort hat Jahwe seinen Segen verordnet, Leben bis in Ewigkeit.“ - Vse. 2 und 3.

Mit diesem Bild erklärt der Psalmist die kostbare Salbung durch den Geist Gottes: den Geist der Liebe und der innigen geistigen Verbundenheit, die - auf das Haupt unseres Hohenpriesters Jesus Christus ausgegossen - über Seinen ganzen „Leib“ herabfließt. Es sind jenes Licht und jene Kraft, die sich auf alle Nachfolger unseres Herrn übertragen - erfrischend und erlabend „wie der Tau des Hermon, der herabfällt auf die Berge Zions“ zu der gesegneten Hoffnung auf „Leben bis in Ewigkeit.“

Das war auch der große Gedanke in unseres Herrn Gebet während seiner letzten Stunden, wie wir ihn in Joh. 17:20,21 lesen: „Aber nicht für diese allein bitte ich, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben, auf daß sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir, auf daß auch sie in uns eins seien, auf daß die Welt glaube, daß du mich gesandt hast.“

Der Apostel zeigt ferner, wie Gott den „Leib“ mit seinen verschiedenen „Gliedern“ zusammenfügt und verbindet. „Da ist ein Leib, und ein Geist, wie ihr auch berufen worden seid in  e i n e r  Hoffnung der Berufung.“ Durch den Heiligen Geist entstand diese Verbindung, wurde die Einheit gebildet; darum die Ermahnung, danach zu trachten, daß in ihm keine Spaltung entstehe: „Auf daß keine Spaltung in dem Leibe sei, sondern die Glieder dieselbe Sorge für einander haben möchten.“ - 1. Kor. 12:25.

Für das Volk des Herrn ist daher die Einheit des Geistes eine Notwendigkeit. Nur durch diese Verbundenheit im Geiste erhalten wir vom Allerhöchsten den „Tau“ der inneren Belebung, der unseren Glauben ständig erfrischt und lebendig erhält. Und dieser „Tau“ fällt auf  a l l e  hernieder, die mit der göttlichen Wahrheit ständig in Verbindung sind.

Durch das Wort Gottes werden wir auf die Einigkeit der ersten Kirche aufmerksam gemacht, wie sie sich im Glauben und in der Zusammenarbeit unter den Aposteln und Ältesten auswirkte. Wie waren sie doch eifrig bemüht, die gleiche Heilsbotschaft zu verkündigen, die  g e s u n d e  Lehre der Wahrheit, von der sie völlig überzeugt waren! Apollos, als guter Redner, suchte nicht, durch seine Verkündigung Paulus zu überbieten: wo der Apostel Paulus pflanzte und Apollos begoß, konnte Gott durch Seinen Segen das Gedeihen geben.

Die Ältesten der verschiedenen Versammlungen trachteten nicht danach, die „Schafe“, die ihnen anvertraut waren, an sich zu binden oder sie durch Spekulationen und eitles Philosophieren auf Nebenwege zu führen. Allerdings kam es auch leider vor, daß falsche Lehrer auftraten mit dem Geist der Ruhmredigkeit, die da suchten, „die Jünger abzuziehen hinter sich her.“ (Apg. 20:30). Man trachtete danach, den Geist der  E i n h e i t  und des  F r i e d e n s  zu zerstören, um dann die Herde zerstreuen zu können. Es waren weltliche und selbstsüchtig gesinnte Menschen: falsche Hirten, Wölfe in Schafskleidern.

An die Herauswahl, an die Kirche Christi richtet Paulus sein Wort, das heute noch ebenso zeitgemäß, kraftvoll und heilsam ist, wie zu jener Zeit, da es an die Gemeinde zu Ephesus gerichtet war: „Ich ermahne euch nun, ich, der Gefangene im Herrn, daß ihr würdig wandelt der Berufung, mit welcher ihr berufen worden seid, mit aller Demut und Sanftmut, mit Langmut, einander ertragend in Liebe, euch befleißigend, die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Bande des Friedens.“ - Eph. 4:1-3

Die Erfahrungen der Vergangenheit der wahren Kirche Christi sollten daher dem „Haushalt des Glaubens“ zur Belehrung dienen. Es sind Ermahnungen zur Wachsamkeit und Nüchternheit für das ganze Volk des Herrn. Es ist eine besondere Sache, den Geist des Friedens und der Einigkeit zu besitzen und zu bewahren. Wichtiger ist es aber, den Geist des Friedens und der Einheit festzuhalten, nachdem man ihn empfangen hat. Diese Einheit der Liebe und des Geistes ist nicht abhängig von der Zugehörigkeit zu einer besonderen christlichen Richtung; nein: sie ist eine vom Allmächtigen verliehene Gnadengabe. Sie ist an bestimmte Bedingungen geknöpft, und kann nur nach und nach durch eine innere geistige Entwicklung des Wesens und der Gesinnung erlangt werden.

Der Geist der Wahrheit ist eine Kraft, die uns immer wieder in unserem Inneren neu erfaßt und belebt wie der  T a u  vom Hermon, um auf uns einzuwirken, um lebendig im Glauben zu bleiben und mit hingebender Liebe unserem Himmlischen Vater zu dienen. Der Geist Gottes ist es, der wahre Gemeinschaft erzeugt; er bewirkt das herzliche Verlangen, in Liebe den Mitberufenen auf dem schmalen Wege zu dienen. Gewiß sind sichere Richtlinien der Lehre von großer Wichtigkeit; die halten wir fest, während andere Punkte wieder von geringerer Bedeutung sein können. So können auch im Geschwisterkreise Ansichten und Meinungen bestehen, die ein gewisses Maß an Unterschiedlichkeit in der Auffassung zeigen.

Hier weist der Geist der Liebe uns doch auf Nachsicht und christliche Duldsamkeit hin. Statt Trennung, Absonderung und Spaltungen unter den Geschwistern sollte es durch den Geist Gottes möglich sein, eine geheiligte Beurteilung zu finden. Daher die Ermahnung des Apostels, daß wir uns als Gottes Diener erweisen sollen - „… in Reinheit, in Erkenntnis, in Langmut, in Gütigkeit, im Heiligen Geiste, in ungeheuchelter Liebe“ (2. Kor. 6:6). Dann wird es uns auch nicht schwerfallen, „die Schwachheiten der Schwachen zu tragen.“ (s. Röm. 15:1) Wie ist doch unser Herr uns gegenüber langmütig und geduldig, und erwartet von uns nicht Vollkommenheit des Urteils oder des Wandels vor Ihm. Gott selbst gab doch für die schließliche Vollendung der Geheiligten die Apostel, die Propheten, die Hirten, die Lehrer, die Ältesten  u n d  d i e  G e s c h w i s t e r  bis in unsere heutige Zeit!

Wenn die Kleine Herde vollzählig bei unserem Herrn vollendet ist, dann wird endlich das Vollkommene gekommen sein. Das, was „stückweise“ war, wird dann weggetan sein. Heute aber sehen wir noch „durch einen Spiegel, undeutlich,  d a n n  aber von Angesicht zu Angesicht.  J e t z t  erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, gleichwie auch ich erkannt worden bin.“ (l. Kor. 13:12). Paulus erinnerte die Epheser nicht umsonst, die Einheit des Geistes zu  b e w a h r e n,  denn es ist garnicht so leicht, sie zu unserer erstrebenswerten Richtschnur zu machen. Alle Prüfungen, die uns hier und jetzt auf unserem irdischen Prüfungsfeld der Liebe begegnen, sollten dazu beitragen, uns die so kostbare Einigkeit nicht entreißen zu lassen.

Wir kennen die Reden des Paulus an die Epheser mit ihren tiefen Wahrheiten und großen Geheimnissen. Sie zeigen uns, wie Ephesus in ihrem anfänglichen Zustand als eine gute Gemeinde im Herrn dastand. Doch wie ganz anders finden wir sie in der Offenbarung des Johannes im Sendschreiben des Herrn charakterisiert.

Der Herr - als Haupt der Kirche - hat „Augen wie eine Feuerflamme“, dem die Tiefen eines jeden Wesens nicht verborgen bleiben, und Er mußte die ernsten Worte aussprechen: „Ich habe wider dich, daß du deine erste Liebe verlassen hast. Gedenke, wovon du gefallen bist!“ - Off. 2:4

Wenn Ephesus auch scheinbar eine vorbildliche Gemeinde war, umso entschiedener mußte sie vom Herrn ermahnt werden. Auch darin wird uns erneut nicht nur die große Liebe des Herrn zu seiner Kirche gezeigt, sondern auch die große Verantwortung der Bruderliebe untereinander.

Daß eine so große Zahl verschiedener Einzelwesen, aus der gefallenen Menschheit genommen, in ihrer Vollendung  a l l e  eines Geistes in Christo sein und „das Reich der Himmel“, also die wahre Kirche Christi bilden werden - diese Neue Schöpfung ist das „große Geheimnis“ und das größte Wunder Gottes aller Zeitalter.



Tagesanbruch Bibelstudien- Vereinigung